Fino
16.06.2010, 12:57
Bin gerade vom Nachtdienst nach Hause gekommen und bin einfach nur muede, traurig und wuetend.
Zu Beginn der Schicht wurde ich zu einer Notsectio gerufen:
41/40, Wehen haben eingesetzt, die Mutter kam ins KH. Die Gynnies stellten fest, dass das Ungeborene bradycard war (80/min), so dass sie einen kuenstlichen Blasensprung herbeifuehrten, um die Geburt zu beschleunigen. Dabei ging zaehes Mekonium ab. Fetal blood sampling (komme nicht auf das deutsche Wort) ergab: pH 7.05, base excess -15.6.
Also Notsektio unter Generalanaesthesie. Das Baby, ein Maedchen, schnappte bei der Geburt kurz nach Luft, und das war's auch schon. Sie war komplett schlaff, null Atmung, weiss. Ich rubbelte sie schnell trocken horchte aufs Herz und da war nichts zu hoeren. Im Rachenraum war braeunliches Sekret, dass ich erst mal absaugte (kein Mekonium an den Stimmbaendern) und dann mit IPPV anfing - ohne Erfolg. Der Brustkorb bewegte sich nicht, und das Herz blieb still. Ich versuchte es noch mal mit Hilfe der Hebamme, aber es war genauso fruchtlos. Da rief ich meine Registrar und griff zum Tubus. Ich was gerade am Intubieren, als Eleanor ankam. Als die Intubation nicht klappte, uebernahm sie, versuchte zunaechst selbst IPPV, aber als das erfolglos war, intubierte sie.
Die Herzfrequenz besserte sich nur ganz langsam,und nur langsam wurde die Haut rosa. Eine Neo-Schwester kam auch und half uns, ueber den Tubus, eine Art Bronchiallavage durchzufuehren - wir foerderten noch viel Mekonium zu Tage...
Wir brachten sie auf die Neo-Intensiv, der Consultant sah sie und meinte, wir sollten Cooling beginnen. Das Problem: wir waren voll, es gab kein einziges Bett. Sie wurde an die Beatmungsmaschine in unserem Hinterzimmer (ein Raum, wo wir kleinere Eingriffe durchfuehren oder Babys fuer kurze Zeit ueberwachen) angeschlossen und konnte nur mit recht hohen Druecken beatmet werden. Ihr Blutgas pH 6.9, BE -25 :-((
Sie zog sich einen Pneu zu und bekam eine Thoraxdrainage gelegt. Dabei wurde eine Arterie verletzt, und sie fing an, einen Haematopneumothorax zu entwickeln. Wir waren uns einig, dass wir so ein schwerkrankes Baby nicht in diesem Hinterzimmer lassen konnten und schlug vor, eines der anderen Babies an ein anderes KH zu verlegen und riefen schon die Registrar zu Hause an, die fuer Transporte eingeteilt war. Wir waren uns auch einig, welches Baby verlegt werden sollte (das einzig stabile Baby auf NICU): 27/40, jetzt ca. 2 Wochen alt, CPAP, stabil, bekommt TPN. Der Consultant rief also die Mutter dieses Babys an, erlaeuterte ihr die Situation und sagte ihr klipp und klar, dass das Leben des neuen Babys in Gefahr sei, wenn es nicht vernuenftig versorgt werde. Und dann: er fragte sie, ob sie damit einverstanden waere (sic!!), dass wir ihre Tochter nach S. verlegen. Die Mutter lehnt rundherum ab. Nein, in S. sei ihr Vater gestorben, sie habe an diesem KH schlechte Erfahrungen gemacht und da gehe ihre Tochter nicht hin. (Es sei angemerkt, dass die Neo-Intensiv in S. hervorragend ist und der Vater wohl kaum auf der Neo-Intensiv gestorben ist). Der Consultant schilderte ihr noch einmal die Dringlichkeit der Situation, aber das ging der Mutter am Allerwertesten vorbei.
Fazit: das Maedchen ist bis jetzt schwerkrank im Hinterzimmer, das stabile Baby liegt schoen im Brutkasten.
Ich kann es nicht glauben, dass in so einer Situation der Consultant ueberhaupt fragt!! Der haette ganz klar sagen muessen "Tut mir leid, wir haben hier ein lebensgefaehrlich erkranktes Baby, das braucht ein Intensivbett, und da Ihr Baby das stabilste ist, werden wir es nach S. verlegen." Basta.
Heute morgen, als die anderen Kollegen zum Dienst erschienen und die Lage sahen, waren sie auch sehr aufgebracht. Die Oberschwester wird dem Consultant gut den Kopf waschen. Wir haben hier eine Situation, in der praktisch die Mutter eines Patienten ueber das Management und Leben eines anderen Kindes bestimmt. Wir haben alle KHs in der Region abtelefoniert, aber es gab nur noch in S. ein Bett.
Ich wuerde am liebsten diese Mutter am Kragen packen und ins Hinterzimmer schleifen, um ihr das Neugeborene mit Mekoniumaspirationssyndrom zu zeigen.
Ich kann verstehen, dass man Eltern nicht vor den Kopf stossen soll. Ich weiss auch, dass Patienten und Angehoerige hier in UK einem Arzt viel Kopfweh bereiten koennen, wenn sie sich ueber etwas offiziell beschweren, aber hier ist die Ruecksichtnahme auf die Familie eindeutig zu weit und vor allem auf Kosten des anderen Babys gegangen.
Ich findes das alles einfach nur widerlich und musste das mal loswerden, bevor ich ins Bett kann, um zu schlafen.
Zu Beginn der Schicht wurde ich zu einer Notsectio gerufen:
41/40, Wehen haben eingesetzt, die Mutter kam ins KH. Die Gynnies stellten fest, dass das Ungeborene bradycard war (80/min), so dass sie einen kuenstlichen Blasensprung herbeifuehrten, um die Geburt zu beschleunigen. Dabei ging zaehes Mekonium ab. Fetal blood sampling (komme nicht auf das deutsche Wort) ergab: pH 7.05, base excess -15.6.
Also Notsektio unter Generalanaesthesie. Das Baby, ein Maedchen, schnappte bei der Geburt kurz nach Luft, und das war's auch schon. Sie war komplett schlaff, null Atmung, weiss. Ich rubbelte sie schnell trocken horchte aufs Herz und da war nichts zu hoeren. Im Rachenraum war braeunliches Sekret, dass ich erst mal absaugte (kein Mekonium an den Stimmbaendern) und dann mit IPPV anfing - ohne Erfolg. Der Brustkorb bewegte sich nicht, und das Herz blieb still. Ich versuchte es noch mal mit Hilfe der Hebamme, aber es war genauso fruchtlos. Da rief ich meine Registrar und griff zum Tubus. Ich was gerade am Intubieren, als Eleanor ankam. Als die Intubation nicht klappte, uebernahm sie, versuchte zunaechst selbst IPPV, aber als das erfolglos war, intubierte sie.
Die Herzfrequenz besserte sich nur ganz langsam,und nur langsam wurde die Haut rosa. Eine Neo-Schwester kam auch und half uns, ueber den Tubus, eine Art Bronchiallavage durchzufuehren - wir foerderten noch viel Mekonium zu Tage...
Wir brachten sie auf die Neo-Intensiv, der Consultant sah sie und meinte, wir sollten Cooling beginnen. Das Problem: wir waren voll, es gab kein einziges Bett. Sie wurde an die Beatmungsmaschine in unserem Hinterzimmer (ein Raum, wo wir kleinere Eingriffe durchfuehren oder Babys fuer kurze Zeit ueberwachen) angeschlossen und konnte nur mit recht hohen Druecken beatmet werden. Ihr Blutgas pH 6.9, BE -25 :-((
Sie zog sich einen Pneu zu und bekam eine Thoraxdrainage gelegt. Dabei wurde eine Arterie verletzt, und sie fing an, einen Haematopneumothorax zu entwickeln. Wir waren uns einig, dass wir so ein schwerkrankes Baby nicht in diesem Hinterzimmer lassen konnten und schlug vor, eines der anderen Babies an ein anderes KH zu verlegen und riefen schon die Registrar zu Hause an, die fuer Transporte eingeteilt war. Wir waren uns auch einig, welches Baby verlegt werden sollte (das einzig stabile Baby auf NICU): 27/40, jetzt ca. 2 Wochen alt, CPAP, stabil, bekommt TPN. Der Consultant rief also die Mutter dieses Babys an, erlaeuterte ihr die Situation und sagte ihr klipp und klar, dass das Leben des neuen Babys in Gefahr sei, wenn es nicht vernuenftig versorgt werde. Und dann: er fragte sie, ob sie damit einverstanden waere (sic!!), dass wir ihre Tochter nach S. verlegen. Die Mutter lehnt rundherum ab. Nein, in S. sei ihr Vater gestorben, sie habe an diesem KH schlechte Erfahrungen gemacht und da gehe ihre Tochter nicht hin. (Es sei angemerkt, dass die Neo-Intensiv in S. hervorragend ist und der Vater wohl kaum auf der Neo-Intensiv gestorben ist). Der Consultant schilderte ihr noch einmal die Dringlichkeit der Situation, aber das ging der Mutter am Allerwertesten vorbei.
Fazit: das Maedchen ist bis jetzt schwerkrank im Hinterzimmer, das stabile Baby liegt schoen im Brutkasten.
Ich kann es nicht glauben, dass in so einer Situation der Consultant ueberhaupt fragt!! Der haette ganz klar sagen muessen "Tut mir leid, wir haben hier ein lebensgefaehrlich erkranktes Baby, das braucht ein Intensivbett, und da Ihr Baby das stabilste ist, werden wir es nach S. verlegen." Basta.
Heute morgen, als die anderen Kollegen zum Dienst erschienen und die Lage sahen, waren sie auch sehr aufgebracht. Die Oberschwester wird dem Consultant gut den Kopf waschen. Wir haben hier eine Situation, in der praktisch die Mutter eines Patienten ueber das Management und Leben eines anderen Kindes bestimmt. Wir haben alle KHs in der Region abtelefoniert, aber es gab nur noch in S. ein Bett.
Ich wuerde am liebsten diese Mutter am Kragen packen und ins Hinterzimmer schleifen, um ihr das Neugeborene mit Mekoniumaspirationssyndrom zu zeigen.
Ich kann verstehen, dass man Eltern nicht vor den Kopf stossen soll. Ich weiss auch, dass Patienten und Angehoerige hier in UK einem Arzt viel Kopfweh bereiten koennen, wenn sie sich ueber etwas offiziell beschweren, aber hier ist die Ruecksichtnahme auf die Familie eindeutig zu weit und vor allem auf Kosten des anderen Babys gegangen.
Ich findes das alles einfach nur widerlich und musste das mal loswerden, bevor ich ins Bett kann, um zu schlafen.