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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Herz, Hypokalämie und Nernst-Gleichung



ledoell
02.01.2010, 14:56
heyho...

ich hab zwar irgendwie das gefühl, dass das ein dauerbrenner ist und schon des öfteren diskutiert wurde, allerdings hab ich im netz und im forum hier noch nicht wirklich ne abschließende erklärung dazu gefunden...

es geht darum, warum die membranpotentiale der herzmuskelzellen bei hypokalämie (d.h. extrazelluläre kaliumkonzentration verringert) nicht dem nernst-gesetz folgen (laut diesem müsste die zelle stärker polarisieren). Unter anderem im neuen Silbernagel (2009, S. 403/404) steht, dass es was damit zu tun hätte, dass die kaliumkanäle bei hypokalämie inaktiver würden und demzufolge die leitfähigkeit für kalium abnimmt - dann könnte man die sache mit der goldman-gleichung erklären. Nur, WARUM das mit der leitfähigkeit so sein sollte, dazu steht irgendwie nirgends was...weiß das jemand?

gruß

ledoell

ledoell
03.01.2010, 15:09
mhh, keiner? :-nix

KoelnerMedizin
03.01.2010, 18:54
Was ich vermuten würde: spannungsabhängige Kaliumkanäle schließen bzw. inaktivieren sich ja nach der Repolarisationsphase, wenn also ein Membranpotenzial negativer des Ruhemembranpotenzials erreicht wurde. Durch weniger Kalium extrazellulär steigt der Konzentrationsgradient und damit auch die treibende Kraft, was eine Verschiebung des Membranpotenzials in Richtung negative Werte zu Folge hat, wodurch sich wiederum diese Kanäle schließen oder in den inaktiven Zustand übergehen. Bin mir nicht ganz sicher, aber so könnte man es sich doch erklären, denke ich.

LG ;-)

ledoell
04.01.2010, 07:54
1. wieso sollte bei der repolarisation i.A. ein membranpotential, das negativer als das ruhemembranpotential ist, erreicht werden?

2. ich glaube nicht, dass es sich hier um spannungsabhängige kaliumkanäle handelt (kann mich natürlich auch irren)

3. hab ich aus mehreren quellen was in die richtung gehört, dass es was damit zu tun hätte, dass sich die leitfähigkeit des kanals ändert weil die extrazelluläre kaliumkonzentration irgendwie einen direkten einfluss auf die ionen-transportleistung des kanals hätte, aber so richtig erklärt wars nirgends...

gruß

ledoell

MarkusM
04.01.2010, 13:02
Ionenströme sind gem. Ohm als I=g*U definiert, wobei I der Ionenstrom, g die Leitfähigkeit und U die Spannung/Triebkraft ist.

Bei einer Hypokaliämie steigt die Triebkraft (Quotient von z.B. 140/4 auf 140/2) nur marginal an, die Leitfähigkeit für Kalium sinkt vergleichsweise aber deutlich! Die Ionenkonzetration ist Teil des Produkts der Leitfähigkeit, d.h. die Leitfähigkeit sinkt z.B. auf die Hälfte, wenn vorher 4mmol extraz. waren und bei einer Hypokaliämie auf 2mmol sinken!
=> D.h. die K+ Kanäle leiten deutlich weniger Ionen, pos. K+ Ionen sammeln sich intrazellulär!

Ich habe mir das mit einer Formel im Schmidt/Lang erklärt:

P=G*(R*T)/(z^2*F^2*c) , wobei G die Leitfähigkeit und P die Permeabilität, c die Konzentration.

PS: Dein Punkt 3 ist die richtige Lösung! ;)

So 100% konnte mir das aber auch nie jemand sagen, ob das passt und für mich wars logisch.

KoelnerMedizin
06.01.2010, 18:12
1. wieso sollte bei der repolarisation i.A. ein membranpotential, das negativer als das ruhemembranpotential ist, erreicht werden?

-->hyperpolarisierendes Nachpotenzial...
Allerdings hängt die Aktivierung der dafür zuständigen Kaliumkanäle von der intrazellulären Calciumkonzentration ab, weil deren Öffnungsverhalten über eine Calmodulin-Bindungstelle vermittelt wird.

War ja mal ein Versuch wert...

Allerdings ist doch g, was ja im Grunde der Kehrbruch vom ohmschen Widerstand R ist, konstant sein, das heißt, solange es zu keiner Konformationsänderung kommt, besitzt ein Kanal doch eine konstante Leitfähigkeit. Der Strom hängt doch nun von den treibenden Kräften ab (elektromotorischer und Diffusionskraft), indem er deren Differenz über U=W/Q mit W=F*s proportional ist (Ladung Q wäre dann Q=Z*e). Dann gilt also U~I mit g=const..
Jetzt ist nur die Frage, ob eben der Widerstand der Membran überhaupt konstant ist (also g=const. überhaupt unter allen Bedingungen gilt, speziell unter Berücksichtung der Ionenkonzentration)?

papiertiger
06.01.2010, 22:26
Nein, die Leitfähigkeit der Kaliumkanäle (und damit der Membranwiderstand) ist da eben nicht konstant. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass die Leitfähigkeit speziell der repolarisierenden Kaliumkanäle direkt von der Kaliumkonzentration abhängt, was dann auch die Depolarisation erklärt etc. pp.

WARUM das so ist scheint man da aber so genau dann doch noch nicht zu wissen - ich meine, in einem unserer Seminare mal gehört zu haben, dass die Leitfähigkeit bestimmter Kaliumkanäle am Herzen steigt wenn Kalium an der Membranaußenseite an den entsprechenden Kanal gebunden ist, was naheliegenderweise bei einer extrazellulären Hypokaliämie im verringerten Maße der Fall ist. Vielleicht hat der entsprechende Dozent das allerdings auch nur schnell bei Wikipedia nachgelesen - steht dort nämlich auch so, während man sonst kaum überhaupt irgendwas Erklärendes dazu findet. ;)

Eine allgemein akzeptierte Lehrbuchmeinung dazu gibt es aber wohl noch nicht.

KoelnerMedizin
08.01.2010, 14:42
Dann verhält es sich also wie bei Natriumkanälen, deren Leitfähigkeit allerdings antiproportional zur extrazellulären Calciumkonzentration ist.
Beruht dann hier wahrscheinlich wieder auf irgendeiner Interaktion von Kaliumionen mit irgendeinem Aminosäurerest...

khv33
08.01.2010, 17:52
Ich glaube, dass du den Kir (Kalium Inward Rectifier) meinst.
Der öffnet spannungsabhängig zwischen -120 und - 90 und befördert Kalium nach Innen. Deshalb passt es nicht der Nernstgleichung, die besagt, dass Kalium bei normalbedingungen nach extrazellulär strömt.

papiertiger
08.01.2010, 21:34
@khv33

Könntest du bitte deinen Gedankengang näher erläutern?

So erklärt der nämlich erstmal garnichts.

Mal davon abgesehen, dass die Formulierung etwas unglücklich ist/du da ggf. auch etwas durcheinanderwirfst.

Einwärtsgleichrichter öffnen nicht erst unterhalb von - 90 mV, es ist lediglich so, dass das Nernst-Potential (Gleichgewichtspotential) für Kaliumionen unter Normalbedingungen ca. dort liegt, und es entsprechend bei Membranpotentialen negativer als -90 mV zu einem Kalium-Einstrom kommt (kommen würde, physiologisch unterscheitet das Membranpotential selbst im Rahmen der Nachhyperpolarisation an erregbaren Zellen diesen Wert nur geringfügig/sehr kurzfristig).
Darüber (und damit unter physiologischen Bedinungen) führen die Einwärtsgleichrichter zu einem Ausstrom (Repolarisation), bis zu einer gewissen Schwelle, bei der diese Kanäle dann aus anderen Gründen inaktivieren (und somit eine ungestörte weitere Depolarisation ermöglichen ;) ).

khv33
08.01.2010, 23:29
@Papiertiger:

1. Sei ein bisschen netter.

2. schaue hier: http://www.medi-learn.de/medizinstudium/foren/archive/t-42752.html

papiertiger
09.01.2010, 00:12
Die Erklärung, die le pimp in dem von dir verlinkten Thread angeführt hat, ist schon richtig.
Das hat aber wenig mit den von dir angesprochenen Eigenschaften des Kir zu tun, sondern damit, dass dieser, ebenso wie im Übrigen auch diverse "delayed rectifier" (HERG, KCNQ1 ...), eine Verringerung der extrazellulären Kaliumkonzentration mit einer Verringerung seiner Leitfähigkeit beantwortet. (Warum weitgehend ungeklärt, Interaktionen der Kaliumionen unmittelbar mit AS Resten, wie das KölnerMedizin vorgeschlagen hat wohl nicht unwahrscheinilich)

Somit ist dann die Repolarisation gestört, und der Einfluss anderer Ionen aufs Membranpotential verstärkt sich -> Vordepolarisation -> leichtere Erregbarkeit -> HRST, etc.