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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kampf der Kittel (von Isabelle)



Jens
09.02.2003, 12:21
Hier eine Kurzgeschichte von Isabelle betitelt mit :

Kampf der Kittel

Gestresste blaubekittelte Personen rennen von Zimmer zu Zimmer. Überall piepst es. Der Student platzt in das Chaos.

Mittlerweile kann er die Alarmtöne den verschiedenen Geräten zuordnen. Er überlegt sich, den Blaukitteln zur Hand zu gehen, aber er würde nur im Weg stehen. "Ich brauche einen Doktor, sofort!" ruft ein Blaukittel aus einem Zimmer. Der Student fühlt sich nicht angesprochen. Der Blaukittel versucht, beruhigend auf eine Frau einzureden, deren Gesicht eine dunkelblaue Farbe hat. Es klingt eher barsch als beruhigend. Der Student fragt sich, ob die Frau das hastige Sprechen des Blaukittels wahrnimmt. Sie japst, und ihr Gesicht verfärbt sich immer mehr. Zwei Weißkittel kommen ins Zimmer. Ein weiterer Blaukittel kommt mit einem Wagen, auf dem Instrumente und eingeschweißte Plastikschläuche liegen, angerast. Der Student hört, wie das Kopfteil des Bettes nach unten kracht. Eine Ladung Spritzeninhalt versinkt in dem Gefäß der Frau.

Einer der beiden Weißkittel versucht, der Frau einen Plastikschlauch in den Hals zu schieben. Es misslingt. Er probiert es noch mehrmals. Kein Erfolg. Der Student hört die Stimme des Blaukittels: "Jetzt kriegt der das Ding nicht rein, da ist das Kompetenzteam am Werk." Nicht drin. "Wenn das Ding nicht bald drin ist, ruf ich den Notarzt an oder den Anästhesisten." Immer noch nicht drin. Der Weißkittel kämpft gegen die Ohnmacht und die Schweißperlen. Der andere steht daneben und schaut zu. Der Blaukittel sagt: "Da können wir uns wohl das Röntgen sparen." Ein anderer: "Lassen Sie am besten mal nen Blaukittel ran." Die Weißkittel sind hilflos und übergeben dem Blaukittel den blutverschmierten Plastikschlauch und das Gerät mit der Glühbirne. Die Frau im Bett atmet nicht mehr. Der Student hat Mitleid mit den Weißkitteln. Dem Blaukittel gelingt es, den Plastikschlauch in der Frau zu versenken. "Na endlich!" meinen die Blaukittel. "Hol mal das Röntgengerät her".

Es wird ruhiger.

Der Weg des Studenten führt ins nächste Zimmer. Bei der Dienstübergabe hat er gehört, dass der Mann hierdrin genug vom Leben gehabt und Eibe-Nadeln gegessen hatte. Der Mann hat ebenfalls einen Schlauch in der Kehle stecken. Zwei handflächengroße Brandwunden am Oberkörper erinnern an seine Rückkehr ins Leben. Der Student versucht, sich an die Pharmakologie-Vorlesung zu erinnern, in der Eibe behandelt wurde. Vergessen, natürlich. Im Toxikologiebuch findet er ein Bild. Sieht eigentlich recht harmlos aus. Erinnert an Johannisbeeren.

Der Student wird vom Blaukittel zu Hilfe gebeten. Eine junge bewusstlose Frau liegt nackt und ohne Decke im Bett. Der Blaukittel wühlt wichtig in den Schläuchen, die aus der Frau herausführen. Als der Student die Frau anfasst, erklingt ein Alarm auf dem Bildschirm. Eine grüne Kurve beginnt zu wackeln. Der Student fragt sich, ob das schlimm ist. Aber nicht laut, den er will vor dem Blaukittel nicht unwissend dastehen.

Der Blaukittel schaut ihn an. Der Student beschließt, in Zukunft viel zu lernen, damit er alles weiß und die Blaukittel keine Gelegenheit bekommen, boshaft über ihn zu reden. Mit diesem Vorsatz verlässt er das Zimmer und greift nach dem Tablett mit den Blutröhrchen.

Der Blaukittel wirft ihm einen Blick nach.
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geschrieben von Isabelle