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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Colitis ulcerosa - und jetzt?



krabbi
11.11.2009, 10:57
Hallo!

Ich bin hier schon länger im Forum unterwegs, v.a. im Krankenpflege-Thread, aber in letzter Zeit habe ich mich nicht mehr gemeldet aus verschiedenen Gründen.

Bei mir wurde letzte Woche nach einer Coloskopie eine Colitis ulcerosa diagnostiziert... :-heul

Die ist auch ziemlich ausgeprägt, es ist eine Pancolitis, sogar mit Backwash-Ileitis! Schmerzen habe ich (zum Glück!) trotz dieser starken Entzündung kaum. Aber ich darf mich nicht allzu weit von einer Toilette entfernen, sonst wird es kriminell... Habe in vier Monaten fast 6kg abgenommen.

Körperlich geht es mir dennoch einigermaßen gut, dafür aber psychisch nicht so wirklich...

Mir schwirren tausende von Dingen durch den Kopf, vor allem die Frage, ob ich mit so einer Erkrankung überhaupt Medizin studieren kann! Es wird ja oft gesagt, dass Stress einen neuen Schub auslösen oder verschlimmern kann und stressfrei sind das Studium und der Beruf später ja nicht wirklich. Natürlich gibt es heutzutage praktisch keinen Beruf mehr ohne Stress, aber als Mediziner ist man davon ja häufig sehr stark betroffen!

Außerdem stelle ich mir da ganz praktische Fragen: Während eines Schubes kann man ja bestimmt schlecht im OP arbeiten? Was ist, wenn ich irgendwann mal Immunsuppressiva bekommen sollte, falls alles andere nicht anschlägt, dann kann ich ja schlecht im Krankenhaus arbeiten?
Das ist doch alles blöd... :-?

Ich weiß, dass diese Krankheit bei jedem ganz anders verlaufen kann, aber vielleicht hat ja jemand Erfahrungen damit!

Kennt ihr betroffene Kommilitonen/Kollegen etc., oder ist jemand vielleicht sogar selber betroffen?

Gruß,

krabbi

Evil
11.11.2009, 18:51
Hey, lass mal den Kopf nicht hängen!
Mein Chef ist Gastroenterologe und Rheumatologe, von daher kenn ich mich da ein wenig aus.

Allerdings werd ich hier keine großen fachkundigen Ratschläge erteilen, was über ein Internetforum auch meiner Ansicht nach wenig Sinn hat.

Nur folgendes: ich kenne eine Menge Verläufe, die sich medikamentös gut einstellen lassen und bei denen die Leuts ein halbwegs normales Leben führen. Eine Kollegin von mir aus Anästhesiezeiten hatte auch eine Colitis, und das ging ganz gut mit den Narkosen.

Du suchst Dir jetzt einen gescheiten Gastroenterologen oder auch Rheumatologen, der davon ein bissl was versteht, läßt Dich gut einstellen, und dann wird das schon! :-)

zvesda
11.11.2009, 19:04
hi!
meine freundin, die on ungarn studiert hatte april auch diese diagnose bekommen. sie hatte allerdings auch schmerzen und der arzt meinte nach der colo, dass er noch nie so einen entzündeten darm gesehen habe. nachdem sie etwa 1 monat im kh war und ganz viel immunsupressiva bekommen hat, studiert sie nun weiter. letztens befürchtete sie wieder einen schub, da beschwerden, aber war wohl halb so schlimm laut dr.
wünsche dir auf jeden fall, dass dich diese erkrankung nicht vom studium abhält

orthost@t1c
12.11.2009, 21:21
hey krabbi!

natürlich ist das erstmal alles andere als prickelnd, aber ich denke auch, dass du dich jetzt auf keinen fall von deinem weg abbringen lassen solltest!
bei meinem bruder wurde vor ca. 2 jahren ebenfalls colitis ulcerosa festgestellt und der befindet sich jetzt im 5. semester seines studiums in chemie-ingenieurwesen. das ist auch alles anderes als stressfrei, mit vorlesungen/praktika bis in den abend hinein, lernen etc. aber er geht seinen weg und das ziemlich gut! klar, jeder schub ist auch ihm ein dorn im auge, aber es ist machbar!
wichtig ist, wenn man unter stress steht, dass man nicht noch durch andere faktoren wie z.b. rauchen/alkohol einen schub begünstigt! mein bruder passt auch zusätzlich seine ernährung seinem krankheitsbild an und fährt eigentlich ganz gut damit.
aber in der hinsicht solltest du dich wie evil schon vorgeschlagen hat, von einem guten gastroenterologen beraten/einstellen lassen und dich zusätzlich mit fachliteratur über das thema schlau machen!

wünsch dir noch alles gute!!!

Gast26092018
31.03.2012, 19:46
Wie gehts der Krabbi heute?

In Heidelberg wird gerade eine vielversprechende Studie durchgeführt, bei der Colitis Ulcerosa Patienten retardiertes Phosphatidylcholin Granulat verabreicht wird. Dieses wird nicht resorbiert und erst im Dünndarm freigesetzt und baut sich dann in die Schleimschicht ein. Dadurch wird die Schleimbarriere, die bei Colitispatienten defekt ist wiederhergestellt. Dieses Lecithin ist hydrophob und hält Bakterien auf Distanz und verhindert das die Bakterien angreifen können.

Es laufen derzeit Zulassungsverfahren, es könnte aber noch eine Weile dauern bis es endgültig zugelassen wird:-nix Das coole ist dass es bisher kaum Nebenwirkungen zeigte...nur Blähungen in maximal 50% der Fälle. Es zeigte einen Effekt bei Patienten mit Dauerschub im Vergleich zu Placebo und vor allem Patienten mit einem Steroidabhängigen Verlauf konnten von Kortison befreit werden (ca. 80% der Teilnehmer).
Mal sehen ob das was wird:-nix

Alles Gute:-top

Coxy-Baby
31.03.2012, 19:51
Krabbi war seit über 2 Jahren nicht da....

Kackbratze
31.03.2012, 20:58
Und offen gesagt, sind solche "Wunderstudienangebote" im anonymen Internet Kontraproduktiv. Du schaffst damit einer Erwartungshaltung, die sich nur enttäuschen kann, wenn Krabbi die Einschlusskriterien nicht packt oder die Studie nicht das hält, was sie verspricht.

GERADE als Mediziner sollte man sich von sowas fernhalten und im Zweifel (wenn man es kann) als erstes mit dem behandelnden Kollegen Kontakt aufnehmen und eher sekundär mit dem Patienten.
Spätestens, wenn Du als behandelnder Arzt mal einen maligne geprimten Patienten in deiner Spezialsprechstunde sitzen hast, wirst Du den Hausarzt/Forenbeitrag/Nachbarn verfluchen, der ohne die komplette Krankengeschichte zu kennen deine Therapie und die Patientencompliance über den Haufen wirft.

Wenn der Gastroenterologe gut ist, weiss er von der Studie (solche Studien, insbesondere wenn sie rekrutieren) stehen in Fachmagazinen ausgeschrieben und wenn die Einschlusskriterien passen, wird der Kollege sich darum kümmern, dass ein Patient wie Krabbi sich dort vorstellt.

Gast26092018
31.03.2012, 21:51
Wenn ich Patient wäre, würde ich mich über jede Art von Lichtblick am Ende des Tunnels erfreuen. Du sagst es, wenn der Gastroenterologe gut ist, es ist aber nicht jeder gut.

Du hast schon irgendwie recht;-). Ich mache Patienten gerne Hoffnungen, aber ich sollte mich mehr zurückhalten und die Einschlusskriterien überprüfen. Aber das war nur eine Info, kein Angebot.

WackenDoc
31.03.2012, 22:03
Solche Hoffnungen sind leider oft trügerisch und belasten den Patienten zusätzlich psychisch, wenn es dann doch nicht klappt.

Kackbratze
31.03.2012, 23:13
Wenn ich Patient wäre, würde ich mich über jede Art von Lichtblick am Ende des Tunnels erfreuen. Du sagst es, wenn der Gastroenterologe gut ist, es ist aber nicht jeder gut.

Sorry, aber da muss ich widersprechen und leider auf die Erfahrung mit solchen Patienten verweisen, die Dir leider abgeht.
Warte mal ab, bis Du wirklich mit einem "enttäuschten Patienten" zu tun hast, dem Du eine solche Therapie angeboten hast, obwohl er woanders in Behandlung ist.
Erst hasst er seinen Behandler, weil die Wunderheilung im Vorenthalten wurde, danach hasst er die Studie, weil er entweder nicht drin ist, oder das Ergebnis fehlt.
Danach hasst er erstmal wieder seinen Behandler, weil die leidlich funktionierende oder vielleicht sogar gut funktionierende Dauertherapie über den Haufen geworfen wurde und ein akuter Schub, mindestens aber verschwendete Zeit eingetreten ist und am Ende hasst er Dich, weil Du so einen Mist ihm geraten hast.
Selbst ein unverfängliches Angebot wird von chronisch-Kranken als gottgleiche Fügung gesehen, der sie hinterhergehen.

Und was bleibt am Ende übrig?

Ein absolut frustrierter Patient, der KEINEM Arzt mehr vertraut. Weder seinem Dauerbehandler, weil der ja scheinbar keine Studien liest oder am Ende nicht verhindert hat, dass sich der Patient in sein gefühltes Unglück gestürzt hat und auchnicht Dir, als Koryphäe einer anderen Fakultät, die erst Recht keine Ahnung von Medizin hat, weil Du so einen Shice, der nicht hilft, sondern höchstens geschadet hat, empfielt.

THawk
01.04.2012, 00:45
Außerdem ist eine Studie dafür da, Wissenszuwachs zu erwerben - nicht Patienten einer neuen Behandlung zuzuführen.

Wurde mir gerade im Rahmen einer längeren Fortbildung sehr deutlich. Wissenschafts- und Therapie-Ethik sind zwei Dinge. Wenn du Patienten einen Studieneinschluss anbietest solltest du dir im Klaren sein, dass der Patient in vielen Fällen zu 50% ein Placebo-Präparat bekommen wird. Es ist natürlich trotzdem wichtig, dass Patienten an klinischen Studien teilnehmen; aber damit eine bessere Heilungs- / Therapie-Option zu verbinden ist kritisch.

Kackbratze
01.04.2012, 07:48
..und offen gesagt falsch.

Wenn die Studie abgeschlossen ist, ein TOP-Ergebnis gebracht hat und das Medikament zugelassen ist, DANN kann man es den betreffenden Patienten ruhigen Gewissens anbieten.
Vorher bleibt ein Experiment ein Experiment.

Wieviele tolle Medikamente wurden in der letzten Studie wieder zurückgezogen, obwohl Phase 0-III super verliefen und in IV dann plötzlich neue Probleme auftraten.
Auch Medikamente wie Thallidomid haben ihre Toxizität erst spät gezeigt, auch wenn das Medikament bei bestimmten Indikationen (z.B. Lepra, aktuell in experimentellen Studien bei CED) Wirkungshinweise zeigt und auch bei Kopfschmerzen weiterhin wirksam ist.

Feuerblick
01.04.2012, 12:57
Es zeigt sich mal wieder, wie sehr TV-Serien unbedarftere Menschen beeinflussen können. Im TV ist eine Studie rund um ein neues Medikament fast immer der letzte Rettungsanker für todkranke Patienten, die das neue Wundermedikament sonst NIE bekommen würden. Im wahren Leben ist eine Studie eine Studie. Das "Wundermedikament", so es denn überhaupt ein solches ist, wird gegen Placebo getestet und je nach Studiendesign bekommt der "arme todkranke Patient" (der natürlich nie eingeschlossen wird, weil "todkrank" dann doch oft ein Ausschlusskriterium ist :-)) ) in 50% das Placebo verpasst und darf sich dann mit etwas Pech mit einer Verschlechterung seiner Erkrankung rumschlagen. Böse Falle!!! Kurzum: Eine Studie ist im wahren Leben in aller Regel eben keine Wundertherapie! Und man sollte sich sehr genau mit der Studie und ihrem Design auskennen, bevor man einem seiner Patienten zur Teilnahme rät. :-meinung