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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Künstliche Ernährung und Patientenverfügung



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Nils.
02.06.2010, 15:32
Hallo!

Durch einen Patienten auf Station mit Chorea Huntington, der über PEG ernährt wird, wollte ich gerne wissen, wie rechtlich gesichert das Ganze in der Patientenverfügung ist, dass man sich gegen sowas sperren kann?

Wiki sagt: "Die Rechtsprechung hatte sich auch zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen für Ärzte und Pfleger geäußert. Eine Behandlung oder Pflege, die dem in einer Patientenverfügung geäußerten Patientenwillen widersprach, war danach unzulässig (BGH XII ZR 177/03 vom 8. Juni 2005) und zu beenden. Der Arzt oder Pfleger konnten sich weder auf eine etwa in einer Pflegevereinbarung vereinbarte künstliche Ernährung noch auf ihr Berufsethos oder ihr Gewissen zur Rechtfertigung ihres Handelns berufen. Bei unüberwindlichen Gewissensgründen müsse die Behandlung in andere Hände gegeben werden. Das Bundesverfassungsgericht sah keine strafrechtlichen Konsequenzen für den Betreuer, Bevollmächtigten oder den Arzt oder das Pflegepersonal, falls eine Patientenverfügung befolgt worden war, obwohl das Leben des Patienten bei Missachtung des geäußerten Willens hätte gerettet werden können (BVerfG, 1 BvR 618/93, Beschluss vom 2. August 2001)."

http://de.wikipedia.org/wiki/Patientenverf%C3%BCgung#Rechtslage_bis_2009


Hat das schonmal jemand erlebt, dass solche Patienten buchstäblich verhungert sind? Inwiefern hat die Familie/Betreuer da Mitspracherecht, als dass sie z.B. sagen können "Der/die hat/hätte das nie gewollt, lassen Sie ihn/sie sterben!"?

Könnte vom Angehörigen die gerichtliche Erlaubnis eingeholt werden, die PEG wieder zu entfernen, wenn der Patient selbst keine Verfügung unterschrieben hat?

Keenacat
02.06.2010, 18:31
Wenn der Patient nicht mehr einwilligungsfähig ist, muss man die Anlage einer PEG eh mit dem Betreuer oder, wenn keine Betreuungsvollmacht o.ä. voliegt, über den mutmaßlichen Willen des Patienten klären.
Wenn die Angehörigen ein enges Verhältnis mit dem Patienten hatten, kann man schon davon ausgehen, dass deren Aussagen über den mutmaßlichen Willen zutreffen. Das ist jedesmal eine Einzelfallentscheidung.
Wenn eine Patientenverfügung vorliegt, muss man eben gucken, was da drinsteht.
Ich wüsste nicht, warum man sich gegen den (mutmaßlichen) Patientenwillen stellen sollte, wenn es um die Anlage einer PEG oder ähnliche invasive Maßnahmen geht. Wenn der Zustand des Patienten eine orale Ernährung nicht mehr zulässt und es keine Aussicht auf Besserung gibt, ist eine PEG eindeutig eine lebensverlängernde Maßnahme.
Wenn der Patient das nicht will, sollte er keine kriegen. Fertig.

WackenDoc
02.06.2010, 18:44
Der Patient kann alle Wünsche, die er hat, in seine Patientenverfügung schreiben.
Man kann ja auch als einwilligungsfähiger Patient jede Art von Behandlung ablehnen. Egal, welche Folgen das hat. (Bekanntes Beispiel wäre hier die Ablehnung von Blutprodukten durch Zeugen Jehovas)

Für dich als Arzt stellt sich dann die Frage, in wie weit der Patient über die Folgen aufgeklärt war und ob die aktuelle Situation in der Patientenverfügung genau genug beschrieben ist.

Wenn keine Patientenverfügung vorliegt, oder diese zu ungenau ist, muss der Arzt den mutmaßlichen Willen des Patienten herausfinden. Und da du wohl nicht hellsehen kannst, wird genau der Punkt das Problem werden.

Hab da letztens nen Artikel zu gelesen- kann mich aber nicht dran erinnern, wo genau der stand. (Niedersächsisches Ärzteblatt käme zumindest in Frage. Kann aber sein, dass es in einem der Fortbildungshefte stand, die mein Kollege immer mitbringt. Ich kann aber mal versuchen, das noch zu finden)

alex1
02.06.2010, 19:45
Aktuell ist im Spiegel-Online folgender Fall beschrieben worden:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,698069,00.html


Das mit dem gesetzlichen Betreuer ist übrigens so eine Sache.
Es gibt einige Leute, die dies beruflich machen. Das heisst, für Patienten, die komplett allein auf der Welt sind, gibt es Betreuer, die ihr Geld damit verdienen.
Oft sind diese Leute allerdings nicht zwingend an das Beste für ihre Betreuende interessiert. Ein Patient im Wachkome, der im Pflegeheim liegt macht wenig Arbeit. Je länger er lebt, desto mehr Geld springt dann raus.

anba
02.06.2010, 20:05
Das mit dem gesetzlichen Betreuer ist übrigens so eine Sache.
Es gibt einige Leute, die dies beruflich machen. Das heisst, für Patienten, die komplett allein auf der Welt sind, gibt es Betreuer, die ihr Geld damit verdienen.
Oft sind diese Leute allerdings nicht zwingend an das Beste für ihre Betreuende interessiert. Ein Patient im Wachkome, der im Pflegeheim liegt macht wenig Arbeit. Je länger er lebt, desto mehr Geld springt dann raus.

Ein solcher Patient ist nicht nur für einen professionellen Betreuer eine sichere Einnahmequelle, die keinen Ärger machen kann, sondern auch für ein Pflegeheim.

lordnick
03.06.2010, 00:01
Ein solcher Patient ist nicht nur für einen professionellen Betreuer eine sichere Einnahmequelle, die keinen Ärger machen kann, sondern auch für ein Pflegeheim.

Das mit keinen Ärger machen würd ich ungern so im Raum stehen lassen da es nur fuer den Betreuer und die Geschäftsführung zu trifft. Alle die mit diesen Menschen wirklich zu tun haben (Angehörige die sich wirklich kümmern Pflegepersonal usw.) werden dir ganz andere Dinge erzählen auch wen sie es niemals Ärger nennen würden. Ich fand es mit das Seelisch belastenste was ich in meiner ganzen Zeit die ich nun in der Pflege arbeite erlebt habe da man wirklich Null reaktion bekommt in vielen Fällen.
Ich find solche Aussagen wie diese sehr anmaßend und schlichtweg unüberlegt.

mfg

anba
03.06.2010, 06:05
Das mit keinen Ärger machen würd ich ungern so im Raum stehen lassen da es nur fuer den Betreuer und die Geschäftsführung zu trifft.So hatte ich das auch gemeint.

Ich fand es mit das Seelisch belastenste was ich in meiner ganzen Zeit die ich nun in der Pflege arbeite erlebt habe da man wirklich Null reaktion bekommt in vielen Fällen.
Ich hatte das nicht auf das Pflegepersonal bezogen, sondern nur auf den Betreiber des Heims. Für den ist ein Patient, der selbst keine Ansprüche mehr stellen kann und der keine Angehörigen hat, die sich um ihn kümmern, also auch das Heim kontrollieren und Ansprüche an das Heim stellen könnten, ein guter "Kunde". Dass die Pflege eines solchen Patienten für die Schwestern und Pfleger eine große seelische Belastung darstellen kann, kann ich mir sehr gut vorstellen.

abcd
03.06.2010, 07:41
Nicht ganz einfach das Thema. Hier ein Link zur aktuellen Ausgabe das DÄ:

http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/41437/Bundesgerichtshof_will_Grenzen_der_Sterbehilfe_kla eren.htm

Hellequin
03.06.2010, 10:37
Der Spiegel hat nachgelegt:
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,698186,00.html

Nur schade das sich der Artikel in billiger Polemik und dem typischen Ärztebashing des Spiegels verrennt.

lordnick
03.06.2010, 13:26
Nicht ganz einfach das Thema. Hier ein Link zur aktuellen Ausgabe das DÄ:

http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/41437/Bundesgerichtshof_will_Grenzen_der_Sterbehilfe_kla eren.htm

selbst wen der BGH endlichmal sowas wie klare Lienen zieht kommt doch gleich wieder einer mit der Ausschwitzkarte leider und es passiert wieder nichts. solange wir alle nicht langsam mal wieder begreifen das Sterben etwas ist was normal ist und jeder "durch"macht wird sich nichts in diesem land bewegen.

um nochmal wieder zurück zum eigentlich thema zu kommen.
Das verhalten der Geschäftsführung usw finde ich unter aller ***.
Wie können die sich so einfach und auch noch ungestraft wie es aussieht über die Wünsche andere Menschen gar Pflegebedürftiger hinwegsetzten!! :-dagegen:-dagegen:-dagegen

pieks
03.06.2010, 14:03
Das Thema ist wirklich nicht ganz einfach ...

ich hoffe sehr, dass ich nicht selbst demnächst eine diesbezügliche Entscheidung treffen muss (siehe auch meinen Thread "pulmonale Problematik")

Es scheint auch so zu sein, dass unter Umständen Menschen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt eine entsprechende Patientenverfügung ausgestellt haben zu einem späteren Zeitpunkt von ihren damals getroffenen Entscheidungen abweichen.


http://www.zeit.de/2010/22/P-Sterbehilfe-Putz

Keenacat
03.06.2010, 23:07
In diesem speziellen Fall frag ich mich ja ehrlich:

Da plötzlich macht das Heim einen Rückzieher: Man könne das Sterben nicht zulassen, müsse die künstliche Ernährung wieder aufnehmen.
WTF???
Was ist den das bitte für ein Eingriff? Mir fehlt jetzt grade die Fantasie, um dafür ne Rechtfertigung zu finden. Oder hat jemand ne Erklärung dafür, was die sich dabei gedacht haben?? Nähere Infos?
Hoffentlich wird das mal zum Anlass genommen, um wirklich verbindlich zu klären, wer überhaupt wann und wie das Recht hat, über die Unterlassung oder Weiterführung solcher Maßnahmen zu entscheiden. Die Sachlage war ja offenbar vorher bereits geklärt und die Ernährung abgestellt. Und dann hat sich das Heim(! WTF?) überlegt, dass die das gegen den Willen der Angehörigen doch weiterführen?
W - T - F? :-???

alex1
05.06.2010, 07:28
Ein solcher Patient ist nicht nur für einen professionellen Betreuer eine sichere Einnahmequelle, die keinen Ärger machen kann, sondern auch für ein Pflegeheim.

Richtig!

Ich finde diese "Betreuungen gegen Geld" Sache ziemlich unethisch.
Es gibt doch bestimmt genug ehrenamtliche Vereine, mit Migliedern, die eine solche Sache übernehmen könnten/würden.

Relaxometrie
05.06.2010, 09:44
Was ist den das bitte für ein Eingriff? Mir fehlt jetzt grade die Fantasie, um dafür ne Rechtfertigung zu finden. Oder hat jemand ne Erklärung dafür, was die sich dabei gedacht haben??
Meine Vermutung ist, daß das Heim schlicht und ergreifend Muffensausen bekommen hat und Negativschlagzeilen, wie "Heim lässt Bewohner verhungern" "Heimleitung entscheidet eigenmächtig, daß die Ernährung eingestellt wird", befürchtet. Daß die Sache vorher in anstrengender und nervenaufreibender Arbeit juristisch durchgekämpft wurde, interessiert die Boulevard-Presse nicht im Geringsten.
Solange noch massive Ungereimtheiten und eine undurchdringbare Gesetzeslage vorherrscht, gibt es eine so massive Unsicherheit bei den Beteiligten, daß es wohl noch einige Zeit und Präzedenzfälle brauchen wird, bis das Thema "Sterben lassen" einigermaßen geklärt ist.

coron
05.06.2010, 10:23
Ich finde diese "Betreuungen gegen Geld" Sache ziemlich unethisch.

Seht euch doch erstmal die gesetzlichen Regelungen an.

§1904 BGB (http://bundesrecht.juris.de/bgb/__1904.html):

"(2) Die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung des Betreuers in eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder einen ärztlichen Eingriff bedarf der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die Maßnahme medizinisch angezeigt ist und die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet."

Die Rechtslage ist klar. Das müssten die Heime, Ärzte und Betreuer jetzt nur noch wissen und umsetzen ...

habichnicht
05.06.2010, 10:29
Das mit dem gesetzlichen Betreuer ist übrigens so eine Sache.
Es gibt einige Leute, die dies beruflich machen. Das heisst, für Patienten, die komplett allein auf der Welt sind, gibt es Betreuer, die ihr Geld damit verdienen.
Oft sind diese Leute allerdings nicht zwingend an das Beste für ihre Betreuende interessiert. Ein Patient im Wachkome, der im Pflegeheim liegt macht wenig Arbeit. Je länger er lebt, desto mehr Geld springt dann raus.

Deshalb ist meiner Meinung nach eine Vorsorgevollmacht noch wesentlich wichtiger als eine Patientenverfügung. Man sollte rechtzeitig dafür sorgen, dass niemals ein professioneller Betreuer über einen bestimmen wird. Wer keine nahen Angehörigen (mehr) hat, die das machen könnten, sollte sich im Freundeskreis umsehen. Möglichst nach jüngeren Leuten suchen; vielleicht nach erwachsenen Kindern von Freunden, falls man selbst schon älter ist.
Es gibt seit eingen Jahren ein Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer, in das man eine notarielle Vorsorgevollmacht eintragen lassen kann. In eine Vorsorgevollmacht kann man auch eine Betreuungsverfügung integrieren, in der man für den Fall, dass mal jemand/ein Gericht der Meinung sein sollte, es sei trotz der Vorsorgevollmacht eine gesetzliche Betreuung nötig, festlegen kann, wer dann vom Gericht als Betreuer eingesetzt werden müsste.

Ich beschäftige mich schon seit einigen Jahren mit dieser Thematik; die Entwürfe zu einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht sind schon längst fertig, aber ich habe sie immer noch nicht notariell betstätigen lassen, weil die Gesetzeslage so chaotisch ist. Dieser Thread erinnert mich daran, wenigestens endlich die notarielle Vorsorgevollmacht zu erteilen.

Link zum Vorsorgeregister (http://www.vorsorgeregister.de/)

Zu dem Fall, der da gerade verhandelt wird: Ich verfolge die Fälle des Anwalts, um den es da geht, schon seit einigen Jahren. Es ist erschreckend und Angst machend, was einem als Patient in einer solchen Situation passieren kann.

Mein Interesse an dieser Thematik beruht darauf, dass meine Mutter, die alpha-1-Antitrypsinmangel hatte, die letzten 10 Jahren ihres Lebens bei mir gelebt hat. Es hat da mehrmals kritische Situationen gegeben und ich war auch dabei, als sie gestorben ist.

Keenacat
05.06.2010, 11:10
habichnicht,

kannst du Tipps geben, wie die Vorsorgevollmacht bzw Betreuungsvollmacht aussehen sollte? Oder auf irgendwelche brauchbaren Vorlagen verweisen? Würde das dann nämlich auch zumindest mal meinen Eltern ans Herz legen.
Vielen Dank schonmal im Voraus

Relaxometrie
05.06.2010, 11:27
Bevor ich mich jetzt ins Tagesgeschehen aufmache, wollte ich noch kurz anmerken, daß das Bundesjustizministerium (http://www.bmj.bund.de/enid/93cd65292ed4ca3e4f22fe1b2adceca3,0/BMJ_DE_z3.html) unter >Service>Publikationen ausführliche Informationen zur Verfügung stellt.

habichnicht
05.06.2010, 13:46
Bevor ich mich jetzt ins Tagesgeschehen aufmache, wollte ich noch kurz anmerken, daß das Bundesjustizministerium unter >Service>Publikationen ausführliche Informationen zur Verfügung stellt.

Und es gibt dort auch einen Link zu einem Formular des Vorsorgeregisters der Bundesnotarkammer:
http://www.bmj.bund.de/enid/1586987f5acc46a2f15d861da306aba2,c1b2c85f747263696 4092d0935323933/Publikationen/Betreuungsrecht_kh.html


kannst du Tipps geben, wie die Vorsorgevollmacht bzw Betreuungsvollmacht aussehen sollte? Oder auf irgendwelche brauchbaren Vorlagen verweisen? Würde das dann nämlich auch zumindest mal meinen Eltern ans Herz legen. Das finde ich gut und das dürfte auch nicht kompliziert sein, wenn Du Dich als Bevollmächtigte zur Verfügung stellen würdest.

Dort gibt es ein Formular, das man selbst ausfüllen und zur Bundesnotarkammer schicken kann. Darin wird auch auf die entsprechenden BGB-Paragraphen verwiesen. Wenn Du keinen Notar nehmen willst, solltest Du diese BGB-Paragraphen lesen.
http://www.bmj.bund.de/files/1586987f5acc46a2f15d861da306aba2/2742/Formular%20P.pdf

Als ich vor einigen Jahren zwecks Beratung bei einem Notar war, gab es dieses Vorsorgeregister noch nicht. (Der Notar hat erst von mir erfahren, dass so etwas gerade im Aufbau war.). Er hatte mir einen ausformulierten Text vorgeschlagen, der auf die Punkte einging, um die es auch in dem Formular aus der oben verlinkten pdf-Datei geht.

Man muss sich entscheiden, für welche dieser Bereiche die Vollmacht gelten soll: finanzielle Angelegenheiten, gesundheitliche Angelegenheiten, Aufenthaltsbestimmungsangelegenheiten, freiheitsentziehende Maßnahmen.

Bei den Gesundheitsangelegenheiten ist wichtig zu sagen, dass der Bevollmächtigte auch Entscheidungen zu Dingen treffen darf, bei denen das Risiko, zu Tode zu kommen, relativ hoch ist. (Hab die genaue Formulierung nicht imKopf; steht aber im BGB).

Auch eine Vollmacht zum Aufenthaltsbestimmungsrecht ist wichtig, damit Du (als Bevollmächtigter) entscheiden könntest, in welchem Krankenhaus oder Pflegeheim Deine Eltern behandelt werden sollten. Das könnte wichtig werden, wenn Du mit einem Haus nicht zufrieden wärst und Deine Eltern in ein anderes Haus verlegen lassen oder nach Hause nehmen wolltest.

Wichtig ist auch eine Vollmacht zu freiheitseinschränkenden Maßnahmen. Das gilt eigentlich z. B. schon für ein Bettgitter. Falls es keinen Bevollmächtigten gäbe, der darüber entscheiden dürfte, könnte schon dafür oder für eine Fixierung am Bett ein Betreuer eingesetzt werden.

Bei der Vollmacht zu finanziellen Angelegenheiten muss man klären, ob die Vorsorgevollmacht von der Bank anerkannt wird und worauf sich die Vollmacht beziehen soll. (Auf alle Konten oder z. B. nur auf ein bestimmtes Konto.) Mir wurde damals bei meiner Bank gesagt, sie würden eine Vorsorgevollmacht nicht anerkennen. Ich müsste dem Bevollmächtigten eine Bankvollmacht für ein bestimmtes Konto erteilen und die persönlichen Daten und die Unterschrift der Bevollmächtigten müssten bei der Bank hinterlegt sein. Die Vollmacht über dieses Konto sei dann allerdings immer gültig; nicht erst im Vorsorgefall.
Wenn Du z. B. eine (Vorsorge)vollmacht für ein Girokonto erteilst, musst Du Dir darüber im Klaren sein, dass Dein Bevollmächtigter theoretisch jederzeit Dein Konto überziehen könnte.
[Immobiliengeschäfte (z. B. Dein Haus verkaufen) dürfen Menschen, die eine Vorsorgevollmacht haben, meines Wissens (hab gerade nicht mehr nachgesehen) allerdings nicht ohne Zustimmung des Gerichts vornehmen. Das darf nur ein Betreuer und da hat es schon üble Fälle gegeben, bei denen professionelle Betreuer das Haus des Betreuten gegen dessen Willen verkauft haben.]

Wenn es um Deine Eltern geht und Du das einzige Kind bist, dürfte eine Vorsorgevollmacht allerdings nicht so kompliziert sein. Da reicht vielleicht wirklich das Ausfüllen und Registrierenlassen des Formulars der Bundesnotarkammer. Ich halte allerdings eine notariell beglaubigte Vollmacht für besser (vielleicht weniger angreifbar?).

Ich werde in meiner Vorsorgevollmacht unter der Rubrik "Finanzielles" auch den Namen meiner Krankenversicherung nennen und ausdrücklich sagen, dass mich meine Bevollmächtigten bei dieser vertreten dürfen, also in meinem Namen Rechnungen einreichen und sich Erstattungen auszahlen lassen dürfen. Im Fall des Falles müsstest Du ja evtl. auch Krankenhaus- und Arztrechnungen Deiner Eltern bezahlen und wärst dann auf die Erstattungen angewiesen.

Ich habe gerade noch gesehen, dass es auch auf der Website dieser Kanzlei (http://www.putz-medizinrecht.de/recht-am-lebensende/patientenverfugung-vorsorgevollmacht.html) einige pdf-Dateien zu Download gibt. Hab' sie allerdings noch nicht gelesen.

p. s.: Ich wollte in meine Vollmacht eigentlich noch einen weiteren Punkt aufnehmen: Meine Bevollmächtigten seien bevollmächtigt, meine Patientenverfügung bei Bedarf auch mit Hilfe eines Gerichts durchzusetzten und für diesen Zweck meine Rechtschutzversicherung in Anspruch zu nehmen. Als ich das mal dem CA einer neurologischen Klinik gesagt habe, hat er mir davon abgeraten. Seine Begründung: Das könnte von den behandelnden Ärzten als Drohung aufgefasst werden und sie zu besonderer Sturheit beim "Leben retten" motivieren.

p.p.s: Man kann auch mehrere Bevollmächtigte nennen. Das kann wichtig werden, falls mal einer nicht erreichbar ist.

Skalpella
05.06.2010, 18:15
Auf den angegebenen Links des Bundesjustizministeriums gibt es auch Textbausteine für die Patientenverfügung. Habe das vor einem halben Jahr mit meinem Vater zusammen durchgearbeitet und aufgesetzt. Wurde bisher überall so akzeptiert.
Textbausteine Patientenverfügung (http://www.bmj.bund.de/enid/40a74c267ef2c850bb29132c68c222d1,0/Publikationen/Patientenverfuegung_oe.html)