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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wie ich gematcht habe



dantheg
07.04.2010, 05:52
Liebe Leute,

endlich ist dieser nervige Match Prozess vorbei und ich kann stolz verkünden dass ich in Kürze als Intern in den USA anfangen werde. Ich will etwas über meine Erfahrungen mit diesem Prozess schreiben, mit etwas Glück wird der eine oder andere damit geholfen. Denn wenn man vor diesem Prozess steht ist man zunächst mal mit vielen Unbekannten konfrontiert. Ich will nicht prahlen oder angeben aber kaum einer redet über die harten Fakten mit denen er sich bewirbt, diese will ich aber gezielt machen um etwas Klarheit in die Unübersichtlichkeit zu bringen.

Ich hatte mich für General Surgery und Internal Medicine beworben. Beides hätten mir zugesagt wobei ich Medicine eher als Sicherheit und Surgery als Wunschfachrichtung gesehen habe. Ich habe jeweils 20 Programme für beide Fachrichtungen angegeben. Meine Auswahl an Programmen war recht wählerisch, also entweder gute Namen oder begehrenswerte Städte an der Nordwest und Nordostküste. Gemieden habe ich die Südwestküste sowie den gesamten Mittlerer Westen und den Süden. Ich habe keine Einladungen für Bewerbungsgespräche in Surgery und insgesamt 5 in Internal Medicine bekommen. Von diesen 5 habe ich 4 in meine Rankliste angegeben und ich wurde in meiner zweiten Wahl gematcht. Das Programm wo ich die nächsten 3 Jahre verbringen werde ist an der University of Massachusetts, ein Uniprogramm der mittleren Kategorie würde ich mal behaupten, aber an einem wenig begehrenswerten Ort (Worcester ... ist definitiv eine strukturschwache Gegend).

Ich hatte mich mit abgeschlossenem ECFMG Zertifikat beworben und meine Scores waren 215 im 1er und 247 im 2er. Meine Empfehlungsschreiben waren etwas durcheinander und ich hatte einen Brief von einem amerikanischen Traumachirurgen, einen von einem deutschen Gynäkologen, einen von einem deutschen Onkologen der aber gleichzeitig amerikanischer Facharzt ist und einen von einer amerikanischen Radiologin. Ich habe nach dem Hammerexamen in Deutschland 2008 eine Postdoc Stelle als Forscher in der Radiologie an der UCSF für ein Jahr angenommen. Meine Publikationsleistungen waren aber zum Zeitpunkt der Bewerbung eher bescheiden - eine Erstauthorschaft und 3 Koauthorenschaften in mittelgradigen radiologischen Journals (Impacts um die 3 jeweils) und ein Paar Präsentationen auf Kongressen.

Es ist in den letzten Paar Jahren immer schwieriger für IMGs geworden in den USA zu matchen. Zum einen scheint die Visumsvergabe nicht unbedingt restriktiver aber auf jeden Fall nerviger geworden zu sein ... was für mich eh keine Rolle gespielt hat da ich US Staatsbürger bin. Aber zum anderen hat man eine wahnsinnig große Konkurrenz mit anderen IMGs, etwa aus Indien. Man kann meistens die Competetiveness eines Programms anhand der Anzahl an IMGs messen - in der Inneren werden die Plätze nur an den besten Programmen mit ausschließlich Amerikanern belegt, an allen anderen kommen ca 50% IMGs zum Einsatz. In der Chirurgie sucht man allerdings lang nach einem IMG in einem Programm ... noch weniger IMGs werden in den richtig kompetetiven Programmen wie Ortho, Radio oder Derm gesichtet.

Sodala ... ich schreib bestimmt in den nächsten Tagen weitere Erfahrungen vom Bewerbungsprozess. Ich wollte nur mal richtige Tatsachen schreiben da man, wie schon gesagt, am Anfang kaum handfestes zum Hören bekommt. Ich seh immer wieder Leute mit mittelmäßigen Bewerbungen die dann in den USA Orthopäden oder Radiologen in New York oder Boston werden wollen ... Realität und Wunschdenken ist teilweise meilenweit voneinander entfernt. Und das mit dem Wettbewerb aus anderen Ländern ist ernst zu nehmen - ich sollte natürlich nicht generalisieren aber irgendwie haben alle Inder die sich hier bewerben wahnsinnig gute Scores. Egal wie letzten Endes die Persönlichkeit dieser Leute ist (ich habe beide Extremen erlebt von saucool bis grottenschlecht), wenn ich als Program Director IMGs habe mit mittelmäßigen Scores und welche mit sehr hohen, wen lade ich zum Interview wohl ein?

Anyways, ich hoffe das hilft zumindest ein Paar Leuten!

mainzer
07.04.2010, 10:08
hey dantheg,

schreib bei gelegenheit doch bitte weiter und mehr....werde mich nach dem HEX wohl auch mit usmle beschäftigen und blicke noch nicht so wirklich durch; super bericht soweit :-top

I-Ti
07.04.2010, 13:43
Dein Bericht wird sicher super hilfreich fuer alle Kollegen mit Zielrichtung USA sein. Mir haben diese Berichte aus dem Forum ungemein geholfen. Ich habe ja hier mein PJ an einer Uni im Sueden der USA verbracht, mit den hiesigen M4s. Einige der M4s mit guten Stats haben in Chirurgie auch nur fuer Prelims gematched - Chirurgie muss wirklich noch ne Nummer kompetitiver gewesen sein dieses Jahr.

Ein Punkt, den ich sehr beeindruckend fand, wenn ich Scores/CVs von anderen IMG-Bewerbern anschaue (die Mehrheit ist eben aus Indien oder China), ist, welchen Aufwand unsere Mitbewerber so treiben. Vorbereitung von 1 Jahr nur fuer Step1 ist die Regel, der Score dann natuerlich 250++. Dann noch nen Jahr fuer die anderen Steps. Viele machen dann noch Forschung in USA, nicht nur ein Jahr, manchmal 5 Jahre. Oft haben die dann auch die GC dank der Forschung, das habe ich immerhin genauso gemacht (mit dem Postdoc zur GC, dann REsidency bewerben). Nicht wenige, der IMGs, die ich hier getroffen habe, haben sich bei 50-100 Programmen beworben (was natuerlich Schweinegeld kostet), was vermutlich eine gute Investition ist. IMGs, die sich fuer Radiologie bewerben, bewerben sich oft fuer alle 100+ Programme.

Aus Deiner und meiner eigenen Erfahrung und auch von den Super Match Erfolgen von Mitschreibern im Aerzteblatt-forum (matched for urology, ortho, ...) kann man schliessen, dass man wirklich die ganze Sache mit einem ausgekluegeltem Game Plan angehen muss - dabei muss man natuerlich wissen, was man da alles bedenken muss. Also warten wir gespannt auf Deine Fortsetzung :-top

GOMER
08.04.2010, 12:33
Zu aller erst mal herzlichen Glückwunsch! Es macht mir viel Mut für meine Zukunft, wenn man erfolgreiche Matchgeschichten von deutschen IMGs hört.
Wenn ich mir Dein Profil so anschaue, denke ich mir aber, daß die Tatsache, daß Du kein Visum brauchst, Dir bestimmt orderntlich in die Karten gespielt hat.
Wahrscheinlich hat I-Ti aber recht, wenn sie schreibt, daß es von Jahr zu Jahr schwerer für uns Ausländer wird, nicht zuletzt, weil unsere Wettbewerber aus Indien alle 99/99 hinlegen. Stellt mich vor die Frage, ob ich Step 2 CK jetzt doch noch vor dem PJ mache, um dann im HEX-Herbst 2011 doch noch ein paar Bewerbungen für den 2012er Match abschicke, auch wenn ich weiß, daß ohne ECFMG Ceritificate die Chancen auf ein Interview eher mau sind.

Nichts desto trotz: Speziell in der Inneren ist für Deutsche auch ein ultra-top tier Programm möglich, man muß sich nur mal die Matchlist des BWH anschauen...

jphphh
08.04.2010, 15:30
Auch in radio haben Leute an harvard med school krankenhäusern gematcht (MGH und BWH). Auch wenns nur einzelfälle sind^^

supafly
08.04.2010, 23:42
Hey Dantheg,

vielen Dank für deinen Bericht. Solche Informationen aus erster Hand sind für uns alle viel wert.

Ich stimme I-Ti völlig zu, dass man ohne guten Game Plan meistens wenig Chancen hat, erfolgreich zu matchen.

Ich mache gerade mein PJ in den USA und ich habe mir schon häufig die Frage gestellt, was Programmdirektoren von ihren Bewerbern verlangen.

Ich denke mittlerweile, dass das vor allem Begeisterung fürs Fach ist und auch wie gut man als Person in das Programm passt.
USMLE Scores sind Grundvoraussetzung, oft auch Forschung wenn das Programm akademisch ausgerichtet ist.

Deine Empfehlungsschreiben scheinen mir etwas durcheinander zu sein. Sind sie eher allgemeiner Art oder hast du dich darin gezielt als ausgezeichneter Kandidat für Chirurgie/Innere beschreiben lassen? Wurden deine LORs in den Interviews angesprochen?

Bist du an den Unis, wo du PJ gemacht hast, zu Interviews eingeladen worden?

Es ist toll, dass du gematcht hast. Nach erfolgreicher Residency stehen dir für dein Fellowship sicher viele Türen offen und du musst nicht für immer in Worcester bleiben, falls es dir da irgendwann nichtmehr gefallen sollte.

flavour
09.04.2010, 23:19
Herzlichen Glückwunsch! Denke aber auch, dass deine US-Staatsangehörigkeit ein Vorteil und deine Publikationen evtl. ein Nachteil waren?
Habe bei meinen Aufenthalten auch erkannt, dass man von den Noten her nur schwer mit Chinesen/Indern konkurrieren kann.
Würde mich auch über Updates freuen.
Habe aber auch realisiert, dass ich nie Intern für Medicine werden könnte, wenn ich eigentlich Gen. Surg. machen will, würde irgendwann durchdrehen.
Viel Erfolg und live the dream!

dantheg
10.04.2010, 21:28
Zeit für Teil 2! Danke für die positive Rückmeldung!

Ich wollte nun etwas über meine Erfahrungen mit der Forschung schreiben. Ich glaube dass viele die sich eine Residency in USA überlegen sich ebenso Gedanken machen davor ein oder zwei Jahre Forschung zu machen um sich hervorzuheben. Meine Beweggründe waren etwas anders - ich habe ein Jahr in der Radio an der UCSF gemacht obwohl ich eigentlich keine Radio machen will. Aber nach dem Examen habe ich auf Anhieb keine coole Stelle in Deutschland bekommen. In der Woche wo ich mehrere Absagen bekommen habe bot mir zufällig meine Doktormutter die an der UCSF ist eine Postdocstelle an und ich habe ja gesagt. Meine Überlegung war wie folgt - San Francisco ist sicher ein netter Ort, in dem Jahr habe ich genug Zeit mich um die Bewerbung zu kümmern und die Forschung kannte ich von der Doktorarbeit, ich konnte damit leben. Und in der Tat war das Jahr ganz gut...

Aber eine Sache habe ich schon gemerkt - Forschung alleine wird zwar von den Profs die in den akademischen Programmen sitzen wahnsinnig hochgelobt. Allerdings müssen die ja auch dafür sorgen dass sie genügend Nachwuchs für ihre Forschungsgruppen bekommen also sind die Empfehlungen die sie aussprechen schon etwas eigennützig. Persönlich muss ich sagen dass der wirkliche Nutzen von Forschung eher niedrig einzustufen ist ... es ist sicher gut zu haben aber kein Program Director wird meiner Meinung nach ein Kandidat zum Interview einladen nur weil er ein Paar Paper draußen hat. Ganz im Gegenteil, es ist eigentlich egal wie viel oder wie wenig man publiziert habe ich das Gefühl. Zum einen erscheinen die Publikationen die man in einem Jahr gemacht zu spät um sie in die Bewerbung überhaupt einbringen zu können. Zum anderen wird bei der Bewerbung von den Mitbewerbern wirklich *alles* mögliche als Forschungsleistung aufgelistet. Es wäre mir peinlich aber wenn Student X ein Poster bei einer uniinternen, abteilungsinternen Veranstaltung präsentiert - schwups ist dass eine Leistung die angegeben wird. Quantität statt Qualität - ich weiß nicht ob Program Directors wirklich den Aufwand betreiben und bei den vielen ausländischen Bewerbern zwischen dem vielen Bullshit und wirkliche Leistung (etwas Artikel in Peer Reviewed Journals) unterscheiden.

Nein, so viel bringt die Forschung nicht meiner Meinung nach. Sicher, wenn man an ein akademisches Program matchen will muss man irgendwas vorweisen aber meistens hat man diesen "Pensum" in der Doktorarbeit schon geschafft. Die Vorteile eines Postdoc Jahres sind ganz andere - man arbeitet mit amerikanischen Ärzten/Professoren zusammen die dann einem Empfehlungsschreiben geben. Was zweifelsohne eine sehr positive Sache ist. Obwohl mal wohl klinisch nicht tätig ist hilft ein Schreiben eines Professors einer klingenden Institution doch sehr. Ein zweiter Aspekt ist eher praktischer Natur - wenn man schon in den USA ist ist es viel einfacher Interviews zu vereinbaren, die womöglich fehlenden Steps zu machen und sich um Lizenzfragestellungen zu kümmern.

glossar2006
11.04.2010, 11:56
wollte langsam mit meiner Bewerbung für Match anfangen.
Hier hab noch eine Frage:

für die Bewerbung als "Residency" in USA muss man eine "the medical student performance evaluation" zu ECFMG Severce zuschicken.

Weiß nicht, gibt es auch entsprechend ähliches, was man von unserer Uni verlangen kann? Wie hast Du damals gemacht?

Vielen Dank im voraus, falls Du kurze Zeit für mich hättest.

Gruß, glossar

Tigerettes15
11.04.2010, 22:55
Ich bin zu meinem Studiendekanat hin und habe denen gesagt was und warum ich das brauche, die meinten ich solle das einfach selbst verfassen und dann drucken sie mir das aus und der Studiendekan hats dann unterschrieben. Ich habe mir aus dem Internet mehrere Bsp und die offizielle Vorlage für die Ami-Unis rausgesucht und daran gehalten. Mein Studiendekanat in Greifswald ist in solchen Belangen wirklich super, helfen schnell und man kriegt alles ruckzuck. Und ich hab die ganz schön genervt...die ganzen Anmeldungen für Steps, transcripts, mspe etc. hatte immer schon nen schlechtes Gewissen, wenn ich mal wieder was brauchte!
Insgesamt glaube ich aber, dass das mspe nicht wirklich so wichtig ist. Wahrscheinlich nach den Scores, Personal Statement und den LOR am unwichtigstens.

dantheg
12.04.2010, 00:19
Ich habe mein MSPE ebenfalls selbst verfasst. Und zu meinem Erstaunen wurde es auch gelesen! Denn während dem Interview haben gleich zwei Leute gemeint das MSPE sei sehr hilfreich gewesen da mein Dekan sehr gut die medizinische Ausbildung in Deutschland zusammengefasst hat. Was ich natürlich sehr schmeichelnd fand - wichtig ist das MSPE sicher nicht aber wenn es kurz und prägnant die Uni vorstellt dann haben die Leute zumindest etwas Ahnung von unserem Studium.

Ich habe Ausschnitte aus meinen Evaluationen und Empfehlungsschreiben eingefügt und am Ende noch meine Performance im Physikum bzw Hammerexamen im Vergleich zu meinen Mitstudenten reingetan - beim IMPP kann man sich die Histogramme holen. In etwas anonymisierter Form habe ich mein MSPE hochgeladen ... vielleicht hilft es dem einen oder anderen (die letzte Grafik wurde aus Dateigrößengründen entfernt).

glossar2006
13.04.2010, 19:35
Vielen Dank, es ist sehr hilfreich.
Wünsche Dir Viel Erfolg in USA.