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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hilfe - die Freunde kommen! (von Uta)



Jens
09.02.2003, 12:37
Eine Kurzgeschichte von Uta - betitelt mit:

"Hilfe - die Freunde kommen!!"

Dies schreib ich nieder für all die, die Freunde mit Kinder haben und bei denen zufällig ein Besuch mit eben jenen ansteht.

„Dürfen wir unsere Kinder mitbringen?“ Diese scheinbar harmlose Frage seitens ihrer Freunde auf eine Einladung ihrerseits sollten Sie niemals leichtfertig mit einem „Ja.“ beantworten. Hören Sie, NIEMALS!!! Ich weiß genau wovon ich rede. Leider! Diese Frage wurde auch mir, vor nicht allzu langer Zeit gestellt. Ich beantwortete Sie, wie sie sich jetzt schon denken können, natürlich wie jeder ahnungslose Mensch mit Ja. Freilich wusste ich damals noch nicht, was ich damit auslöste. Beziehungen sind wegen solcher Sachen schon zerbrochen. Nicht nur die eigene sondern auch die mit dem befreundeten Paar, sowie das immer recht ordentliche Verhältnis zwischen ihnen und ihrer Hausrat- und Haftpflichtversicherung.

Aber nun zum Tathergang. Eine Täterbeschreibung ist unumgänglich. Das relativ harmlose Paar besteht aus einem großgewachsenen lustigen pilzkopftragenden Mittdreißiger, sie ist eine schlanke, sehr wissbegierige gutgelaunte junge Frau. Bis dahin klingt alles noch recht harmlos. Aber nun zu den Kindern. Oh Gott, mir schlackern jetzt noch die Knie und ich spüre ein Zittern im Handgelenk, das mich fast schreibunfähig macht, bei dem Gedanken an diese Kinder…! Aber ich versuche es noch mal, also, die Kinder: Der Große ist stolze 5 Jahre alt, pilzkopftragend und manchmal liegt ein Lächeln auf seinem Gesicht. Der Kleine ist 21/2, pilzkopftragend und ohne Lächeln.

Unsere Wohnungstür geht auf, und da stehen sie harmlos wie die Engelchen. Aber der Schein trügt. Bereits beim Kaffeetrinken geht das Theater los. Jeder der Kinder möchte natürlich auf dem Platz des Anderen sitzen, der Löffel des Bruders ist immer schöner als der eigene und muss deshalb beschlagnahmt werden. Nur zu schade, daß zwischen dem Löffel die Torte stand. Es war eine leckere Quarksahnetorte, die bestimmt auch echt gut geschmeckt hätte, wenn sie der Große nicht mit einer lacksen Handbewegung auf der Jagd nach dem Löffel vom Tisch gefegt hätte. Nur am Rande möchte ich erwähnen, das der Teppich, auf dem die Torte landete, genauso neu war (neueste IKEA-Anschaffung) wie unsere Sitzecke ( feinstes Microfaser in schmeichelndem Lindgrün- ich höre heute noch die Verkäuferin über diese Designer-Farbkombination schwärmen), auf die ich später noch eingehen muß. Nachdem wir uns vom Kaffeeschock erholt hatten und sich die Kakaoflecken genauso leicht von der Teppichfaser lösten wie die Quarksahnetorte, nahmen mein Mann und ich an, daß wir damit das Schlimmste überstanden hätten. Aber nun wieder ein Spruch mit Tiefgang „ Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben !“. Leider geht auch der längste Zoobesuch, das leckerste Eisessen oder der schönste Spaziergang einmal zu Ende und der Besuch weilt wieder in der wohlbehüteten Wohnung. Abendessenzeit!!! Oje!!! Ich male mir bereits bei den Vorbereitungen des Essens die Farbkombinationen aus, die gewisse Speisen auf meiner lindgrünen Sitzgarnitur hinterlassen könnten. Mir steht der kalte Schweiß auf der Stirn, ich zittere und decke ganz tapfer den Nudel-Schinken- Auflauf (mit Tomatenketchup zubereitet- ein Fehler von mir, ich gebe es zu) auf. Eine köstliche kalte Fischplatte und frischer grüner Salat runden das Menü ab. Frei nach dem Motto „ Auch Kinder haben Rechte“ bekommt jeder der Gören einen eigenen Teller und auch einen eigenen Sitzplatz, wie ich finde ziemlich weit von der strengen Hand der Eltern entfernt. Ich fülle die Teller und sehe dem Chaos entgegen, das auch nicht lange auf sich warten lässt. Der Kleine, der schon nach wenigen Löffeln des Auflaufs genug zu haben scheint, beginnt nun in die Lehne des lindgrünen Sessels zu beißen, „ ach ist er heute wieder aktiv…“ wird er von seinen Eltern auch noch angespornt. Ich bin während dessen dabei, ihm mit einer Serviette den tomatenketchupvollen Mund abzuwischen, was mir nicht so ganz gelingen will. Der Kommentar des Kleinen“ Ähhh, Tante böse, Tante doof…“, na mir reichts…! Außerdem scheint der Kleine sowieso einen sehr beschränkten Wortschatz zu haben, außer den eben genannten Wörtern hörte ich an diesem Wochenende nur noch „Nein.“ . Ansonsten lallte er nur ziemlich unverständliche Worte vor sich hin, die die Eltern aber erstaunlich schnell und gut ins Hochdeutsche übersetzten. Mein Mann meinte daraufhin einmal scherzhaft “ Man könnte euren Kleinen im neuen ``Star Wars Film`` einsetzten, da reden die auch so komisch.“ Oje, das hätte er besser nicht sagen sollen, er erntete nur böse Blicke der Eltern. Hihi, ich fand’s echt komisch!

Aber nun wieder zum essen, da gibt es noch einige Dinge, die ich ihnen erzählen muß. Der Große, scheinbar ein besserer Esser als sein Bruder, machte sich über die Fischplatte her. Er hat aber wahrscheinlich seinen Hunger auf Fisch falsch eingeschätzt und spielte nun völlig lust- und appetitlos mit den Fischgräten. Aber auch das schien ihm langweilig, denn nun beförderte er die Gräten fein säuberlich auf den Teller meines Mannes und lachte ihm dabei ins Gesicht. Übrigens lachten auch die Eltern. Na ja, mein Mann lachte nicht. Er kann ausgekaute Speisen nicht leiden, schon gar nicht auf seinem Teller, schon gar nicht fremde ausgekaute Speisen auf seinem Teller…!
Schlafenszeit. Ich liebe schlafende Kinder!!! Aber kaum waren die Rotzgören im Bett, ging das Geschrei los. Kommentar der Eltern „ Sie sind so aufgeregt, die Umgebung ist neu für sie, sie werden nicht allein einschlafen können.“ Nach diesem Gesagten legten sich die Eltern, unsere Freunde! doch tatsächlich mit ihren schreienden Kindern ins Bett. Das war es dann auch für uns und einem wohlersehnten Feierabend mit unseren Freunden. Mystische Einschlafgesänge aus dem Gästezimmer wiegten auch uns in den Schlaf.

Es liegt mir am Herzen hier zu erwähnen , das wir unsere Freunde wirklich sehr mögen. Wir haben auch gern Gäste und wir lieben Kinder. Aber ein Shake aus all diesem ist einfach zu viel für uns. Eindeutig zu viel für uns!

Neulich fragten uns unsere Freunde erneut, ob sie nicht wieder zu Besuch kommen dürften, sie haben sich bei uns sehr wohl gefühlt und es gibt ja auch noch so viel zu sehen in unserer Stadt. Zum Glück hatte ich vorgesorgt. Denn nach diesem Wochenende schrieb ich einen Notfallkalender, in dem alle Wochenenden bis zum Jahre 2010 ( bis dahin sind die Kinder aus dem Gröbsten heraus…) ausgebucht sind und den ich allen zeige, die ich nicht mehr bei mir sehen will. Ich weiß, vielleicht nicht die ehrlichste Methode aber „ Ehrlich wärt am Längsten!“ ist ja wohl megaout, zumindest bei Familien mit Kindern.
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(c) Uta Thielbein