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Dr. Raddatz
25.01.2003, 23:18
Hallo und Salve, allen Medizinstudenten,

die Approbationsordnung steht in der Kritik, und das nicht erst seit heute. Mittlerweile ist das gesamte Gesundheitswesen maligne entartet und bedarf der schnellstmöglichen chirurgischen Intervention. Für mich Grund genug, so ganz nebenbei die gesundheitspolitischen Entscheidungsträger dieses Landes zu attackieren und Verhandlungsgrundlagen für eine radikale Runderneuerung zu schaffen.
Und dabei könnt ihr mir helfen. Die Frage also: Was ist faul an der ApprOrdng (egal, ob alte oder neue)? Ein jeder, der sich angesprochen fühlt, möge max. 5 Punkte der Kritik nennen. Die wichtigsten werden dann in ein Positionspapier eingearbeitet.

Es dankt für die Mitwirkung und für eine bessere Zunkunft
und grüßt in alle Himmelsrichtungen

Dr. Raddatz

Heinz Wäscher
28.01.2003, 11:04
Wir könnten ja ein Volskbegehren starten :-))
Ich würd mitmachen

Jens
28.01.2003, 13:03
Hallo zusammen,
vielleicht seitens der Redaktion ein paar Worte, um den Eingangsbeitrag und die dahinterliegende Motivation etwas näher zu erläutern:

Dr. Raddatz ('Vater des ambulanten Operierens' mit der ersten ambulanten Blinddarm-OP 1989) engagiert sich seit längerem in unterschiedlichen Gremien.

Er wird Mitte Februar in Berlin in Sachen gesundheitspolitischer Aktivitäten auf Experten aus der Gesundheitspolitik treffen und hätte dazu gerne ein studentisches Meinungsbild zur AppOrdng 'im Gepäck gehabt'.

Wie ich Euch einschätze, gibt es sicherlich einige, die bereit sind, diesen Koffer mit einigen Gepäckstücken aus der Sicht von Studierenden zu packen.

Wir sind gespannt auf weitere, durch die Brille eines Studenten betrachteten Gepäckstücke zum Thema 'Neue Approbationsordnung' - nutzt diese Chance.

Viele Grüsse
Jens

Sebastian1
28.01.2003, 16:49
OKay, dann wollen wir mal:

Ich schiesse jetzt ersteinmal aus der Hüfte, ohne die neue AO Punkt für Punkt durchgehen zu wollen. Einen ausführlichen Kommentar zur neuen AO gibt es unter

http://www.approbationsordnung.de

Hier also mal meine "Brainstorming"-Kritik:

- Das AiP. Versprochen wurde vor der Bundestagswahl 1998, im Rahmen der Neugestaltung (oder sagen wir mal: Reformierung....) der ÄAppO die Abschaffung desselben. Bisher bleibt es bei Willenserklärungen, definitiv ist da noch gar nichts.

- Das neue 2. Stex. Kaum jemand wollte die Fragenreduktion, die in letzter Mnute reingerutscht ist. Die neue AO schreibt zu den Staatsexamina vor: Multiple Choice-Verfahren, Fallbeispiele.
Die Reduktion der Fragen bewirkt dabei lediglich eine Reduktion des Umfanges der Prüfung, nicht aber des prübaren Stoffes. Der neue GK2 ist erst in Arbeit. Gefahr ist durch die Verordnung, daß die Fallbeispiele (da eine Frage oder Antwort nicht die Antwort auf eine andere Frage vorwegnehmen darf) nur eine Aneinanderkettung bisher gewohnter IMPP-Fragen werden (wobei die MC-Anweisung in der AO verankert ist und nicht das IMPP als "Schuldigen" trifft), die sich an einem Fall entlanghangeln. Daraus wiederum erwächst, gerade im Hinblick auf die reduzierte Fragenanzahl, die Gefahr, ein schlechtes Ergebnis zu erzielen, wenn man einen Themenkomplex vielleicht weniger gut beherrscht als viele viele andere, weil ein oder zwei Themenkomplexe sehr prüfungsdominant sind.
Ausserdem wird die Möglichkeit, neue (bessere) Prüfungsformen zu nutzen (OSCE, Triple Jump, Portfolio, Osler etc...) nicht gegeben. Zumindest nicht in den Staatsexamina.

- Umsetzbarkeit der Vorschriften in den Kliniken:
Blockpraktika, Querschnittsbereiche, reduzierte Studierendenanzahl am Patientenbett. Alles sehr schöne Vorgaben, aber die Umsetzbarkeit derselben ist und bleibt bisher ein Problem. Wie gut sind sich die Verantwortlichen in den Unikliniken dieser Aufgabe bisher überhaupt bewusst? Meine Befürchtung hierbei ist, daß die ersten Jahrgänge unter Umstellungsproblemen extrem zu leiden haben werden. Wie bringt man den Zuständigen Leuten diese Thematik näher?


Okay, das soll fürs erste reichen, ich würde mich über Feedback freuen.

Gruß,
Sebastian

Heinz Wäscher
29.01.2003, 12:37
Ich weiß,es klingt jetzt sehr naiv,aber es ist mein vollster Ernst:

Warum überdenken Politiker wie Fr Schmidt ihre politischen Entscheidungen nicht?
Warum werden Proteste der Medizinstudenten (vor einem Jahr zB)ignoriert
Es wurde doch für den Vorschlag plädiert,daß eine andere schon überlegte ÄAppO (war von 1993,oder?),besser für die ärztliche Ausbildung sei
Warum wird so was nicht nachgeprüft von Fr Schmidt?
Hätte es denn so starke finanzielle Auswirkungen,wenn diese bessere ÄAppO in Kraft treten würde?
Sollte eine gute Ausbildung nicht überwiegen?

Froschkönig
30.01.2003, 23:26
Im großen und ganzen kann ich mich auf die schnelle (will heißen: Ohne erneutes Studium beider AppOrdnungen) nur Sebastians Ausführungen anschließen.

- Das AiP ist sicher ein wunder Punkt, gerade weil dessen Abschaffung ja "versprochen" wurde...aber versprochen wird auch seit Jahren eine Senkung der Arbeitslosenzahlen....

- Das neue 2. Stex oder auch "Hammerexamen" : Selbst, wenn das irgendwann mal vernünftig geregelt sein sollte, die übergangsjahrgänge werden meines Erachtens ganz sicher darunter zu leiden haben, daß es keine vernünftigen Anhaltspunkte außer den bisherigen Altfragen aus 1 + 2. StEx gibt.

- Seb´s 3. Punkt ist derjenige, welchem der höchste Anteil an täglichem Verdruß zukommt :
Schön ist wie immer die Theorie, aber BedSideTeaching mit 15 Studenten am gleichen Bett ? Da weiß ich nicht mehr, ob ich lachen oder weinen soll !

Dr. Raddatz
30.01.2003, 23:42
Lieber Froschkönig,

Sie machen genau das, was fast alle machen: Sie suchen an einigen Stellen und finden natürlich auch das eine oder andere kritikwürdige. Das führt zu garnichts! Machen Sie's doch mal andersrum. Stellen Sie doch mal das Ganze in Frage. Man sollte übrigens als Arzt (und das ist meine feste Überzeugung) geistig in der Lage sein, Konventionen zu überdenken und Innovationen zuzulassen. Sie werden nämlich irgendwann an einen Behandlungsfall geraten, der Ihnen emotional schwer zu schaffen macht, bei dem Sie feststellen, wie begrenzt Ihre erlernten Mittel sind und wo Sie sich wünschen, etwas einsetzen zu können, was man Ihnen in den ganzen bekloppten 12 Semestern nicht beigebracht hat.
Also frage ich provokativ: Was ist überhaupt das Gute an einer ApprOrdng.? Warum brauchen wir sie? Gibt's nicht vielleicht für die Ausbildung zum Basisarzt - wie bei der Facharztausbildung - andere, sinnvollere Wege? Wege, die sich mehr an dem orientieren, was später auch dem tatsächlichen Berufsbild eines Arztes entspricht?

Denken Sie mal darüber nach. Ich bin ganz sicher, Sie haben das Zeug dazu.

Gruß

Dr. Raddatz

Froschkönig
31.01.2003, 00:13
Also auf ein neues : (Ich krieg grad eh nix mehr in den Schädel)
Ich versuch´s jetzt mal mit Ihrem Ansatz - immernoch in Unkenntnis der genauen Paragraphen der ÄAppO ;-)

Zunächst mal zu Ihren letzten Ausführungen "Warum brauchen wir die AppO?" :
Wir brauchen sie nicht. Aber wir brauchen irgendwas ! Immerhin müssen wir ja eine einheitliche "Basisausbildung" gewährleisten ! Der Facharzt hat seinen OP-Katalog abzuarbeiten etc....der Student hat bisher nur Scheine anzusammeln. Jedoch ist der Scheinbesitz in keinster Weise mit dem selben Ausbildungsstand gleichzusetzen. Ich weiß nicht, ob jährliche Uni-Rankings in Zeitschriften wie Fokus und Co. richtig liegen, aber Fakt ist doch, daß es unterschiede in der Lehre gibt, und das trotz einer bundeseinheitlichen AppO :-???

Unterm Strich kann man also sagen, daß das ausgeklügelte Paragraphenwerk der ÄAppO uns zwar eine Menge Reglementarien und Pflichten auferlegt, uns aber nicht zu gleich-ausgebildeten Ärzten macht. Jeder frischgebackene Arzt, mit dem ich bisher gesprochen habe, hat mir versichert, daß er seine Praxis aus Famulaturen, PJ und AiP hat. Kann das der Sinn eines 12 semestrigen Studiums sein ? Ich glaube nein !

Die große Frage jedoch lautet : Was stattdessen ? Ein Wissenskatalog ? Den gibt´s ja mehr oder weniger schon in Form des GK. Eine Modifizierung desselben bringt also wohl kaum das gewünschte Ergebnis....

Mehr Praxis im Studium ? Das artet dann in 3 Patientenvorstellungen mehr pro Semester und einem Sonographikurs aus (mit dem Kurs wäre allerdings auch schon viel gewonnen...).

So, nun geh ich erstmal in die Heia und warte auf "Nachahmungstäter".

Ich hoffe, dieser Ansatz ist eher in Ihrem Sinne.... :-top

Dr. Raddatz
31.01.2003, 00:19
Hallo noch einmal, Froschkönig,

in der Tat behaupte ich, daß man ein System allein an dessen Effizienz bewerten können muß. Ein vorausgehendes Studium desselben ist weder möglich, noch sinnvoll. Denken Sie mal an das SGB, das nach neuester Überarbeitung über einen Meter breit ist. Niemand, aber auch wirklich niemand auf dieser Welt ist in der Lage, dieses größte, jemals verfaßte Einzelgesetzbuch zu beherrschen. Nicht einmal die Verfasser! So muß man es schon aus dem Mangel an Praktikabilität in Frage stellen, ohne es auch nur aufgeschlagen zu haben.
Ist Ihnen das Mißverhältnis zwischen Ausbildungskriterien (7 Paragraphen) und Prüfungsregularien (33 Paragraphen) in der ApprOrdng aufgefallen und wenn ja, ziehen Sie daraus irgendwelche Schlüsse?

Gruß und Gute Nacht

Dr. Raddatz

Dr. Raddatz
31.01.2003, 00:36
Jawoll Froschkönig,

das klingt schon recht verheißungsvoll!!!!
(da sich unsere letzten Beiträge gekreuzt haben, hier noch schnell das letzte Statement). In der Tat lernt der Mensch mehr vom Kopieren und Irren, als aus der Theorie. "Grau, lieber Freund, ist alle Theorie", dieser Goethe-Satz ist schon einige Jahre alt, aber immer noch richtig. Ich behaupte, Medizin ist mehr ein Lehrberuf als ein akademischer. Demzufolge sollte sich ein Medizinstudent mit der Hälfte seines lexikalen Wissens begnügen (Wen interessiert denn, ob das Dihydroxyacetonphosphat nun aus dem Glycerinaldehyd-3-phosphat stammt oder nicht), statt dessen z.B. 1 Jahr mit einem Assistenten einer 80-100-Betten-Klinik mitlaufen. Es gibt nichts, was diesen Lerneffekt topt.

Gruß

Dr. Raddatz

Sebastian1
31.01.2003, 00:42
Jetzt sind wir also erst einmal dabei, festzustellen, nach welchen Kriterien wir denn wollen und sollen dürfen. Vielleicht ein weniog umständlich, aber nun gut, das öffnet den Blick für neue Betrachtungs- und Herangehensweisen...

Betrachten wir daher einmal, wozu uns das Medizinstudium befähigen soll, das steht nämlich gleich in §1 der neuen ÄAppO:

"(1) Ziel der ärztlichen Ausbildung ist der wissenschaftlich und praktisch in der Medizin ausgebildete Arzt, der zur eigenverantwortlichen und selbständigen ärztlichen Berufsausübung, zur Weiterbildung und zu ständiger Fortbildung befähigt ist. Die Ausbildung soll grundlegende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in allen Fächern vermitteln, die für eine umfassende Gesundheitsversorgung der Bevölkerung erforderlich sind. Die Ausbildung zum Arzt wird auf wissenschaftlicher Grundlage und praxis*- und patientenbezogen durchgeführt. [...]"

Diese Formulierung im Vergleich zur alten ist bereits weiter gefasst und wird es in den einzelnen Ausgführung noch weiter. Was ich damit aber nur kurz andeuten wollte: Ziel ist nicht nur der Arzt, der hinterher im Krankenhaus arbeitet, am patienten, sondern auch der spätere Wissenschaftler, der Medizinjournalist uind viele andere alternative Berufsfelder auch. Ein nicht unwesentlicher Prozentsatz der Absolventen "verschwindet" nicht im klassischen Arztberuf, sondern in diesen Berufsfeldern. Und auch da ist ein großer Teil der Erfahrung, die man benötigt, erst nach dem Studium in seiner jetztigen Form erwerbbar.

Was kann man tun? All diese Berufssparten einzeln definieren und gesondert ausbilden? Wohl kaum. Wieviel Stoff kann man in einem Studium unterbringen, welcher ist relevant? Wie repräsentiert man die einzelnen klinischen Disziplinen in ausreichender Form - genug, aber nicht zu viel? Denn für das, was im Studium zu viel ist, gibt es Fachausbildungen. "Mehr Praxis" wird gefordert, in §1 steht diese drin...ohne zu definieren, wo und wie diese Praxis stattfinden soll. Wollen wir diese Definition? In begrenztem Umfang ja, an anderer Stelle schnürt sie ein (siehe das Beispiel der SGB).
Dann wiederum hapert es bereits jetzt an der Umsetzbarkeit der Vorschriften der neuen AO....vielerorts Fragen sich die Verantwortlichen in den Kliniken, wie Blockpraktika realisiert werden können, maximale Studierendenzahlen am Patientenbett eingehalten werden kömmen etc. etc.

Es kommen spannende Zeiten in einem weiten Feld.

Gruß,
Sebastian

Froschkönig
31.01.2003, 02:01
Original geschrieben von Dr. Raddatz
Wen interessiert denn, ob das Dihydroxyacetonphosphat nun aus dem Glycerinaldehyd-3-phosphat stammt oder nicht

Genau. Oder vielleicht die Prävalenz der Neurofibromatose Recklinghausen im letzten Jahrzehnt in Ungarn...
Die Vorlesungen driften immer mehr und mehr in spitzfindigkeiten und die persönliche Passion der Dozenten ab (1 Semester Chirurgie-Vorlesung....95% Ösophagus-Ca *seufz*, aber wenigstens kenn ich mich jetzt damit aus...hoffentlich kommt nie jemand mit einem Bruch vorbei)

Um oben anzuknüpfen : Den Wissens- oder "Gegenstands"-Katalog gibt es schon. Wie sieht´s denn mit einem "Fähigkeiten"- oder "könnens"- Katalog aus ?

Ich meine, Allen-Test, Lasegúe-Zeichen, Guthrie-Test und OGTT, um nur einige der zahllosen zu nennen, sind spätestens seit dem 1. StEx ständige geistige Begleiter, aber keiner oder kaum einer hat jemals gesehen, wie sowas geht.

- Außer vielleicht während einer Famulatur durch "zufall"

Klar sind meine Beispiele jetzt vielleicht nicht die wichtigsten, aber die "Praktische klinik" beschränkt sich vielfach darauf, einem beizubringen, welches Stethoskop-Ende in die Ohren gehört und welches auf den Patienten.
Ich hatte 45 minuten Sonographiekurs. Das kommt in der universitären Ausbildung zumindest regulär nie wieder. Kann ich jetzt sonographieren ? Wer wird mir das beibringen ???
Ich bin froh, wenn ich erkenne, ob MR oder CT-Aufnahme und welche Organe drauf sind. Was kaputt ist wollen sie wissen ? Haha !

Aber das ist halb so wild. Glauben sie mir ! Dafür weiß ich ja, daß Grapefruitsaft CYP 1A2 hemmt....oder so :-D


Ich könnte die Reihe endlos fortsetzen. Ich verzweifle deswegen zwar nicht, weil die vor mir es auch nicht viel anders hatten, aber dennoch ist das ganze far from beeing perfect, wie es neudeutsch so schön gräßlich heißt.

June
31.01.2003, 05:43
Ich finde es spannend, wie sich diese Diskussion entwickelt hat!
Leider habe ich heute früh nicht sehr viel Zeit, daher erst mal ein Punkt zum Thema Prüfungen, der mir beim Lesen des Vorausgegangenen eingefallen ist:
Wir werden ständig theoretisches Wissen abgeprüft, und manchmal hat man den Eindruck, es werden immer mehr Kolibris abgetestet und immer weniger häufige Krankheitsbilder.
Das Problem, das dahintersteckt, ist verständlich - einerseits - denn dadurch daß Altklausuren in Umlauf geraten, gäbe es ansonsten nach einer gewissen Zeit nur noch Altfragen, vor allem, wenn sich niemand die Mühe macht, neue zu entwerfen.

Warum aber IMMER diese Form der Prüfung?
Wir hatten im Orthopädiepraktikum (neben einer katatstrophalen Klausur) eine kurze praktische Prüfung! Das fand ich ich richtig gut! Wir mußten jeweils an einem Kommilitonen zeigen, daß wir die wichtigsten orthopädischen Untersuchungsmethoden beherrschen und wissen, was sie bedeuten. Ohne diese Prüfung wäre mir vieles davon heute nur noch ein verschwommener Begriff, mit dem ich nicht viel anfangen kann, ohne vorher noch mal kurz was dazu nachgeschlagen zu haben.
Ich muß dazu sagen, daß leider die Vorbereitung auf die Prüfung nicht ideal war, denn wir haben alle Untersuchungsmethoden ein paar Wochen vorher nur einmal gezeigt bekommen und hatten leider im Praktikum keine Gelegenheit, sie anzuwenden.
Aber vom Grundgedanken her... Gerade in den kleinen Fächern könnte man vielleicht eine kurze Prüfung über die wesentlichen und häufigen Krankheitsbilder und eine solche Praktische Prüfung durchführen. Ich glaube, damit wäre viel gewonnen!

Soviel vorerst von mir
Die June :-music

wolfgerke
31.01.2003, 07:41
Wenn man einen Blick über die Grenzen (gar nicht allzu weit) wirft, stellt
man fest, dass es Lernzielkataloge gibt, die erheblich besser beschreiben,
welches Wissen, aber auch welche Fähigkeiten und praktischen Fertigkeiten
ein(e) angehende(r) Ärztin/Arzt am Ende des Studiums haben sollte, als der
"Gegenstandskatalog". Beispiele sind der niederländische "Blueprint" oder
der schweizerische Lernzielkatalog. Die sind zwar auch "far from beeing
perfect" aber ganz gewiss brauchbarer als der Gegenstandskatalog. Die
Dokument sind übrigens z.B. unter
http://www.med.uni-giessen.de/infoweb/intranet/neustudium.html
bei der Uni- Giessen bequem einzusehen.

wolfgang gerke, Zürich

Heinz Wäscher
31.01.2003, 10:50
Wie wäre es,wenn man sich mal etwas vom Krankenpflegeunterricht abschaut...

Zuerst ein Einführungsblock von 5Wochen Theorie
-da gabs zB 2 Tage Theorie und dann 3 Tage Stationsarbeit
-alle 3 Monate ne Rotation der Stationen
-diverse Fächer wurden zusammengenommen,
wäre auch mit Anatomie/Physiologie/Biochemie und Termi/Geschichte etc möglich
-wenn ich schon mal dabei bin,im Stil von POL unterrichtete Fächer
-nen praktischen Arbeitskatalog (Zuerst klein anfangen:Braunüle legen,irgendwann Assistenzaufgaben zB in der Endo,Üben von Röntgenbild-Befunden....)

-zwischendurch mal wieder Theorieblöcke mit bestimmten Themen

Sebastian1
31.01.2003, 11:50
Original geschrieben von wolfgerke
Wenn man einen Blick über die Grenzen (gar nicht allzu weit) wirft, stellt
man fest, dass es Lernzielkataloge gibt, die erheblich besser beschreiben,
welches Wissen, aber auch welche Fähigkeiten und praktischen Fertigkeiten
ein(e) angehende(r) Ärztin/Arzt am Ende des Studiums haben sollte, als der
"Gegenstandskatalog". Beispiele sind der niederländische "Blueprint" oder
der schweizerische Lernzielkatalog. Die sind zwar auch "far from beeing
perfect" aber ganz gewiss brauchbarer als der Gegenstandskatalog. Die
Dokument sind übrigens z.B. unter
http://www.med.uni-giessen.de/infoweb/intranet/neustudium.html
bei der Uni- Giessen bequem einzusehen.

wolfgang gerke, Zürich


Zustimmung.
Vor allem der schweizerische Katalog ist interessant, da er meines Wissens nach auf dem holländiscvhen Blueprint aufbaut und diesen damit weiterentwickelt. Sich mal ein wenig damit auseinanderzusetzen kann ich jedem anraten, der sich für den Bereich der Medical Education interessiert.
"Mehrdimensionalität" sei hier einSchlagwort, welches man bei der Lektüre oder aber auch lediglich dem Überfliegen der Kataloge aus CH und NL im Hinterkopf behalten sollte.

Als einstieg empfiehlt sich vielleicht auch einmal der Besuch der Seiten der med. Fak. der Uni Bern, erreichbar über www.unibe.ch

Gruß,
Sebastian

Sebastian1
31.01.2003, 11:52
Achja, kurze Ergänzung mit weiterem Linktipp:

http://www.iawf.unibe.ch/aae/default.asp

Gruß,
Sebastian

31.01.2003, 12:19
Teilzustimmung;
es ist schon richtig, dass der schweizerlische Lernzielkatalog auf dem niederländischen aufbaut, nur ist die Weiterentwicklung leider auch mit einer Umfangsvemehrung eingergegangen, mit der Folge, dass da (wie eigentlich schon bei der holländischen Version) einfach zu viele Lernziele drinstehen. (Aber es sind immernoch viel weniger als im GK ...)
wolfgerke, zürich

Dr. Raddatz
31.01.2003, 23:44
"... sondern auch der spätere Wissenschaftler, der Medizinjournalist uind viele andere ...", schreibt Sebastian und irrt. Die ApprOrdng will das Ziel der Erhaltung der Volksgesundheit sicherstellen, also Ärzte ausbilden, die dieses staatspolitische Ziel gewährleisten können. Daß sich - heute wie früher - während der Ausbildung Neigungen herauskristallisieren, die diesem definierten Ziel nicht unmittelbar entsprechen, kann und sollte nicht verhindert werden. Die Gesamtsituation wird aber dadurch keineswegs einfacher, daß man jedem jederzeit alles ermöglicht. Wie im richtigen Leben ist häufig der im Vorteil, der sich frühzeitig festlegen kann, und der im Nachteil, der sich erst später für eine Richtung entscheidet. C'est la vie.
Im Ergebnis sollte es aber auch für über 200.000 bundesdeutsche Ärzte Beschäftigung geben.
Kleine Korrektur zur Facharztausbildung: Mit dem vielzitierten Op-Katalog ist es nun wirklich nicht getan. Dabei werden lediglich handwerkliche Fähigkeiten nachgewiesen. Im übrigen überlegen Sie mal: Sie machen als Arzt hoffentlich nur das, was Sie gelernt haben. Das bedeutet aber im Umkehrschluß folgendes: Sie beherrschen eine bestimmte diagnostische Methode z.B. MRT als Radiologe oder Linksherzkatheteruntersuchung als Kardiologe und setzen diese dann natürlich auch ein. Dann wird entweder seitens der KV eine weitere Mengenausweitung verhindert, also Leistungen gekürzt, budgetiert o.a. oder aber auf einem Kardiologenkongreß ein neues Verfahren angepriesen, das die bisherige Methode überflüssig macht. Was dann?

Insgesamt freue ich mich sehr über diese Diskussion und kann nur sagen: Weiter so!

Dr. Raddatz

Sebastian1
01.02.2003, 00:05
Original geschrieben von Dr. Raddatz
"... sondern auch der spätere Wissenschaftler, der Medizinjournalist uind viele andere ...", schreibt Sebastian und irrt. Die ApprOrdng will das Ziel der Erhaltung der Volksgesundheit sicherstellen, also Ärzte ausbilden, die dieses staatspolitische Ziel gewährleisten können.Mea culpa. Hier habe ich den Paragraphen weiter interpretiert, als dieser das zulässt. Ich habe gerade noch einmal genau nachgelesen: Dr. Raddatz hat hier völlig recht.
Das bedeutet aber im Umkehrschluß folgendes: Sie beherrschen eine bestimmte diagnostische Methode z.B. MRT als Radiologe oder Linksherzkatheteruntersuchung als Kardiologe und setzen diese dann natürlich auch ein. Dann wird entweder seitens der KV eine weitere Mengenausweitung verhindert, also Leistungen gekürzt, budgetiert o.a. oder aber auf einem Kardiologenkongreß ein neues Verfahren angepriesen, das die bisherige Methode überflüssig macht. Was dann?Daß die Finanzierung des Gesundheitssystems und die Finanzierung der Ärzte bzw. Krankenhäuser marode ist, stimmt sicher. Oder sagen wir mal: es hängt viel im Argen. Mit den DRGs kommt zumindest (bzw. ist zum 1.1.03 auf vorerst freiwilliger Basis gestartet) eine Veränderung. Ich muss gestehen, daß ich mich bei den DRGs nicht hinreichend auskenne, um beurteilen zu können, ob sie eine verbesserung des "Vorher" sind oder sein werden oder können. Zu Ihrem zweiten Beispiel: Erstens setzt sich ein neues Verfahren nicht von sofort auf gleich um, zweitens ist gerade im Arztberuf ja auch was dran an dem "lebenslangen Lernen". Dann muss sich der betreffende Arzt eben mit der neuen Methode vertraut machen. Wie war das vor ca. 15-20 Jahren denn mit dem Stand der minimalinvasiven Chirurgie? Heute sollte sie zum Repertoire eines jeden Chirurgen gehören, was damals wohl nicht selbstverstädnlich war. Ist sicher nur ein Beispiel von vielen. Auch muss im Rahmen der EBM das eigene Handeln neuen Erkenntnissen ständig angepasst werden. Das mag dem einen gut, dem anderen weniger gut gelingen - Sinn macht es jedoch allemal.

Gruß,
Sebastian