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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Stress oder kein Stress- der Fächervergleich



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mockel83
19.03.2010, 19:34
Mich würde mal interessieren, als wie stressig die einzelnen Fachrichtungen bzw. Spezialisierungsmöglichkeiten von euch eingeschäetzt werden. Wie siehts aus mit Notfällen, stressigen Nachtdiensten usw. usf.. Zum Beispiel dürften Dermatologen ja ein "relativ" stressfreies Leben führen was Dienste angeht, während etwa Neurologen oder Psychiater wesentlich mehr an Akutversorgungen zu leisten haben dürften... . Was meint ihr, welche Fächer stehen ganz oben was den Stressfaktor angeht, welche sind stressfreier?

stennadolny
20.03.2010, 07:53
In der Psychiatrie außerhalb der Unikliniken steigt der Streßfaktor aufgrund des zunehmenden ärztlichen Personalmangels und meist weitgehend fehlender Innovationsfähigkeit der Klinikleitungen (Einsparungen um jeden Preis) in den Diensten sicherlich noch an.

Grund: Zunehmend Psychologen (oder nobody) auf ärztlichen Stellen, die naturgemäß keine Nachtdienste machen können, folgerichtig mehr und mehr Dienste für die Ärzte, denen in manchen Kliniken praktisch nur mehr der "Körperarzt" bleibt. Wegen der Überlastung der Somatiker und der ambulanten Notdienste zunehmend Verzweiflungszuweisungen gerade in den Diensten, deren Management weniger psychiatrisch als allgemeinmedizinisch (ohne entsprechende pflegerische und apparative Infrastruktur) ist.

Und- nicht zu vergessen: Das obligatorische Neurojahr für die Psychiater wegen der teils schlimmen Arbeitsbedingungen in den Neurologien (ebenfalls Ärztemangel, durchaus auch mal Verachtung für den "Psychiater") zwar problemlos zu bekommen, aber eben um einen hohen Preis.

Positiv kann man allerdings in der Psychiatrie bewerten, daß in manchen Kliniken (so z.B. in der Uniklinik ! Ulm, Standort Günzburg) auch schon Assistenzärzte unbegrenzte Verträge bekommen. Den Rest kann man sich allerdings auch dabei denken.

Grundsätzlich gilt: Wer wenig Streß haben möchte, sollte die klinischen Fächer eigentlich ganz meiden.

Espressa
20.03.2010, 14:48
Ich wusste immer schon dass ich auf keinen Fall ein Fach möchte in dem man seine Patienten relativ schnell umbringen kann (IMHO z.B. Anästhesie... vieeel zu unheimlich für mich), sie recht häufig von alleine sterben (Innere), kein "Metzger-Fach" (Chir./Gyn.) und auch keins bei dem ALLES vorkommt (z.B. Pädiatrie).
Bin nach wie vor überzeugt mit Augenheilkunde DAS perfekte Fach gewählt zu haben, das viel größer ist als es scheint (also genug herausfordernd), und sich zudem nach Wunsch sowohl konservativ als auch operativ ausüben lässt.

Und klar - vitale Notfälle gibts äußerst selten :-))

Narcanti
20.03.2010, 16:09
Wie ist es denn mit Radiologie und HNO?
Ausserdem gibt es doch jetzt einen Facharzt für Rehabilitationsmedizin, stell ich mir alles eher unstressig vor ;-)
Anästhesie ist sicher nicht ohne, wie Espressa schon sagt, aber doch auch, an den allermeisten Tagen, relativ stressfrei UND man kann, angeblich, sehr gut in Teilzeit arbeiten.
Was meint ihr?

blanko
20.03.2010, 21:04
HNO kann auch ziemlich stressig sein. Je nach groesse des KH und Personal. Aktuell ziemlich viel stress mangels Kollegen (gleichzeitig OP, Stationsvisited, Verbandsrunden, Aufnahmen, Entlassungen und am besten DRG morgens schon um 9 erledigt haben. Versuche morgens in einer halben stunde vor OP-Beginn irgendwie die Visite fertig zu haben, zwischen den OP's alles andere zu erledigen und wenn ich um 16 Uhr aus dem OP kommen dann den Rest der liegen geblieben ist fertig zu machen, z.B. auch Sonos und Verbaende etc.

Dienste koennen ruhig sein, wenn man mal von der Haeufigkeit naechtlicher Ohrenschmerzen absieht. Aber es kommt auch mal vor dass man 2 Nottracheotomien hat (am besten noch gleichzeitig), Tumorblutungen und Nachblutungen nach Tonsillektomie sind auch immer spassig.

Man sollte HNO nicht unterschaetzen. Aber natuerlich kanns an kleinen Haesern auch ruhiger sein, besonders wenns noch andere Kliniken fuer die Notfallversorgung gibt.

John Silver
20.03.2010, 23:43
Stress besteht nur zum Teil aus exogenen Faktoren. Meine Erfahrung zeigt, dass Stress am Arbeitsplatz hauptsächlich endogenen Faktoren geschuldet ist: unbesetzte Stellen; Stellen, die zwar besetzt sind, aber aufgrund eines Bewerbermangels mit Schwachköpfen, die mehr Probleme verursachen als erledigen; zunehmende Arbeitsverdichtung; gestresste und Frust schiebende Mitarbeiter der Pflege etc.; schlechte Organisation der Arbeitsabläufe; Popolöcher als Vorgesetzte; Popolöcher in der Verwaltung und Personalabteilung, die einem ständig ein X für ein U verkaufen wollen; etc. Wenn eine Klinik bzw. Abteilung diese Probleme zumindest einigermaßen im Griff hat, ist man auch als Chirurg oder Psychiater nicht allzu schlimm gestresst, zumindest meistens. Hat die Abteilung diese Probleme nicht im Griff, kriegt man auch als Pathologe schnell ein Ulkus, obwohl die Patienten allesamt nicht allzu nervig sind.

Thomas24
22.03.2010, 21:10
Stress besteht nur zum Teil aus exogenen Faktoren. Meine Erfahrung zeigt, dass Stress am Arbeitsplatz hauptsächlich endogenen Faktoren geschuldet ist: unbesetzte Stellen; Stellen, die zwar besetzt sind, aber aufgrund eines Bewerbermangels mit Schwachköpfen, die mehr Probleme verursachen als erledigen; zunehmende Arbeitsverdichtung; gestresste und Frust schiebende Mitarbeiter der Pflege etc.; schlechte Organisation der Arbeitsabläufe; Popolöcher als Vorgesetzte; Popolöcher in der Verwaltung und Personalabteilung, die einem ständig ein X für ein U verkaufen wollen; etc. Wenn eine Klinik bzw. Abteilung diese Probleme zumindest einigermaßen im Griff hat, ist man auch als Chirurg oder Psychiater nicht allzu schlimm gestresst, zumindest meistens. Hat die Abteilung diese Probleme nicht im Griff, kriegt man auch als Pathologe schnell ein Ulkus, obwohl die Patienten allesamt nicht allzu nervig sind.

Schöner kann man es nicht sagen:-dafür

Wenn du *gar keinen Stress* aufgrund der o.g. Dinge haben willst, dann müsstest du die klinische Versorgung in der BRD- DRG Realität des Jahres 2010 echt großräumig meiden.

Tapsy
24.03.2010, 19:20
Was ich mich frage: ob es z.B. in der Schweiz besser aussieht??
Ich habe dort ein PJ-Tertial gemacht und die Assistenten hatten eine 52-Stunden-Woche. Hinzu kamen Überstunden, sodass es auch 67-Stunden-Wochen gab. Nicht zu vergessen Französisch- und Italienischsprachige Patienten und behandelnde Ärzte (ich war in Bern)...
Andererseits war das Engagement der Oberärzte sehr gut, was die Ausbildung der Assistenten anging. Man konnte immer hingehen und fragen.
Schlussendlich kommt es anscheinend wirklich auf das Krankenhaus an sich an, sei es in Deutschland, der Schweiz oder sonstwo.

Miss
24.03.2010, 20:24
Anästhesie ist sicher nicht ohne, wie Espressa schon sagt, aber doch auch, an den allermeisten Tagen, relativ stressfrei UND man kann, angeblich, sehr gut in Teilzeit arbeiten.
Was meint ihr?
Man kann in dem Fach definitiv gut in Teilzeit arbeiten, Überstunden fallen auch relativ wenig an, weil das durch Spät- und Bereitschaftsdienst meist gut abgefangen wird.

Wieviel Stress man bei den einzelnen Narkosen hat, hängt definitiv von den Eingriffen ab, von den Patienten, von Deiner Erfahrung, vom Team.

Es gibt ganz entspannte OPs mit Fast-Autopilot-Narkosen.
Bei großen Eingriffen steht man aber definitiv unter Strom und dreht dauernd an kleineren und größeren Rädchen, damit alles läuft, im Dienst hat man auch meist was zu tun, alle möglichen Fachrichtungen hängen einem im Nacken *Wir wollen jetzt sofort operieren, wir sind viel wichtiger als die anderen, wieso geht das denn jetzt nicht sofort* --da wird man zwar auch gelasssener, aber das stresst auch. Sind alle Patienten für den nächsten Tag prämediziert? (nervig!!) Schmerzkonsile...

Im täglichen Betrieb gehts immer nur um Wechselzeiten, schnell, schnell, schnell, keine Zeit verlieren...wann sind Sie im Saal? Warum hat das so lange gedauert??

Aber man hat relativ wenig *anstrengenden* Patientenkontakt. Bitte nicht falsch verstehen, ich mein nicht Patienten im allgemeinen, ich meinen die Patienten, die über Wochen im KH sind, ihren 35. Vacusealwechsel haben, mittlerweile total hospitalisiert und anstrengend sind (ich kann sie ja verstehen), die haben wir höchsten zwei Mal die Woche für 1, 2 Stunden im OP, und nicht wochenlang auf Station (ein Stressfaktor weniger ;-))

Und ich persönlich arbeite noch nicht auf Intensiv, aber das ist eine echte Klopperei, und bestimmt nicht stressfrei.

teletubs
24.03.2010, 20:30
Was ich mich frage: ob es z.B. in der Schweiz besser aussieht??
Ich habe dort ein PJ-Tertial gemacht und die Assistenten hatten eine 52-Stunden-Woche. Hinzu kamen Überstunden, sodass es auch 67-Stunden-Wochen gab.

Da sind aber auch Fortbildungen mit drin! ;-) Aber gut...

Ich denke auch es ist egal, wo du arbeitest...es kommt auf die Umstände an, wie du bist etc.pp
Und Glück spielt auch´ne Rolle :-meinung Es gibt Leute, die ziehen das Chaos magisch an und können nichts dafür! Und es gibt Leute, die haben´nen Lenz...

Aber Teilzeit kann man auch überall arbeiten, sofern es der Arbeitgeber geregelt bekommt. Bei uns auf der Inneren gibt es genügend, die 50% machen.

Fino
24.03.2010, 20:39
HNO kann auch ziemlich stressig sein. Je nach groesse des KH und Personal. Aktuell ziemlich viel stress mangels Kollegen (gleichzeitig OP, Stationsvisited, Verbandsrunden, Aufnahmen, Entlassungen und am besten DRG morgens schon um 9 erledigt haben. Versuche morgens in einer halben stunde vor OP-Beginn irgendwie die Visite fertig zu haben, zwischen den OP's alles andere zu erledigen und wenn ich um 16 Uhr aus dem OP kommen dann den Rest der liegen geblieben ist fertig zu machen, z.B. auch Sonos und Verbaende etc.

Dienste koennen ruhig sein, wenn man mal von der Haeufigkeit naechtlicher Ohrenschmerzen absieht. Aber es kommt auch mal vor dass man 2 Nottracheotomien hat (am besten noch gleichzeitig), Tumorblutungen und Nachblutungen nach Tonsillektomie sind auch immer spassig.

Man sollte HNO nicht unterschaetzen. Aber natuerlich kanns an kleinen Haesern auch ruhiger sein, besonders wenns noch andere Kliniken fuer die Notfallversorgung gibt.

Ich denke, dass bei HNO auch hinzukommt, dass viele Tumoren auf Alkohol- und Nikotinabusus zurueckzufuehren sind mit entsprechenden Folgen fuer die Zusammensetzung des Patientenklientels...:-?

Narcanti
24.03.2010, 21:11
Hm...ein guter Einwand...

also ein Fach, welches
1. stressfrei ist und
2. eine angehnehme Zusammensetzung des Patientenklientels hat

gibt's wohl nicht;-)

Mallory
25.03.2010, 09:48
Was is mit Radio? Oder Labormedizin? Doof nur daß man für Labormedizin auch 1-2 Jahre in der Inneren arbeiten muß soweit ich weiß? Achja und wie ist es mit Derma?

pottmed
25.03.2010, 09:53
Für Labormedizin braucht man ein Jahr Innere, wobei da bis zu 1/2 Jahr aus Pädiatrie angerechnet werden kann.

Lana1
26.03.2010, 15:54
Was ist denn für euch Stress???
Ich finde nichts zu tun zu haben noch viel stressiger als viel zu tun zu haben...

John Silver
26.03.2010, 17:43
Hast Du schon Berufserfahrung, oder stellst Du Dir das nur theoretisch vor?

Lana1
27.03.2010, 14:48
Ich arbeite in der Chirurgie.
Wollte nur wissen was wer stressig findet. Viel Arbeit, keine Betreuung, schwierige Patienten, langweilige Routine usw...

alex1
28.03.2010, 16:41
Strahlentherapie finde ich zur Zeit wenig stressig, was die Arbeitsbelastung angeht. Man hat Zeit sich um die Leute zu kümmern, kann viel mit denen reden und kriegt unheimlich viel positives Feedback von den Patienten (sie sind ja auch schwer krank). Das Fach ist zwar relativ einseitig (90 sind Krebspatienten), allerdings behandelt man von Kopf bis Fuss alle möglichen Tumoren.

Psychisch gibt es definitiv eine Belastung, wenn:
a) Patienten sehr schnell unter/nach Behandlung sterben oder
b) Patienten, die als "kurativ" vor ein paar Monaten zur Behandlung da waren (z.B. adjuvante MammaCa-Bestrahlung) nach 3 Monaten mit infauster Prognose wieder zur Behandlung kommen (multiple Hirnmetastasen).
Kinder bestrahlen kann auch ziemlich unangenehm werden, vor allem wenn diese (glücklicherweise sehr selten) dann auch sterben.

Leelaacoo
28.03.2010, 17:28
Was ich stressig finde:
1. Herumtelefonieren, um Dinge zu organisieren, die eigentlich kein Studium benötigen
2. Tausend Akten auf dem Schreibtisch
3. Die Meinung, dass man als Arzt zum einen für ALLES verantwortlich ist (auch wenn jemand anders das verbockt hat) und zum anderen auch 4 h nach regulärer Arbeitszeit doch mal "kurz" noch ein Gespräch führen soll
4. DRGs, Verweildauern, QS-Bögen (die niemandem etwas bringen und deren Konzeption lächerlich an der Wirklichkeit vorbeigeht)
5. Vorgesetzte, die meinen, dass Weiterbildung schon irgendwie funktioniert, wenn man nur genug Dienste schrubbt

Was mich nicht stresst:
1. Überstunden, weil Patienten instabil sind und man sich kümmern will
2. Überhaupt das meiste, was tatsächlich mit Medizin zu tun hat
3. Der NA-Piepser nachts um 3.40 Uhr, Reanimationen etc.
4. Wichtige (!) Angehörigen- und Patientengespräche, wo man tatsächlich was bewegen kann oder zumindest tröstet
5. Länger bleiben, weil man irgendwas gezeigt bekommt/machen darf, was man noch nicht kann

Ergo: Patientenversorgungsfach in der Akutmedizin ohne Akten/Organistationskram und mit Verständnis anderer Berufsgruppen für das eigene Tun... irgendwie hab ich das Gefühl, dass tatsächlich nur die Anästhesie dem nahekommt...hmmmm...bin wohl falsch, da wo ich bin...
Ist aber alles Ansichtssache...

LG Lee

Espressa
28.03.2010, 17:35
Was ist denn für euch Stress???
Ich finde nichts zu tun zu haben noch viel stressiger als viel zu tun zu haben...

Also wir können jetzt anfangen über Definitionen zu streiten...

Wirklich "nichts zu tun" hat man ja eher selten (wenn überhaupt), und wenig zu tun empfinde ich nicht als stressig. "Langeweile" oder "Unterforderung" treffen es eher. Das ist natürlich auch blöd, dann geht die Zeit ja gar nicht rum. Aber wenn ich wählen könnte, dann nehm ich lieber das als absolutes Ertränken in Arbeit.
Viel Arbeit relativiert sich auch wenn die Zeit nicht so ein entscheidender Faktor ist. Es ist ein Unterschied ob im Wartezimmer zehn Leute mit seit Wochen bestehenden Schmerzen auf ihren Orthopäden warten oder zehn mehr oder weniger vitale Notfälle zusammentrudeln.