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Lava
22.01.2010, 15:57
Mal eine Frage an die anderen BG-lich Tätigen hier. Tut ihr euch auch so schwer mit AU Bescheinigungen? Boah.... woher soll ich denn wissen, wie lange ich jemanden krank schreiben muss/kann/soll???? Heute z.B. hatte ich einen Patienten mit einer nicht dislozierten Fraktur der Beckenschaufel. Ist klar, dass sowas weh tut, da setzen ja allerhand Muskeln an. Nach 6 Wochen war dann die Röntgenkontrolle, sah alles gut aus, der Patient macht auch brav Krankengymnastik. Sein Gangbild war übrigens völlig normal. Gut, dachte ich, schreib ich ihn nochmal 2 Wochen krank, ist ja ne ordentliche Fraktur. Heute dann kam er wieder, mittlerweile sind 8 Wochen rum. Er habe immer noch Schmerzen. Blöd, dass sich sowas nicht richtig objektivieren lässt... ich hab Schwierigkeiten damit, zu "erspüren", wann jemand ne Krankmeldung rausschinden will und wann es wirklich nicht geht. Die BG hat ja immer ein Interesse daran, dass die Leute wirklich fit sind, bevor sie wieder arbeiten gehen. Besagten Typen hab ich nochmal anderthalb Wochen Zeit gegeben, dann soll er arbeiten gehen. Mal gucken, ob das gut geht. :-?

Wie macht ihr das? Entscheidet ihr nach Gefühl? Gibt's irgendwo Vorgaben für sowas? Es ist ja auch immer davon abhängig, was jemand beruflich macht. Ein Schreibtischtäter kann auch mit Gips arbeiten gehen, ein Bauarbeiter braucht erstmal noch Kraftaufbau, bis er wieder einsatzfähig ist :-nix

Nach meiner Erfahrung lehnen auch viele eine Arbeitsbelastungserprobung ab, mit der Begründung, der Chef ließe das nicht zu. :-?

Relaxometrie
22.01.2010, 16:11
Ich verstehe Deinen Zwiespalt zwischen "der Patient braucht wirklich noch eine AU" und "der möchte gerne noch ein paar freie Tage haben". Wobei ich, wenn der Patient ansonsten nett und kooperativ ist, auch mal ein Auge zudrücken würde und noch ein paar Tage länger als unbedingt nötig AU geben würde. Schließlich haben wir in unserer teilweise unmenschlichen Arbeitswelt vergessen, daß es nicht nur die Heilung selbst, sondern danach auch noch eine Phase der Rekonvaleszenz geben sollte.
Daß Patienten eine Arbeitsbelatungserprobung (ist das die Einarbeitung nach Hamburger Modell?) ablehnen, kann ich verstehen. Wir wissen alle, daß es "ich arbeite, so gut es geht, bin aber noch nicht 100%ig einsatzbereit" leider in vielen Betrieben nicht gibt. Zur Arbeit erscheinen, bedeutet dann leider, daß top-Leistung gebracht werden muß. Verständlicherweise lässt man sich dann direkt länger krankschreiben.

Lava
22.01.2010, 17:07
Um "ein paar freie Tage" würde ich auch nicht feilschen. Aber wir haben Patienten, die wir wochen- und monatelang krank schreiben! Es gibt Verletzungen, die sind so schwer, dass man monatelang arbeitsunfähig sein kann. Aber beispielsweise nach einer simplen Radiusfraktur... hmmmmm..... sehr schwierig sind auch immer die vermeintlichen Kleinigkeiten wie Fingerendgliedfrakturen, Nagelluxationen und sowas.

Naja, ich hatte auch schon den Fall, wo ich einen erbosten Anruf von der Berufsgenossenschaft bekam, wieso der Patient immer noch arbeitsunfähig wäre. Wenn es denen zu bunt wird, schreiben sie uns an oder bestellen den Patienten ganz und gar in eine der Unfallkliniken. So lange sie das nicht tun, kann man jemanden schon mit ruhigem Gewissen krank schreiben, denke ich mir immer.

Es ist auch erstaunlich, wie unterschiedlich die Menschen sind. Manche wollen unbedingt wieder arbeiten, andere geben sich überhaupt keine Mühe. Und dann gibt's wieder welche, deren Einstellung sich im Laufe der Zeit sehr ändert. Am Anfang sind sie noch gewillt, möglichst schnell wieder fit zu werden, aber so nach zwei drei Monaten fangen viele an, sich ans Kranksein zu gewöhnen und fordern eine AU nach der anderen.

Bille11
22.01.2010, 17:20
wichtig finde ich:

UV lang genug krank zu schreiben. also realistisch. das ist für einen UV und für die BG wichtig. für den arbeitgeber fast am meisten. also nicht dieses - ach - schreiben wir noch 2 wochen krank und gucken dann wieder wie es ist, kann ja nochmal. in dem zusammenhang auch: UV am anfang auch klipp und klar sagen: so und so lange fallen sie etwa aus. die heilungszeit einer fraktur dauert idr. 6 wochen, die nachbehandlung entsprechend. schreibtischtäter genau auf die 100% arbeitsfähigkeit hinweisen.

eine arbeitsbelastungserprobungsmassnahme ist vor allem für UVs, die körperlich arbeiten können, aber anfangs noch mit ihren ausdauerkräften haushalten (müssen), z.b. handwerker, bau. bei schreibtischtätern gibt es wenige gründe dafür.
(die klassischen arbeitsbelastungserprobungsmassnahmen sehen einen einstieg über 3-4 wochen mit einer wöchentlich zunehmenden anzahl an arbeitsstunden pro tag vor, der zu jedem zeitpunkt abgebrochen werden kann, sofern es nicht geht. dann sind stationäre oder ambulante erweiterte reha-massnahmen ggf. notwendig.

wildcoyote
22.01.2010, 18:08
wir hatten mal nen lehrer der wollte gleich für 3 Monate krankgeschrieben werden :-((

alles über 6 Wochen ist schon sehr lang, muss man halt den Patienten auch zur Kontorllen einbestellen etc, sonst gibts stress mit dem Arbeitgeber. Bin ich froh in einer Region zu arbeiten wo die AL-Quote unter 5% liegt und somit wir kaum
derartige Probleme haben.

Ansonsten - einfach den OA fragen? :-meinung

Hoppla-Daisy
22.01.2010, 18:13
Übrigens, auch wenn man MEINT, ein "Schreibtischtäter" sei doch auch mit Gips arbeitsfähig, so irrt derjenige. Das mag objektiv so sein, aber ein verantwortungsvoller Arbeitgeber schickt denjenigen sofort wieder nach Hause, wenn er auftaucht. AU heißt doch Arbeitsunfähigkeit, gell? ;-)

Und wenn mir ein Arzt sowas bestätigt, dann bin ich de facto arbeitsunfähig, egal wie mein Job geartet ist. Wer trotz AU arbeiten geht und sich nicht explizit hat gesundschreiben lassen, riskiert seinen Versicherungsschutz im Falle eines Unfalles. Nur mal so nebenbei...

Relaxometrie
22.01.2010, 18:20
Wer trotz AU arbeiten geht und sich nicht explizit hat gesundschreiben lassen, riskiert seinen Versicherungsschutz im Falle eines Unfalles. Nur mal so nebenbei...
Mein Hausarzt hat mir bei meiner letzten AU wegen 'ner fetten Nebenhöhlenentzündung erklärt, daß dem nicht mehr so ist. Ich könne, wenn ich mich noch im Zeitraum der AU gesund fühlen würde, versicherungstechnisch einwandfrei arbeiten gehen :-nix

WackenDoc
22.01.2010, 18:27
Ich finde das mit dem Krankschreiben schon bei den "normalen" Kleinigkeiten schwierig. Zumal es bei uns nicht nur gesund und krank gibt, sondern auch noch Zwischenstufen. Also ich kann auch draufschreiben, dass einer arbeiten darf, aber z.B. nur im Innendienst.
Ich frag mich dann wie lange z.B. ne Erkältung dauert oder ne Gastroenteritis (ok, dafür hab ich so langsam Erfahrungswerte). Aber OSG-Distorsionen find ich ziemlich doof, grad wenn die Patienten wiederkommen, weil sie noch Beschwerden haben. Letztens hatte ich jemanden mit nem Muskelfaserriß am Oberarm ,die unbedingt krank geschrieben werden wollte, ich aber der Meinung war, dass sie durchaus Bürotätigkeiten machen kann.

Aber da gibt es schon erhebliche Unterschiede bei den Patienten. Den einen mus man schon fast zwingen nicht zu arbeiten, dafür meint der andere, dass er wegen ein bischen Schnupfen ne ganze Woche zu Hause bleiben muss.

Zum Glück haben wir nicht so oft die ganz schweren Sachen und bei Frakturen und so richte ich mich nach dem was die Fachärzte empfehlen.

Ansonsten seh ich auch wie lange meine Kollegen bei welchen Krankheiten krank schreiben- so lange das so halbwegs übereinstimmt wird das schon passen.

Espressa
22.01.2010, 18:28
Aalso, anscheinend kann bei längeren Ausfällen der Arbeitgeber versuchen, einen innerhalb des Betriebes anderweitig zu beschäftigen.
Hatten da mal so einen Dachdecker, der nach Nagel im Auge erstmal arbeitsunfähig war, und dann aber auch noch wegen der plötzlichen Einäugigkeit für mind. 3 Monate nicht aufs Dach durfte. Er hätte schon was anderes machen können, hätte ihm das der Arbeitgeber angeboten; da es die Möglichkeit in dem sehr kleinen Betrieb nicht gab, war er eben arbeitsunfähig.

Ich weise die Leute immer gern darauf hin dass es bei langen Krankmeldungen durchaus hinterher zu Verlust des Arbeitsplatzes kommen kann, und man besser gut überlegt ob es einem das wert ist.

Hoppla-Daisy
22.01.2010, 18:56
Also, man ist zwar mit dem Tag der Wiederaufnahme der Arbeit versichert, aber der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht. In dem Moment, wo der Arbeitnehmer sich (bleiben wir mal beim Beispiel Gipsbeinchen) während der Ausübung seiner Arbeit hinlegt (weil er eben gehandicapt ist auf der Treppe auf dem Weg zum Klo) und nochmals verletzt, ist der Arbeitgeber schwer in Erklärungsnot. Das sehen die BG nämlich mal gar nicht so gern! Und die Krankenkassen können sich auch querstellen.

Eine AU besagt, dass der Arbeitnehmer eben ARBEITSUNFÄHIG ist. Und eine AU wird dann ausgestellt, wenn der Arzt der Meinung ist, dass die Fortführung einer Arbeit der Genesung bzw. Milderung einer Gesundheitsstörung (nichts anderes ist Krankheit) entgegen steht. Ein Arbeitnehmer hat die Pflicht, mit seinem Verhalten eben zu dieser Genesung beizutragen.

Ich bin im übrigen schon höchstselbst des (chemischen) Betriebes verwiesen worden, weil dem Arbeitgeber das zu haarig gewesen wäre, wäre es zu einem Unfall wie auch immer geartet gekommen. Und ich denke, dass die Leute in der Personalabteilung dahingehend auch von der BG geschult werden.

Bille11
22.01.2010, 23:29
Übrigens, auch wenn man MEINT, ein "Schreibtischtäter" sei doch auch mit Gips arbeitsfähig, so irrt derjenige. Das mag objektiv so sein, aber ein verantwortungsvoller Arbeitgeber schickt denjenigen sofort wieder nach Hause, wenn er auftaucht. AU heißt doch Arbeitsunfähigkeit, gell? ;-)

Und wenn mir ein Arzt sowas bestätigt, dann bin ich de facto arbeitsunfähig, egal wie mein Job geartet ist. Wer trotz AU arbeiten geht und sich nicht explizit hat gesundschreiben lassen, riskiert seinen Versicherungsschutz im Falle eines Unfalles. Nur mal so nebenbei...

der obere absatz ist nicht korrekt. wenn ein z.b. gipsträger arbeiten gehen kann/darf und af geschrieben ist, dann steht dem nichts im wege. (dieses gilt in kenntnis der bedingungen am arbeitsplatz)

im unteren absatz: die notwendigkeit der expliziten gesundschreibung wurde irgendwann abgeschafft. näheres dazu muss ich aber nachlesen.. (und das entsprechende buch liegt auf arbeit).

darüber hinaus möchte ich auf die kerndiskussion der schwierigkeit der AU-schreibung durch den arzt zurückführen, nicht auf die möglichkeit und unmöglichkeit der ermessensfähigkeit oder des spielraumes eines arbeitnehmers in der entscheidung, arbeiten zu wollen/können.

Espressa
23.01.2010, 08:56
Ich denke bei Schreibtischtätern denkt man nicht grad an das Gipsbein, sondern vielleicht an das Ziehen in der Schulter - das die sicherlich nicht gleichermaßen an der Arbeit hindert wie z.B. einen Handwerker.

Bille11
23.01.2010, 09:05
ich denk da an den banalen distalen radius, mit platte versorgt, oder die vkb-plastik... kommt oft genug vor, wenn saison ist..

Relaxometrie
23.01.2010, 09:16
ich denk da an den banalen distalen radius, mit platte versorgt, oder die vkb-plastik... kommt oft genug vor, wenn saison ist..
Nach der Radiusverplattung kann man doch, wenn die Fäden gezogen und die Wundheilung regelrecht verläuft, zügig wieder arbeiten, oder? Wie lange würde man nach einer solchen OP einen Schreibtischarbeiter, und wie lange einen Handwerker (beispielsweise Maurer, KfZ-Mechaniker) krankschreiben?
Und wie lange dauert die durchschnittliche AU bezüglich der eben genannten Berufe bei einer unkompliziert verlaufenden VKB-Plastik?

Käthe, MD
23.01.2010, 13:53
Nach der Radiusverplattung kann man doch, wenn die Fäden gezogen und die Wundheilung regelrecht verläuft, zügig wieder arbeiten, oder? Wie lange würde man nach einer solchen OP einen Schreibtischarbeiter, und wie lange einen Handwerker (beispielsweise Maurer, KfZ-Mechaniker) krankschreiben?
Und wie lange dauert die durchschnittliche AU bezüglich der eben genannten Berufe bei einer unkompliziert verlaufenden VKB-Plastik?

Na also die Radius# beim Schreibtischtäter würd ich für 2-3 Wochen krank schreiben, beim körperlich schwer arbeitenden würd ich dagegen die volle Zeit bis zur Frakturkonsolidierung (6-8 Wochen) abwarten. Die VKB-Plastik hat 8 Wochen lang ne MOS-Schiene und läuft ja ca. 3 Wochen an UAGS (bei uns zumindest), danach mit Vollbelastung. Ich würd den Schreibtisch-Menschen also für 3-4 Wochen krank schreiben, dann kann der wieder schaffen gehn! :-) Bei den Handwerkern o.ä. muss man halt gucken, welche Tätigkeit die genau ausüben und dann entscheiden!

Relaxometrie
23.01.2010, 15:34
So in dem Rahmen hätte ich es auch vermutet. Aber als nicht in der UC tätige Person wollte ich doch mal ein fachkundiges Urteil hören :-)