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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : bei farbigen Auslaendern KH-Personal extra auf "Infektionsgefahr" hinweisen?



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hipo
26.08.2010, 16:44
Hallo Leute,

heute im Krankenhaus gabs ne Aufnahme. Der Patient war maennlich, um die 40, farbig, spricht gut Deutsch, hatte einen spanischen Vornamen, einen irgendwie auslaendischen Nachnamen. Er hatte selbst angegeben schon viele Jahre in D zu wohnen. Zugegeben: Gewichtsabnahme als Einweisungsgrund.

Der Arzt der Blut abgenommen hat, hatte sich nicht nach einem eventuellen Auslandsaufenthalt erkundigt. Der Patient selbst hatte angegeben vor einigen Monaten in einem anderen deutschen KH ausfuehrlich behandelt worden zu sein. Dort war ein HIV-Test wie ein Hepatitis-Test nach Angaben des Patienten negativ. (Nebenbei: Der Patient berichtete unaufgefordet von seinem letzten AIDS-test?! Warum macht er das wohl?)

Vor der Blutabnahme gabs bei der Fruehstueksrunde der Schwestern so ne Bemerkung "Aufpassen, nicht das wir uns da was einfangen".

Spaeter hat der (werdende) Arzt vor der Blutabnahme 2 paar Handschuhe angezogen (bei jedem andern Patienten nur ein Paar). Auf dem Gang gabs dann noch die wahnsinnig witzige Bemerkung "so.. jetzt den HIV-Todessschuss". (falls er sich selbst sticht)

Nach der Blutabnahme wurde zu den Proben ein fuer alle Schwestern sichtbarer handgeschriebener Zettel "Vorsicht Infektionsgefahr" gelegt. Den kriegt das Labor mit. Dabei liegen taeglich bis zu 15-20 Proben auf diesem Tisch, und bei allen Proben sollte man sich vor Infektionen vorsehen!

Das ist doch sowohl von dem Pflegepersonal als von dem blutabnehmenden Arzt nicht gerade professionell, oder?

Natuerlich sollte man z.b. bei Leuten die in Laendern mit erhoehter Anzahl HIV-Infizierter gewohnt haben extra an AIDS denken. Der Patient kam wegen Gewichtsabnahme. Aber weder Pfleger noch blutabnehmender Arzt wussten was ueber die Herkunft des Patienten, ausser, dass er einen Akzent hat und farbig ist. Man spasste bei der Fruehstuecksrunde, dass er aus Afrika, bzw."aus dem Busch" kommt. Mit dem spanischen Vornamen scheint mir das aber unwahrscheinlich.

Meiner Meinung nach haette gerade der Arzt der Blut abgenommen mit so wenig konkreten Anhaltspunkte diese Aengste und Pauschalurteile nicht bedienen sollen. Oder wenigstens mal ne Studie gelesen haben sollen, von einem Zusammenhang von Hautfarbe und HIV-Infektion bei Patienten in Deutschland. Selbst dann sollte er vorsichtiger mit solchem stereotypisierenden und potentiell diskriminierenden Verhalten sein. (kann mir vorstellen dass einige Pfleger jetzt sogar Angst haben seinen benutzten Teller mit zu nehmen). Bei Blutproben von russischstaemmigen oder zentralasiatischen Patienten, von denen es in diesem KH mehr gibt als "Afrikaner", werden auch keine extra Zettel geschrieben, trotz erhoehter Anzahlen HIV-Infektionen.

Ich habe im Schwesternzimmer gesagt, dass ich den Zettel albern finde... aber eigentlich sehe ich ein echtes Problem.

Habt ihr sowas schon mal erlebt? Was meint ihr dazu?

Kackbratze
26.08.2010, 16:59
So bisher nicht erlebt.
Peinliche Sache. Mehr kann man eigentlich nicht dazu sagen.


Wer sich als Arzt so auf Klischees versteift, kann schnell die offene TBC übersehen und wird dann mit 2 Handschuhen an der Hand trotzdem angehustet. ;-)

Und falls der junge Mann eine Leukämie oder ein Tumorleiden hat, ist es weiterhin peinlich sich so auf eine Infektionskrankheit zu berufen.

Das Patienten bereits erfolgte AIDS-Tests angeben kenne ich auch aus der Ambulanz. Ist doch okay und höchstens ein Zeichen dafür, dass sich die Person Gedanken um die eigene Gesundheit und die des Partners macht.

hipo
26.08.2010, 17:09
Das Patienten bereits erfolgte AIDS-Tests angeben kenne ich auch aus der Ambulanz. Ist doch okay und höchstens ein Zeichen dafür, dass sich die Person Gedanken um die eigene Gesundheit und die des Partners macht.

Hinter dieser Angabe wuerde ich ausserdem vermuten, dass dieser Patient bereits kennengelernt hat, dass man sich besondere "Sorgen" um seinen HIV-Status macht. Weiss nicht, ob er das zu schaetzen weiss. Er blutet nicht, ich habe auf dieser Station noch nicht erlebt, dass einer so gut wie ohne Aufforderung was dazu gesagt hat.

Linda.1001
26.08.2010, 17:11
Spaeter hat der (werdende) Arzt vor der Blutabnahme 2 paar Handschuhe angezogen (bei jedem andern Patienten nur ein Paar). Auf dem Gang gabs dann noch die wahnsinnig witzige Bemerkung "so.. jetzt den HIV-Todessschuss". (falls er sich selbst sticht)

Man spasste bei der Fruehstuecksrunde, dass er aus Afrika, bzw."aus dem Busch" kommt. Mit dem spanischen Vornamen scheint mir das aber unwahrscheinlich.

Meiner Meinung nach haette gerade der Arzt der Blut abgenommen mit so wenig konkreten Anhaltspunkte diese Aengste und Pauschalurteile nicht bedienen sollen.

Was meint ihr dazu?

Das mit dem Todesschuss ist ziemlich unmöglich und äußerst unprofessionell. :-?

Die Sprüche mit 'aus dem Busch' sind aber auch nicht zu verachten. Was ist denn das für ein Klima? Au weia.
:-meinung
Der Gedankensprung farbig - HIV ist leider sogar unter medizinischem Personal schon etwas verbreitet, finde ich nicht wirklich toll.
Vor allem, wenn bekannt, wie im o.g. Fall, dass er einen negativen HIV Test hatte. :-nix

hipo
26.08.2010, 17:23
Was ist denn das für ein Klima?

Sagen wir mal, es ist tiefer Osten, wenn auch noch nicht mal Kleinstadt. Waehrend meinem letzten Erste-Hilfe-Kurs wurde auch ernsthaft diskutiert, ob ein HIV-positiever Ersthelfer Mund zu Mund beatmen DARF. Ohne Scheiss...

Relaxometrie
26.08.2010, 17:25
Der Gedankensprung farbig - HIV ist leider sogar unter medizinischem Personal schon etwas verbreitet
Der Gedanke ist aber -wenn man sich vergegenwärtigt, daß die allermeisten HIV-Infektionen im subsaharischen Afrika vorkommen- rein statistisch gesehen richtig.
Man sollte natürlich trotzdem nicht jeden Farbigen mit HIV gleichsetzen und sowieso bei jedem Patienten die Vorsicht walten lassen, als ob er infiziert sei.

epeline
26.08.2010, 17:26
Sagen wir mal, es ist tiefer Osten

na das erklärt natürlich alles *rolleyes*

Nemesisthe2nd
26.08.2010, 17:36
@relaxo...

ich hab bisher mehr hellhäutige HIV-positive als dunkelhäutige HIV-positive gesehen, selbst in hamburg... könnte einfach daran liegen, dass wir in europa leben...

ich finds auch daneben... da könnte man ja mit gleichem argument osteuropäischen mitbürgern nur noch mit staubmaske unter die augen treten, da ja tbc und xdr-tbc im ostblock relativ verbreitet sind...

pottmed
26.08.2010, 17:37
na das erklärt natürlich alles *rolleyes*

Nicht ? :-))

Keenacat
26.08.2010, 17:40
Ein Haufen rassistische Spacken. Meine Güte, wie konnte DAS passieren? :-kotz
Leider immer noch weit verbreitet. Ich weiß jetzt auch garnicht, was ich dazu sagen soll... Außer, dass das halt alles Spacken sind und ich mit den Leuten nichts zu tun haben wollte.
So ging man in den Häusern, in denen ich war, nicht mal mit nachgewiesen HIV-Positiven um, das hat garnix mit ner echten Gefahr zu tun. Da versuchen nur n paar Leute, ihren Rassismus schlecht hinter angeblicher Infektionsgefahr zu maskieren. Ich hab echt Mitleid mit dem Patient. Stellt euch mal vor, ihr könnt medizinische Versorgung nur von Leuten bekommen, die euch so gegenüber treten...

THawk
26.08.2010, 17:58
Da muss ich Epeline aber mal vollständig zustimmen:

Mit dem Posting beschwerst du dich (imho zu Recht) über das unprofessionelle und voreingenommene Handeln der Kollegen. Aber mit der Erklärung "tiefer Osten" und "noch nicht einmal Kleinstadt" diskreditierst du dich selbst: Auch das ist Verallgemeinerung (oh, nicht Afrika, aber Ostdeutschland!) und stellt dich nicht besser dar.

Und bzgl. den Erste-Hilfe-Kursen: Ich will gar nicht erzählen, was ich schon für Fragen von Medizinstudenten bzgl. Erster Hilfe bekommen habe.... Im Osten wie im Westen...

Lars
(Wessi mit langjähriger Ost-Erfahrung)


und sorry, wenn das nun Off-topic war, aber bei diesem Ost-West-Geschnulze geht mir manchmal einfach die Hutschnur hoch!

dreamchaser
26.08.2010, 18:42
Der Patient tut mir leid, allein, dass er das Ergebnis eines relativ aktuellen HIV-Tests von sich selbst aus mitteilt, sagt schon viel - er merkt ja selbst, wie er behandelt wird. Umso wichtiger ist, dass du gegen diese Vorurteile angehst und normal mit dem Patienten umgehst. Das doppelte Paar Handschuhe verstehe ich nicht wirklich - wenn man sich sticht, sind die Handschuhe kein Schutz, und sofern man keine blutende Verletzung an der Hand hat schützt ein Handschuh völlig ausreichend.
Wir haben auch relativ viele HIV-positive Patienten, da wir eine HIV-Ambulanz am Haus haben. Die sind von ihrer Herkunft recht gemischt. Ich selbst bin da eher vorsichtig bei unseren Junkies, das aber nicht nur bezüglich HIV, sondern gerade auch gegenüber Hepatitis. Trotzdem reicht mir ein paar Handschuhe wie bei jedem Patienten auch da.

hipo
26.08.2010, 19:36
Da muss ich Epeline aber mal vollständig zustimmen:

Mit dem Posting beschwerst du dich (imho zu Recht) über das unprofessionelle und voreingenommene Handeln der Kollegen. Aber mit der Erklärung "tiefer Osten" und "noch nicht einmal Kleinstadt" diskreditierst du dich selbst: Auch das ist Verallgemeinerung (oh, nicht Afrika, aber Ostdeutschland!) und stellt dich nicht besser dar.


Haha, sehr schoen. Wirklich wahr - das ich mit meinen Ost-West-Vergleichen etwas recht vergleichbares mache, bedenkliche Verallgemeinerungen, ist mir vor ner Stunde auch sehr deutlich geworden. Etwas ist da aber schon dran. Ostdeutsche haben einfach mehr Angst vor Auslaendern, obwohl es hier weniger gibt. Allerdings wuerde ich unter Westdeutschen vorsichtiger mit dieser Aussage sein, um bestehende Vorurteile nicht zu verstaerken. Ich hatte bei dem Forum auch nicht vor allem westdeutsche Mitglieder vor Augen. Mir ging es ausserdem ja auch darum, dass man z.b. bei Suedfrikanern durchaus extra an HIV denken sollte, aber wenn man weiss, dass die Mitarbeiter Beruehrungsaengste mit Farbigen haben, sollte man vielleicht besser ganz ueber Afrikaner und HIV schweigen. Minimal gerechtfertigte Vorsichtsmassnahme wegen drohender sehr reeller Diskriminierung besser lassen, sozusagen. Auch bei nem Suedafrikaner mit ungeklaertem Gewichtsverlust? Schwierig...

Ein Ossi mit viel West-Erfahrung

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26.08.2010, 20:23
Ich selbst bin da eher vorsichtig bei unseren Junkies, das aber nicht nur bezüglich HIV, sondern gerade auch gegenüber Hepatitis....

Yup. HIV ist das geringste Problem.
HepC Therapie ist definitiv kein Spaß...


Auch bei nem Suedafrikaner mit ungeklaertem Gewichtsverlust? Schwierig...

Gewichtsverlust ist nicht typisch für eine HIV-Infektion/AIDS. Die Lipodystrophie -deren Bild viele mit AIDS assoziieren- ist überwiegend eine Umverteilung und ein späteres Symptom z.T. auch im Zusammenhang mit der Medikation...

Kackbratze
26.08.2010, 21:17
Aber sowas muss man auch wissen, aber dann lieber Klischees bedienen um Unwissen zu kaschieren.

epeline
26.08.2010, 22:57
und sorry, wenn das nun Off-topic war, aber bei diesem Ost-West-Geschnulze geht mir manchmal einfach die Hutschnur hoch!


Dito.....

wobei ich das verhalten, das hipo beschreibt auch sehr merkwürdig finde.
vielleicht haben die aber auch infos, die du als praktikant nicht hast, wäre das möglich?
ansonsten kann ich mir das irgendwie nicht vorstellen. ich bin irgendwie doch meistens vom guten im menschen überzeugt.
machen die denn generell witze über patienten oder abfällige bemerkungen?


grüße, epeline
ebenfalls ossi mit viel west-erfahrung :-))

Kackbratze
26.08.2010, 23:28
ich bin irgendwie doch meistens vom guten im menschen überzeugt.

Kennst mich nochnicht in Persona...wobei ich diese Tiefe von Niveau (bezogen auf die Threadursache) auchnicht erreiche und selber mit Abscheu beobachte.

angelusmuc
26.08.2010, 23:45
wegen Hep und Hiv, wird man sich hier in D (vor allem in Städten) mehr Gedanken bei Männer zwischen 18 und ?? mit unklarer bzw. klarer sexueller Orientierung machen müssen, als jetzt bei einem Farbigen.

Wobei wie ich schon persönlich erleben durfte (mehrmals), dass man hier in Kliniken sehr schnell in gewisse Ecken gestellt wird. :-(

epeline
26.08.2010, 23:56
Kennst mich nochnicht in Persona...wobei ich diese Tiefe von Niveau (bezogen auf die Threadursache) auchnicht erreiche und selber mit Abscheu beobachte.

im herzen bist du ja bestimmt auch ein ganz netter :-D

Absolute Arrhythmie
27.08.2010, 13:43
Ich hatte in der Ausbildung eine Kollegin aus den neuen Bundesländern die Schwarze grundsätzlich als "Neger" bezeichnete und der Meinung war, das sei völlig normal, bei ihr zu Hause würden alle so reden. Gleichzeitig hab ich aber auch eine Kollegin aus dem tiefsten Westen, die letztens eine Disco, in die vornehmlich Schwarze gehen, als "Bimbo-Disco" bezeichnete. Ich glaub son SChwachsinn kommt einfach überall vor.