PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fragen zum Immunsystem



sebi86
12.06.2010, 16:43
Hey,

Hab da mal eine Frage bezüglich T-Zell-Rezeptoren:

Durch die somatische Rekombination gibt es ja - wie bei den Antikörpern - eine unglaublich hohe Variabilität der T-Zell-Rezeptoren.
Auf der anderen Seite ist die Anzahl der möglichen Interaktionen zwischen T-Zelle und entsprechendem Antigen durch die Anzahl der möglichen MHC-Moleküle begrenzt.

Ich habe also um ein vielfaches mehr verschiedene T-Zell-Rezeptoren als ich verschiedene MHC-Moleküle habe.

Somit werden doch ziemlich viele T-Zell-Rezeptoren sozusagen "umsonst" exprimiert, weil eben kein entsprechendes MHC-Molekül vorhanden ist.

Gibt es dafür eine Erklärung ?

Nemesisthe2nd
12.06.2010, 18:34
wieso?

MHC1 und MHC2 werden doch mit peptid-bruchstücken beladen und diese bruchstücke werden dann vom entsprechenden t-zell-rezeptor erkannt... der MHC ist quasi nur die Halterung für die Peptidbruchstücke...

die peptidbruchstücke stammen glaube ich zum teil aus dem, was das Proteasom kleingehackt hat. wobei da aber wohl auch vieles noch unklar ist, wie die antigenprozessierung und beladung von den MHC genau funktioniert. Außerdem gibts noch unterschiede zwischen normalen Zellen (MHC1) und B-Zellen (MHC2)

wanci
12.06.2010, 20:31
Ein MHC-Molekül kann eine ganze Menge an Antigenen binden und für T-Zell-Rezeptoren präsentieren. Die verschiedenen HLA-Typen spielen denke ich nur eine Rolle, wie einzelne bestimmte Peptide präsentiert werden. Da spielen ja manche Haplotypen bei Autoimmunerkankungen eine Rolle.

Also: Ein T-Zellrezeptor erkennt ein bestimmtes Antigen, was auf einem MHC präsentiert wird. Ein MHC kann viele Antigene präsentieren und ist nicht spezifisch für sie.

Nemesisthe2nd: Die Bruchstücke kommen bei MHC I hauptsächlich aus dem Proteasom und bei MHC II hauptsächlich aus dem Endosom. Gibt allerdings auch Möglichkeiten, wie zelleigene Proteine auf MHC II präsentiert werden können usw.
Und nicht nur B-Zellen haben MHC II...

sebi86
17.06.2010, 19:13
Ok, danke soweit :)

Hab dann noch eine Frage:

Die Aktivierung von B/T-Lymphozyten erfolgt doch u.a. über die dendritischen Zellen.
Aber die dendritischen Zellen erkennen doch nur konservierte Antigene (über Toll-like, Mannoserezeptor, etc.).
Mein T- und B-Zell-Rezeptor-Repertoire im Lymphknoten ist doch aber um einiges größer, als die Anzahl der konservierten Antigene.

Wenn nun eine dendritische Zelle ein Antigen erkennt und dann in den Lymphknoten einwandert, dann ist dieses Antigen ja immer ein konserviertes. Das heisst wiederum, dass auch hier ein Großteil der T-/B-Zellen nicht über dendritische Zellen aktiviert werden kann oder ? Die Erkennung von konservierten Antigenen ist ja eher die Aufgabe des angeborenen Immunsystems...

Ich hoffe, ihr versteht meine Frage :)

Logo
17.06.2010, 20:40
Ok, danke soweit :)

Hab dann noch eine Frage:

Die Aktivierung von B/T-Lymphozyten erfolgt doch u.a. über die dendritischen Zellen.
Aber die dendritischen Zellen erkennen doch nur konservierte Antigene (über Toll-like, Mannoserezeptor, etc.).
Mein T- und B-Zell-Rezeptor-Repertoire im Lymphknoten ist doch aber um einiges größer, als die Anzahl der konservierten Antigene.

Wenn nun eine dendritische Zelle ein Antigen erkennt und dann in den Lymphknoten einwandert, dann ist dieses Antigen ja immer ein konserviertes. Das heisst wiederum, dass auch hier ein Großteil der T-/B-Zellen nicht über dendritische Zellen aktiviert werden kann oder ? Die Erkennung von konservierten Antigenen ist ja eher die Aufgabe des angeborenen Immunsystems...

Ich hoffe, ihr versteht meine Frage :)

Also prinzipiell darfst du dir die dendritischen Zellen in 2 Rollen als "Screening/Sentinel"-Einrichtung und "Immunreaktions-Controller" vorstellen. Die sitzen beispielsweise in der Haut und checken UNSPEZIFISCH alles (körpereigen & -fremd) was da so an Epitopen ankommt ("Antigenstatus der Umgebung)". Wenn aber nun mittels TLR/PAMP ein pathogenes Pattern bspw. LPS von Bakterienwänden erkannt wird, stellt sich die Phagozytose ein und somit wird das letzte zeitgleich mit der Aktivierung einhergehende Antigen-Muster (also nicht unbedingt der TLR/PAMP Aktivator selbst!!) konserviert und nun von der aktivierten D-Zelle massenhaft per MHC2 präsentiert. Gleichzeitig schüttet sie jetzt ordentlich Zytokine aus, darunter IL-12 welches die zelluläre Immunantwort (T-Zellen Aquise) so richtig durchstarten lässt.
Zusätzlich exprimieren sie jetzt in ihrem aktivierten Zustand (also DURCH die erkannten Pathogen-Pattern!) vermehrt CD80/86 und CD40 Costimulator-Moleküle. Die ganzen naiven T-Zellen kriechen nun entlang der D-Zelle und checken ihrerseits ob ihre T-Zell-Rezeptor-Variante zu dem angebotenen Antigen passt: Wenn ja UND die Costimulation stattfindet, dann kommt es zur vollständigen T-Zell-Aktivierung via IL-2 und der Proliferation dieses Klons...

Somit schützt das TLR/PAMP/PPR Konzept quasi als 2. Instanz vor Autoimmunreaktionen, nur weil ein T-Zell-Klon zufällig den passenden Rezeptor zu einem präsentierten körpereigenem Antigenmuster hat... Hier würde - zum Glück - die Costimulation durch nicht vorhandene TLR-Aktivierung fehlen!

Wenn die Aktivierung/Differenzierung durch pathogene Patterns ausbleibt, weil vllt. nur ein paar körpereigene Epitope phagozytiert/präsentiert wurden, dann sezerniert die D-Zelle IL-10 welches die Bildung von regulator. T-Zellen fördert, welche die Immunantwort ausbremsen - was irgendwie Sinn macht :-)

Konkret zu deiner Frage:
"Pathogenes Pattern" ist ungleich "präsentiertes Antigen". Es ist eine wichtige Zusatzinformation.

Gruß LOGO

sebi86
17.06.2010, 22:14
Ah ok...also kann man sagen, dass die dendritischen Zellen sozusagen das Bakterium oder den Virus oder den Wurm "an sich" erkennen, den kompletten "Fremdkörper" - in Peptide gespalten - per MHC präsentieren, in den Lymphknoten auswandern und die entsprechende T-Zelle sucht sich dann ihr Antigen - welches ja auch aus dem Bakterium stammt -raus.... ?

Wenn ich also ein "künstliches Antigen" (zB. im Labor hergestellt), welchse kein PAMP ist, einem DC vorsetzte, dann wird die DC dieses nicht als fremd erkennen. Sie wird es zwar phagozytieren und per MHC präsentieren, aber sie hat ja dann kein Signal, um in den Lymphknoten auszuwandern....

Wenn ich selbiges Antigen aber einer B-Zelle vorsetze, dann erkennt die B-Zelle mit dem entsprechenden Antikörper (bzw. BCR) das Antigen und löst eine Immunantwort aus.

Logo
18.06.2010, 00:21
Ah ok...also kann man sagen, dass die dendritischen Zellen sozusagen das Bakterium oder den Virus oder den Wurm "an sich" erkennen, den kompletten "Fremdkörper" - in Peptide gespalten - per MHC präsentieren, in den Lymphknoten auswandern und die entsprechende T-Zelle sucht sich dann ihr Antigen - welches ja auch aus dem Bakterium stammt -raus.... ?

Ja - zwar etwas vereinfacht dargestellt, aber prinzipiell richtig :-)
Nur andersherum: Das von der aktivierten DC präsentierte Antigen "sucht sich" den passenden T-Zell-Klon, der dann (co-)stimuliert wird und expandiert.



Wenn ich also ein "künstliches Antigen" (zB. im Labor hergestellt), welches kein PAMP ist, einem DC vorsetzte, dann wird die DC dieses nicht als fremd erkennen. Sie wird es zwar phagozytieren und per MHC präsentieren, aber sie hat ja dann kein Signal, um in den Lymphknoten auszuwandern...

Yo richtig, die DC switcht auf jeden Fall NICHT in ihr PPR-aktiviertes Genexpressionsprofil (also AGs prozesszieren, MHC2 und CD80/84+40 rauf und IL-12 raus) - soweit man das Konzept bisher verstanden hat.

Allerdings ein Monozyt/Makrophage der über die Komplementkaskade den C3a-Rezeptor aktiviert kriegt oder über eine Antikörper-vermittelte Fc-Rzeptor-Aktivierung "scharf gemacht wird" (also 2 weitere Wege zum Glück) kann natürlich auch dann das Antigen präsentieren und Zytokine ausschütten... Will sagen: Ggf. Immunreaktion dann eben auf einem anderem Wege :-)

Aber ich gebe prinzipiell hier mal zu Bedenken, daß die Immunologie sich laufend entwickelt und Erkenntnisse hinzu kommen bzw. revidiert werden.



Wenn ich selbiges Antigen aber einer B-Zelle vorsetze, dann erkennt die B-Zelle mit dem entsprechenden Antikörper (bzw. BCR) das Antigen und löst eine Immunantwort aus.

Prinzipiell ja - wenn der BC-Rezeptor passt. Der greift ja das komplette Antigen ab, während TC-Rezeptoren nur prozessierte Ags. Besonders repetetive Epitope bspw. Kohlenhydrate auf Bakterienoberflächen (auch Blutgruppen Antigene ABO) gehen gut - die BC-Rezeptoren werden kreuzvernetzt und aktivieren die B-Zelle. Allerdings ohne T-Zell-Hilfe kein Klassenswitch (nur IgM) und keine Affinitätsreifung (keine Selektion von höchster Ag-Affinität)! --> It takes two to tango ;-)


Gute Nacht!
LOGO

PS: Wenn es dich interessiert, Buchtipp:
Janeway oder "Grundwissen Immunologie"