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Rugger
06.02.2003, 08:41
Die Amis gehen mir auf den Sack...

Was sich die werten Vereinigten Staaten unter der Führung des texanischen Cowboys im Moment so leisten, geht auf keine Kuhhaut mehr. Erst Rumsfelds "Altes Europa" - Kommentar, dann die äußerst dürftigen "(Multimedia-) Beweise" im Weltsicherheitsrat und jetzt erneut unser Spezi Rumsfeld, der uns locker-flockig mal so eben auf die gleiche Stufe wie Lybien & Cuba stellt (weitere Infos hier (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,233912,00.html) bei Spiegel Online (http://www.spiegel.de)). Mal ganz unabhängig von der inhaltlichen Diskussion, ob eine Intervention im Irak richtig oder falsch wäre (das wurde ja auch schon ausführlich an anderer Stelle diskutiert), finde ich es erschreckend, daß es wohl nur noch eine einzigst richtige und gültige Meinung gibt: die der US- Regierung. Anscheinend sehen sich die Amis als die Sonne im Planetensystem der Staaten (und vor allem auch der NATO), und alle anderen Länder höchstens als unbedeutende Satelliten - ähnlich wie früher das alte Rom oder in jüngerer Vergangenheit die Sowjets...
Nur weil man manche Dinge differenzierter, oder besser gesagt, nicht ganz so kriegerisch sieht, wird man gleich auf die gleiche Stufe wie Unrechtsstaaten a la Lybien gestellt. Was ist denn das für eine (diplomatische) Diskussionskultur? Aber naja, man ist auf der anderen Seite des Atlantiks wohl noch nicht mal mehr gewillt, abweichenden Ansichten zumindestens Gehör zu schenken... Irgendwie bin ich allein aus diesem Grund froh, daß sich unsere Regierung nicht in ihrem "Nein- zum Krieg- Kurs" beiiren lässt - auch wenn zu befürchten steht, daß wir bald auch auf der Liste der Unrechtsstaaten stehen und mit einer "Intervention" rechnen müssen... In diesem Zusammenhang bin ich in gewissem Maße schon stolz darauf, ein "Alter Europäer" zu sein!
Dies alles war zwar schon nach 9/11 und Bushs "wer nicht für uns ist, ist gegen uns" - Erklärung zu erwarten, aber daß es dermaßen krass wird, erstaunt mich doch schon. Viel mehr aber noch, daß es keinem der dortigen Herren auffällt, daß ein derartiger Kurs offensichtlich zum Scheitern verurteilt ist ...

Ein frustrierter
Rugger

Gaja
06.02.2003, 09:07
Ich bin auch immer wieder bestürzt was da für Kommentare so über den Atlantik kömmen. Deutschland auf die gleiche Achse wie Lybien und Cuba zu stellen toppt bisher alles .... Man scheint nur dann ein freundschaftliches Verhältnis mit den USA zu haben, wenn man bedingungslos ihrem Kurs folgt, tut man das nicht, gehört man gleich zur Achse des Bösen :-(. Hoffe unsere Regierung steht weiterhin zu ihrem Nein !

Rugger
06.02.2003, 09:10
Übrigens:
sehr gut wird die Kritik hier (http://www.ubuntu.org/comunicat/index.php?id=irak&lg=eng), auf den Seiten von UBUNTU - World Forum of Cicil Society Networks (http://www.ubuntu.org/) formuliert (ebenfalls gefunden bei Spiegel Online (http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,233794,00.html)).
Könnte ich auch so unterschreiben.

Rugger

Froschkönig
06.02.2003, 10:47
Dazu kann ich nur sagen :

Ich kann gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte !

Lion
06.02.2003, 10:54
Erinnert mich daran was meine Oma ziemlich oft über den 2. WW gesagt hat: Die Ami's waren die Russen mit Bügelfalte.

Also mir platzt langsam auch der Kragen.

Rico
06.02.2003, 11:55
Was Rumsfeld da losläßt ist zwar sicherlich nicht die Krone der Diplomatie - hiermit stellt er sich auf eine Stufe in der Nähe unseres Kanzlers Gerhard-"unbedachte Äußerung" Schröder.

Der hat ja mit seinen Absolutaussagen von "uneingeschränkter Solidarität" und "egal was wir sagen: Nein!" schon öfters mal gezeigt, daß er nicht wirklich zuende denkt, was er da sagt.

Unbedacht an dem kathegorischen Nein war nämlich, daß man Deutschland somit de facto wirklich in Bezug auf diese Frage im Lager der absoluten Irak-Kriegsgegner wie Kuba und Lybien suchen muß und nicht in einer flexiblen Stellung wie z.B. Frankreich.

Ferner sollte man das nicht überbewerten. Schließlich hat Rumsfeld (wenn man Spiegel-online glauben darf) nur von einer Übereinstimmung zwischen Deutschland und Kuba, etc.. in Bezug auf die Irakfrage gesprochen, von einem Vergleich mit einem Unrechtsregime, auf den Rugger hinauswollte war nicht die Rede:

"Dann gibt es noch drei oder vier Länder, die gesagt habe, sie würden gar nichts tun", sagte Rumsfeld. "Ich denke, Libyen, Kuba und Deutschland sind diejenigen, die angedeutet haben, sie würden in keiner Beziehung helfen." Wer sagt: "In Schleswig-Hollstein hat's grad Wetter wie in der Karibik", der vergleicht ja auch nicht die Regierung in Kiel mit den MickyMausdemokartien und Dikaturen in der Karibik...

Letzlich kann es Deutschland ja völlig Wurscht sein, wer noch der gleichen Meinung ist, denn wenn man der richtigen Meinung ist, dann wird die ja nicht die falsche, bloß weil zwielichtige Gestalten der gleichen Meinung sind.
Wenn beispielsweise morgen die NDP sich gegen den Krieg im Irak aussprechen würde, wäre das ja wohl auch kein Grund, für die Regierung von der Position abzuweichen.
Was ist also schlimm daran, daß wir in der Irakfrage mit Kuba einer Meinung sind?
Aber naja, man ist auf der anderen Seite des Atlantiks wohl noch nicht mal mehr gewillt, abweichenden Ansichten zumindestens Gehör zu schenken... Ob das wirklich so ist, wage ich ja mal zu bezweifeln, andererseits: Wieso sollten sie auch? Immerhin ist es Deutschland, das sich keine Argumente aus Amiland anhören möchte, die von der Antikriegslinie abweichen. Und nachdem ja von dieser Seite des Atlantiks schon die "Neins" über den Ozean donnern, bevor die Amis ihre Resolutionen eingereicht und ihre Beweise vorgezeigt haben.... Denn wie immer man sie auch bewertet, wenigstens anschaun und anhören hätte man sie sich ja können, bevor man kathegorische Neins abläßt.
Daß mir das als Ami stinken würde, kann ich gut verstehen...

airmaria
06.02.2003, 12:00
Sehr schönes Ding Rico! Ich bin begeistert!

"Mary" airmaria

Froschkönig
06.02.2003, 12:05
Original geschrieben von Rico
Ferner sollte man das nicht überbewerten. Schließlich hat Rumsfeld (wenn man Spiegel-online glauben darf) nur von einer Übereinstimmung zwischen Deutschland und Kuba, etc.. in Bezug auf die Irakfrage gesprochen, von einem Vergleich mit einem Unrechtsregime, auf den Rugger hinauswollte war nicht die Rede

So ? IN DIESER BEZIEHUNG ? Wieso dürfen WIR dann nicht in einer völlig un-nationalsozialistischen Beziehung Bush´s außenpolitische Kniffe mit denen von Hitler vergleichen ? Siehe Däubler-Gmelin ? Schließlich macht die Aussage, er würde einen Kniff anwenden, den Hitler auch angewendet hat Bush weder zum Nazi, Antisemiten oder Völkermörder....aber wahrscheinlich ist die Antwort einfacher. Wir dürfen nix, er darf alles.....

Rico
06.02.2003, 13:54
Also erstmal sind Vergleiche mit dem dritten Reich im allgemeinen und Hitler im speziellen ein ziemlich kompliziertes Kapitel.
Denn im Bewußtsein der Bevölkerung sind Hitler & Consorten untrennbar mit den Greultaten und Verbrechen des Krieges verbunden.
Ein Beispiel:
Die Verbrechensrate (im Sinne der üblichen Verbrechen, wie Raub, Überfall, nichtpolitischer Mord, etc...) während des dritten Reichs war extrem niedrig.
Trotzdem würde sich heute kein Polizeipräsident oder Innenminister zu dem Statement hinreißen lassen, er strebe eine Verbrechensrate wie im dritten Reich an, auch wenn das von den nackten, nüchternen Zahlen dahinter sicherlich wünschenswert wäre (meinetwegen 3 Vergewaltigungen pro Woche in Berlin statt 30 [willkürliche Zahlen als Beispiel]).

Analog dazu das vielseits beliebte Mittel von Staatsoberhäuptern, mit außenpolitischen Bedrohungen von innenpolitischen Problemen abzulenken. Auch wenn es sachlich richtig ist, daß Hitler das getan hat, so liegt bei dem Vergleich im Bewußtsein der Bevölkerung nicht dieser Sachverhalt im Vordergrund, sondern es impliziert eine Wiederholung der Verbrechen dieser Politik damals in ihren bis dahin und seither ungekannten Außmaßen durch die Politik Bushs... deshalb war dieser Vergleich (und mit ihm die Ministerin) nicht tragbar.
Würde heute einer sagen: "Bush lenkt so von innenpolitischen Schwierigkeiten ab; das macht unser Kanzler im Wahlkampf auch so" (wirklich ohne hier einen indirekten Vergleich zurück mit Hitler führen zu wollen!!), das wäre lange nicht so ein Affront gewesen!

Also: Grundsätzlich dürfen wir natürlich alle dasselbe - aber der Ton macht die Musik.

Froschkönig
06.02.2003, 14:06
Original geschrieben von Rico
Also: Grundsätzlich dürfen wir natürlich alle dasselbe - aber der Ton macht die Musik.

Danke für die ausführlichen Erläuterungen. Aber natürlich ist auch mir bewußt, daß vergleiche mit Hitler immer Problematisch sind, weil sich in unseren Köpfen dabei ganz andere Szenarien abspielen.... jedoch hast Du es sehr schön kurz Ausgedrückt :

Der Ton macht die Musik ! Und Rumsfeld´s ton ist bestenfalls ein Reifenquietschen ! Egal, wie schön ich mir das mit den abstrahierten Vergleichen auf isolierten politischen Gebieten rede :
Ich finde es eine ausgemachte UNVERSCHÄMTHEIT !

:-meinung

Alles wird gut
06.02.2003, 14:20
Original geschrieben von Rico
Immerhin ist es Deutschland, das sich keine Argumente aus Amiland anhören möchte, die von der Antikriegslinie abweichen.

Hab ja die Sache schon ein bisschen mitverfolgt, aber das muss mir entgangen sein...
Was für Argumente gab's denn bisher ausser "Ich will aber!" !?
Und komm mir bitte nicht mit der schlechten Situation der Frauen im Irak!
Der Kommentar von Rumsfeld war nicht nur unbedacht rausgerutscht- ich glaube schon, dass der genau wusste, was er sagt!
Mit Aussagen und Verhalten nach dem Motto "wer nicht für uns ist, ist gegen uns" stellt sich schon auf eine Stufe mit Hitler- zumindest was die Ideologie angeht! ...das heisst ja dann noch nicht zwingend, dass dem auch ein neuer Holocaust folgt...

Rico
06.02.2003, 14:26
@ frosch:
Klar. Wie ich oben ja auch schon geschrieben hab ist es wirklich nicht der feine Ton, was Rumsfeld da losläßt, aber von einer neutralen Warte aus betrachtet war er nicht derjenige, der mit den Unverschämtheiten angefangen hat:

Freund Schröder war es nämlich, der mit seinem "Nein" dem Bündispartner (der sich nach Schröders "uneingeschränkter Solitarität" der deutschen Unterstützung wohl nicht ganz grundlos sicher glaubte) in den Rücken viel (wobei ich hier keine Dolchstoßlegende aufbauen möchte!).
Und schlimmer noch: Diese Kunde erreichte Amerika nicht, wie es "unter Freunden" üblich ist per Telefon oder Botschafter, sondern eher, wie es unter zerstrittenen (promineten) Eheleuten üblich ist, nämlich per Presse.
Dazu kommt eben noch die Vorgeschichte mit Däubler-Gmelin und den Äußerungen des Bundestagswahlkampfs...

Und daß diese schallende Ohrfeige, die die Regierung den USA da verpaßt hat nicht unerwiedert bleibt, das überrascht mich jedenfalls nicht!

Immerhin hat Ari Fleischer (als "Stimme" Bushs) kürzlich (zwischen den beiden Rumsfeld-Statements) auf die Frage, ob Deutschland wegen den "Neins" als Feind betrachtet werde, da ja Bush gemeint habe "wer nicht für uns ist, ist gegen uns", geantwortet, daß Deutschland immer noch als Freund und Verbündeter angesehen wird.
Eine Auffassung, die man vice-versa hierzulande gelegentlich schonmal suchen muß, wenn man hört, wie grüne (Regierungs-)Mitglieder zu diversen Anti-USA-Demos aufrufen...
Deshalb vielleicht das etwas verstimmte Quiteschen von jenseits des Atlantik.

Froschkönig
06.02.2003, 14:35
Schröders "uneingeschränkte Solidarität"...jaja.

Ich hab mir bei der Aussage damals schon gedacht : uneingeschränkt ? Damit unterschreibst Du aber einen ziemlich mächtigen Blankoscheck, mein Junge !

Ich bin weit davon entfernt, die großteils wählerstimmenheischende Amerikapolitik der SPD für diplomatisch wertvoll zu halten. So gesehen braucht man sich über das "Quitschen" eigentlich nicht zu wundern, jedoch muß ich andererseits auch sagen, daß ich es schon für bedenklich halte, den Bündnispartner durch solch (wie ich ebenfalls meine) gezielte Provokation auf meine Seite zu zwingen weil mir immernoch keine stichhaltigen Argumente eingefallen sind....

Alles wird gut
06.02.2003, 14:45
Uneingeschränkte Solidarität!?!

Bezog sich das nicht eher auf den Zusammensturz zweier Türme!?
(siehe unten)
Von mir aus auch auf das Gefangennehmen von BinLaden, der in Afghanistan vermutet wurde aber auf keinen Fall auf das ein paar Monate später verkündete Vorhaben, den Irak anzugreifen, weil der angeblich noch Massenvernichtungswaffen hat!
Apropos MVW- waren es jetzt nicht die Amis, die auch einen Atomschlag nicht ausgeschlossen haben- ganz große Strategie um ein paar Terroristenführer ohne "Kollateralschäden" zu erledigen! (ich will endlich einen Kopfschüttel-Smilie!)

Froschkönig
06.02.2003, 14:51
Original geschrieben von Alles wird gut
Uneingeschränkte Solidarität!?!

Bezog sich das nicht eher auf den Zusammensturz zweier Türme!?


Tja, das ist dann wieder was für die juristen :-D
Die stehen auf so Wortklauberein und gemachte und nicht-gemachte Einschränkungen.

Ich persönlich glaube, daß Schröder das damals so GEMEINT hat, aber besonders differenziert hat ers ich dabei nun mal leider nicht ausgedrückt. Somit hat ihn die USA irgendwie bei den Eiern :-blush

Rico
06.02.2003, 14:57
Original geschrieben von Alles wird gut
Hab ja die Sache schon ein bisschen mitverfolgt, aber das muss mir entgangen sein...
Was für Argumente gab's denn bisher ausser "Ich will aber!" !? Ist primär völlig egal für die Frage, wie mit Amerika umzugehen ist. Wenigstens abwarten hätte man die Resolution 1441 können, man könnte auf eine 2. Resolution warten....
Was würdest Du sagen, wenn Du für Deine Klasur schon eine 6 kriegst, bevor Du sie abgegeben hast?

Original geschrieben von Alles wird gut
Der Kommentar von Rumsfeld war nicht nur unbedacht rausgerutscht- ich glaube schon, dass der genau wusste, was er sagt! Klar, wußte er natürlich. Die Antwort war nicht diplomatisch, aber genau kalkuliert und durchdacht (Deshalb hab ich oben auch geschrieben "auf eine Stufe in der Nähe unseres Kanzlers" und nicht auf die selbe Stufe) hat dieser Kommentar als Antwort auf den auf der deutschen Regierungsbank unverholen zur Schau getragenen Antiamerikanismus und Antibushismus, genau so gewirkt wie er sollte.

Original geschrieben von Alles wird gut
Mit Aussagen und Verhalten nach dem Motto "wer nicht für uns ist, ist gegen uns" stellt sich schon auf eine Stufe mit Hitler- zumindest was die Ideologie angeht! ...das heisst ja dann noch nicht zwingend, dass dem auch ein neuer Holocaust folgt... Ich hoffe mal, daß Du das nicht ernst gemeint hast, wenn du die amerikanische mit der nazionalsozialistischen Ideologie vergleichst.

Auch das mit dem "wer nicht für uns ist, ist gegen uns" sollte mal nicht überbewertet werden (und erst recht nicht als Analogie auf das Nazi-Motto: "Wer nicht deutsch, ist landet in der Gaskammer" verwendet werden):
Dieser Bush-Ausspruch (aufgrund seiner Absolutheit auch sicherlich nicht eines der besten Beispiele für umsichtiges Politikertum) stammt aus den unmittelbaren Tagen nach dem 11. September, als sich die Welt an die Seite der USA gestellt hat, um gegen den internationalen Terror zu kämpfen. Bei einer so eindeutigen Frage (Terrorismus: dafür oder dagegen?) kann man solche Formulierungen wählen, denn welches Land kann schon hergehen und sagen, sie unterstützen Terroristen? Afghanistan hat (indirekt) - mit bekanntem Ende.
In diesem Zusammenhang wurde diese Aussage gemacht und dort hat sie auch Gültikgeit.

Bei der Irak-Kriegsfrage wurde eine solche Aussage nicht gemacht und ein solche Unterteilung nicht angewendet (s.o. Ari Fleischer).
Im Gegenteil hat Rumsfeld ja persönlich die Welt in 3 "Kathegorien" eingeteilt:
1. Länder die militärisch mitziehen
2. Länder, die nach Saddam Hilfe zum Wiederaufbau angekündigt haben
3. Länder, die gar nichts machen werden.

"Länder, die gegen uns sind" kommen dadrin nicht vor.

hobbes
06.02.2003, 15:14
Wer heute nicht in den Kanon des Anti-Amerikanismus und der kategorischen Bush-Gegner gehört, der stösst an, der ärgert und provoziert. Da ich, so glaube ich wenigstens, eine differenziert pro-Amerikanische Haltung vertrete, bemühe ich mich einmal hier meine Sichtweise so differenziert wie möglich darzulegen.

Bush wollte sich als Präsident der USA bei seiner "Wahl" auf innenpolitische Probleme der USA weitgehend beschränken. Er hat sehr schnell sein Wahlversprechen umgesetzt und eine umfassende Steuersenkung ausgearbeitet, die Bush Regierung will sich für die Limitierung der "class-action"-Sammelklagen einsetzen und die von Clinton versäumten Reformen im Gesundheitswesen vorantreiben. Bush's Haltung betreffend Umweltschutz verurteile auch ich.

Mit dem Sept-11 hat sich die Lage geändert. Bush sah sich von einem Tag auf den anderen mit einer diffusen wiederaufgeflammten Bedrohungslage konfrontiert. Die Bush-Administration kam zum Schluss, dass eine Vergeltungsaktion à la Clinton keinen langfristige Aussicht auf mehr Sicherheit bedeuten würde. Daher entschied man sich zur Zerschlagung dieses internationen Al Kaida Terrorismus und schmiedete sehr schnell und entschlossen an einer internationalen Aktion, welche den Afghanistan Krief, für meine Begriffe, erfolgreich führte.

Und hier beginnt der entscheidende Fehler. Bush glaubt im Zug des "Kampfes gegen den Terrorismus" auch gleich die Problemherde Irak, Israel und Nordkorea sanieren zu können. Dabei kam es zu einer rhetorischen Vermischung von Israel, Palästina, Korea und Irak. Das unsägliche Wort "der Achse des Bösen" wurde kreirt. Das Schlimme daran ist, dass nicht mehr differenziert wird, sondern gestempelt ist good und bad. Das Resultat ist, dass sich die bad guys ideologisch im gleichen Boot wähnen und gemeinsam an Kraft und Macht gewinnen, die Bedrohungskulisse grösser wird. An Stelle der Ausgrenzung und Ächtung von Terrorgruppen wie Al Kaida, wird diese auf gleiche Stufe mit Staaten und Völkern gestellt. Das Resultat ist, dass diese Völker und Staaten mit Al Kaida sympathisieren und vielleicht mehr noch als das. Das ist gefährlich. Die Strategie war falsch.

Trotzdem bin ich überzeugt, dass Saddam und auch Nordkoreas Führung eine beachtliche Bedrohung darstellen und mittelfristig eliminiert werden müssen. Die angewendeten Mittel und die Rhetorik allerdings waren falsch. Bush's Idee ist, mit einem demokratischen Irak und einem zu schaffenden Palästineaserstaat, der wohl nach den Vorstellung Sharons gebildet werden soll, den nahen Osten zu stabilisieren und Israel zu schützen. Sharon bestimmt weitgehend die US-Aussenpolitik. Und Sharon ist ein egozentrischer israelischer Patriot.
Ob der Plan von Bush aufgeht, weiss ich nicht. Es ist gut möglich, jedoch ist auch eine geopolitische Katastrophe mit einer grössen Anti-Amerika Allianz denkbar.

Heute aber gibt es kein Zurück mehr. Die Positionen sind festgefahren. Die USA müssen den Irak Krieg führen, weil ansonsten Saddam und mit ihm alle islamistischen Radikalisten und Terroristenführer triumphieren und immensen Zulauf erfahren. Sie hätten, nach der voreiligen Provokation, freie Hand sich zu organisieren und unkontrolliert aufzurüsten. Die Bedrohung wäre zu gross.
Die Strategie von Bush und Blair hat gar nie Spielraum für andere, als die kriegerische Lösung, geboten.

Nun noch ein Wort zu Deutschland:
Schröder hat seinen Wahlkampf mit dezidiertem Antiamerikanismus gewonnen. Seine Regierung hat Bush mit Hitler verglichen, Schröder hat in Hessen abermals einen Wahlkampf mit Anti-Bush Parolen gewinnen wollen, ein Eigentor wie wir heute wissen.
Bush und Schröder sind sich sehr ähnlich. Beide sind sehr sturr und undifferenziert. Der Ton der über den Atlantik weht, ist gegenseitig frostig und verbittert. Beides ist gleichermassen "not very helpfull".

Der gescheuerte undifferenzierte Antiamerikanismus und Anti-Bush-ismus jedoch halte ich für dumm und gefährlich. Welchen Sinn hat es, dass sich die westliche Welt auseinanderlebt? Sind wir nicht alle von der gleichen Wurzel, wir "alten" Europäer und sie die "neuen Amerikaner"? So unterschiedlich ist die USA und Europa gar nicht!

Rico
06.02.2003, 15:34
:-dafür Genau, hobbes, meine Rede.... :-top

airmaria
06.02.2003, 16:59
Original geschrieben von Froschkönig

Der Ton macht die Musik ! Und Rumsfeld´s ton ist bestenfalls ein Reifenquietschen ! Egal, wie schön ich mir das mit den abstrahierten Vergleichen auf isolierten politischen Gebieten rede :
Ich finde es eine ausgemachte UNVERSCHÄMTHEIT !


Nö, ich habe mir heute mehrmals die Aussage angehört: es ist eine nüchterne Aufzählung, wer nich dabei ist.
Und mit diesem klaren undifferenzierten Nein Schröders, welches auch starrköpfig bereits vor Darlegung weiterer Argumente zementiert wurde, hat sich Deutschland eben außenpolitisch ins Abseits gestellt.

Für dieses unreife Verhalten sehen die Amis und andere Schröder mit samt seinem Lügenkabinett als Wurst an und verhalten sich dementsprechend... in meinen Augen zurecht!

Sollte sich die angespannte Lage rund um den Irak und Saddam noch irgendwie "diplomatisch" lösen lassen, ist dies mit Sicherheit dann kein Erfolg von irgendwelchen Friedensdemos oder Peacegeschwafel, sondern hauptsächlich die bedrohende und abschreckende Wirkung der Amis!

Ein Prinzip, welches uns übrigens über 40 Jahre lang Frieden im "kalten Krieg" beschert hat, falls sich noch jemand daran erinnert.
Dazu gehören eben auch z.B. Androhungen gegebenenfalls Massenvernichtungswaffen und ähnliches einzusetzen... aber Taktik in solch komplexen Sachen versteht wohl kaum einer noch. Der gemeine Mensch hört "Atom..." oder "Streubombe" oder was auch immer und ist gleich elektrisiert, ohne zu wissen, worum es geht.

"Mary" airmaria

Rugger
06.02.2003, 17:28
Also:
1) Rumsfeld wusste genau, was er sagt und welche Wirkung er damit erziehlt. Immerhin ist gute Mann seit über 30 Jahren Spitzenpolitiker. De Fakto mag er zwar recht haben, die Message, die kommuniziert werden sollte, ist jedoch anders gelagert, unangebracht und eindeutig. Und wie der Könich so treffend sagte, ist es schon bedenklich, wenn den USA nichts als eine geziehlte Provokation bleibt, um zu versuchen, daß Deutschland wieder treu an seiner Seite steht, damit eine Spaltung der Bündnisse vermieden werden kann. Von Argumenten kann man ja nun wirklich nicht reden. Und da kann man sich dann zurecht drüber ärgern - insbesondere in diesem Fall!!!
2) Von wegen Argumente hören / nicht hören: sicher sind "Beweise" schon vor der Öffentlichmachung in Geheimdienst- und Regierungskreisen bekannt. Insofern war der deutschen Regierung natürlich bewusst, daß die USA im Weltsicherheitsrat keine Fakten vorlegen würden, die eine sofortige Intervention rechtfertigen würden. Desweiteren fordern ja nicht nur die Deutschen, sondern zB auch die Russen und Chinesen als ständige Mitglieder des Weltsicherheitsrates zumindest mehr Zeit für die Inspektoren. Aber auch darauf gehen die Amerikaner nicht ein, vielmehr machen sie mehr oder weniger unverholen klar, daß sie auch ohne UNO- Resolution und als Präventivmaßnahme zuschlagen würden. Allem Anschein nach ist der weitere Vorgehen in der US- Regierung bereits definiert, und daran soll festgehalten werden, koste es, was es wolle!
3) Das Kategorische "Nein" von Schröder & co. Es ist in der gegenwärtigen Situation angebracht und richtig, da ein Krieg gegen den Irak gegenwärtig völkerrechtlich nicht zu rechtfertigen ist. Sollte sich die Situation aber nun plötzlich anders darstellen, würde es zu einer Neubewertung kommen und dann könnte sich die Regierung der eingeforderten Bündnistreue nicht verweigern.
Allerdings ist es auf diplomatischer Ebene zugebener Maßen zu groben Fehlern gekommen - was aber wiederrum die weitaus krassere Reaktion von Rumsfeld nicht rechtfertigt. Und natürlich gibt es auf Seiten der Amerikaner auch noch Stimmen, die relativieren & rechtfertigen, wie zB Fleischer und der US- Amerikanische Botschafter. Natürlich sind wir jetzt keine "Feinde"... Allerdings sollte man sich doch auch von einem stärkeren Bündnispartner etwas mehr Toleranz und vielleicht sogar Einsicht für eine abweichende Meinung erhoffen dürfen. Aber das scheint bei der (derzeitigen) US- Außenpolitik nicht drin zu sein...

Original geschrieben von hobbes
Trotzdem bin ich überzeugt, dass Saddam und auch Nordkoreas Führung eine beachtliche Bedrohung darstellen und mittelfristig eliminiert werden müssen. Da gebe ich Dir recht. Jedoch ist Krieg der falsche Weg. Vielmehr muß man eine Möglichkeit finden, Saddam weiter zu isolieren, und dazu scheint mir eine größere "Einmischung" der USA im Nahen Osten gänzlich ungeignet.

Ob der Plan von Bush aufgeht, weiss ich nicht. Es ist gut möglich, jedoch ist auch eine geopolitische Katastrophe mit einer grössen Anti-Amerika Allianz denkbar. Stimmt. (Allerdings halte ich die Aussage, daß Sharon die US- Außenpolitik bestimmt, für äußerst gewagt. Beeinflußt, sicherlich. Aber mehr auch nicht!) Vielleicht nicht gerade weltweit, aberzumindestens besteht die große Gefahr, daß die Gräben zu den Staaten tiefer werden, welche die USA ablehnen (und nein, damit meine ich nicht Deutschland!!!) Sicherlich wäre es hilfreich, wenn die USA echtes Interesse an einem ernsthaften Friedensprozeß zwischen Palästinensern und Israelis zeigen würden. Und dazu gehört auch eine Verurteilung des israelischen "Staatsterrorismus" genauso wie der Bombenattentate der palästinensichen Terroristen.

Heute aber gibt es kein Zurück mehr. Die Positionen sind festgefahren. Die USA müssen den Irak Krieg führen, weil ansonsten Saddam und mit ihm alle islamistischen Radikalisten und Terroristenführer triumphieren und immensen Zulauf erfahren. Sie hätten, nach der voreiligen Provokation, freie Hand sich zu organisieren und unkontrolliert aufzurüsten. Die Bedrohung wäre zu gross.
Die Strategie von Bush und Blair hat gar nie Spielraum für andere, als die kriegerische Lösung, geboten. Damit hast Du wahrscheinlich auch recht. Die Frage ist bloß, ob überhaupt Spielraum für eine andere Allianz gewünscht ist...
Fakt ist doch, daß die USA, wenn es ihnen wirklich ausschließlich um die Bekämpfung eines islamischen Terrorismus gehen würde, nicht nur den Irak angehen dürfte. Vielmehr müssten sie unter anderem gerade auch Saudi- Arabien (Befürworter einer ultraorthodoxen Auslegung des Islams, ähnlich der der Taliban) stark unter Druck setzen. Das ein nicht unwesentlicher Teil der terroristischen Unterstützung von dort kommt, dürfte unbestritten sein, jedoch wird dies zur Wahrung anderer Interessen (das leidige Öl) unter den Teppich gekehrt...
Und das das Öl bei der derzeitigen Iraklage keine Rolle spielt, kann mir auch keiner weißmachen!

Seine Regierung hat Bush mit Hitler verglichen...Zum einen geschah dies in einem ganz anderen Kontext als der weltpolitischen Bühne, zum anderen wurde dies bedauert und die gute Herta musste deswegen ihren Hut nehmen. Von daher kann man diese Aussage so nicht stehen lassen!
Der Ton der über den Atlantik weht, ist gegenseitig frostig und verbittert. Beides ist gleichermassen "not very helpfull". Stimmt wiederrum. Aber leider sitzen die Amis am längeren Hebel und lassen sich partout nicht beeinflussen...!

So viel fürs erste ;-),
die Biochemie ruft!
Rugger