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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Depression & Antidepressiva



atog
18.01.2003, 19:40
Hallo Experten,

habe mich mit dem thema depression und antidepressiva beschäftigt und blick hinten und vorn nicht mehr durch.
- fangen wir bei der wirkung von lithium an:
1.lithium soll eine membranstabilisierende wirkung auf nerven haben, die über ionenkanäle vermittelt wird. im oberdisse, 3. aufl. ist auch ein bildchen auf seite 146 dazu. dort ist als angriffspunkt die membran des postsynaptischen nerven bezeichnet, der durch noradrenalin erregt wird. aber bei einer depression will man ja gerade eine stimulierung dieses nerven, z.b. durch NA-wiederaufnahme-hemmung (wer mir helfen will und das buch nicht hat, ich kann das bild auch gern verschicken). insofern wäre eine membanstabilisierung dieses nerven kontraproduktiv.
2. zitat mutschler: lithium blockiert inositolpolyphosphat-1-phosphatase & inositolphosphat-phosphatase -> v.a. der letzte phosphatrest von inositol kann nicht abgespalten werden -> nicht genügend inositol für phosphatidylinositol-4,5-phosphat synthese -> PI-turnover vermittelte neurotransmitterwirkungen werden gehemmt, dazu gehört auch der alpha1-rezeptor. was ich daran nicht verstehe wird bei den nächsten punkten klar.
3. im oberdisse auf s.147 ist eine tabelle bei der mirtazapin und maprotilin als alpha2-antagonistische antidepressiva aufgeführt werden.
4.im karow wird die langfristige wirkung von trizyklischen antidepressiva wie folgt erklärt: beta-rezeptoren werden down-reguliert. postsynaptische alpha-rezeptoren werden aktiviert und es kommt dadurch zu einer funktionellen antriebssteigerung. so nun mein stolperstein: leider steht nicht dabei ob alpha1 oder 2, wenn es alpha1-rezeptoren sind, die aktiviert werden beißt sich das mit meinem punkt 2, bei dem eine antidepressive wirkung durch verminderte alpha1-wirkung erfolgt. sollte alpha2 aktiviert werden, passt es nicht zu meinem punkt 3, denn wie sollen alpha2-antagonisten dann eine antidepressive wirkung haben.

nur gleich im vorfeld: ich weiß das in diesem gebiet nicht alles genau erforscht ist und noch vieles hypothetisch ist, aber die hypothesen sollten dann doch wenigstens logisch sein,

sollte irgendjemand durch dieses chaos durchblicken bitte ich um antwort und werde umgehend meinen hut ziehen.

danke
atog

June
18.01.2003, 20:13
Zwei Dinge fallen mir bei deinem Posting auf die Schnelle auf, den Rest schau ich bei Gelegenheit auch noch mal genauer nach!

1. Die Langzeitwirkung von Antidepressiva liegt wahrscheinlich nicht in den von dir genannten Aspekten, denn dann würde sie nicht erst nach 3-5 Wochen eintreten! Man geht davon aus, daß das veränderte Neurotransmittergleichgewicht zu einer Veränderung des Genexpressionsmusters führt, und hierin die antidepressive Wirkung begründet liegt.

2. Lithium ist in erster Linie ein Medikament, das bei manisch-depressiver Erkrankung gegeben wird. Daher ist es nicht so verwunderlich, daß einige Wirkungen den Antidepressiva entgegengesetzt sind. Es geht hier mehr um ein ausgewogeneres Gleichgewicht von Botenstoffen als um eine Verschiebung in eine Richtung.
Im übrigen ist wohl auch hier die Wirkung letztendlich auf eine Veränderung der Genexpression zurückzuführen.

Ach ja, dein Angebot, mir den entsprechenden Abschnitt über Lithium aus dem Oberdisse zu schicken, würde ich gerne annehmen! Schaus mir dann noch mal ausführlicher an!

Die June :-music

June
18.01.2003, 20:32
Original geschrieben von atog
4.im karow wird die langfristige wirkung von trizyklischen antidepressiva wie folgt erklärt: beta-rezeptoren werden down-reguliert. postsynaptische alpha-rezeptoren werden aktiviert und es kommt dadurch zu einer funktionellen antriebssteigerung.
Diese Aussage kann man so pauschal auch nicht treffen, da hierbei ja gar nicht berücksichtigt wird, daß es bei den trizyklischen Antidepressiva drei Gruppen gibt:

Antidepressiva vom Desipramintyp, die vorwiegend psychomotorisch anregend wirken
Antidepressiva vom Imipramintyp, die Stimmungsaufhellend und anxiolytisch wirken
und Antidepressiva vom Amitryptilintyp, die psychomotorisch dämpfend wirken

Hierbei muß man beachten, daß die Wirkung auf den Antrieb früher einsetzt als die Wirkung auf die Stimmung! Wenn man also einem depressiven Menschen antriebssteigernde Antidepressiva gibt, so ist er in den ersten Wochen der Behandlung noch akuter suizidgefährdet als vorher schon! Das muß man wissen, und gegebenenfalls für diesen Zeitraum eine zusätzliche Medikation festlegen.

Die June :-music

atog
19.01.2003, 19:39
Die Langzeitwirkung von Antidepressiva liegt wahrscheinlich nicht in den von dir genannten Aspekten, denn dann würde sie nicht erst nach 3-5 Wochen eintreten!


naja, eine regulation der rezeptorpopulation dauert schon ein bisschen, wie lang weiß ich zwar nicht genau aber auf jeden fall so lange um es als langfristige wirkung zu beschreiben.
aber thx für die antworten june

atog

June
19.01.2003, 19:57
Gut, lass uns soweit einigen, daß die stimmungsaufhellende Wirkung wahrscheinlich nicht direkt durch die Umregulierung von alpha- und beta-Rezeptoren ausgelöst wird!
Was die antriebssteigernde Wirkung angeht, das klingt schon wahrscheinlicher!
Und in diesem Punkt könnte auch die Antwort zu deinem Problem stecken: Es gibt nunmal in der großen Gruppe der trizyklischen Antidepressiva Untergruppen mit verschiedenen Auswirkungen auf den Antrieb!
Die June :-music