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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zweitstudium Medizin?



Aweiku
25.09.2009, 17:25
Hallo ihr Lieben,

wälze nun schon seit einiger Zeit die Frage, ob ich nach meinem Psychologiestudium noch Medizin dranhängen sollte. Kurz zum Verständnis, mein Ziel ist es mich irgendwann als Psychotherapeutin selbstständig zu machen.

Nun habe ich erst vor kurzem ein Praktikum in der Psychiatrie gemacht und dabei beide Seiten kennenlernen dürfen. Ich fand sowohl die medizinischen als auch die psychotherapeutischen Tätigkeiten wahnsinnig interessant und für mich würde Psychologie + Medizin so das Optimum darstellen, um im psychiatrischen Bereich zu arbeiten.
Leider ist mir während des Praktikums auch bewusst geworden, welch schweren Standpunkt die einzige psychologische Psychotherapeutin dort hatte (ja nennt mich naiv, ich war jahrelang etwas illusioniert was dies betrifft). Das hat mich echt nachdenklich gemacht, da ich keine Lust auf Grabenkämpfe habe (die der Chefarzt von mir tatsächlich erwartet hat. O-Ton: "Die Psychologen werden immer mehr zu Medizinern" !!!).

Nun gibt es für mich nur die zwei Wege:

1) die kostspielige Psychotherapieausbildung direkt nach dem Studium zu beginnen

2) über das Medizinstudium den Weg eines Psychiaters einzuschlagen.

Beides ist mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand verbunden. Bei dem Medizinstudium seh ich dann einmal die zusätzlichen Kompetenzen, Befugnisse und auch die bessere Arbeitsmarktlage als klaren Vorteil. Während es bei der direkten Psychotherapieausbildung der schnellere Weg in den Beruf wäre.

Was würdet ihr mir raten?

Alzheimer
25.09.2009, 18:04
Auch für den Facharzt Psychiatrie benötigst du die teure Ausbildung zum Psychotherapueten, denn ohne bekommst du soweit ich weiß den Facharzt nicht.

Aweiku
25.09.2009, 18:25
Darüber habe ich auch schon mit den Ärzten gesprochen. Denen wurde ein Teil der Psychotherapie-Ausbildung gezahlt, in anderen Kliniken würde teilweise auch die komplette Ausbildung übernommen werden. Der Unterschied ist eben auch, dass man schon verdient.

SarahT.
25.09.2009, 19:54
Ich halte nichts von deiner Idee.

Während des mindestens 6 Jahre dauernden Medizinstudiums verdienst du kein Geld, im Gegenteil: Je nach Uni darfst du Studiengebühren bezahlen. Ich glaube nicht, dass sich das letztlich lohnt, nur um die teure Ausbildung später vielleicht nicht selbst tragen zu müssen.
Und auch die Arbeitsmarktlage ist in meinen Augen kein Argument, die ist für Psychotherapeuten auch in Ordnung.

Außerdem scheint dich ja vor allem der psychiatrisch/psychologische Aspekt am Medizinstudium zu interessieren - das ist aber nur ein kleiner Teil dessen, was du während des Studiums lernen musst. Meinst du, dass du auch an Fächern wie Chirurgie oder Orthopädie Spaß hättest? Von den vorklinischen Fächern wie Biochemie ganz zu schweigen?

Was die Grabenkämpfe angeht: Das ist nicht überall so.

Aweiku
26.09.2009, 09:51
@SarahT:

Vielen lieben Dank für Deine Einschätzung!

Der finanzielle Einwand ist natürlich berechtigt. Sicherlich stehe ich mit einem Medizinstudium erst einmal schlechter da, zum Einen ist es länger als die Psychotherapie-Ausbildung und zum Anderen zahle ich innerhalb dieser Zeit nicht in die Rente ein. Nur meinst Du nicht, dass es sich dann mit der Zeit bezahlt macht?

Bezüglich der Arbeitsmarktlage: Ist das ein subjektives Gefühl von Dir oder hast Du irgendwelche Quellen, die das belegen?

Sicherlich interessieren mich die psychiatrischen Aspekte am meisten, das gebe ich zu. Allerdings bin ich selbst auch schon immer naturwissenschaftlich veranlagt gewesen und Fächer wie Biochemie, Physiologie oder Anatomie würden mich nicht abschrecken. Und auf Fächer wie Dermatologie, Orthopädie etc. würde ich mich echt freuen. Bin da sehr begeisterungsfähig ;-)

Und die Sache mit den Grabenkämpfen macht mir Hoffnung!

Mano
26.09.2009, 14:50
Finanziell gesehen ist es schwachsinn. Ein Studium lohnt sich finanziell selbst dann nicht sicher, wenn man es direkt nach dem Abi beginnt (wobei das v.a. für Geisteswissenschaften und sicher nicht für Medizin gilt). Aber in deiner Lage ist es aufs Leben gerechnet sicher die teurere Investition - einfach mal durchrechnen ;)
Abgesehen davon glaube ich nicht, dass der Unterschied zwischen psycholog. und medizinischem Therapeuten so gravierend ist, dass es den Aufwand rechtfertigen würde...

cehatu
23.10.2009, 18:26
Hallo Aweiku,

puh, ich dachte schon, ich wäre die einzige mit dieser Idee ;) Ich studiere zurzeit auch Psychologie und mache wohl so in zwei, drei Semestern mein Diplom, und danach hoffe ich, Medizin zu studieren.

Bei mir hat es mit derselben Überlegung angefangen: Entweder teure Therapieausbildung oder Facharzt, da kommt's dann auch nicht mehr darauf an. Ich hab dann noch länger darüber nachgedacht, Freunde ausgefragt, um Contra gebeten (gab es keins), meine Eltern um Gegenargumente gebeten (außer Zeit und Geld keine), und dann hab ich mal einen Arzt gefragt. Er ist Chefarzt einer Reha-Klinik und selber Mediziner und Diplom-Psychologe, hat aber offensichtlich sein Psycho-Diplom während seiner Facharzt-Zeit gemacht, einiges angerechnet bekommen und so viel Zeit gespart. Er meinte zu dem Plan: Wenn Sie clever sind, brechen Sie jetzt ab und machen Medizin. Ich so: Ich bin im 8. Semester, sind Sie sicher? Er so: Mhhnein ... Und damit war das Thema auch gegessen ;)

Am Ende der Unterhaltung hat er mir dann aber das entscheidende Argument genannt, das mich von meinem Plan überzeugt hat: Wenn man Humanmedizin studiert, ist man erst einmal vielseitig, und kann sich dann immer noch überlegen, ob man in einem Psychiatrie-/Psychosomatik-Bereich arbeiten will oder doch lieber als Urologe.

Mittlerweile bin ich sicher, dass ich nach dem Abi eigentlich Medizin hätte studieren sollen, aber ich bin eben gar nicht erst auf die Idee gekommen mich zu bewerben, weil ich dachte, das klappt eh nicht. Mit ein paar Jahren Studium auf dem Buckel und mehr Selbstbewusstsein bin ich jetzt eigentlich mit meinem Plan ganz zufrieden, bin halt dann erst Anfang oder Mitte 30 fertig, aber das geht ja sogar noch.

Rein finanziell ist das Ganze übrigens eher ein Nullsummenspiel, glaube ich. Zumindest erhoffe ich mir von der Sache eher keine langfristigen finanziellen Vorteile (es sei denn, ich werd doch noch Chirurgin oder so ;)) Und Arbeitsmarktlage für Psychotherapeuten ist echt ganz gut, frag die mal. Unter sechs Monaten Warteliste geht da gar nix.

Mein Rat an dich wäre: Such dir ebenfalls einen Arzt, der auch einen Dipl-Psych gemacht hat (in Köln könnte ich dir einen nennen), und frag auch mal einen schon länger approbierten Psychotherapeuten und erzähl ihnen, was du vorhast. Klar sind die in erster Linie keine Berufsberater, aber wenn du nett fragst, kriegst du bestimmt auch ne Antwort. Vielleicht bringt dich das Gespräch weiter.

Drücke dir auf jeden Fall die Daumen, dass das bei dir klappt. Würde mich auch freuen, per PN was von dir zu hören.

Liebe Grüße
S.

@Mano: Der Unterschied ist übrigens beträchtlich.

Espressa
23.10.2009, 18:38
Ich denke man sollte sich überlegen wo man sich später sieht.
Gute Therapeuten die schnell mal 90 Euro die Stunde nehmen (ok, vor den Abgaben) haben, wie ich finde, auch kein schlechtes Leben.
Man kann sich die Zeit flexibel einplanen, hat keine großen Kosten für die "Praxis" und kann bald mal loslegen.
Wenn man studiert muss man erstmal 6 Jahre Uni rechnen, dann 5 Jahre Assistenzzeit die einen bestimmt an den Rand des Wahnsinns treiben kann - und kann DANN erst gemütlich für sich selbst arbeiten.
Da ist die Frage, ob die 11 Jahre letztlich für die Tätigkeit die man dann ausübt so viel Unterschied machen, bzw. ob man finanziell in der Psychotherapie so viel besser fährt...
Genau weiß ichs ja selbst nicht, ist insgesamt ja nicht so meins, aber die gute Möglichkeit der Niederlassung ist in meinen Augen schon lockend - und die hat man als guter Therapeut ja auch, oder nicht?

Rumkugel
24.10.2009, 13:06
Hi!
Ich finde die Diskussion sehr interessant, da ich gerne später in der KJP arbeiten möchte und da ein paar Famulaturen gemacht habe.
Ich würde euch raten euren Plan durchzuziehen. Mit beiden Abschlüssen kann euch keiner was sagen. Zwar waren meines Erachtens die Hierarchien nicht sehr stark ausgeprägt, aber so kennt ihr dann beide Seiten. Ausserdem könnt ihr, wenn ihr das Medizinstudium fertig habt, sofort als Assistenzarzt anfangen, habt eure eigenen Patienten und werdet direkt in den klinischen Ablauf integriert und zwar als volle Kraft und nicht als Praktikant. Und macht dann nebenbei die Therapieausbildung. Ihr könnt neben dem Medizinstudium auch, wenn ihr das richtige Thema findet, eine Doktorarbeit über ein psychiatrisches Thema schreiben. Überhaupt kein Problem, da ihr den ganzen Statistikkram ja schon aus Psychologie kennt, nehme ich an…
Also ich wie gesagt, ich würde mich an eurer Stelle bewerben. =)!

Bis bald,
Rumkugel