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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kontrazeption und Antibiotika - Fachliche Erklärungsnot?



DoctorNew
29.01.2010, 11:02
Bereits während dem PJ kam es vor, dass Patientinnen, die ein Antibiotikum verschrieben bekamen, mich über mögliche Beinträchtigungen der Mikropille
befragten. In Übereinstimmung mit den gängigen Fachinformationen der Hersteller habe ich diesen Frauen empfohlen, während der Antibiotikaeinnahme und 7 Tage danach zusätzlich zu verhüten, sowie ein eventuelle Pause zu überspringen.

Teilweise wurde ich auch gefragt, inwiefern ein spezielles Antibiotikum mit der Pille wechselwirkt. Die Rote Liste, sowie Fachinformationen der Hersteller weisen z.B. beim Makrolid Clarithromycin keine Wechselwirkung aus, obwohl das Wirkspektrum ja sehr ähnlich zu Penicillin ist, bei welchem selbige ausgewiesen wird. Das konnte ich mir nicht wirklich erklären, weil der Hersteller ja für seine Fachinformationen haftet.

Wo ich auch immer recht sprachlos war, die sieben Tage zusätzlichen Schutz zu begründen. Wie kommt man gerade auf 7 Tage. Die Darmflora, deren Schädigung ja der relevante Mechanismus in der Interaktion mit Breitspektrumantibiotika sein soll, braucht doch viel länger zur Regeneration.

Eigentlich fühlte ich mich in Pharma immer recht sicher, aber bei den Fragen bin ich auch noch als Ex-PJ ein wenig überfragt. Was denkt ihr darüber? Gibt es vielleicht relevante Publikationen zu dem Thema? Wie kann ich eigentlich über das Internet Paper oder Publikationen aus pubmed im Volltext bekommen?

Espressa
29.01.2010, 12:32
Ich denke es geht nicht nur um die Darmflora, sondern auch um abbauende Enzyme, bzw. deren Induktion durch diverse Antibiotika.
So soll ja auch die Wirkung z.B. des Nuva-Rings, der die Darmpassage umgeht, dennoch auch beeinträchtigt sein. Außerdem wird man ja theoretisch nur an 4 Tagen pro Zyklus schwanger - aus all dem zusammengerechnet kommen die wohl auf die 7 Tage Extra-Schutz.

horsedoc
29.01.2010, 14:56
Gerade in der Dualen Reihe Mibi gelesen :-)): Gestagene/Östrogene werden ja über die Galle nach Glucoronidierung in der Leber ausgeschieden (egal ob parenteral oder oral aufgenommen), Darmbakterien spalten das glucoronidierte Östrogen so daß es wieder resorbiert werden kann, dieser enterohepat. Kreislauf ist für einen ausreichenden Serumspiegel nötig. ABs reduzieren jetzt die Flora und Östrogen wird glucoronidiert ausgeschieden, ergo: ungenügender Serumspiegel.

DoctorNew
29.01.2010, 16:35
Der Mechanismus über die Hemmung des enterohepatischen Kreislaufs von EE war mir bekannt. Induktion von CYP34A Enzymen spielt jedoch nur bei Rifampicin eine Rolle. Andere Antibiotika haben keinen Einfluss darauf bzw. inhibieren diese sogar im Falle von Makroliden.

Mir geht es mehr um eine Begründung, warum gerade 7 Tage zusätzliche Verhütung empfohlen werden und nicht mehr oder weniger und warum weder der Hersteller noch die Rote Liste eine Wechselwirkung von Clarithromycin angeben.

Hat jemand noch eine Idee, wie man an Paper auf Pubmed.de herankommt? Die Suche spuckt da immer nur Beschreibungen aus.

Pherenike
30.01.2010, 06:13
Es ist wohl vor allem eine Vorsichtsmassnahme. Ein Grund ist wie schon geschrieben wurde die Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufs, dann das Auftreten von Diarrhoen und zum anderen wirken machen AB (z.B. Erythromycin) auch prokinetisch, sodass die Resorptionszeit verkürzt wird.

Ich kenne auch Aussagen, die sagen, man sollte den kompletten Restzyklus zusätzlich verhüten - kann aber auch sein, dass dies ein eher praktisch orientierter Ratschlag ist, weil sich frau das dann besser merken kann.

DoctorNew
30.01.2010, 09:58
Die Reglung, den ganzen Zyklus zu vermüten, stand früher in Packungsbeilagen, ist aber überholt. Jede Fachinformation weist inzwischen die besagten 7 Tage aus.

Bezüglich Clarithromycin bleibt nun aber die Frage, warum in der Roten Liste und der Fachinformation, trotz besagtem Erregerspektrum und der prokinietischen Wirkung, keine Wechselwirkungen zu hormonellen Kontrazeptiva angegeben sind. Der Hersteller muss ja einen Grund haben, bei Clarithromiycin eine Wechselwirkung auszuschließen.

FirebirdUSA
01.02.2010, 05:49
In der Fachinfo von Clarithromycin (in diesem Fall Clarithromycin AbZ 500 mg Filmtabletten) konnte ich nichts bezügl. zusätzlicher Kontrazeption finden. In welcher Fachinfo hast du es den gefunden???

DoctorNew
01.02.2010, 09:40
Die Regelung mit 7 Tagen zusätzlicher Verhütung findet sich in den Fachinformationen der Kontrazeptiva, wobei dort Clarithromycin nie als antibiotischer Wirkstoff, bei dem eine Wechselwirkung vermutet wird, aufgeführt ist. Auch in der Fachinformation zu Clarithromycin findet sich keinen Hinweis auf eine Wechselwirkung, wie du ja auch herausgefunden hast. Mir stellt sich aber die Frage, warum gibt es dort keine Wechselwirkung, bei Penicillin aber schon?

FirebirdUSA
01.02.2010, 14:08
Gerade in der Dualen Reihe Mibi gelesen :-)): Gestagene/Östrogene werden ja über die Galle nach Glucoronidierung in der Leber ausgeschieden (egal ob parenteral oder oral aufgenommen), Darmbakterien spalten das glucoronidierte Östrogen so daß es wieder resorbiert werden kann, dieser enterohepat. Kreislauf ist für einen ausreichenden Serumspiegel nötig. ABs reduzieren jetzt die Flora und Östrogen wird glucoronidiert ausgeschieden, ergo: ungenügender Serumspiegel.

Enterokokken spp. sind Penicillin sensibel, Carithormycin resistent (s. Fachinfo Penicillin V und Clarithromycin).