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missManagement
16.10.2009, 06:15
...habe ich mein Schreiben an die unten aufgeführten Organisationen per Post versandt und stelle sie nun der Allgemeinheit zur Verfügung, falls ebenfalls Protestbedarf besteht. Es hinterließe sicherlich noch größeren Eindruck, wenn dieser Brief (in individuell abewandelter Form) physisch (!) bei den entsprechenden Stellen mehrfach einträfe.


Hartmannbund
Schützenstraße 6a
10117 Berlin

Marburger Bund - Bundesverband
Reinhardtstr. 36
10117 Berlin

Bundesministerium für Gesundheit (BMG)
Pressestelle
Friedrichstr. 108
10117 Berlin



Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Name ist ... und ich habe soeben im ... Versuch nach mehrmonatiger intensiver Vorbereitung und einem Jahr klinischer Praxis mein medizinisches Staatsexamen abgelegt. Wie vielen meiner MitstudentInnen fällt auch mir die immer klinik-fernere Prüfungsweise des IMPP auf - versprach man uns nach der Reform des Studiums immerhin vollmundig ein klinisch orientierteres Staatsexamen, das der veränderten Ausbildungsweise Rechnung tragen sollte.
Dem wachen Studenten entgeht jedoch nicht, dass sich die Nichtbestehensquote seit der Umstrukturierung nahezu verdoppelt hat - von 10 angehenden MedizinerInnen darf sich eineR erneut der mitunter sehr speziellen Materie für ein weiteres halbes Jahr zuwenden. Eine Entwicklung, die mit dem allgegenwärtigen Personalmangel schwer zu vereinbaren und sicherlich auch nicht mit einem plötzlichen Wandel der Studienpopulation zu erklären ist.
Es geht nicht darum, etwaige Niveaus zu senken - aber doch um die Bitte um ein wenig mehr an Augenmaß, heute mehr denn je.
Im folgenden möchte ich eine kleine Zusammenfassung der Problematik geben, die möglicherweise zu diesen ernüchternden Ergebnissen führt.
Durch den Personalmangel in den Ausbildungskrankenhäusern arbeiten viele PJ-StudentInnen auf Schulterhöhe mit approbierten Berufsanfängern, nicht selten mit ähnlichem Stundenpensum. Dabei erschließt sich dem interessierten Studenten ein beachtlicher Erfahrungsschatz, der für künftige Arbeitgeber sicher nicht von Nachteil ist.
Nun ist aber am Ende dieses Jahres die Abschlussprüfung anberaumt - ein Vierteljahr intensive Vorbereitungszeit für 320 Fragen, darunter 12 sogenannte "Fälle", denen bestehenstechnisch die größte Bedeutung zu kommt. Es ist aber leider nicht so, dass anhand der Fälle medizinisches Basiswissen abgefragt wird, sondern inzwischen eine nicht geringe Zahl der Fragen mit herkömmlicher Studentenliteratur kaum zu beantworten ist, respektive Fallgebiete bedient werden, die ob ihrer Gewichtung recht exotisch anmuten (ein Beispiel für einen solchen "Fall" - das Pleuramesotheliom, Zytokeratinnachweis und chemotherapeutisches Regime inclusive). Ein Zeichen für die "Schieflage" ist auch, dass die Prüflinge im Bereich der spezielleren Fälle um gut 10% weniger richtig liegen als bei der Beantwortung der übrigen Prüfungsfragen. In nahezu allen Fächern ist eine Tendenz zur Pointierung klinischen Wissens zu beobachten - reichte beispielsweise früher aus, verschiedene Mamma-CA-Typen zu kennen, werden heute sämtliche FIGO-Regimes für gynäkologische Erkrankungen vorausgesetzt, eventuell noch gepaart mit einer histologisch korrekten Zuordnung. Nicht wenige Fragen bewegen sich nicht nur meiner Einschätzung nach nicht nur terminologisch auf Facharztniveau, andere wirken fast vorsätzlich vage oder missverständlich formuliert. Es wird unter einer Frage ein Aussagenpotpourri präsentiert, in dem eine doppelt verneinte Falschaussage erkannt werden soll. Beispiele gibt es viele.
Mir ist nicht bekannt, in wie weit sich Ihr Engagement auch auf das Staatsexamen erstreckt - allerdings möchte ich meinen Unmut nicht mit einer hoffentlich bald bestandenen Prüfung getilgt wissen, sondern auf die allgemeine Entwicklung und ihre Problematik hinweisen. Kompetentere Ärzte sind in meinen Augen nicht das Ergebnis immer manierierterer Prüfungsfragen.
Wenn Sie Interesse an konkreten Beispielen haben, werde ich diese Ihnen gerne nennen. Es ist mir ein großes Anliegen im Hinblick auf die intensive Vorbereitungszeit und meine eigenen Lehren daraus, die Situation für künftige Prüflinge zu verbessern.

Jedenfalls danke ich für Ihre Aufmerksamkeit,

mit freundlichen Grüßen

orome
16.10.2009, 10:34
vielen dank für den brief. ich werde da an paar ecken was ändern, dann aber auch wegschicken. es wird zwar nichts änder, aber immerhin hat man dann seinem ärger ein wenig luft gemacht.

Potti
16.10.2009, 11:47
Finde den Brief auch sehr gut. Wie schnell ist alles vergessen, wenn es vorbei ist, plötzlich schien es doch machbar. Aber wir alle wissen, wie wütend und hilflos wir uns die letzten Monate fühlten und die wenigsten konnten nach monatelangen Lernen mit dem sicheren Gefühl hingehen, wenigstens zu bestehen. Die Angst, dass das IMPP es trotzdem schafft einen gegen die Wand fahren zu lassen, war nicht "wegzulernen".
Ich danke dir für dein Engagement, etwas für zukünftige Studenten, die jedesmal neu auf diese unnötig qualvollen Monate stoßen, etwas zu tun.

Unregistriert
16.10.2009, 12:57
dürfen menschen, die drogen nehmen und medikamentenabhängig sind, überhaupt prüfungsfragen beim impp einreichen? man kannn doch sowas nur fabrizieren, wenn man drogen nimmt, ein normaler mensch würde doch auf dem teppich bleiben und menschlichkeit beweisen, indem ein humanes examen humanmedizinern vorgesetzt wird, damit diese wiederum human humanen Patienten helfen können. ist es schwer mit der humanen idee an die sache ranzugehen: die studenten haben es bis hierher geschafft, da dürfen wir unsere kinder doch nicht vor die hunde gehen lassen! ich verstehe das nicht, ich glaube, die macher sind kinderlos oder wollen lieber kollegen aus indien und westasien, damit sie konkurrenzlos weitermachen können mit ihrem vermeintlichen humanismus.

das hammerexamen ist ein spiegelbild der derzeitigen situation der ärzte, die spezialisierung auf den fachgebieten macht diese zu fachgenies, und der student lernt inhalte, die für sein nachhaltiges wissen keinen beitrag leistet. entweder revanchiert sich die ärztekammer an die deutsche politik, weil sie in irgendwas seit jahren uneinig sind, und die ärztekammer sagt, wenn ihr nicht mitmacht, machen wir das examen schwer und realitätsfern, und dann gibts in deutschland eben keine ärzte und jetzt sieht mal eben zu, wie ihr klarkommt. ( nein, für diese gedanken habe ich keine drogen genommen!)

ich bin für mehr fragen in klinischer untersuchung, definitionen ( keine TNMs und T1as und welche Therapie-----> was bringt mir das nachhaltig?) sowie eindeutige formulierungen in den vortexten und korrekter fragestellung, und nicht das rumgepienze mit am ehesten und am wenigsten, ich bin ja nicht 20 jahre im klinischen dienst, dass ich weiss, wer am ehesten kotzt und wer am ehesten durchfall bekommt, wenn er/sie dieses oder jenes medikament nimmt.

nun, wir studenten werden schon durch das hammerexamen lahmgelegt und bereits im kopf handlungsunfähig gemacht, damit wir die nächsten 6 jahre schön unseren dienst leisten und die klappe halten.

wir sollten als neue generation arzt jetzt mal endlich zusehen, wie wir uns organisieren, denn die alten halten auch nicht mehr lange durch, wir wollen doch nicht, dass das geografisch beste gebiet europas ohne ärzte bleibt, nur weil es woanders den doppelten lohn gibt.

wir müssen nur runter vom konsum und uns endlich wehren.

nur wie, das weiss ich nicht, deswegen dieser beitrag.

DrMedWurscht
16.10.2009, 13:05
Letztendlich ist das Ziel der Prüfung erreicht: Wir haben uns alle in die Hose gemacht und alle sehr fleißig gelernt.

frank.thurer
16.10.2009, 13:15
Letztendlich ist das Ziel der Prüfung erreicht: Wir haben uns alle in die Hose gemacht und alle sehr fleißig gelernt.

mit der selbstzufriedenheit des bestanden habens muss ich dir da leider recht geben....

und die statistik (wohl der heilige gral des IMPPs) ist doch auch wunderschön. Normalverteilt, moderate durchfaller.
Nur wie es um die Trennschörfe der Fragen steht würde mich interessieren. (nicht die zwischen den einzelnen lösungen sondern die, ob eine Frage zwischen guten und schlechten studenten unterscheidet)
Denn geraten habe ich (zumeist richtig) bei jeder 1,5ten Frage.

Unregistriert
16.10.2009, 13:17
wenn es nur in die hosen machen wäre, diese verniedlichung der situation der studenten vor dem hammerexamen oder derer, die einmal/zweimal durchgefallen sind, depressionen bekommen, ausgeschaltet sind, selbstmordgedanken entwickeln, und das sind nun seit der einführung des hammerexamens bestimmt mehr als 2%, führt zu einem verzerrtem bild, dass die studenten dummchen sind und nichts können, aber irgendwelche fragen beantworten müssen, die nicht mal ein facharzt mit 60% richtig beantworten kann ( wohlgemerkt sogar nur die fragen in seinem eigenem fachgebiet). fragen, mit denen sie im ersten jahr weiterbildung garnicht weiterkommen. wieviel prozent der studenten kann ein herz korrekt und mit sicherheit untersuchen und wieviel prozent haben die fragen zur körperlichen untersuchung richtig beantwortet?

am ehesten:

wenige

JHansen
16.10.2009, 13:25
Ich habe nie verstanden, warum man als Fach-"Fremder" wissen muss, wie viel der Gynäkologe vom inneren Genitale einer Frau raus nehmen muss, wenn sie welchen Tumor auch immer hat. Was ich persönlich doch wichtiger finde ist es gewisse Alarmzeichen/Krankheiten zu erkennen und dann den Pat. an den entsprechenden Fachkollegen weiter zu verweisen. Internistische und chirurgische Kenntnisse und Fähigkeiten wird jeder von uns brauchen und sei es nur um eine Platzwunde zu nähen oder einen Diabetes einzustellen. Notfallmedizinische Kenntnisse braucht auch jeder, aber in welchem Stadium ein Blasenkarzinom wie behandelt werden muss überlass ich gerne dem Urologen, mir reicht es zu wissen, dass ich bei einer schmerzlosen Hämaturie an ein Blasen-CA denke und dem Patienten ein Uro-Konsil angedeihen lasse.
So ist das ganze doch sinnfrei.
Kann sein dass ich da falsch liege, aber das ist :-meinung!

Tiffenau
16.10.2009, 15:26
@missManagment

Toller Brief !! Super geschrieben ;) Ich leih mir auch Teile davon aus ;)

Schnatz
16.10.2009, 15:43
[...] dass ich bei einer schmerzlosen Hämaturie an ein Blasen-CA denke und dem Patienten ein Uro-Konsil angedeihen lasse.


De facto wird es im Stationsalltag auch so gehandhabt. Und so ist es auch sinnvoll...warum wird von uns verlangt alles zu wissen - die Betonung liegt auf "alles" - wenn man sich später doch ein Konsil bestellt!?

Nach unserem Examen haben wir schon viel für den Ortho-FA getan!!

orome
16.10.2009, 16:05
das traurige ist, dass es mir grade so vorkommt, alsob der exaplan mir in 3 monaten mehr beigebracht hat, als die uni in der gesamten klinik. lag sicherlcih auch zum großen teil an meiner faulen grundeinstellung aber sagt mir doch mal bitte, wie einer bis zum examen PROBLEMLOS durchkommen kann, der noch nicht mal so ganz richtig weiss in welches herz das blut aus der lunge fließt und wie die klappen heissen. die selben profs, die für eine dermaßen miese lehre verantwortlich sind, reichen dann sicher die geilsten fragen ein, und schon hat man ein nettes examen.
nicht falsch verstehen, ich bin sicherlich zum großteil schuld gewesen, an meiner kompletten ahnungslosigkeit, wenn die unis aber so etwas zu lassen, bzw. ich aus den pflichtveranstaltung so wenig mitgenommen habe, dann denkt man mal übers ganze system nach ....