PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Berufsmöglichkeiten mit Depression



Epicuro
27.12.2009, 10:35
Hallo!

Wäre schön, wenn ihr mir zu folgender Problematik ein paar Gedanken und Anstöße liefern könntet:

Leide seit ca. 4 Jahren an einer Depression (bin dadurch nicht "lebensunfähig", fühle mich in meiner Leistungsfähigkeit allerdings schon bedeutend eingeschränkt), Behandlungen zeigten bisher keine Besserung.
War deswegen schon des öfteren davor, mein Studium abzubrechen. Habe es mit viel Mühe doch durchgezogen und nun auch tatsächlich erfolgreich abgeschlossen. Auf der einen Seite natürlich eine große Erleichterung, auf der anderen Seite stellt sich nun die Frage: Was jetzt?

Lernen zu Hause am Schreibtisch in Eigenplanung war zwar anstrengend, aber doch machbar.
Die ärztliche Klinikarbeit dagegen traue ich mir nicht zu, schon in Famulaturen und PJ fühlte ich mich überfordert, wenn's mal nicht um Routinetätigkeiten wie Blutabnehmen und Haken halten ging.
Bin zwar weiter in ärztlicher Behandlung und könnte mit einer Dr.Arbeit den Berufsstart noch etwas hinauszögern, allerdings erwarte ich jetzt keine rapide Verbesserung in naher Zukunft, nachdem sich die letzten Jahre gar nichts getan hat.

Doch welche Möglichkeiten habe ich nun?
Habe während des Studiums bereits in Bereiche wie Psychiatrie, Psychosomatik und Arbeitsmedizin hineingeschnuppert, aber auch da kommt man um eine grundlegende klinische Tätigkeit nicht herum. Selbst in nicht-kurativen alternativen Tätigkeitsfeldern wird klinische Erfahrung so gut wie immer vorausgesetzt (wohl natürlich auch zu Recht) oder sind die Belastungen vergleichbar mit denen einer Kliniktätigkeit.

Suche nun also eine Aufgabe, bei der man sich nicht schon als "gesunder" Berufsanfänger chronisch überlastet fühlt, was nicht heißen soll, dass ich nach einem "schlauen Job" mit möglichst wenig Arbeit Ausschau halte - nur eben nach einem, der etwas routinierter und geordneter, weniger punktuell maximal beanspruchend abläuf und mit weniger großer Verantwortung ggü. Menschenleben als im "Normalfall".

Vielleicht fällt dem einen oder anderen ein bisschen was dazu ein, würde mich freuen!

Ansonsten allen einen guten Beschluss und einen ebenso guten Start ins neue Jahr!!

Epicuro

Kackbratze
27.12.2009, 10:41
Patho, Rechtsmedizin, Anatomie, Physiologie, Labormedizin, Humangenetik. Es gibt genug Bereiche ohne Endkundenkontakt...

Sabbel
27.12.2009, 11:46
Sozialmedizin

Assistent 3:16
27.12.2009, 13:16
Der FA für Psychiatrie und Psychotherapie ist für einen Arzt mit Depression maßgeschneidert.

Kackbratze
27.12.2009, 13:29
Der FA für Psychiatrie und Psychotherapie ist für einen Arzt mit Depression maßgeschneidert.

Glaubst Du das, was Du geschrieben hast, oder ist das eher "so nebenbei" aus den Fingern gekommen, ohne das der Neurocortex dran beteiligt war?

Nach der Logik, müssten alle Ärztinnen mit MammaCas in die Gyn, alle männlichen Ärzte mit Prostataproblemen Urologen werden.

Und gerade mit Erkrankungen, die die Psyche miteinbeziehen ist, meiner Meinung nach, ein Bereich, der sich besonders mit solchen Erkrankungen beschäftigt und auch eine Menge Empathie und "Mitfühlen" erforderlich macht, gerade nicht die weiseste aller Lösungen, wenn man selber an einer solchen Erkrankung leidet.
Stichwort: Übertragung

Espressa
27.12.2009, 13:35
Hmm, ich denke man hat überall viel Verantwortung (als bspw. Pathologe entscheidest du schließlich auch über Krebs-oder-nicht-Krebs), und braucht überall etwas Frustrationstoleranz.

Ich würde die Fachwahl da eher vom Interesse abhängig machen, nimm etwas das dich "anlacht", etwas was dir noch am schmackhaftesten erscheint darin tätig zu sein, sonst fällt dir die Decke jeden Tag ein Stückchen mehr auf den Kopf (z.B. bei lauter zu obduzierenden Leichen...)

Oder - gehe neue und intensivere Wege um deinen Zustand zu verbessern. Nicht aufgeben!

teletubs
27.12.2009, 16:42
Die wichtigste Frage ist, was möchtest du? Wofür interessierst du dich?

Wenn du dich so schnell überfordert fühlst, dann kannst du doch auch einen Gang zurückschalten und vielleicht 50% oder so schaffen?! Vielleicht wäre das ja auch eine Option?

Ansonsten schau, dass du einigermassen wieder stabil wirst bzgl. Depression. Alles Gute :-keks

kingston
27.12.2009, 19:23
vielleicht solltest du einfach das fach, welches dich am meisten interessiert anfangen und probieren ob das nicht doch auch mit depression funktioniert.
unter umständen bist du weit leistungsfähiger als du es dir jetzt vorstellen kannst.

umr
27.12.2009, 20:04
Ich habe gehört, daß man als Arzt in der Blutspende (Untersuchung der Spender) geregelt und relativ streßarm arbeiten kann. Vielleicht ist das eine Option? Ansonsten ist das natürlich schwierig einen Rat zu geben, da wir Dich ja leider nicht kennen. Ich denke auch, gerade wegen der Depression wäre es gut, was zu machen, was Dir auch Spaß macht. Denn wenn Du auf der Arbeit unglücklich bist, wird sich das auch auf Dein Gesamt-Befinden auswirken.

Vielleicht ist es doch nicht der schlechteste Weg, erstmal eine Dr-Arbeit zu schreiben und in dieser Zeit nochmal forciert die Depression anzugehen. Nicht, daß man mit nicht arbeiten könnte, aber für Dich als Mensch wäre es doch gut, wenigstens kleine Fortschritte zu sehen. Und eine Depression ist halt kein Schnupfen, da dauert es mitunter schon mal sehr lange, bis Besserung eintritt. Gib nicht auf.
Alles Gute!

Hypomochlion
31.12.2009, 11:06
Lieber Epicuro!

Erstmal herzlichen Glückwunsch zu Deinem gegen alle Widerstände bestandenen Examen! :-top Dass Du nun ein Fach suchst, in dem Du noch die Chance hast, auf Dich zu achten und vor allen Dingen weiter in Behandlung zu bleiben, ist gut! Eine Depression ist behandelbar! Du siehst da momentan offenbar keinen Fortschritt, aber bitte dranbleiben! Welches Fach würdest Du wählen, wenn Du Dich jetzt fit fühlen würdest? Vielleicht gibt es die Möglichkeit, in diesem Fach zunächst "nur" zu forschen, mit festen Arbeitszeiten? Solche Stellen habe ich sogar schon in der Inneren an einer Uni-Klinik gesehen. Ich drücke Dir die Daumen!


Der FA für Psychiatrie und Psychotherapie ist für einen Arzt mit Depression maßgeschneidert.
Dieser Kommentar macht mich einfach nur fassungslos! Statt einer langen Richtigstellung der Sachlage sage ich nur: Fremdschämen, aber wie!!! :-kotz

LasseReinböng
31.12.2009, 11:58
Grundsätzlich muß das Fach interessieren und Spaß machen, sonst werden die nächsten 30-40 Berufsjahre zur Qual, egal ob es im Job entspannt zugeht oder nicht.

Mal abgesehen davon...hast Du mal an Fächer wie Radiologie, Nuklearmedizin gedacht ? Gefordert wird man überall, aber es ist doch bedeutsam angenehmer, primär fachlich gefordert zu werden als sich zu >50% mit fachfremden Aufgaben herumzuschlagen, wie in Innere & Co. Genau das ist es, was doch viele auslaugt.

Ich wünsche Dir für die nächsten Etappen viel Erfolg.

Epicuro
04.04.2010, 09:56
Hallo und Danke euch allen für eure Ratschläge und Aufmunterungen!

Nachdem ich mir nun nach dem Examen eine Auszeit in Form eines längeren Urlaubs gegönnt habe, steht nun doch eine Berufsentscheidung an und ich würde mich freuen, wenn ich nochmal ein paar Meinungen dazu bekäme:

Da mein langfristiges Ziel eigentlich immer die Arbeitsmedizin war und man hierfür ja 2 Jahre Innere zuvor benötigt, dachte ich, wäre es vielleicht eine sinnvolle Möglichkeit, als Einstieg in Teilzeit in einer kardiologischen Reha-Klinik zu beginnen.
Mir ist klar, dass Reha-Kliniken generell eher ungeeignet als Berufseinstieg sind, da der Übergang in ein Akuthaus später u.U. schwierig wird, aber letzteres stellt sich mir ja auf Grund meiner Erkrankung momentan nicht als Alternative dar.
Und die Arbeit läuft in einer solchen Einrichtung vielleicht doch etwas "schmalspurmedizinischer", überschaubarer und stressärmer ab, oder liege ich da falsch und der Unterschied in der Arbeitsbelastung ist auf Grund kürzerer Liegezeiten im Akut-KH, Personalmangel, Klinikkonkurrenz etc. eher gering?

Schönen Dank für hoffentlich erneut kommende Antworten ;-),
viele Grüße,
Epicuro

John Silver
04.04.2010, 11:44
Es gibt eine Menge Reha-Kliniken, in denen man eine wirklich ruhige Kugel schiebt. Allerdings lernt man da auch so gut wie nichts.

Reicht Deine Belastungsfähigkeit wirklich nur für eine Teilzeitstelle in einer Rehaklinik?

heart
04.04.2010, 18:32
Ich hab mal ein paar Monate in einer Reha-Klinik für Erkrankungen des Bewegungsapparates gearbeitet - überwiegend übergewichtige Patienten mit Gon-/Coxarthrose oder degenerativen WS-Veränderungen, ein paar Menschen mit Bechterew und ein paar mit CP. Die Tätigkeit bestand lediglich in Aufnahme-, Zwischen- und Abschlussuntersuchung sowie Verschreibung der adäquaten Physiotherapie. Insgesamt sehr überschaubar, sehr vorhersehbar, keine Notfälle (ich fand es waaaahhhhnsinnig langweilig:-sleppy;-)). - Vielleicht wär das was für Dich? In einer kardiologischen Reha-Klinik ist nämlich im Gegensatz dazu durchaus mit Notfällen zu rechnen, die auch mal stressig werden können...

In jedem Fall alles Gute für Deinen Berufseinstieg!

Alzheimer
05.04.2010, 16:50
Habe als Berufsanfänger in einer Rehaklinik mit Kardiologie gearbeitet (allerdings auch Akutgeriatrie). Es war in den Diensten alles andere als ruhig, da ich für 450 Pat. allein zuständig war und auch am WE Aufnahmen kamen (auch Notfälle). Außerdem werden die kardiologischen Pat. oft sehr früh in die Reha geschickt und sind daher noch instabil. Meist sind die Rehakliniken auch für Notfälle schlecht ausgestattet, was extra Stress bedeutet und man muss schnell Dienste machen und hat meist keine weiteren Kollegen im Haus die man fragen kann.
Wo wohnst du denn? Kenne eine ruhige Stelle in einem Akuthaus/ Grundversorgung mit nur 3 ITS- Betten und eher geringerem Arbeitsaufkommen.
Kannst du die Innere- Zeit nicht in einer Praxis absolvieren? Dann würden die Dienste schonmal wegfallen.
Viel Glück

*medimaus*
05.04.2010, 17:50
Ich hab mal in einer Rehaklinik reingeschnuppert und kenne auch deine Problematik in diesem Zusammenhang.
Meiner Meinung nach ist ne Rehaklinik zwar insgesamt was recht ruhiges, allerdings denk dran, dass du da auch deine 13 Seiten Arztbrief mit Stellungnahme zur Funktionsfähigkeit des Patienten (sorry dafür) im Berufsalltag schreiben musst. Bei mangelnder Berufserfahrung und dem Schicksal, was dann in deinen Ausführungen hängt, ist dieser Job manchmal sehr belastend.

Um meinen Vorgänger mal zu entschuldigen: Ich halten den fachi für Psychiatrie bzw. Psychosomatik schon als ganz gut geeignet. Insbesondere das Fach für Psychosomatik ist sehr ruhig. Man hat in den Fächern die Selbsterfahrung und die ständige Kommunikation und Selbstreflexion mit dem Team. Es gibt auch den Satz, dass man nicht ohne Grund in einem solchen Bereich arbeitet. Was die Empathie angeht, denke ich folgendes: Wer sollte denn mehr Verständnis für die Gedankengänge eines Patienten haben als jemand, der sie selber mal erfahren hat?
Dass man nicht mit einer schweren Depression andere leute therapiert, ist wohl klar.

Zur Not kannst du vielleicht eine Hospitation von 1-2 Monaten (wird manchmal auch etwas bezahlt) in der Stelle machen, bevor du nen Vertrag unterschreibst. ich würde dann die Geschehnisse dort mit nem Verhaltenstherapeuten besprechen und reflektieren, ob die Stelle langfristig was sein könnte.
Ich finde es gut, dass du dir Gedanken machst und für dich sorgst. Du hast Perspektiven und Pläne, das ist merh als ein guter Grundstein.

Viel Erfolg noch!

stennadolny
05.04.2010, 18:54
Man sollte sich aber auch bewußt sein, daß GERADE in den Psych-Fächern (Psychiatrie, Psychosomatik, KinderJugendpsych) Mobbing und soziale Ausgrenzung von (bekannt) psychisch angeschlagenen Mitarbeitern keine Seltenheit sind.

Man darf nicht erwarten, daß man hier Schonkost bekommt, im Gegenteil: Mir ist persönlich das Beispiel eines Chefarztes bekannt, der mit übelsten Mobbingmethooden ihm unliebsame Mitarbeiter zunächst regelhaft in die Depression und dann in die Kündigung treibt, weil sie nicht leistungsfähig genug seien. Völlig kritikunfähig, Quasi-Autist, Kadavergehorsam einfordernd, handelt es sich um einen Karriere-Psychiater von der Uni, der Psychiatrie offenkundig haßt und nur mehr Privatpatienten mit Chefarztbehandlung an sich heranläßt. Der Anteil an Osteuropäern und Psychologen (statt Ärzten) steigt bei ihm rasant.....

Vorsicht: In diesen Fächern ist das Wissen um Psychoterror gut ausgeprägt, weil man genügend von Patienten lernt. Es gibt kaum nachvollziehbare Qualitätskriterien, es regiert die Willkür. Außerdem landen genügend Mitarbeiter in der Psychiatrie, denen es eigentlich davor ekelt, die aber aus versch. Gründen die Psychiatrie nicht mehr verlassen wollen/können. Dementsprechend lassen sie ihre Aggressionen auch mal an Patienten/Kollegen aus.

Man soll sich nicht davon blenden lassen, daß man in den Psych-Fächern auf Verständnis stößt bzw. der Streß geringer sei: Mobbing, Unfähigkeit, extrem passive Patienten mit Versorgungsneurosen können sehr anstrengend sein und gehen manchen deutlich mehr auf den Geist als das übliche Chaos in der Somatik.