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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Febrile Schulterschmerzen und Dyspnoe



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dantheg
11.09.2010, 19:06
Folgender Fall ... 35 jähriger Mann der in die Notaufnahme kommt mit Fieber, Schmerzen in der rechten Schulter und Atemnot. Er berichtet die Schulterschmerzen fingen vor ca einem Monat an als er was schweres in der Arbeit hochgehoben hat. Er ist dann zum Hausarzt der Ibuprofen und 1 Woche orale Steroide verschrieben hat. Die Beschwerden besserten sich etwas aber nicht vollständig. Vor 3 Tagen ist er dann zum Orthopäden gegangen der eine Steroidinjektion in die rechte Schulter durchgeführt hat, ohne großartige Besserung. Seit vorgestern hat er Fieber mit Nachtschweiß und kann die Schulter kaum bewegen, seit gestern bekommt er zusätzlich zu allem auch noch schlecht Luft.

Die körperliche Untersuchung zeigt kaum aktive Bewegung in der rechten Schulter mit ca 50% Einschränkung der passiven Bewegung in allen Richtungen, Erythem superior und anterior von der rechten Schulter bis hin zum lateralen Nacken.

Was wollt ihr noch wissen zur Anamnese?

Bille11
11.09.2010, 19:10
ich möchte gerne noch wissen, wann die letzte mahlzeit war, (und wann mein op frei ist), nen blick auf das gelenk werfen, die bewegungsprüfung sofern er mich dabei nicht vor schmerzen umbringen will und nen kleines blutbild, elythe und crp, krea. sono oder nativ-röntgen.

dann ein date im op buchen und ab geht die post. va. infektion des gelenkes.

Rico
11.09.2010, 20:28
Und die Dyspnoe? Da würd ich schonmal nach forschen bevor der nen Tubus kriegt.
Verdachtsdiagnose wäre bei mir eine Mitbeteiligung der Pleura/Lunge, entweder per continuitatem oder durch Streuung vom klinischen Infektfocus an der Schulter.
EKG, D-Dimer, Trop, BNP (ja, auch beim 35-jährigen... :-oopss)
Ich würd außerdem ein CT machen - wenn's die Niere erlaubt mit KM. Frage: Schultergelenk/Weichteilmantel: Abszeß, Verhalt, Gelenkerguss? Lunge: Erguss? Infiltrat? Strauung? (falls kein CT verfügbar: Rö-Thorax + Sonodiagnostik Gelenk + Weichteil + Pleura).

Sofortmassnahme: i.v.-Antibiose, z.B. Tavanic/Sobelin nach vorherigen BKs.

Dann weiter nach Ergebnis der Diagnostik...

Bille11
11.09.2010, 20:31
die allgemeinsymptomatik sehe ich als infektionsbedingt. generalisierte symptome. auf die lunge wird der narkosearzt schon hören, das ist für "mich als chirurgen" - in der position steht derjenige welche grad vor dem patienten - unwichtig.

ursache für die hochwahrscheinliche infektion: kortikosteroid-injektion in ein gelenk mit vorheriger kortikosteroidbehandlung.. ob es eine idiopathische, eine borreliose-assoziierte, eine generell-arthritis/rheumatisch assoziierte oder eine injektions-assoziierte infektion ist, ist dem chirurgen zu diesem zeitpunkt egal.

die sofortantibiose würde ich solange "on hold" lassen, bis ich einen abstrich habe. den abstrich/punktat entnehme ich - sofern ich mich aufgrund der allgemeinsituation/laborchemischen parameter für eine rasche chirurgische exploration des gelenkes entscheide - nicht per punktion, sondern zu beginn der operation. somit keine sofortantibiose bei mir bis punktat-probe existiert.

dantheg
11.09.2010, 20:35
Na na na, nicht so schnell! Anamnese, Anamnese, Anamnese!

Die letzte Mahlzeit war gestern Abend, eigentlich hat er die letzten Paar Tage kaum Hunger gehabt. Beim Nachfragen war er letztes Jahr schon mal im Krankenhaus wegen einer MRSA Zellulitis im linken (anderen) Arm die aber mit Antibiotika völlig weggegangen ist.

Warum aber sollte er eine Infektion in der Schulter entwickeln? Und warum bekommt er schlecht Luft? Hierzu sollte man zumindest ein Paar Fragen stellen bevor man schneidet.

Bille11
11.09.2010, 20:38
Folgender Fall ... 35 jähriger Mann der in die Notaufnahme kommt mit Fieber, Schmerzen in der rechten Schulter und Atemnot. Er berichtet die Schulterschmerzen fingen vor ca einem Monat an als er was schweres in der Arbeit hochgehoben hat. Er ist dann zum Hausarzt der Ibuprofen und 1 Woche orale Steroide verschrieben hat. Die Beschwerden besserten sich etwas aber nicht vollständig. Vor 3 Tagen ist er dann zum Orthopäden gegangen der eine Steroidinjektion in die rechte Schulter durchgeführt hat, ohne großartige Besserung. Seit vorgestern hat er Fieber mit Nachtschweiß und kann die Schulter kaum bewegen, seit gestern bekommt er zusätzlich zu allem auch noch schlecht Luft.

Die körperliche Untersuchung zeigt kaum aktive Bewegung in der rechten Schulter mit ca 50% Einschränkung der passiven Bewegung in allen Richtungen, Erythem superior und anterior von der rechten Schulter bis hin zum lateralen Nacken.

Was wollt ihr noch wissen zur Anamnese?


Na na na, nicht so schnell! Anamnese, Anamnese, Anamnese!

Die letzte Mahlzeit war gestern Abend, eigentlich hat er die letzten Paar Tage kaum Hunger gehabt. Beim Nachfragen war er letztes Jahr schon mal im Krankenhaus wegen einer MRSA Zellulitis im linken (anderen) Arm die aber mit Antibiotika völlig weggegangen ist.

Warum aber sollte er eine Infektion in der Schulter entwickeln? Und warum bekommt er schlecht Luft? Hierzu sollte man zumindest ein Paar Fragen stellen bevor man schneidet.



die allgemeinsymptomatik sehe ich als infektionsbedingt. generalisierte symptome. auf die lunge wird der narkosearzt schon hören, das ist für "mich als chirurgen" - in der position steht derjenige welche grad vor dem patienten - unwichtig.

ursache für die hochwahrscheinliche infektion: kortikosteroid-injektion in ein gelenk mit vorheriger kortikosteroidbehandlung.. ob es eine idiopathische, eine borreliose-assoziierte, eine generell-arthritis/rheumatisch assoziierte oder eine injektions-assoziierte infektion ist, ist dem chirurgen zu diesem zeitpunkt egal.



wir KÖNNEN natürlich noch die tuberkulose oder den pancoast-tumor ausschliessen, die beide hochwahrscheinlich bei dieser anamnese und klinik sind.. [ironiemodus off]

Rico
11.09.2010, 20:42
Ich will ja (erstmal) gar nicht schneiden.... :-))

netfinder
11.09.2010, 20:46
Notfall-MR, bitte, ohne ausreichende Bildgebung schneidet den nen Chirurg eh ned auf...

Bille11
11.09.2010, 20:48
nun - die weitere diagnostik hängt an den ergebnissen der flüssigkeit, die sich in der schulter befindet. oder an der evaluation der weichteile bei inzision.

netfinder: bringt dir das mrt eigentlich einen diagnostischen und therapeutischen vorteil ggü dem ct - das der internist :-love (rico) gerne haben möchte. sofern du es im feld-wald-wiesen-kh sofort bekommen solltest..

dantheg
11.09.2010, 20:53
Die Dyspnoe einzig und alleine mit der Infektion zu erklären wäre in diesem Fall falsch.

Mir ist schon klar dass die Teilnehmer hier wohl schon mit dem PJ (längst) fertig sind aber Sinn ist doch eine strukturierte Anamnese und körperliche Untersuchung zu simulieren? Klar man kann bei dem Kerl sofort operieren aber ich kann dir sagen, die sofortige OP war in dem Fall nicht nötig. Zunächst muss man ja auch stabilisieren bevor man schneidet...

dantheg
11.09.2010, 21:01
Na gut ... wenn die Mehrheit ohne Anamnese weiterfahren will:

Blutbild mit erhöhten Leukos (war ja klar).

Chemie oB.

EKG ohne ischämischen Veränderungen.

MR von der Schulter wurde gemacht (alternativ hätte ein Schall es auch getan) und zeigte Weichteilschwellung, wenig Flüssigkeit im AC Gelenk, Glenohumeralgelenk oB.

CT Angio Thorax zeigte auch Weichteilschwellung in der rechten Schulter, aber auch bilaterale Lungenembolien und Lungeninfarkte.

Vitalparameter: Temperatur 39.5, Herzfrequenz 120, Blutdruck 95/70, Atemfrequenz 25, Sättigung 90%

Wat nun? Genauer: welche/wie viel Flüssigkeit gibt man? fängt man mit Antibiotika an und mit welchen? macht man eine Gelenkaspiration, welches Gelenk?

Bille11
11.09.2010, 21:02
zum thema anamnese:


Folgender Fall ... 35 jähriger Mann der in die Notaufnahme kommt mit Fieber, Schmerzen in der rechten Schulter und Atemnot. Er berichtet die Schulterschmerzen fingen vor ca einem Monat an als er was schweres in der Arbeit hochgehoben hat. Er ist dann zum Hausarzt der Ibuprofen und 1 Woche orale Steroide verschrieben hat. Die Beschwerden besserten sich etwas aber nicht vollständig. Vor 3 Tagen ist er dann zum Orthopäden gegangen der eine Steroidinjektion in die rechte Schulter durchgeführt hat, ohne großartige Besserung. Seit vorgestern hat er Fieber mit Nachtschweiß und kann die Schulter kaum bewegen, seit gestern bekommt er zusätzlich zu allem auch noch schlecht Luft.

Die körperliche Untersuchung zeigt kaum aktive Bewegung in der rechten Schulter mit ca 50% Einschränkung der passiven Bewegung in allen Richtungen, Erythem superior und anterior von der rechten Schulter bis hin zum lateralen Nacken.

Was wollt ihr noch wissen zur Anamnese?


Na na na, nicht so schnell! Anamnese, Anamnese, Anamnese!

Die letzte Mahlzeit war gestern Abend, eigentlich hat er die letzten Paar Tage kaum Hunger gehabt. Beim Nachfragen war er letztes Jahr schon mal im Krankenhaus wegen einer MRSA Zellulitis im linken (anderen) Arm die aber mit Antibiotika völlig weggegangen ist.

Warum aber sollte er eine Infektion in der Schulter entwickeln? Und warum bekommt er schlecht Luft? Hierzu sollte man zumindest ein Paar Fragen stellen bevor man schneidet.

das ist so etwa die standard-anamnese die ein 08/15 patient liefert. und die einen 08/15-chirurgen in der notaufnahme interessiert.

aufenthalte im borreliose-verseuchten waldgebiet, gabun/kambodscha/südamerika .... fragt man in der notaufnahme-praxis eher selten.

die mögliche rm-schädigung/sehnen-tendinitis als primäre schädigung, welche anbehandelt wurde, schwirrt nur im hinterkopf als nicht akut-behandlungsbedürftig und ursächlich für die aktuellen probleme.

die möglicherweise rezidiv-problematik einer mrsa-zellulitis (bakterien schwimmen im blut und machen auf der anderen seite probleme) ist auch eher unwahrscheinlich bei dieser anamnese.

---

bekommen wir jetzt auch laborwerte und ct-befund (den du uns angeboten hast)

ah - sind jetzt da.

dann würde ich annehmen, dass die lungen-symptomatik - die dem narkosearzt und/oder im ct (welches heutzutage als ct-schulter mit anschnitten der lunge meistens in der diagnostik mitgemacht wird) aufgefallen wären - allerdings in der präoperativen diagnostik (schlechte sauerstoff-sättigung/dimere - bga-indikationen? auch aufgefallen wäre..

nun, wie gehts weiter. lassen wir die rookies mal ran..

Rico
11.09.2010, 21:35
und die einen 08/15-chirurgen in der notaufnahme interessiert.Nur so nebenbei, der Patient hätte sich ja auch mit der Dyspnoe in der Inneren vorstellen können... ;-)

Bille11
11.09.2010, 21:56
in der interdisziplinären notaufnahme wäre er sofort zu denen gebucht worden. :-(( die chirurgen hätten aber die lungengeräusche internistisch abklären lassen (:-D - konsil)

wäre er bei einem internisten gelandet (herz-abklärung) , dann hätte ein vernünftiger internist (also der 08/15-internist) sich das chirurgie-konsil (und den wahrscheinlichen turf) nicht nehmen lassen.. :-D

WackenDoc
11.09.2010, 22:10
Die Frage, die sich stellt, ist ja, wie der junge Mann an beidseitige Lungenembolien und Lungeninfarkte kommt.

Und wie ist der damals an die MRSA-Zellulitis gekommen?

Also ich turfe den auf Intensiv und bin froh, dass ich nur Allgemeinmediziner und nicht Internist werde:-wow

dantheg
11.09.2010, 22:11
aufenthalte im borreliose-verseuchten waldgebiet, gabun/kambodscha/südamerika .... fragt man in der notaufnahme-praxis eher selten.

Ich will dir nicht zu nahe treten aber eine Reiseanamnese gehört immer dazu wenn man eine infektiöse Etiologie vor sich hat. Man muss ja nur fragen ob man in letzter Zeit gereist ist. Genauso wie Kontakte mit Kranken und die Sozialanamnese...


die möglicherweise rezidiv-problematik einer mrsa-zellulitis (bakterien schwimmen im blut und machen auf der anderen seite probleme) ist auch eher unwahrscheinlich bei dieser anamnese.

Wie sicher bist du denn? Mit welchem Antibiotikum wurdest denn du anbehandeln (bzw in deinem Fall nach der OP weiterbehandeln)? Und an welche Etiologie denkst du warum er infiziert ist?


Nur so nebenbei, der Patient hätte sich ja auch mit der Dyspnoe in der Inneren vorstellen können... ;-)

Hat er sich auch...

dantheg
11.09.2010, 22:17
Und wie ist der damals an die MRSA-Zellulitis gekommen?

Spontan (hier haben wir eine relativ hohe Rate an MRSA in der Community, in Deutschland wäre das seltener anzutreffen).


Also ich turfe den auf Intensiv und bin froh, dass ich nur Allgemeinmediziner und nicht Internist werde:-wow

Ein guter Vorschlag - dieser Patient braucht die Intensiv weil er schlecht oxygeniert und er die SIRS Kriterien erfüllt, wahrscheinlich auch septisch ist.

Was macht die Intensiv nun mit dem Patienten? Was geben die um den Patienten zu stabilisieren?

WackenDoc
11.09.2010, 22:23
Was meinst du mit Community?

Was sacht denn die Gerinnung, die ich sinnigerweise gleich mit abgenommen hab.
Blutkulturen nehm ich bei so einer Temperatur auf jeden Fall ab.

Meine Überlegung: Was ist Henne und was Ei- hat er die Lungenembolien und -infarkte wegen einem Gerinnungsproblem aufgrund der Sepsis aufgrund einer Infektion der Schulter aufgrund der Injektion in selbige.

Oder hat er das Schulterproblem aufgrund eines sytemischen anderen Problems?

Nimmt er eigentlich Medikamente? Sowohl akut als auch Dauermedikation.

Rico
11.09.2010, 22:37
Was macht die Intensiv nun mit dem Patienten? Was geben die um den Patienten zu stabilisieren?Orientierung:
Körperliche US, arterieller Zugang, Echo (RV, PAPsyst), Sono-Cava (Wasserstand Ausgangswert), falls Patient absehbar katecholaminpflichtig oder schlechter peripherer Venestatus rasch ZVK, DK, Sepsis-Labor-Status.
Therapie:
1. Antibiose (falls in der NA durch den Chirurgen nicht gegeben ;-)) - in Kenntnis des Lungenbefundes würd ich auf Tazobac/Klacid wechseln - die MRSA-Bedrohung kann ich schlecht abschätzen bei dem offenbar fremdländischen Kollektiv, falls es bei Euch häufig MRSA-Pneumonien gibt könnte man gleich eskalieren, bei uns ist das selten, da würd ich die Initialtherapie mal so machen.
2. Volumen, Volumen, Volumen - kristalloid, z.B. Ionosteril, literweise, falls drauf der Druck nicht kommt Katecholamine (beginnend mit Arterenol) bis zum MAD von 60.
3. Sauerstoff, ggf. NIV je nach BGA, ggf. ne schnelle Broncho zur MiBi-Gewinnung
4. Heparin 5.000E Bolus, dann Perfusor nach PTT; Beinvenenduplex und ggf. Beine wickeln

Von der Schulter würd ich die Finger lassen, Antikoagulation hat Vorrang. :-meinung

Bille11
11.09.2010, 22:57
form follows function. :-) ergo: leben vor einschränkung.

euer patient - ricos schema klingt intensivmedizinisch schön!

somit haben die chirurgen eine nette möglichkeit zum schneiden verpasst :-))