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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Absolut OT, Grammatik heutzutage



Stromer
12.05.2010, 20:05
Hallo ihr Lieben,

mir ist seit längerem - und nicht nur hier, aufgefallen, dass die Leute bei manchen Sätzen, die (meiner Meinung nach) den Imperativ fordern den Konjugativ verwenden.

Bsp. folgt auf dem Fuße:

Statt: "Gib nicht auf!"
Schreiben die Leute heute: "Gebe nicht auf!"

Statt: "Lies mal auf Seite ..."
Steht da: "Lese mal auf Seite..."

Ich will nicht pedantisch wirken, aber mal ehrlich, das klingt doch total unbeholfen! Habe ich eine Grammatik-Reform verpasst?:-)) Gibt`s den Imperativ nicht mehr!? Und wie gesagt, es fällt mir überall im Internet auf.

lg

Kackbratze
12.05.2010, 21:17
Ey Alder, is nicht so wilt. Hauptsahe alle versten was gemeint ist!

schwarzwald
12.05.2010, 21:19
Lustig finde ich, dass Stromer den Titel "Absolut OT..." nennt, aber es nicht im Offtopic Bereich postet :-))

Kackbratze
12.05.2010, 22:23
Ist ja auch eher was für die allgemeine Corner als wirklich OT.

McBeal
12.05.2010, 22:50
Hallo ihr Lieben,

mir ist seit längerem - und nicht nur hier, aufgefallen, dass die Leute bei manchen Sätzen, die (meiner Meinung nach) den Imperativ fordern den Konjugativ verwenden.

Bsp. folgt auf dem Fuße:

Statt: "Gib nicht auf!"
Schreiben die Leute heute: "Gebe nicht auf!"

Statt: "Lies mal auf Seite ..."
Steht da: "Lese mal auf Seite..."

Ich will nicht pedantisch wirken, aber mal ehrlich, das klingt doch total unbeholfen! Habe ich eine Grammatik-Reform verpasst?:-)) Gibt`s den Imperativ nicht mehr!? Und wie gesagt, es fällt mir überall im Internet auf.

lg

Meiner Meinung nach benutzen die Menschen nicht absichtlich den ersten Konjunktiv (die meisten können sowieso nur noch den zweiten), sondern versuchen, unregemlmäßige Verben wie regelmäßige zu konjugieren. Bei "gehen" z.B. ist der Imperativ ja auch "gehe!"

LG
Ally, die sich auch immer über die zunehmenden Grammatikfehler aufregt

Autolyse
13.05.2010, 11:41
An die Tatsache, dass der Genitiv in der gesprochenen Sprache ausstirbt, da so gut wie jeder sagt "wegen dem" statt "wegen des" oder die Problematik mit Positiv(wie)/Komparativ(als) hat man sich ja schon fast gewöhnt, aber das Aussterben des Nebensatzes mit dem Verb am Satzende, da nach vielen Konjunktionen, insbesondere aber nach weil eigentlich nur noch ein Hauptsatz folgt, fällt noch auf...

Flemingulus
13.05.2010, 12:25
Hallo ihr Lieben,

mir ist seit längerem - und nicht nur hier, aufgefallen, dass die Leute bei manchen Sätzen, die (meiner Meinung nach) den Imperativ fordern den Konjugativ verwenden.


Ist Konjugativ ein Synonym für finite Verbform?

Auf alle Fälle ein interessantes Problem. Für umgangssprachlich gängiger hielte ich aber die Verwendung einer an den Imperativ "angeglichenen" Konjunktiv-Form mit verschlabbertem "-e": "Geb nicht auf!" (gebildet aus "Gebe nicht auf!") anstelle des korrekteren "Gib nicht auf!". Wobei man diese Form aber auch einfach als Angleichung an die Imperativbildung bei schwachen Verben verstehen könnte ("wart(e) auf mich!").

Ich bin aber nicht sicher, ob dass unbedingt ein besonders neues Phänomen der Sprachverwahrlosung sein soll. Letztlich ist ja die Grenze zwischen Imperativ und konjugierten Verbformen sowieso durchaus fließend. In der höflichen Anrede und in Aufforderungsformen der 1. Person Pl. ("Bitte geben Sie nicht auf!" oder "Geben wir doch ehrlich zu, dass usf. !") sind ja (da der Imperativ solche Formen nicht vorsieht) bereits finite Konstruktionen realisiert, die, wenn man das auf die 2. Person Sg. unter Wegfall des Adressaten überträgt, etwas wie in Stromers Beispielen ergeben.

Letztlich ist halt die Erkennbarkeit einer eigenständigen imperativen Form eh nur bei starken Verben gegeben (ich gebe - du gibst usw. => gib!) und die Aussterbetendenz der starken Beugung wird das Imperativ-Problem auf mittlere Sicht ziemlich minimieren.

Und mit dieser tröstlichen Perspektive noch ein paar hübsche Zeilen mit einer paradigmatischen Imperativ-Form eines schwach gebeugten Verbs:

"Warte, warte nur ein Weilchen,
bald kommt Haarmann auch zu dir,
mit dem kleinen Hackebeilchen,
macht er Schabefleisch aus dir."

:-)

Logo
13.05.2010, 12:44
Im angloamerikanischen Raum kann man doch schon seit Jahrzehnten/-hunderten die soz. Herkunft an der Sprache deutlich erkennen... (Cockney als Paradebeispiel)
Warum sollte die Reise hier woanders hin gehen?

Ist aber lustig, das hier im Forum -ähnlich Talkshows- Leute darüber diskutieren, die das selbst eigentlich wenig/kaum betrifft :-)

Ertappe mich beim Diss-Schreiben auch regelmäßig bei kleineren "Sprachlich-grammatikalischen-Schlampereien", die man im Alltag dauerhaft hört und sich unwillkürlich einschleifen... Da muß man sich selbst immer mal ermahnen :-)

Kürzlich habe ich eine ältere SPIEGEL-Ausgabe (90er Jahrgang) in der Hand gehalten. Irgendwie schrieb man damals auch anders - vlt. geschliffener...
Ich muß mal wieder mehr schöne Sachen lesen ;-)

Gruß
LOGO

Schimmelschaf
13.05.2010, 22:49
Ich schreib im Forum auch immer anders und korrigiere meine Fehler weniger. In Deutschprüfungen habe ich fast regelmässig 0 Fehler.
Im Internet lasse ich meine Gedanken vermutlich noch mehr schweifen und baue irgendwas irgendwie ein, aber eigentlich sollte man sich überall gleich viel Mühe geben.. Dennoch sollte man doch gewisse Grundlagen beherrschen. Z.B. heissts desinfizieren und nicht desinfiszieren oder nach "wegen" kommt "dessen" und nicht "dem".
Und ich geh jetzt schlafen, gute Nacht.

angelusmuc
14.05.2010, 09:45
Hallo ihr Lieben,

mir ist seit längerem - und nicht nur hier, aufgefallen, dass die Leute bei manchen Sätzen, die (meiner Meinung nach) den Imperativ fordern den Konjugativ verwenden.

Bsp. folgt auf dem Fuße:

Statt: "Gib nicht auf!"
Schreiben die Leute heute: "Gebe nicht auf!"

Statt: "Lies mal auf Seite ..."
Steht da: "Lese mal auf Seite..."

Ich will nicht pedantisch wirken, aber mal ehrlich, das klingt doch total unbeholfen! Habe ich eine Grammatik-Reform verpasst?:-)) Gibt`s den Imperativ nicht mehr!? Und wie gesagt, es fällt mir überall im Internet auf.

lg

Im Internet ist es mir eigentlich ziemlich egal wie ich schreibe (Grammatik/Rechtschreibung).

Wenn ich mir in der Schule die Berichte durchlese, dann wundert mich eh nix mehr :-((

Hoppla-Daisy
14.05.2010, 09:57
Also mir ist es gar nicht egal, wie ich in Foren schreibe. Da schreibe ich genauso (in der Regel, es sei denn, es ist beabsichtigt "anders" ;-)), wie ich auch sonst schreibe.

Ich bin nämlich der Meinung bzw. habe die Befürchtung, dass sich sonst ein Schlendrian einschleicht mit der Zeit, und ich irgendwann nur noch "foren-sisch" schreibe ;-).

Im übrigen sehe ich das bei meiner Pubertistin, dass das durchaus eine gerechtfertigte Befürchtung ist. Sie muss auch stets und ständig ermahnt werden, "normal" zu schreiben. Nur blöd, wenn "alle so schreiben" *seufz*.

Schimmelschaf
14.05.2010, 13:26
Ich bin nämlich der Meinung bzw. habe die Befürchtung, dass sich sonst ein Schlendrian einschleicht mit der Zeit, und ich irgendwann nur noch "foren-sisch" schreibe ;-).

Im übrigen sehe ich das bei meiner Pubertistin, dass das durchaus eine gerechtfertigte Befürchtung ist. Sie muss auch stets und ständig ermahnt werden, "normal" zu schreiben. Nur blöd, wenn "alle so schreiben" *seufz*.

Ist so ist so ist so!

Bei mir haben sich auch schon Unmengen an Fehlern durch diese faule Schreibweise eingeschlichen.
Jetzt habe ich mich halt dazu gezwungen Briefe an meine Oma zu schreiben
(und die ist sehr gut in der deutschen Grammatik unterwegs, bekomme dann immer einen drohenden Zeigefinger durchs Telefon, wenn etwas Simples nicht richtig geschrieben wurde) oder mehr Mails zu schreiben statt zu chatten. Und natürlich viele (deutsche) Bücher aufmerksam lesen.
Mittlerweile kann ich mit dem "ey, alta mann, voll gail ne?" absolut gar nichts mehr anfangen. Dafür schreibe ich halt ab und zu so eine Art hochdeutsches Schweizerdeutsch :-))

Inelein
15.05.2010, 12:22
Ich finde es normal, dass sich eine Sprache mit der Zeit weiterentwickelt. Das ist ein ganz natürlicher Vorgang, selbstverständlich kann man damit nicht jeden groben Schnitzer entschuldigen, aber gerade bei wenn es um starke/schwache Verben geht ist eine Angleichung mMn verständlich (obwohl mir gerade dieses "gebe" auch schon negativ aufgefallen ist). Das Genitiv-/Dativproblem ist der nächste Fall, ich habe mich doch tatsächlich schon dabei erwischt, wie ich mich nach einem "wegen" geradezu zwingen musste das nachfolgende Nomen im Genitiv zu schreiben, hat sich im Vergleich zum Dativ einfach falsch angehört, so pervers das auch bei näherem Nachdenken ist. Ich kenne kaum jemanden, der diese Dinge noch anders spricht, ganz unabhängig vom Bildungsniveau, und wenn man genug darauf konditioniert wird nimmt man es dann auch irgendwann selbst an.
Lustig im Zusammenhang mit dem Sinn des Threads finde ich allerdings "Konjugativ", selbst als ehemalige Latein-Lklerin ist mir dieser Ausdruck noch nicht untergekommen;-)

Recall8
09.06.2010, 21:53
In D gibt es hunderte von verschiedenen Dialekten.
In meinem "Heimatdialekt" gibt es z.B. kein Präteritum.
Versuchen die Leute "hochdeutsch" zu reden und zu schreiben, wird auch da die Vergangenheitsform ausgelassen. Das Beispiel soll verdeutlichen, dass das nicht
zwangsweise Dummheit ist, sondern einfach durch regionale Unterschiede erklärt werden könnte.
Ich persönlich finde es nicht schlimm.

Ophtalmoplegie
10.06.2010, 08:17
Hier bei uns in der Gegend ganz beliebt - derart falsche Satzkonstruktionen, dass sich einem alles aufrollt... :-oopss

"Ich geh noch schnell nachm Aldi hin"
"hier hab ich sie ihre Sachen mitgebracht" (die Kleidung der Tochter...)

usw.usw.

:-sleppy

Distress Misstress
10.06.2010, 13:52
Scheiss Grammatik hin oder her. Der Genetiv ist besser ignorierbar als ihn in einer allgemein beschränkten Schrottsprache verkrampft zu nutzen. Ich finde es viel ätzender, wenn sich sprachlich und auch sonst Beschränkte auf den faktisch korrekt gebauchten Genitiv stürzen. Und am allerbesten dann auch noch ganz oft. Man ist zwar kosmopolitisch, wenn auch nicht sehr, aber viel mehr heimatverbunden und liebt die Teutsche Sprach. :-kotz

Naja. Vielleicht seh ich das als Nicht-Deutschmuttersprachlerin und Ex-Deutsch-LKlerin zu streng (oder auch zu lasch in Bezug auf Grammatik), aber ich finde, mit einer schönen Lexik und allgemeiner sprachlicher Flexibilität kann man die (kaum noch beseitigbaren) Grammatikfehler im Sprachgebrauch wettmachen.

Zum mündlichen Spachgebrauch: Ich zum Beispiel hasse es, wenn Leute keine klaren Ansagen machen können. Sowohl vom Typ her (schüchtern, kein Selbstbewusstsein, bla) als auch wegen des Überflusses an Milliarden 'Ich habe kein Selbstbewusstsein'-Füllzeug wie quasi, sozusagen, in dem Sinne, eigentlich, also, wäre, würde, hätte gerne. Verdammte ********, wenn ich etwas verlange, dann möchte ich es nicht, sondern ich will es. (Okay, das sind vielleicht so persönliche Feinheiten.)

Und wenn man schon quasi und eigentlich benutzt, dann sollte man bitte etwas mehr Sicherheit folgen lassen. Und nicht: "Eventuell würde er das ja gerne machen, wenn man mehr entgegen kommen würde." Ich habs dann lieber etwas dichter und nehme Nominalisierungen gern hin. "Mit Entgegenkommen würde er es eventuell auch machen".

Was das Schreiben angeht, hat Daisy meiner Meinung nach vollkommen recht. Ebenso wie ich schon spüre, wie mein Gehirn schrumpft, wenn ich ganz viel ganz üble und schlechte Werbung im TV sehe (wenn ich mich denn aufgrund orgasmatischer Langeweile mal vor die Glotze zerren kann), so schreibt man vielleicht auch beschissener, je mehr man denkt 'Ach, is nurn Forum'. :-) Also lese ich mir meine dummen Beiträge lieber nochmal durch, bevor ich auf 'Antworten' klicke, um euch Lesern nicht noch weniger als schlechte Unterhaltung zu bieten.

Und im Forum ist es mir dann auch egal, ob jemand voll schön schreibt. Solange man es noch lesen kann, wie das AdH in Tortillatown war, ist alles ok :-)

(Hah, wenn in diesem Beitrag mal keine Fehler drin sind... :-)) Es ist Sommer und ich bin fertig!)