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Mirona
18.10.2009, 12:22
Hello,

habe die Rückmeldung bekommen, daß mein Auftreten etwas zu burschikös ist. :-D Persönlich empfinde ich es ja eher als Kompliment. :-D
Allerdings sehe ich ja ein, daß ich wohl "beruflich" etwas daran arbeiten muß. Nachdem ich jetzt meine Freundlichkeit schon ein Jahr mit Perwoll gewaschen habe, geht es wohl mit Strahlend wollweiß und Weichspüler weiter.
Ich würde mich sehr über Tipps und Tricks im Umgang mit Patienten freuen. Vor allem in Bezug auf ältere Leute, die ihren Arztbesuch vor allem aufgrund des sekundären Krankheitsgewinns sprich Aufmerksamkeit machen. Ich weiß ehrlich gesagt nie, was ich mit denen so genau anfangen soll und strahle es wahrscheinlich auch aus. Bin halt leider auch kein guter Small Talker, wenn sie mir net iwo sympathisch sind. Die sind meine absolute Problemgruppe. Mit dem Rest komme ich ganz gut klar. Außer den 5% Macken. ;O)
Und was macht ihr um dem Arztbild, das gerade ältere Leute haben, gerecht zu werden?

Grüßle, Mirona

Espressa
18.10.2009, 13:03
Huhu Mirona;

da könnte ich Bücher drüber schreiben!
Habe auch viele ältere Patienten, und komme sehr sehr gut mit ihnen aus, und sie mögen mich auch sehr und wollen ihren nächsten Termin wieder bei mir haben.

Was bei den Opis oft klasse ist: flirten, Wenn es mit den Beinen unter der Spaltlampe eng wird kommen manchmal Sprüche wie: "Entschuldigen Sie, ich kann nicht weiter aus dem Weg, hab Schuhgröße 46 - und alles weitere erachten Sie bitte als Flirt" - da sollte man sich als Frau nicht angewidert abwenden, sondern charmant zurücklächeln. Die alte Generation hält nicht viel von Emanzipation und unterstellt auch keine sexuelle Belästigung, sondern will einfach den netten Besuch bei der jungen Frau Doktor genießen.

Dann höre ich denen immer zu was sie zu sagen haben, wo ihre Beschwerden im Alltag liegen, bei welchen Tätigkeiten - Smalltalk ist gar nicht so schwer. Und gerade die Alten erzählen gern.

Ältere Frauen sind auch oft begeistert, dass es Mädels heutzutags auch zu was bringen und Ärzte werden, sie gönnen einem die Karriere die sie nicht haben konnten. Sie mögen den ehrlichen Umgang und auch dass man ihnen länger und einfacher etwas erklärt wie die großen älteren Docters, die keine Zeit und keine Geduld haben.

Meine schwierige Patientengruppe sind die 35-45-jährigen Powerfrauen, oder auch die älteren Mütter mit ihren Kids. Die schauen immer sehr misstrauisch.

Lächle einfach, mach Komplimente, frag wie es den Leuten geht, sei ein liebes Mädchen. Damit machst du auch deine Senioren-Patienten glücklich.

lg espressa

Miss
18.10.2009, 13:38
In welchem Fach arbeitest Du denn? Und im Krankenhaus oder in der Praxis?

Ich mag Opis und Omis normalerweise, daher fällt es mir meistens auch nicht so schwer, nett zu ihnen zu sein, schließlich könnten das auch meine Großeltern sein, und da würde ich auch wollen, daß man sie gut behandelt. Es gibt natürlich auch Fälle, wo das anstrengend ist, demente, neurotische, etc. -aber da muß man wohl durch.

Man kann nicht mit allen Patienten gleich gut auskommen, und es können einen auch nicht alle mögen -und man mag natürlich auch nicht alle. Ich versuch trotzdem allen ein gutes Gefühl zu geben, wenn sie bei uns sind, wenns vor der Narkose ist, das Gefühl, daß wir gut auf sie aufpassen, nach der OP anders, aber ähnlich (im AWR bspw.), in der Ambulanz beim Vorgespräch, daß wir sie ernst nehmen und ihre Probleme und daß wir uns auch Zeit dafür nehmen, das richtige Verfahren für sie auszuwählen, ihnen das zu erklären, ihnen ein bißchen die Angst nehmen und das Gefühl des allein-gelassen sein, nicht ernst genommen zu werden und nichts zu verstehen.

So wie ich mich auch gern behandelt fühlen möchte, wenn ich mal im Krankenhaus bin.

Das klappt alles nicht immer, wir sind ja auch nur Menschen.
Aber ich versuchs wenigstens.
Ich denke, wenn der eine ne etwas burschikosere Art hat, ist das aber doch auch nicht schlimm ;-)

alex1
18.10.2009, 14:10
Opis und Omis sind die besten!
Da kann man oft das Eis mit dem Alters-Spruch brechen:
"Wir wollen Sie richtig und gut behandeln, weil Sie ja noch recht jung sind. Erst 75!"

Nervig sind die 40-50jährigen Banker-Versicherungs-Typen, die immer gleich fragen:
"Und wo ist Ihr Oberarzt?"

:-)

John Silver
18.10.2009, 14:57
Grundsätzlich positive Reaktionen erntet man, wenn man entspannt ist. Die Leute sind nicht blöd und merken, wenn man im Streß ist und mehr oder weniger unbewußt versucht, die Untersuchung/Aufklärung/Abschlußgespräch o.Ä. möglichst schnell durchzuziehen.

Selbst streng dreinschauende ältere Herrschaften werden überraschend oft lockerer, wenn man sie mit "junge Dame" oder "junger Mann" anspricht. Klingt doof, ist aber so :-)

Mit den "ich-will-den-sekundären-Krankheitsgewinn-voll-abgreifen"-Leutchen hilft nach meiner Erfahrung Empathie, oder zumindest das erfolgreiche Votäuschen derselben. Diese Menschen werden meist mit abweisenden Reaktionen konfrontiert, ob zurecht oder nicht, sei mal dahingestellt; deswegen sind sie meist sehr dankbar, wenn man einfach nur nickt, so etwas wie "ja, sie haben's nicht leicht, die Beschwerden sind schlimm, kann ich mir vorstellen, bla-bla" sagt und denen vermittelt, daß man sie ernstnimmt und bereit ist, sich ihrer Beschwerden anzunehmen. Schon sind sie weich wie Butter.

Witzchen reißen und burschikos sein ist so 'ne Sache. Erstens muß man's können, das Lustigsein, dieses etwas familiäre Auf-die-Schulter-klopfen. Wenn es erzwungen kommt, kommt es schlecht. Und zweitens verstehen nicht alle Patienten den Spaß. Wenn man will, entwickelt man ein Gespür dafür, wann man das bringen kann; bis man es entwickelt hat, legt man sich aber ab und an auf die Nase. Und selbst danach legt man sich damit manchmal auf die Nase. Aber letztlich legt man sich mit jeder Umgangsmethode ab und an auf die Nase. Ich glaube nicht, daß es möglich ist, sich wirklich mit allen Patienten ohne Ausnahme zu verstehen. Früher oder später gibt es Konflikte, Klagen etc. Viele kommen mit ihrem Leben, mit ihrer Krankheit oder mit sonst irgendetwas nicht klar, und lassen es dann am Arzt oder an der Pflege aus.

Kackbratze
18.10.2009, 16:09
Es sind alles Menschen mit Macken, Ideen und Vorurteilen, also behandele ich sie wie Menschen. Nicht wie Patienten.
Jeder ist ein Individuum und verlangt deswegen auch individuelle Aufmerksamkeit!

sunrise10086
18.10.2009, 16:10
Letzendlich finde ich, dass es wichtig ist, dass man sicht selbst treu bleibt. "Man (oder frau) selbst bleiben" und sich nicht total verdrehen.
Ich hab auch lieber einen eher lockeren Umgang mit den meisten meiner Patienten, bei Privaten muss man da immer ein wenig aufpassen. Die sind gerne Chef-fixiert bis zum Umfallen.
Hab es aber auch schon gehabt, dass ich jemanden richtig angehen musste, weil mir das einfach zu dreist wurde. Bei jedem Satz ins Wort fallen kann ich nicht leiden, ich fahr meinen Patienten auch nicht übers Maul. Ein wohl dosiertes "Ich lasse Sie ausreden und Sie mich auch..." hat da Wunder gewirkt.

Espressa
18.10.2009, 17:54
Nervig sind die 40-50jährigen Banker-Versicherungs-Typen, die immer gleich fragen:
"Und wo ist Ihr Oberarzt?"

:-)

Das meinte ich auch.
Wobei Männer noch nicht mal soo abgetörnt sind von einer weiblichen, wenn auch jungen, Ärztin; da werden eher die Frauen stutenbissig.
Da hilft manchmal etwas komplexere Ausdrucksweise und das Verwenden von Fachausdrücken, sobald sie nicht mehr verstehen wovon man spricht werden doch die meisten wieder etwas zahmer.

Da war eine Patientin, die hat die Voruntersuchung durch die Arzthelferin verweigert - bei uns Augenärzten objetive Refraktion mit Autorefraktometer. Weil sie ja nur eine Entzündung habe, das hätte ja mit der Brille nix zu tun. Ich hab sie dennoch gezwungen, die Visusprüfung über sich ergehen zu lassen (bei jedem den ich zum ersten Mal sehe will ich einen Visus, und auch Refrawerte) - da wurde sie schon wieder bockig und meinte deshalb wäre sie ja gar nicht hier bla bla und wieso und überhaupt...
Da sagte ich einfach: "Diese Werte brauche ich aus forensischen Gründen."
Sie: "Was ist 'forensisch'?" :-oopss - da war ich wieder mit der Welt versöhnt... :-D

Evil
18.10.2009, 18:04
Witzchen reißen und burschikos sein ist so 'ne Sache. Erstens muß man's können, das Lustigsein, dieses etwas familiäre Auf-die-Schulter-klopfen. Wenn es erzwungen kommt, kommt es schlecht. Und zweitens verstehen nicht alle Patienten den Spaß. Wenn man will, entwickelt man ein Gespür dafür, wann man das bringen kann; bis man es entwickelt hat, legt man sich aber ab und an auf die Nase. Und selbst danach legt man sich damit manchmal auf die Nase. Aber letztlich legt man sich mit jeder Umgangsmethode ab und an auf die Nase. Ich glaube nicht, daß es möglich ist, sich wirklich mit allen Patienten ohne Ausnahme zu verstehen. Früher oder später gibt es Konflikte, Klagen etc. Viele kommen mit ihrem Leben, mit ihrer Krankheit oder mit sonst irgendetwas nicht klar, und lassen es dann am Arzt oder an der Pflege aus.
Gut zusammengefaßt :-top

Wichtig sind meiner Ansicht nach auch klare Ansagen, wo Du den Patienten kurz erklärst, was Du mit ihnen anstellst und warum.
Teilweise kann man den Ablauf mit den Patienten gemeinsam festlegen, letztendlich treffe ich als Arzt aber die Entscheidung und sage, wo es langgeht.

Insofern ist das "burschikose", in meinem Fall eher forsche Auftreten eigentlich gar nicht schlecht.

John Silver
18.10.2009, 21:43
Ich denke, es geht darum, beim Patienten den Eindruck zu hinterlassen, daß man weiß, wo es langgeht, und einen Plan hat. Solange die Leute wissen, was als nächstes passieren wird, sind sie eher ruhig und kooperativ. Unruhe, Fragen nach dem Oberarzt etc. kommen meist dann, wenn die Leute keine Ahnung haben, was abgeht, weil die Ungewißheit die Angst nährt, und Angst haben sie alle.

Sabbel
20.10.2009, 15:08
Beschwerden ERNST nehmen, auch wenn sie in ihrer Absurdität schon fast amüsanter Stoff für Cocktail Conversations sind... auch ruhig und kurz ein eigenes Statement abgeben und das als solches deklarieren. Menschen funktionieren complianter, wenn man ihnen das Gefühl gibt, sie entscheiden selbst über alles. (Solange sie dazu in der Lage sind, 80 und dement ist natürlich was anderes...) und ja, EINFÜHLSAM.
Sich verstanden fühlen nimmt die Angst, ist nicht irrelevant.

hennessy
20.10.2009, 15:33
wer auch nur ein klein wenig Fingerspitzengefühl hat, der wird in relativ kurzer Zeit ein Gespür für die Patienten bekommen.
Für mich war beispielsweise von Anfang an sehr wichtig, jeden Patienten selbst zu begrüßen und mit Namen anzusprechen. In der Klinik hatten wir als no go die Unart, unsere Patienten auch mit behandschuhter Hand zu begrüßen. Das geht natürlich gar nicht.
Wenn ich dem Patienten erkläre, dass meine Helferin die Routine erledigt, dann wird niemand etwas dagegen haben. Wenn aber ein Patient von einer Helferin abgeholt wird und ohne den Behandler gesehen zu haben sofort in den Röntgenraum oder in die Spezialbehandlung verfrachtet wird, so stößt das mitunter sauer auf. Klar läßt es sich manchmal nicht vermeiden, aber es gehört zumindest in meiner Praxis zur Ausnahme.
Um einen auch menschlichen Draht zu meinen Patienten zu bekommen, notiere ich mir mit Bleistift in der Kartei oder im PC Kleinigkeiten, die ich erfahren habe, beispielsweise eine Urlaubsfahrt oder der Besuch von Verwandten oder die Zuckerrübenkampagne etc. Beim nächsten Besuch frage ich dann gezielt danach und ernte immer wieder ein wohlwollendes Lächeln und Sympathiepunkte, weil ich mich daran noch erinnert habe.
Die schwierigsten Patienten sind bei mir Lehrerinnen mittleren Alters mit Doppelnamen. Sie haben ein Halbwissen, das sie vor mir auskotzen wollen. O.K. sollen sie. Wenn sie dann fertig sind, versuche ich ihnen zu erklären, was daran richtig oder falsch ist. Zugegebenermaßen werde ich dabei manchmal etwas direkter und verwende absichtlich Fachausdrücke. Wunschpatienten gibts da mehrere: Jedesmal, wenn ich sie sehe, wünsche ich mir 10 andere ;-).
Aber so im Großen und Ganzen komme ich eigentlich schon gut zurecht.

Espressa
20.10.2009, 18:46
.
Die schwierigsten Patienten sind bei mir Lehrerinnen mittleren Alters mit Doppelnamen.
:-))
Als Steigerung: oben genannte in Frühpension und mit P-Versicherung...

John Silver
21.10.2009, 18:22
... und Unterrichtsfach Biologie.

Muriel
21.10.2009, 18:38
Gestern habe ich jedenfalls das Paradebeispiel dessen erleben dürfen, was sicherlich nicht mal ansatzweise ok ist. Auf ganzer Linie versagt in allen Punkten und das in einer Art und Weise, die schlicht unmöglich ist. Ich glaube, ich bastel mir eine Voodoopuppe :-kotz

Espressa
21.10.2009, 18:47
Gestern habe ich jedenfalls das Paradebeispiel dessen erleben dürfen, was sicherlich nicht mal ansatzweise ok ist. Auf ganzer Linie versagt in allen Punkten und das in einer Art und Weise, die schlicht unmöglich ist. Ich glaube, ich bastel mir eine Voodoopuppe :-kotz

ach ja, in Tagen wie diesen geht man am besten gar nicht zum Arzt... was man so hört... zum Teil von Patienten die zur Zweitmeinung kommen, unglaublich wie manche Kollegen verfahren...

Bandwurm
21.10.2009, 19:37
Im Umgang mit den Patienten ist es wie mit dem berühmten Hammer. Wer nur einen Hammer hat, für den ist die ganze Welt ein Nagel. Sprich wenn du mit einer burschikosen Art in gleicher Weise auf eine leicht demente Omi zugehst, wie auf einen 17jährigen, haust du mit sicherheit öfters mal daneben. Wenn du bei einem leicht alkoholisierten 50 jährigen burschikos-direkt bist, liegst du wahrscheinlich richtig. Man muss halt sein Repertoir mit der Zeit erweitern. Ich persönlich musste mir angewöhnen, als jmd. der sich eher mal zu viel sagen lässt, auch mal laut zu werden. Jetzt schrei ich auch mal- sehr geplant!- herum, z.B. den Besoffenen, der schon nach 10 Minuten auf der Station meint die 16 jährige Schwesternschülerin zu begrabschen. Kommt aber meistens mit der Zeit automatisch, wenn man ein wenig darauf achtet. Und wenn du dir schon so eine Frage stellst, wie hier im Forum, sollte es mit der Zeit schon werden.

Hypnos
21.10.2009, 22:30
Also es gibt da in diesem Haus der Maximalversorgung so ein paar ganz spezielle, mit Sicherheit frontal enthirnte Vischeralchirurgen...*denk*

John Silver
22.10.2009, 17:51
Meiner Erfahrung nach verteilen sich Nixkönner und Sozialversager auf alle Fachrichtungen, die viel direkten Patientenkontakt mit sich bringen, etwa gleich.

alex1
22.10.2009, 23:14
Also es gibt da in diesem Haus der Maximalversorgung so ein paar ganz spezielle, mit Sicherheit frontal enthirnte Vischeralchirurgen...*denk*
Chirurgen sind nicht frontalenthirnt.
Bei Chirurgen mutiert das Hirn im Rahmen der Weiterbildung, so dass zum Schluss die Grosshirnrinde nur noch aus dem motorischen Kortex besteht.