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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Recherchefall - Vergiftung bei Kind



Eva255
10.01.2010, 22:25
Hallo!

Und wieder bin ich am recherchieren...

Diesmal geht es um ein Kind (ca. 6-7 J.), das heimlich auf dem Kinderspielplatz eine Flasche besonders wohlschmeckenden Erkältungssaft ausgetrunken hat und anschließend trotz des einsetzenden starken Regens erst mal ruhig auf diesem Spielplatz eingeschlafen ist, bis Spaziergänger ihn einige Stunden später bemerkt und den Krankenwagen gerufen haben.

Zu dem Erkältungssaft:
Der Inhalt der Flasche betrug 180ml und bestand (neben Wasser und Zucker) aus:
Ethanol (18%)
Glycerol
Polyäthylenglykol
Natriumcitrat
Natriumbenzoat
Anethol
0,045g Doxylamin
0,04806g Ephedrin
0,09g Dextromethorphan
3,6g Paracetamol

Der Notarzt hat die leere Flasche neben dem Kind gefunden und mit ins Krankenhaus genommen.

Frage 1:
Welche Beschwerden, welche Symptome weist das Kind bei seiner Einlieferung auf?
Welche Werte wären realistisch?

Frage 2:
Was hat der Notarzt auf dem Weg ins Krankenhaus gemacht?

Frage 3:
Welche Untersuchungen werden im Krankenhaus durchgeführt?
Besteht zu irgendeinem Zeitpunkt Lebensgefahr für den Patienten?

Frage 4:
Welche Behandlungen werden angeordnet? Und von wem werden sie ausgeführt?

Frage 5:
Ab wann ist der Patient frühestens wieder ansprechbar?


Wäre lieb, wenn ihr mir helfen könntet!

Liebe Grüße,
Eva

Eva255
11.01.2010, 11:35
Kleiner Nachtrag:

Das erwähnte Erkältungsmittel (ich weiß nicht, ob man hier Markennamen nennen darf?) gibt es tatsächlich - es ist rezeptfrei erhältlich, hinreißend grün (ein bisschen die Farbe und Konsistenz von Pfefferminzsirup) und schmeckt gar nicht so übel (vielleicht könnt ihr ja mit den Angaben was anfangen).
Ich hatte es bei meinem letzten grippalen Infekt genommen und hab für meine Anfrage die Inhaltsstoffe vom Beipackzettel auf die Menge in der vollen Flasche (180ml) umgerechnet.

Grüßle,
Eva

Flemingulus
11.01.2010, 18:28
Der Inhalt der Flasche betrug 180ml und bestand (neben Wasser und Zucker) aus:
Ethanol (18%)
Glycerol
Polyäthylenglykol
Natriumcitrat
Natriumbenzoat
Anethol
0,045g Doxylamin
0,04806g Ephedrin
0,09g Dextromethorphan
3,6g Paracetamol


Also toxikologisch potentiell interessant könnten sein:
das Ethanol, Doxylamin, Ephedrin, Detromethorphan und Paracetamol.

Wenn wir mal ein Körpergewicht von 20 kg zugrundelegen, wäre beim Alkholol eine Blutalkoholkonzentration von gut 1 Promille zu erwarten (lieber nochmal nachprüften... ich bin von der Widmarkformel für Kleinkinder, einer C2-Aufnahme von ca. 26 g und o. a. Gewicht ausgegangen, können aber durchaus größenordnungmäßige Rechenfehler passiert sein ;-) ). Das würde dann die sedierende Wirkung erklären :-)), wäre aber nicht direkt lebensbedrohlich, außer über den Umweg der Unterkühlung oder einer Aspiration bei Erbrechen).

Beim Paracetamol wäre es (wieder ohne Gewähr!) schön gewesen, wenn wir deutlich unter einer Dosis von 1 g geblieben wären, damit man sich einigermaßen sicher fühlen kann. Wenn diese meine Voraussetzung stimmt (;-) ), wären wir hier also in einem potentiell bedrohlichen Bereich und es bestünde Handlungsbedarf.

Den Rest muss ich nachgucken... vielleicht weiß es jemand anderes so... ;-)

EDIT: Hab jetzt primär das stundenlange rumliegen im Regen überlesen... damit gewinnt der Punkt Unterkühlung natürlich an Relevanz. Und die Blutalkhololkonzentration bei Auffindung wäre entsprechend Abbau (aber wie ist der bei Kindern?) nach unten zu korrigieren.

Evil
11.01.2010, 18:46
Beim Paracetamol wäre es (wieder ohne Gewähr!) schön gewesen, wenn wir deutlich unter einer Dosis von 1 g geblieben wären, damit man sich einigermaßen sicher fühlen kann. Wenn diese meine Voraussetzung stimmt (;-) ), wären wir hier also in einem potentiell bedrohlichen Bereich und es bestünde Handlungsbedarf.
Die Tageshöchstdosis von Paracetamol beträgt bei Kindern 100mg/kg, d.h. bis 2g ist in dem Fall kein Problem.
Mit 3,6g haben wir fast das Doppelte, deshalb sollten auf jeden Fall die Leberwerte überwacht werden und ggf. N-Acetylcystein gegeben werden (wobei ich bei Letzterem aber die Dosierung, bzw. die genaue Vergiftungsmenge als Indikation nicht weiß, da sollte im Zweifelsfall die nächstgelegene Giftnotruf-Zentrale gefragt werden).

Die Niere
11.01.2010, 19:25
Die Dosierungsempfehlungen von N-Acetylcystein kann man sehr schön hier nachlesen:

http://www.toxi.ch/upload/pdf/Merkblatt_Paracetamol.pdf

gruesse, die niere

SuperSonic
11.01.2010, 20:03
Frage 1:
Welche Beschwerden, welche Symptome weist das Kind bei seiner Einlieferung auf?
Das kann man bei einem solchen "Cocktail" schwer vorhersagen.
Sehr wahrscheinlich Tachykardie, Hypo- oder Hypertonie, Mundtrockenheit, Mydriasis.
Wahrscheinlich Somnolenz bis Sopor, Atemdepression.
Möglicherweise Koma, Krämpfe, Hypoglykämie, Hypothermie.


Frage 2:
Was hat der Notarzt auf dem Weg ins Krankenhaus gemacht?
PVK, EKG, Pulsoxy, RR, Körpertemperatur?
O2-Gabe. Ringer oder 0,9 % NaCl?


Frage 3:
Welche Untersuchungen werden im Krankenhaus durchgeführt?
Besteht zu irgendeinem Zeitpunkt Lebensgefahr für den Patienten?
Für Kinder wird die letale Paracetamol-Dosis je nach Alter mit 2-8 g angegeben, für gesunde Erwachsene mit 10-15 g. Die gleichzeitige Ethanol-Intoxikation macht die Paracetamol-Intoxikation noch problematischer, so dass möglicherweise durchaus Lebensgefahr besteht.

Im KH wird Blut abgenommen und neben den Notfall-Routineparametern auch der Serumspiegel von Paracetamol bestimmt.


Frage 4:
Welche Behandlungen werden angeordnet? Und von wem werden sie ausgeführt?
Eine Magenspülung ist wahrscheinlich durch die schnelle Resorption der Wirkstoffe beim Eintreffen in der Klinik nicht mehr indiziert.
Symptomatische Therapie unter Monitoring der Vitalfunktionen?
Außerdem Einleiten einer Fluimuzil-Therapie, um Leberschäden durch Paracetamol zu minimieren: 150 mg/kg KG über 15 min, 50 mg/kg KG über 4 h, 100 mg/kg KG über 16 h.



Frage 5:
Ab wann ist der Patient frühestens wieder ansprechbar?
:-nix

SuperSonic
11.01.2010, 20:16
Die Tageshöchstdosis von Paracetamol beträgt bei Kindern 100mg/kg, d.h. bis 2g ist in dem Fall kein Problem.
Die TMD wurde 2007 auf 60 mg/kg KG gesenkt.
http://www.bfarm.de/cln_028/nn_421158/DE/Pharmakovigilanz/risikoinfo/2008/paracetamol__erlaeuterungen.html__nnn=true
http://www1.ratiopharm.com/de/de/pub/praeparate/neue_paracetamol_dosierungen.cfm