PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hausarzt werden?



allgemeinarzt
09.07.2010, 15:48
Hallo an alle die aktuell Ihre Weiterbildung im Bereich Allgemeinmedizin bzw Innere absolvieren und hausärztlich tätig sein wollen.

Ich hatte bisher vor meine Weiterbildung im Bereich Allgemeinmedizin zu absolvieren und dann als Hausarzt zu arbeiten. Nun höre ich überall dass politisch der Hausarzt langfristig abgeschafft werden soll?? Finanzielle Situation, die schon schlecht ist, wird wohl mit den aktuellen Sparbeschlüssen noch schlechter.

Wie geht ihr mit der aktuellen politischen Situation diesbzgl. um? Habt ihr Angst vor der Zukunft? Sollte ich erst gar nicht mit der Weiterbildung zum hausärztlichen Internisten beginnen?

Grüsse
Allgemeinarzt

pottmed
09.07.2010, 16:05
Eine Abschaffung des HA sehe ich eigentlich nicht, eher würde ich von einer Stärkung des Hausarztes ausgehen, da er zunehmend eine Lotsenfunktion einnehmen soll bzw. bereits einnimmt.

allgemeinarzt
09.07.2010, 16:07
http://www.hausaerzteverband.de/cms/Hausarzt-Ticker-im-Detail.529.0.html?&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news]=537&tx_ttnews[backPid]=528

Röslers Wortbruch: Regierung schafft hausärztliche Versorgung in Deutschland ab

Die kluge Debatte um den Landarztmangel in Deutschland ist verhallt, jetzt antwortet Bundesgesundheitsminister Rösler mit einem Frontalangriff auf die hausärztliche Versorgung in Deutschland: Rösler kappt das Honorar der Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung.

„Dieser Minister ist unfähig, die drängendsten Probleme des deutschen Gesundheitssystems zu lösen“, erklärt der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes Ulrich Weigeldt. „Die beschleunigte Beseitigung der Hausarztpraxen in Deutschland ist nicht die geeignete Antwort auf eine alternde Bevölkerung und steigende Morbiditätslast.“

„Bundesgesundheitsminister Rösler ist mit seinen Plänen für die Kopfpauschale krachend gescheitert. Jetzt greift er den Versicherten in die Tasche und zerstört deren wohnortnahe ambulante hausärztliche Versorgung“, erklärte Weigeldt in Berlin.

„Unter den Bedingungen des Kollektivvertrags können wir in Deutschland nichts gegen den Hausärztemangel tun. Röslers Plan, den Vertragswettbewerb durch die Selektivverträge zu beseitigen, wird die systematische Benachteiligung der Hausärzte im KV-System zementieren“, so Weigeldt.

Peter_1
09.07.2010, 16:20
Wer behauptet denn das der Hausarzt abgeschafft werden soll? Dies wäre ja absolut unbezahlbar, keine Partei würde damit durchkommen. Du meinst wahrscheinlich die Diskusionen um die Hausarztverträge. Hier behauptet der Hausarztverband ja, dass die hausärztliche Versorgung abgeschafft würde. Das ist natürlich politisch überspitztes Getöse. Tatsache ist sicherlich, dass die hausärztliche Vergütung erneut zum Spielball der Kassen und der KV en wird und entgegen der Lippenbekenntnisse mancher Politiker keine Aufwertung der hausärztlichen Tätigkeit erfolgen wird. Tatsache ist weiterhin, dass die KVen, die Kassen und die Politik geschlosssen gegen eine Verbesserung der hausärztlichen Honorare und vor Allem gegen eine Verhandlung der Honorare ausserhalb des KV Systems sind. Die KVen haben Sorge um ihre eigene Machtstruktur und schlussendlich auch um eine Diskussion um ihre Daseinsberechtigung. Die Politik fürchtet steigende Kosten, ebenso wie die Kassen. Abgeschafft wird der Hausarzt deswegen beileibe nicht, er soll nur bitteschön weiterhin am Wochenende, nachts, auf dem Lande und in sozialen Brennpunkten für billiges Geld und Pauschale arbeiten und bloss nicht ein eigenes Verhandlungsmandat bekommen. Abgeschafft, keine Sorge wird nicht passieren, auf billige Ärzte in der Breite wird man wohl nicht verzichten können.

DrSkywalker
09.07.2010, 17:22
@Peter1: sehr guter Beitrag, ich versuche mal zu ergänzen..


Für mich ist es auch eine sehr wahrscheinliche Alternative, nach meiner Facharztausbildung als Hausarzt tätig zu werden. Deshalb verfolge ich die Berufspolitik recht genau. Ich kennen außerdem jemanden aus dem Vorstand das Bayerischen Hausärzteverbandes (DER Vorreiterverband in Sachen Hausarztverträge etc.) und bekomme so immer mal wieder Infos, welche nicht unbedingt in der Presse zu finden sind.

Es steht fest, dass niedergelassene Ärzte nicht mehr so gut dastehen, wie vor 20 oder mehr Jahren. Honorare werden gekürzt, dem Niedergelassenen wird immer mehr Bürokratie aufgehalst. Gerade erst Ende Juni hat der Bundestag die Ablenkung durch die WM genutzt und heimlich die Einführung des sog. Stammdatenabgleiches eingeführt. Ab 2010 müssen Niedergelassene Ärzte nun 4 mal im Jahr die Stammdaten ihrere Patienten online abgleichen. Das kostet Zeit und Geld (für Hardware etc.) und wird nicht vergütet. Das ist nur eines von hunderten Beispielen, warum die Niedergelassenen zur Zeit ziemlich laut klagen.

Die Zukunft des niedergelassenen Hausarztes ist sicherer, als die des niedergelassenen Facharztes. Wenn jemand bedroht ist, dann der HNO-oder Augen- oder Hautarzt um die Ecke. Diese Niedergelassenen Ärzte werden seit einigen Jahren faktisch abgeschafft. Warum? 1. zu teuer, da ineffizient 2. ist es wohl so, dass Lobygruppen wie die der großen Klinikkonzerne gerne auch hier mit verdienen möchten, durch Gründung von MVZs. Rhön AG und Co kaufen bereits jetzt Facharztsitze auf um sukzessive MVZs zu gründen, uns Mediziner dort für relativ billiges GEld anzustellen und die Sahne selbst abzuschöpfen.

Ich wundere mich sehr, dass meine Generation der Studenten all das einfach nicht beachtet, da wir es sind, die sich in 5-10 Jahren nicht mehr so ohne Weiteres niederlassen werden können...

Hier noch eine paar interessante Links:

www.hausarzt.de
http://bhaev.de/
http://www.der-andere-hausarzt.de/2010/07/aktuelles-70-2/
http://www.arztwehrdich.blogspot.com/

pottmed
09.07.2010, 17:40
Zu 2. gibt es schon neueste Daten, nämlich dass die Zahl der KH-Einweisungen maßgeblich gestiegen sind, seitdem Klinikkonzerne MVZs besitzen dürfen und diese natürlich an ihre Kliniken anschliessen :-)) Das war dann wohl ein Eigentor dieser Reform.

Langfristig möchte man natürlich vom zweigleisigen Facharztsystem weg kommen, das es so auch nur im deutschsprachigen Raum gibt. Ich persönlich bin zwar ein großer Freund davon und will nicht immer gleich in der Ambulanz eines Klinikums rumsitzen, trotzdem wird es über kurz oder lang die Einzelpraxis (außer in der HA-Versorgung) nicht mehr geben. Einzelpraxen generieren keine Größenvorteile und sind alleine schon dadurch ineffizient.

Naja, die Zukunft wird wohl MVZs gehören, trotzdem wird es nie ohne den niedergelassen Hausarzt gehen :-meinung

LasseReinböng
10.07.2010, 17:39
Wenn eine Gruppe auch in Zukunft garantiert im ambulanten Bereich arbeiten können wird, dann sind es die Hausärzte.

Außerdem bilden sie hinsichtlich der Einnahmen auch nicht das Schlußlicht, wie immer wieder behauptet wird. Psychiater, Neurologen, Pädiater z.B. müssen den Gürtel noch enger schnallen.