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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Gendiagnostikgesetz - bald das Aus für das Neugeborenenscreening?



Pünktchen
05.02.2010, 18:57
Moin :-)

Bisher hat es mich wenig interessiert was genau in diesem langen Gesetz drin steht, die groben Inhalte kannte ich ja und bin auch damit einverstanden.
Doch seit einem Vortrag vom letzten Wochenende zum Neugeborenenscreening und dem Gendiagnostikgesetz ließ mich aufschrecken.Da hab ich wohl was verschlafen. Übrigens gilt seit 1.2.2010 dieser Abschnitt des Gendiagnostikgesetzes auch.

Folgende Punkte sind dort verewigt:
- das Neugeborenenscreening (wegen Genproduktanalyse) darf nur von einem verantwortlichen (benannten) Arzt (Facharzt für Humangenetik) abgenommen werden, bzw. einer von diesem benannte Person, diese sollte die Eltern aufgeklärt haben und das Einverständnis eingeholt haben - eigentlich auch nur solche die eine genetische Ausbildung haben
- Hebammen dürfen somit keine Neugeborenenscreening abnehmen
- die Mitteilung der Ergebnisse sollten durch Humangenetiker geschehen (ok, find ich verständlich, wobei ich mich Frage ob jede Gynabteilung einen Humangenetiker hat und ob dieser wirklich allen Eltern alle Ergebnisse mitteilen kann (zeitlicher Aufwand???)

Stellungsnahme der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
---> über einen Artikel des Deutschen Ärzteblattes
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/36394/Kinderaerzte_kritisieren_neues_Gendiagnostikgesetz .htm

Das sind doch schon mal wieder deutschen bürokratische Hürden, die einem ein gutes Arbeiten schwierig macht oder?

gruß
Pünktchen

McBeal
05.02.2010, 19:22
Wir haben nur Post von unserem Screening-Labor (wir schicken nach München), dass wir nun bei jedem Kind entweder die schriftliche Einverständniserklärung mitschicken (in Kopie) müssen oder auf jeder Karte vermerken sollen, dass eine schriftliche Einwilligung vorliegt. Dafür gibts fertige Aufkleber des Labors, die wir jetzt bestellt haben und dann immer auf die Karten kleben. Die Einwilligung holen wir uns ja sowieso immer, von daher ist nur der Klebi neu.
Bei uns nimmt übrigens ganz normal der Neo-Stationsarzt das Blut ab. Ob wir in Zukunft dann auch im Kinderzimmer stechen müssen, weiß ich nicht. Davon habe ich noch nichts gehört, wäre aber natürlich machbar.
Wobei wir natürlich alle keine Humangenetiker sind. Die Frage ist, ob es dann als automatisch an uns delegiert gilt, wenn wir es abnehmen. Interessante Frage!

LG
Ally

Muriel
09.02.2010, 12:00
Geht es hier um den Guthrie-Test oder noch etwas Anderes?

McBeal
09.02.2010, 13:04
Geht es hier um den Guthrie-Test oder noch etwas Anderes?

Der Guthrie-Test ist der zum Erkennen der PKU. Heutzutage ist er ein Bestandteil des NG-Screenings, bei dem noch ganz viele andere Stoffwechselstörungen etc. getestet werden. Bei Eurer Tochter wurde aber wohl höchstwahrscheinlich das "große" Screening gemacht.

LG
Ally

Muriel
09.02.2010, 13:16
Ich meinte das, was man so gemeinhin als Guthrie bezeichnet, auch wenn der ursprüngliche Test (PKU) ja nur noch ein Teil davon ist. Also diese Fersenblutgeschichte am 3. (?) Lebenstag. Also zumindest hier wird Guthrie immer als Synomym noch dafür benutzt, hatte das damals auch noch in der VL so gelernt mit dem Hinweis, dass es eigentlich nicht mehr korrekt sei, dachte das sei so Standard :-blush

McBeal
09.02.2010, 13:35
Ich meinte das, was man so gemeinhin als Guthrie bezeichnet, auch wenn der ursprüngliche Test (PKU) ja nur noch ein Teil davon ist. Also diese Fersenblutgeschichte am 3. (?) Lebenstag. Also zumindest hier wird Guthrie immer als Synomym noch dafür benutzt, hatte das damals auch noch in der VL so gelernt mit dem Hinweis, dass es eigentlich nicht mehr korrekt sei, dachte das sei so Standard :-blush

Bei uns heißt das Tandem-MS (Tandem-Massenspektrometrie ist das Verfahren) oder eben NG-Screening. Ja, genau um den Test gehts. Er darf frühestens nach 36h abgenommen werden und wir eben meistens am dritten oder am Ende des zweiten Lebenstags abgenommen.

LG
Ally

Relaxometrie
09.02.2010, 13:49
Um für nicht-Pädiater wie mich mal Licht ins Dunkel zu bringen:
Das, was früher Guthrie war, heißt jetzt "Tandem-Massenspektrometrie" (steht auch im Psychrembel so drin, habe gerade mal einen Blick hinein geworfen) und testet nur auf PKU?
Was ist denn derzeit sonst noch alles in dem Neugeborenen-Screening enthalten? Schilddrüsenfunktionsüberprüfung fällt mir so spontan noch ein. Für die anderen Sachen müsste ich nachlesen, oder eben hier fragen :-))

Muriel
09.02.2010, 13:52
Nach der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres („Kinder-Richtlinien“) werden Untersuchungen zur Früherkennung folgender Erkrankungen empfohlen:[3]

* Störungen des Aminosäurestoffwechsels (Phenylketonurie (PKU) und Hyperphenylalaninämie (HPA) Ahornsiruperkrankung (MSUD))
* Störungen des Stoffwechsel der organischen Säuren (Glutarazidurie Typ I (GA I), Isovalerianacidämie (IVA))
* Defekte der Fettsäureverbrennung und des Carnitinzyklus
* Konnatale Hypothyreose (angeborene Schilddrüsenunterfunktion)
* Biotinidasemangel
* Klassische Galaktosämie
* klassisches Adrenogenitales Syndrom (AGS)


Quelle (http://de.wikipedia.org/wiki/Neugeborenenscreening)

McBeal
09.02.2010, 13:59
Nee, die Tandem-MS testet auch noch auf andere Defekte. Dann gibts noch z.B. immunologische Tests. Die dabei zu erkennenden Krankheiten findest Du hier (http://www.screening-dgns.de/screening-5.htm) aufgelistet.

LG
Ally

EDIT: Hätte nochmal aktualisieren sollen. Muri war schneller.

pieks
17.02.2010, 21:19
Moin :-)

Bisher hat es mich wenig interessiert was genau in diesem langen Gesetz drin steht, die groben Inhalte kannte ich ja und bin auch damit einverstanden.
Doch seit einem Vortrag vom letzten Wochenende zum Neugeborenenscreening und dem Gendiagnostikgesetz ließ mich aufschrecken.Da hab ich wohl was verschlafen. Übrigens gilt seit 1.2.2010 dieser Abschnitt des Gendiagnostikgesetzes auch.

Folgende Punkte sind dort verewigt:
- das Neugeborenenscreening (wegen Genproduktanalyse) darf nur von einem verantwortlichen (benannten) Arzt (Facharzt für Humangenetik) abgenommen werden, bzw. einer von diesem benannte Person, diese sollte die Eltern aufgeklärt haben und das Einverständnis eingeholt haben - eigentlich auch nur solche die eine genetische Ausbildung haben
- Hebammen dürfen somit keine Neugeborenenscreening abnehmen
- die Mitteilung der Ergebnisse sollten durch Humangenetiker geschehen (ok, find ich verständlich, wobei ich mich Frage ob jede Gynabteilung einen Humangenetiker hat und ob dieser wirklich allen Eltern alle Ergebnisse mitteilen kann (zeitlicher Aufwand???)

Stellungsnahme der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin
---> über einen Artikel des Deutschen Ärzteblattes
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/36394/Kinderaerzte_kritisieren_neues_Gendiagnostikgesetz .htm

Das sind doch schon mal wieder deutschen bürokratische Hürden, die einem ein gutes Arbeiten schwierig macht oder?

gruß
Pünktchen

Hi pünktchen ...

da habe ich wohl auch was "verpennt".

Aber aus dem Gesetzestext:http://screening.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/ohne_AZ/m_cc17/knochenerkrankungen/Gendiagnostikgesetz.pdf
ist meines Erachtens nicht herauszulesen, dass dieses Gesetz auch das NG-Screening betrifft.

§ 3
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes
1. ist genetische Untersuchung eine auf den Untersuchungszweck
gerichtete
a) genetische Analyse zur Feststellung genetischer
Eigenschaften oder
b) vorgeburtliche Risikoabklärung
einschließlich der Beurteilung der jeweiligen Ergebnisse,

2. ist genetische Analyse eine auf die Feststellung
genetischer Eigenschaften gerichtete Analyse
a) der Zahl und der Struktur der Chromosomen
(zytogenetische Analyse),
b) der molekularen Struktur der Desoxyribonukleinsäure
oder der Ribonukleinsäure (molekulargenetische
Analyse) oder
c) der Produkte der Nukleinsäuren (Genproduktanalyse),

3. ist vorgeburtliche Risikoabklärung eine Untersuchung
des Embryos oder Fötus, mit der die Wahrscheinlichkeit
für das Vorliegen bestimmter genetischer
Eigenschaften mit Bedeutung für eine
Erkrankung oder gesundheitliche Störung des
Embryos oder Fötus ermittelt werden soll,
4. sind genetische Eigenschaften ererbte oder während
der Befruchtung oder bis zur Geburt erworbene,
vom Menschen stammende Erbinformationen,
5. ist verantwortliche ärztliche Person die Ärztin oder
der Arzt, die oder der die genetische Untersuchung
zu medizinischen Zwecken vornimmt,
6. ist genetische Untersuchung zu medizinischen
Zwecken eine diagnostische oder eine prädiktive
genetische Untersuchung,
7. ist eine diagnostische genetische Untersuchung
eine genetische Untersuchung mit dem Ziel
a) der Abklärung einer bereits bestehenden Erkrankung
oder gesundheitlichen Störung,
b) der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen,
die zusammen mit der Einwirkung bestimmter
äußerer Faktoren oder Fremdstoffe
eine Erkrankung oder gesundheitliche Störung
auslösen können,
c) der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen,
die die Wirkung eines Arzneimittels beeinflussen
können, oder
d) der Abklärung, ob genetische Eigenschaften vorliegen,
die den Eintritt einer möglichen Erkrankung
oder gesundheitlichen Störung ganz oder
teilweise verhindern können,
8. ist prädiktive genetische Untersuchung eine genetische
Untersuchung mit dem Ziel der Abklärung
a) einer erst zukünftig auftretenden Erkrankung
oder gesundheitlichen Störung oder
b) einer Anlageträgerschaft für Erkrankungen oder
gesundheitliche Störungen bei Nachkommen,
9. ist genetische Reihenuntersuchung eine genetische
Untersuchung zu medizinischen Zwecken, die
systematisch der gesamten Bevölkerung oder
bestimmten Personengruppen in der gesamten
Bevölkerung angeboten wird, ohne dass bei der
jeweiligen betroffenen Person notwendigerweise
Grund zu der Annahme besteht, sie habe die genetischen
Eigenschaften, deren Vorhandensein mit
der Untersuchung geklärt werden soll,
10. ist genetische Probe biologisches Material, das zur
Verwendung für genetische Analysen vorgesehen
ist oder an dem solche Analysen vorgenommen
wurden,
11. sind genetische Daten die durch eine genetische
Untersuchung oder die im Rahmen einer genetischen
Untersuchung durchgeführte genetische
Analyse gewonnenen Daten über genetische Eigenschaften

Oder ist
c) der Produkte der Nukleinsäuren (Genproduktanalyse),
der entscheidende Punkt?

Das heißt ja, Du müsstest bei jeder Blutbildbestimmung das Gesetz beachten: dort bestimmst Du im weitesten Sinn auch Produkte der Nukleinsäuren

:-nix


Die folgende Seite der Charite habe ich noch nicht gelesen.

http://screening.charite.de/aktuelles/

Pünktchen
17.02.2010, 22:11
Es gibt ne Stellungsnahme der DGKJ vom letzten Jahr, da ist jeder fragwürdige Artikel erklärt und es wurde um eine Nachbesserung gebeten!

http://www.dgkj.de/presse/meldung/meldungsdetail/neues_gendiagnostikgesetz_stellt_neugeborenenscree ning_in_frage/
- ganz unten ist auch der Download zur ausführlichen Stellungsnahme (die ist echt interessant)

http://www.dgkj.de/service/meldungsarchiv/meldungen/2009/stellungnahme_zum_gendiagnostik_gesetz/

pieks
17.02.2010, 23:06
Es gibt ne Stellungsnahme der DGKJ vom letzten Jahr, da ist jeder fragwürdige Artikel erklärt und es wurde um eine Nachbesserung gebeten!

http://www.dgkj.de/presse/meldung/meldungsdetail/neues_gendiagnostikgesetz_stellt_neugeborenenscree ning_in_frage/
- ganz unten ist auch der Download zur ausführlichen Stellungsnahme (die ist echt interessant)

http://www.dgkj.de/service/meldungsarchiv/meldungen/2009/stellungnahme_zum_gendiagnostik_gesetz/


danke, Pünktchen
werd´ ich mir mal demnächst in Ruhe durchlesen ..

leider bin ich - aufgrund meines momentanen "nicht-Arbeitens" ziemlich "ab vom Schuss" .. aber ich versuche wenigstens theoretisch nicht den Anschluss zu verlieren