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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Evidence Based Medicine...was ist das eigentlich ???



Froschkönig
13.01.2003, 22:25
Die folgenden Postings stammen aus einer "privaten" Auseinandersetzung zwischen Rugger und mir über EBM.
Da selbige andauert, dachte ich, daß Thema ist vielleicht doch einen eigenen Thread wert...also bitte :-))



Ich hätte nur den medizinischen Ausdruck des Jahres zu bieten,
das ist bei mir jedes Jahr der gleiche :

Das UNWORT aller zeiten :

Evidence based medicine :-D

Rugger
13.01.2003, 22:38
Original geschrieben von Froschkönig
Das UNWORT aller zeiten :
Evidence based medicine :-D Jetzt bin ich hochgespannt und will unbedingt wissen, warum...?

R.

Froschkönig
13.01.2003, 22:46
Warum ? Ganz einfach :

Dieser Terminus beschreibt doch folgendes :
Ich mache etwas, weil ich weiß, daß es hilft :-D
....also eine absolut logische Vorgehensweise, die wirklich keine so bescheurte fachchinesisch-Bezeichnung braucht.

Rugger
13.01.2003, 22:58
Original geschrieben von Froschkönig
Ich mache etwas, weil ich weiß, daß es hilft :-DNicht ganz: Du machst -oftmals- etwas, weil Du vermutest, daß es hilft... Es gibt einen ganzen Haufen Standarttherapien, deren Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Parametern (Studien etc.) nicht bewiesen ist... (Gabe von Adrenalin bei Herz- Kreislauf- Stillstand z.B.) Da finde ich das Konzept EBM gar nicht schlecht...

Rugger

Froschkönig
13.01.2003, 23:02
Dann sach ich´s halt anders :
Ich mache etwas, weil das bei einem solchen fall schonmal geholfen hat...

das hüpfende komma an der Sache ist doch, daß es genausogut try-and-error gennant werden könnte (der war bös, ich weiß)

Rugger
13.01.2003, 23:07
Original geschrieben von Froschkönig
das hüpfende komma an der Sache ist doch, daß es genausogut try-and-error gennant werden könnte ... Nee, eben nicht! Das Konzept EBM versucht ja, Therapien, deren Wirksamkeit sich durch Studien nicht beweisen lässt, auszusortieren! Und das nach wissenschaftlichen Methoden! Mehr Infos dazu findest Du unter anderem hier. (http://www.evidence.de/Ueber__EBM/ueber__ebm.html)

R.

Froschkönig
13.01.2003, 23:12
Bevor wir hier eine IQ-Like endlos-Debatte beginnen, sollte ich wohl eines Klarstellen :

Ich habe ja nix gegen die EBM-immanente Vorgehensweise, da sie häufig den einzigen Therapieansatz liefert, was ich jedoch zum kullern finde, ist, daß ein so logisches Vorgehen (Wenn mir Studien keinen Aufschluß geben, muß ich das halt in der PRaxis herausfinden) einer so hochtrabenden Bezeichnung bedarf !

Rugger
13.01.2003, 23:23
Original geschrieben von Froschkönig
...daß ein so logisches Vorgehen (Wenn mir Studien keinen Aufschluß geben, muß ich das halt in der Praxis herausfinden ) einer so hochtrabenden Bezeichnung bedarf ! Aber das ist es doch gerade nicht! (Oder?! Habe ich das falsch verstanden?)

R.

Froschkönig
13.01.2003, 23:37
EBM ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten. Die Praxis der EBM bedeutet die Integration individueller klinischer Expertise mit der bestmöglichen externen Evidenz aus systematischer Forschung.

soweit, sogut....


Mit individueller klinischer Expertise meinen wir das Können und die Urteilskraft, die Ärzte durch ihre Erfahrung und klinische Praxis erwerben. Ein Zuwachs an Expertise spiegelt sich auf vielerlei Weise wider, besonders aber in treffsichereren Diagnosen und in der mitdenkenden und -fühlenden Identifikation und Berücksichtigung der besonderen Situation, der Rechte und Präferenzen von Patienten bei der klinischen Entscheidungsfindung im Zuge ihrer Behandlung. Mit bester verfügbarer externer Evidenz meinen wir klinisch relevante Forschung, oft medizinische Grundlagenforschung, aber insbesondere patientenorientierte Forschung zur Genauigkeit diagnostischer Verfahren (einschließlich der körperlichen Untersuchung), zur Aussagekraft prognostischer Faktoren und zur Wirksamkeit und Sicherheit therapeutischer, rehabilitativer und präventiver Maßnahmen. Externe klinische Evidenz führt zur Neubewertung bisher akzeptierter diagnostischer Tests und therapeutischer Verfahren und ersetzt sie durch solche, die wirksamer, genauer, effektiver und sicherer sind.

"Dann finde ich das halt in der Praxis heraus...:-D"

Rugger
13.01.2003, 23:43
Original geschrieben von Froschkönig
Mit bester verfügbarer externer Evidenz meinen wir klinisch relevante Forschung, oft medizinische Grundlagenforschung, aber insbesondere patientenorientierte Forschung zur Genauigkeit diagnostischer Verfahren (einschließlich der körperlichen Untersuchung), zur Aussagekraft prognostischer Faktoren und zur Wirksamkeit und Sicherheit therapeutischer, rehabilitativer und präventiver Maßnahmen. Externe klinische Evidenz führt zur Neubewertung bisher akzeptierter diagnostischer Tests und therapeutischer Verfahren und ersetzt sie durch solche, die wirksamer, genauer, effektiver und sicherer sind. "Dann finde ich das halt in der Praxis heraus...:-D" Müsste das nicht eher wie oben fettgeschrieben sein?

R.

Froschkönig
13.01.2003, 23:53
1. Da steht VOR ALLEM PATIENTENORIENTIERTE FORSCHUNG (Klar, man kann immer das Fett machen, was dem eigenen Standtpunkt eher entspricht :-D )

2. Wozu die EBM schließlich führt, ist absolut nicht Teil meiner Aussage gewesen

Rugger
14.01.2003, 00:09
Gute Idee, daß mit dem neuen Thread, Frosch!
Original geschrieben von Froschkönig
1. Da steht VOR ALLEM PATIENTENORIENTIERTE FORSCHUNG Vielleicht sollte ich das "Forschung" nochmal unterstreichen?!
(Klar, man kann immer das Fett machen, was dem eigenen Standtpunkt eher entspricht :-D ) Genau das ist ja der Punkt! ;-) :-))
2. Wozu die EBM schließlich führt, ist absolut nicht Teil meiner Aussage gewesen So hatte ich das auch nicht verstanden. Aber gut, ich befürchte, wir würden uns jetzt nur noch im Kreis drehen... Vielleicht kann ja mal jemand anderes eine kompetente (und verständliche) Definition zur EBM geben und dann können wir ja weiterspielen, Frosch! :-top

R.

Froschkönig
14.01.2003, 00:18
wir würden uns jetzt nur noch im Kreis drehen

Jepp, laß uns ma Pause machen :-)

jojo
14.01.2003, 13:30
ich hätte da noch ein unwort zu bieten!
hat zwar jetzt nicht direkt was mit medizin zu tun oder mit EBM aber ich finds trotzdem ätzend.
wär übrigens mal beinah unwort des jahres geworden:

"weiche Ziele" (militärische Umschreibung für Mensch)
:-dagegen

bekommt ja jetzt bald wieder bedeutung.
aber das ist ja dann meistens ein Kollalteralschaden

ja wollt euch nicht unterbrechen, aber ihr wolltet ja auch ne pause machen. :-D

bis dann
jojo:-top

DanielOliver
15.01.2003, 20:35
Hallo Froschkönig,

mir ist dein Problem nicht ganz klar.
Um mich in einer bestimmten Situation zu entscheiden, welche diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen ich anwende, habe ich, neben meiner klinischen Erfahrung, verschiedene Möglichkeiten:

Das haben wir/ich/die schon immer so gemacht
Das steht im Lehrbuch
Das erscheint logisch oder plausibel
Das hat schon mal geholfen
Das sagt EINE Studie
Das mache im Moment alle so (ist Mode)
Das bringt Geld
Das ist bequem

EBM zieht in diesem Fall alle vorhandenen Evidenzen zu Rate, gewichtet diese nach Qualität und Evidenzgrad (Randomisiert ist besser als Falllstudie) und gibt mir so die bestmögliche, momentan verfügbare Information, um mit meiner klinischen Erfahrung eine Entscheidung zu treffen.


Das Konzept ist natürlich nicht revolutionär, "neu" ist jedoch die Systematisierung und Institutionalisierung (z.B. Cochrane-Center) sowie die Forderung, diese Methode systematisch auf alle Felder und Fragen zumindest der somatischen Medizin anzuwenden.


Wenn du dich ein bisschen für Medizingeschichte interessiert, wird dir schnell klar, auf welcher Grundlage die meisten Entscheidungen getroffen wurden und werden. Das ist von EBM ganz weit weg.



Viele Grüße

Daniel

hobbes
15.01.2003, 23:26
Wenn ich hier als notorischer Querdenker in diese Diskussion einsteige, ist dies zwar nicht der Klärung förderlich, ich wage es trotzdem...

An EBM ist eigentlich gar nichts neu und kaum etwas revolutionär. Das einzig Neue daran ist der Name: auf Beweisen basierend. ABB ( :-? ).


Wenn du dich ein bisschen für Medizingeschichte interessiert, wird dir schnell klar, auf welcher Grundlage die meisten Entscheidungen getroffen wurden und werden. Das ist von EBM ganz weit weg.

In EBM wird also versucht, das bisherige Wissen für eine spezifische Entität zu sammeln und zu gewichten und Erklärungsansätze darzulegen. Dem kann prinzipiell viel Positives abgewonnen werden.
Die Gefahr ist allerdings, dass alles was sich jetzt als EBM/ABB-Therapie bezeichnet, sich mit einem Qualitätsstempel (laber für Briten) schmückt, das so nicht unbedingt stimmen muss.
Denn es gibt viele Therapien, die gut wirken, obwohl deren Wirkweise nicht EBM ist. Sie sind in der Wertschätzung EBM-Therapien nicht unterzuordnen. Dessen muss man sich ganz bewusst sein.

Froschkönig
16.01.2003, 00:54
Original geschrieben von DanielOliver
Hallo Froschkönig,

mir ist dein Problem nicht ganz klar....

1)...EBM zieht in diesem Fall alle vorhandenen Evidenzen zu Rate, gewichtet diese nach Qualität und Evidenzgrad (Randomisiert ist besser als Falllstudie) und gibt mir so die bestmögliche, momentan verfügbare Information, um mit meiner klinischen Erfahrung eine Entscheidung zu treffen.

2)...Wenn du dich ein bisschen für Medizingeschichte interessiert, wird dir schnell klar, auf welcher Grundlage die meisten Entscheidungen getroffen wurden und werden. Das ist von EBM ganz weit weg.

1) Ich habe nicht in diesem Sinne ein "problem" wie Du es nennst, aber ich wiederhole es gerne immer wieder : In der heutigen weltumspannenden informationsstruktur ist es durchaus machbar und sinnvoll, alle evidenzen zu vereinen und daraus den bestmöglichen Schluß zu ziehen, mein "Problem" bestehn in diesem allgegenwärtigen Schlagwort "EBM", da denkt der Laie dann "Hallo, TCM, Ayurweda, Homöpathie und Jetzt ? Tadaa EBM!!! " Wo das ganze doch nur die logische verknüpfung des machbaren mit dem nötigen darstellt !

2)Muß ich mich denn dafür schon wieder interessieren ? Dachte, das hätte ich schon lange genug :-D
Im ernst : Theorie und Praxis waren schon immer zwei paar Stiefel !


Original geschrieben von hobbes
An EBM ist eigentlich gar nichts neu und kaum etwas revolutionär. Das einzig Neue daran ist der Name: auf Beweisen basierend. ABB

Danke :-))