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paramedic78
17.01.2010, 12:07
Hallo,

im klinischen Alltag kam mir eine Idee, wie jede Klinik mit recht überschaubaren
finanziellen Mitteln Anästhesie/Intensivmedizin (und alles was dazu gehört) vollständig computergestützt führen könnte.
Dafür würde ich eine Computersoftware schreiben, die alles verbindet. In meiner Klinik, könnte das dann direkt etabliert werden (ist keine Uniklinik).

Nun meine Frage, wie mir hier vielleicht jemand beantworten kann:
Ist es möglich, damit eine Doktorabeit über die Bühne zu bringen? Oder ist soetwas nicht geeignet für eine mediz. Diss. ? Natürlich gibt es dafür schon Software, aber ist die Eigenentwicklung und Etablierung ausreichend um als Diss. durchzugehen ?

Ich müsste mir natürlich einen Doktorvater/-mutter suchen, der das unterstützt. Das muss ein Prof. sein, oder ? Ist es möglich, einfach bei der nächsten Uniklinik in der Anästhesie bzw. mediz. Informatik anzufragen, ob es da jemanden gibt, der mein Vorhaben unterstützt ?


Vielen Dank und Grüße,
Swen

FirebirdUSA
18.01.2010, 15:08
Grundsätzlich kannst du auch über so ein Thema eine Dissertation schreiben. Du musst natürlich darstellen was an deiner Software besser, neuer und innovativer ist wie bei den bestehenden Projekten. Außerdem muss das Thema meist vom Dekan der Fakultät an der Uni an der du promovieren möchtest angenommen werden.

Doktorvater muss natürlich ein habilitiertes Mitglied der Universität sein an der du promovieren möchtest. Du kannst meist nur an der Universität promovieren an der du auch studiert hast, bzw. an der du arbeitest. Solltest du im Ausland studiert haben wird es also schwierig. Im Zweifel hilft dir aber immer ein Blick in die Promotionsordnung der jeweiligen Universität.

Außerdem solltest du dir folgende Fragen stellen:

1. Ist die Idee umsetzbar? Für Medizinprodukte gelten sehr strenge Richtlinien! Selbst wenn dein System nicht unter das MPG fällt musst du dir sehr gut überlegen wie du dein System ausfallsicher, einfach erweiterbar, kompatibel zu anderen System, etc. machst. Das ist nicht trivial! Ein weiteres Problem stellt das Datenschutzgesetz dar (wie verschlüssele ich meine Daten, wie stelle ich sicher das jede Manipulation aufgezeichnet, eindeutig zugeordnet, etc. werden kann). Diese Liste lässt sich noch lange fortführen! Wenn du WLAN verwenden willst musst du dir auch Gedanken über mögliche Störung von medizinischem Gerät machen, erneut die Verschlüssselung sicherstellen (nicht einfach WEP oder WPA) u.v.m.

2. Solltest du wirklich die perfekte, einfache und kostengünstige Lösung gefunden haben würde ich als allererstes klären ob du dir das nicht patentieren lassen kannst.

Vystup
20.01.2010, 15:48
Als Doktorarbeit sicherlich ausreichend, wenn Du einen entsprechenden Betreuer findest. Allerdings würde ich mir, wenn die Idee tatsächlich so gut und neu ist, überlegen, ob ich nicht die Software kommerziell entwickle und vom verdienten Geld den Rest meines Lebens bequem überwintere. Besser als ein Leben mit Nachtdiensten dürfte das auf jeden Fall sein. Es gibt aber schon vergleichbare Ansätze, Firma Dräger z.B. bietet so etwas unter dem Namen "Infinity" an.

Der Aufwand dürfte übrigens erheblich sein, weil Du unterschiedlichste Geräte miteinander kommunizieren lassen musst (u.a. diverse Beatmungsmaschinen, Perfusoren, Überwachungsmonitore, Röntgen, Sonographie, Dokumentationssystem, Laborgeräte) und am Ende noch eine Schnittstelle vorhanden sein muss, die der durchschnittliche Arzt noch ohne viel Stress bedienen kann. Dabei ist noch nichtmal klar, ob die Geräte überhaupt miteinander "reden" wollen und ob die Schnittstellen durch die Hersteller auch entsprechend dokumentiert sind. Daten im großen Stil von Hand einzugeben, ist sicherlich unrealistisch, weil es Unmengen an Arbeitszeit verschlingen würde. Ein paar andere Aspekte wurden schon genannt. Eine Anästhesie/ Intensivmedizin vollständig computergestützt zu betreiben, dürfte also mehr als nur anspruchsvoll sein.

Du fährst mit einer anderen Doktorarbeit am Ende vermutlich leichter, aber wenn die Idee gut ist, solltest Du sie trotzdem weiter verfolgen.

astrophys
21.01.2010, 02:29
Eine Doktorarbeit enthält eine neue wissenschaftliche Erkenntnis. Da stellt sich schon die Frage wie du in einer solchen Arbeit diese neue wissenschaftliche Erkenntnis unterbringen willst?

Die Niere
21.01.2010, 08:05
Meiner Erfahrung nach muss eine Dissertation neue wissenschaftliche Erkenntnisse enthalten und dem Anspruch geügen, dass der Dissertant wissenschaftlich tätig war. Das dürfte bei deinem Projekt mit höchster wahrscheinlichkeit nicht erfüllt sein und die Gefahr, dieses Porjekt erfolgreich als Dissertation abzuschliessenm ist recht hoch. Deswegen würde ich dir dringend davon abraten.

Kliniksoftware dieser Art gibt es recht viele und PDMS ist mit Sicherheit eine der bekannteren. Den Umfang dieser Software als Einzelperson zu erreichen dürfte dich viele Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte dauern...ich glaube deine Vorstellungen sind ein wenig zu positiv. Lass lieber die Finger davon oder mache es, wie oben von Vystup schon gesagt, professionell.

gruesse, die niere

gnuff
21.01.2010, 09:04
Eine Dissertation im Bereich EDV/Medizin sollte prinzipiell ueberhaupt kein Problem sein. Ich kenne ausreichend Leute die das gemacht haben.
Dein Problem ist eher, dass dein Projekt gut klingt, aber Du an der Umsetzung scheitern wirst. Falls Du ernsthaft vor hast Dich mit dieser Problematik zu beschäftigen, könnte es sich lohnen Kontakt z.B. mit der EDV-Abteilung der Anästhesie an der Uni Giessen aufzunehmen. Die haben jahrelange Erfahrung was die Implementierung eines PDMS in Anästhesie und Intensivmedizin angeht und auch reichlich dazu geforscht und veröffentlicht.
Glaub mir, sowas schuettelt man nicht mal so eben aus dem Ärmel, da steckt viel mehr dahinter als man denkt.

Die Niere
21.01.2010, 14:13
Ich habe nie gesagt, dass eine Diss im Gebiet EDV/Medizin schwierig wäre, da es Unmengen an Paper gibt, die zum Beispiel die Patientensicherheit oder ähnliches mit und ohne PDMS vergleicht, aber die reine Entwicklung einer Software als Dissertation anerkennen zu lassen, das halte ich für fraglich.

gruesse, die niere

gnuff
21.01.2010, 14:27
Ich habe nie gesagt, dass eine Diss im Gebiet EDV/Medizin schwierig wäre, da es Unmengen an Paper gibt, die zum Beispiel die Patientensicherheit oder ähnliches mit und ohne PDMS vergleicht, aber die reine Entwicklung einer Software als Dissertation anerkennen zu lassen, das halte ich für fraglich.
hmmm..., ja gut, ist wahrscheinlich die Frage wie gut man im Entwickeln von Fragestellungen ist... aber wir sind uns ja einig, dass die ganze Aktion schon daran scheitert, dass sowas nicht ohne einen monströsen Aufwand zu realisieren ist, selbst wenn man eine Fragestellung konstruieren könnte.

Die Niere
21.01.2010, 14:32
Da sind wir uns sicher einig :-)

hennessy
21.01.2010, 14:49
hmmm..., ja gut, ist wahrscheinlich die Frage wie gut man im Entwickeln von Fragestellungen ist... aber wir sind uns ja einig, dass die ganze Aktion schon daran scheitert, dass sowas nicht ohne einen monströsen Aufwand zu realisieren ist, selbst wenn man eine Fragestellung konstruieren könnte.

eben. Unabhängig von der Diss will man ja wahrscheinlich auch einen anderen Benefit haben.
Die Software, die derzeit in Kliniken zum Einsatz kommt, wird ja wahrscheinlich aus mehreren "Insellösungen" zusammengebaut sein und nicht mit jeder anderen Klinik-Software kompatibel sein. Wenn man jetzt z.B. eine unabhängige, allgemein und fächerübergreifend einsetzbare A-Z Plattform programmieren möchte, was imho die einzige Möglichkeit sein sollte, innovativ tätig zu sein, dann sprengt dies jeden Rahmen und ist nicht durchführbar.
Um bei der Diss zu bleiben: Der wissenschaftliche Aspekt könnte vielleicht durch einen "Kunstgriff" in den Bereich der Medizin-Logistik bzw. Medizin-Informatik erreicht werden, allerdings wird kein Mediziner diese Arbeit jemals betreuen können, weil kein med. Prof. diese geforderte Ahnung von der Materie haben wird, um überhaupt Korrekturen durchführen zu können. Dazu bräuchte man einen sehr fitten Informatiker. :-meinung

airmaria
21.01.2010, 15:20
also ich sehe das völlig anders!
selbstverständlich sollte es überhaupt kein problem sein, eine neue software mit entsprechender beschreibung etc. als diss laufen zu lassen!
der wiederholte hinweis hier im thread, dass das keine neuen wissenschaftlichen erkenntnisse wären ist mal völliger humbug, wo doch unendlich viele dissertationen sich nahezu lediglich auf die stumpfe überprüfung und anwendung von programmen stützen, die andere entwickelt haben... sowas ist dann eher nen paar stufen drunter!
über die technische machbarkeit wird sich paramedic78 schon im klaren sein, über den praktischen aufwand wohl auch. es kann aber selbstverständlich sinn machen, zweigleisig zu fahren, also das projekt zusätzlich auch wirtschaftlich voranzutreiben... wenn das dann nicht klappt und irgendwo hakt, kämen trotzdem immer noch die beiden buchstaben dabei rum, denn auch negative ergebnisse sind ergebnisse.
die entsprechende hürde bleibt dann aber die betreuung: da müsste man eben jemanden finden, der das betreuen kann und will. eine erste grobe google-suche bringt z.b. folgende seite:
http://www.imi.med.uni-erlangen.de/lehre/dissertationen.htm bzw. http://www.imi.med.uni-erlangen.de/forschung/forschung.htm
...nur damit man mal eine vage vorstellung hat, wo man in etwa suchen müsste.
airmaria

Die Niere
21.01.2010, 15:51
Die Promotionsordnungen, die ich bisher gelesen habe, sehen als Voraussetzung zur Zulassung als Dissertation, dass der Dissertant eine wissenschaftliche Leistung erbringen muss oder ein wissenschaftliches Problem behandeln muss. Bisher habe ich jedenfalls noch keine Promiotionsordnung gesehen in der das Wort "wissenschaftlich" nicht vorkam. In meinen Augen stellt das ganz einfach eine grosse Hürde da, egal wieviel mehr Arbeit und Denkleistung solch eine PDMS-System darstellt im Verlgeich zu einfachen Dissertationen.

gruesse, die niere

airmaria
21.01.2010, 16:15
...klar, aber wer sagt denn, dass das programm da nicht wissenschaftlich ist?
es gibt inzwischen hunderte von definitionen und auslegungen von wissenschaft, wissenschaftlichem arbeiten und wissenschaftlicher forschung... und die angewandte forschung gehört da allemal zu, kein problem!
airmaria

Die Niere
21.01.2010, 16:26
Wenn du dich darauf verlassen willst und schlussendlich nicht in Kauf nehmen möchtest, dass die Kommision deine Diss ablehnt, ist das natürlich ein wenig mutig. Insbesondere, da in den meisten Promotionsordnungen steht, dass eine bereits von einer anderen Fakultät abgelehnte Diss auf keinen Fall zugelassen wird.

gruesse, die niere

airmaria
21.01.2010, 17:31
schräge betrachtungsweise, aber du darfst gerne bei dem oben verlinkten institut anrufen und dem chef da mitteilen, dass die hälfte seiner arbeit keine wissenschaft ist... bei der gelegenheit müssen wir auch nen haufen biomedical engineering journals in die erde stampfen, die reihenweise entwicklungen und erstbeschreibungen als wissenschaft verkaufen.
airmaria

Evil
21.01.2010, 19:16
Abgesehen davon ist die 08/15-Statistik, die viele Mediziner erfolgreich als Promotion einreichen, sicherlich auch nicht geeignet, einer näheren Überprüfung auf ihre "Wissenschaftlichkeit" hin (was immer das sein mag), standzuhalten.

Insofern sehe ich da höchstens dann ein formales Problem, wenn jemand in der Kommission dem Threadersteller Böses will.

Ich würd andererseits aber auch keine Wette darauf abschließen, daß ein derartiges Projekt von einer Einzelperson zügig abgeschlossen werden kann ;-)

airmaria
21.01.2010, 19:47
Ich würd andererseits aber auch keine Wette darauf abschließen, daß ein derartiges Projekt von einer Einzelperson zügig abgeschlossen werden kann ;-)

das können wir auch als versuchsanordnung annehmen... und schon haben wir eine experimentelle arbeit :-))

jetzt mal zum so hoch aufgehängten wissenschaftlichen arbeiten,
zunächst wird über dieses projekt nen proposal gemalt:

1. zusammenfassung (das folgende einfach gebündelt)
2. einleitung (aktuelle situation in der klinik, welche komponenten sind vorhanden und beschrieben... blablabla
3. ziele und hypothesen (mit einem neuen programm können diverse bislang separierte arbeitsprozesse koordiniert werden)
4. methodik (programmierung einer applikation in sprache xyz, implementierung in abteilung a von klinik b)
5. erwartete resultate (das programm läuft und kann dementsprechend zeit bei der koordination im schnittstellenbereich einsparen)
6. zeitplan und kosten (beginn morgen, 6 monate programmierung, 1 monat testung und nachbesserung, 2 monate schreiben, 1 monat publizieren)
7. literatur (zu den vorhandenen applikationen sowie zur allgemeinen problematik)


...mit der erstellung eines solchen proposals hat der kollege bereits wissenschaftlich gearbeitet (whs mehr, als die meisten in ihrer diss).

mit dem proposal wird nen betreuer gesucht, falls das dann klappt, steht dem ganzen so garnichts mehr im wege (ausser die aufgabe bei zeitlicher maximalexazerbation), keine kommission oder sonstwas, das ist blödsinn!
airmaria

FirebirdUSA
21.01.2010, 20:33
...allerdings wird kein Mediziner diese Arbeit jemals betreuen können, weil kein med. Prof. diese geforderte Ahnung von der Materie haben wird, um überhaupt Korrekturen durchführen zu können. Dazu bräuchte man einen sehr fitten Informatiker. :-meinung

Na und? Eine medizinische Promotion muss nicht von einem Mediziner betreut werden. Meine Dissertation ist von einem Physiker betreut worden und erstbeurteilt worden. Die einzige Vorraussetzung ist die Habilitation in der Medizinischen Fakultät und ich kann mir gut vorstellen, dass man da evtl. auch einen Medizininformatiker findet.

Und ich muss AirmaRia recht geben, das entsprechende Projekt kann sicherlich als wissenschaftliches Projekt aufgezogen werden. Was denkt ihr den wie Informatiker promovieren (die auch wissenschaftliche Tätigkeit nachweisen müssen)?! Selbst die historische Darstellung eines Krankheitsbildes (Entwicklung von Diagnostik, Behandlung, Erklärung der Pathophysilogie von der Anitke bis zur Neuzeit z.B.) kann als Disseratation angenommen werden und ich kenne da mindestens zwei.

Edit: Sorry, war schon spät ;-)

airmaria
21.01.2010, 20:40
Airmania
:-)) :-)) :-))

heyheyhey... wir wollen mal nicht übertreiben, das ist sonst keine seriöse wissenschaft!!!
airmaRia

Die Niere
21.01.2010, 20:53
schräge betrachtungsweise, aber du darfst gerne bei dem oben verlinkten institut anrufen und dem chef da mitteilen, dass die hälfte seiner arbeit keine wissenschaft ist... Oh mein Gott...haben wir den Teil nicht längst hinter uns gebracht?

Wir alle wissen wie sturköpfig einige Fakultäten sein können und wie sehr man auf der Hut sein muss - ich sage nicht, dass es nichts mit wissenschaftlich arbeiten zu tun hat, ich sage nur dass man tunlichst darauf achten sollte vor dem grossen Beginn dieser Diss eine schriftliche Bestätigung einholen sollte, dass die Entwicklung der Software auch den Richtlinien der Fakultät standhält.

Im übrigen ist dein proposal mit Sicherheit hilfreich, stellt aber schon auch klar, dass die reine Programmierung des PDMS-Systems natürlich nicht ausreichend wäre.