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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Cortison in der 30. SW



Studmed1
24.01.2003, 08:35
Hallo,
aufgrund frühzeitiger Wehen und beginnender Öffnung des Muttermundes wird einer sportlichen Erstgebährenden im Alter von 31 Jahren in der 30. Schwangerschaftswoche CORTISON gespritzt, mit dem Hinweis:
Es ist für die Entwicklung der Kindslungen und fürs Ungeborene schädlich. Lediglich für Ihr eigenes Immunssystem ist es beeinträchtigend.

Wer kann mir sagen, was da dran ist?! Möchte gern wissen, mit welchem hintergrund man Cortison spritzt, welche Auswirkungen, etc.

DANKE

P.S: Natürluich wieder alles nur "vorbehaltlich" und aus rein wissenschaftlichen und persönlichen Gründen, ohne irgend jemanden "festzunahgeln". DANKE

June
24.01.2003, 08:59
Bist du sicher, daß du die Aussagen richtig verstanden hast?
Cortison wird einer Frühgebährenden über 1-3 Tage gegeben, um die Reifung der Lungen des Kindes voranzutreiben. Während dieser Zeit müssen die Wehen gehemmt werden.
Das Problem ist folgendes: Das Kind hat zu diesem Zeitpunkt (so bis zur 32.-35. SSW) noch keinen Surfactant gebildet, der die Oberflächenspannung in den Alveolen herabsetzt. Dies ist aber notwendig, um die Entfaltung der Lungen und den Gasaustausch zu gewährleisten.
Kommt ein Kind mit unreifen Lungen zur Welt, wird es eine Atemnot entwickeln, und der hohe Widerstand der nicht vollständig entfalteten Lungen erschwert die reibungslose Umstellung des fetalen Blutkreislaufes auf den eines geborenen Kindes.
Wenn die Cortisongabe nicht über einen ausreichend langen Zeitraum vor der Geburt möglich ist, gibt es immernoch die Möglichkeit, dem Frühchen endotracheal einen Sufactantersatz zu geben.
Die June :-)

Studmed1
24.01.2003, 09:14
Hallo,
ich kann nur das wiedergeben, was die Patientin verlauten ließ.
Die Frage ist dahingehend, ob es schädlich für die Mutter und / oder für das Kind ist, wenn Cortison gegeben wird.
Des weiteren frage ich mich, ob nicht Surfactant schon ab 26.-28. SW ausreichend gebildet wurde?!

Danke vorab

June
24.01.2003, 09:21
ich kann nur das wiedergeben, was die Patientin verlauten ließ.
Natürlich. In dem Fall gehe ich davon aus, daß die Patientin es nicht ganz richtig verstanden hat, was in ihrer Situation ja auch nachvollziehbar ist. Aber es sollte uns als spätere Ärzte daran erinnern, wie die Erklärungen, die wir geben, bei den Patienten teilweise verdreht ankommen.

Die Frage ist dahingehend, ob es schädlich für die Mutter und / oder für das Kind ist, wenn Cortison gegeben wird.
Kortison über einen kurzen Zeitraum gegeben ist auch in hohen Dosen nicht wirklich schädlich. Nebenwirkungen treten hier nur selten auf. Die Mutter braucht sich also keine Sorgen zu machen!
Für das Kind hingegen wäre es extrem schädlich, das Kortison nicht zu geben! Ob es da noch Nebenwirkungen gibt, kann ich dir nicht beantworten. Aber es nicht zu geben hätte schwere pulmonale Auswirkungen zur Folge! Es würde sich auch das Risiko für kardiale Schäden und Hirnblutungen erhöhen, alles also gar kein Spaß!

Des weiteren frage ich mich, ob nicht Surfactant schon ab 26.-28. SW ausreichend gebildet wurde?!
Eine klare Antwort: Nein.

Die June :-music

June
24.01.2003, 11:18
So, hab mich zu dem Thema jetzt noch ein wenig im Buch schlau gemacht!

Die Surfactantbildung beginnt in der 26.-28. SSW. In ausreichendem Maße wird der Surfactant aber erst ab der 35. SSW gebildet.
Wenn ein Frühchen vor der 28. SSW zur Welt kommt, leidet es zu 60-80% unter Surfactantmangel. Je reifer es bei der Geburt ist, desto seltener kommt es zum "Respiratory Distress Syndrom", nach der 37. SSW aber immerhin noch bei 5% aller Neugeborenen.

Neben der Unreife des Kindes kommen als Gründe für Surfactantmangel noch Hypoxie, Azidose, Hypothermie und Infektionen, ein Diabetes mellitus oder Thyroxinmangel der Mutter sowie Aspiration oder Blutungen in der Lunge (hier wird die Wirksamkeit des vorhandenen Surfactants herabgesetzt) in Frage.

Die Aufrechterhaltung des fetalen Kreislaufs durch den hohen Widerstand der Lungen verstärkt die Hypoxie, was der Surfactantbildung auch nicht eben zuträglich ist. Ohne Therapie bilden sich irgendwann hyaline Membranen in den Alveolen, so wie nach einem überstandenen Schock auch! Das ist eine nicht mehr umkehrbare Schädigung der Lunge, die neben einem erschwerten Gasaustausch viele Folgeschäden an Lunge und Herz nach sich zieht!

Die June :-)

hobbes
24.01.2003, 12:13
Mir bleibt nur noch June's Antworten zu bestätigen.

Sanje
24.01.2003, 13:29
Mir auch.

Ich bekam auch in der 28.SSW Cortison, musste aber einen Tag nach der ersten Gabe entbunden werden. Meine Tochter wurde beatmet (allerdings wohl auch wegen anderer Probleme).

Sanje

hobbes
24.01.2003, 16:07
vielleicht noch ergänzend: Cortison wird heute bis zur 34. SSW bei drohender Frühgeburt eingesetzt.