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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : EKG - Notfall - WTF?!



Grübler
19.09.2010, 01:22
Hab vorhin im Krankentransport ne abgefahrene Sache erlebt.

Patient mit gut darstellbaren neu aufgetretenen bilateralen Beinödemen. Absolut schwach auf den Beinen, obwohl vorher angeblich noch rumgelaufen. Kein Thoraxschmerz. Kein Stechen in der Brust. Atmung und Sättigung suffizient. Konnte seine Blasenfunktion nicht mehr kontrollieren.

(-- Einweisungsdiagnose KV-Dienst: "V.a. Pneumonie DD TIA" :-)) --)

Gut. In den Wagen geschafft, EKG dran, zunächst 3-Kanal.

Senkungen in I und II, Hebung in III. Ups. 12-Kanal drangebastelt. Wilde Hebungen und Senkungen in allen Ableitungen. Aha. Notarzt mit V.a. ACS nachalarmiert, ins KH gefahren.

Es sind vom ersten 3-Kanal bis zum EKG im KH vielleicht 15-20min vergangen. Da sah das Bild dann aber wieder komplett anders aus! Die ST-Strecken Veränderungen waren bis auf diskrete Senkungen in V4-6 verschwunden, stattdessen sah es nun wie in (in)kompletter LSB aus (knapp an der 0,12s Grenze). Joa.

http://www.fastshare.org/download/EKGs.zip

Was war denn das jetzt? War das ein Myokardinfarkt mit akuter Dekompensation einer Herzinsuffizienz (s. Beinödeme)? Oder eine Mikroembolie, die zu einem neu auftretenden LSB geführt hat? Oder was???

teletubs
19.09.2010, 09:53
Vielleicht passagerer LSB? :-nix

Zumindest hatte ich heute nacht auch einen Patienten, der vor 2 Jahren einen sauberen kompletten LSB mit ÜLT hatte. Nun aber kein LSB mehr, aber feine T-negativierungen inferior und über der Vorderwand. CK war heute und damals erhöht, kein Troponin.

Wahlweise EKG sowieso wiederholen mit Rechtsableitung...dazu Labor und Verlaufskontrolle. Und was kam bei dem raus?

Grübler
19.09.2010, 10:25
Ich hab mir das KH EKG grad noch mal bei Tageslicht angeschaut. Da sind schon noch diskrete Senkungen zu sehen in V4-V6, aber kein Vergleich zu dem, was der Patient uns vorher geboten hat...

Ich muss mal schauen, ob ich den weiteren Verlauf des Patienten mitbekommen irgendwie - bin leider nicht in dem Haus im PJ, in dem der Patient gelandet ist...

Kann ein LSB intermittierend zu solch heftigen Veränderungen führen? Dass er zu Hebungen/Senkungen führt, ist mir klar, aber so kurzfristig und dann quasi rückläufig im Verlauf??? Ich komm da immer noch nicht drauf klar :-))

Bei Gelegenheit scann ich hier mal ein paar Streifen aus dem LP12 EKG rein...

Rico
24.09.2010, 12:14
Ein neu aufgetretener LSB ist doch ein Hebungsäquivalent und gehört auch kathetert...

dantheg
25.09.2010, 00:42
Es gibt natürlich neben thromotischen Verschlüssen auch Koronarspassmen die ein akutes Koronarsyndrom verursachen können die im EKG dynamisch sein können. Aber an sich klingt es nicht unbedingt nach einem Herzinfarkt ... vielleicht kannst du mehr zur Anamnese erzählen?

Grübler
25.09.2010, 23:44
Ich hab hier mal ein paar EKGs von dem Einsatz:

http://www.fastshare.org/download/EKGs.zip

Die LP12-EKGs sind nur jeweils 3 Ableitungen, weil ich sie nachträglich erst aus dem Archiv geholt habe... so ähnlich sah es aber dann auf allen Ableitungen aus, also nicht wundern...

Zur Anamnese oder dem weiteren Werdegang des Patienten kann ich leider im Moment nichts sagen, weil es eben ein doofer KTW Einsatz war (zumindest initial ;-) ). Ich werd versuchen, da mal nächste Woche nachzuhaken. Irgendwie. Blöd, dass ich in dem Haus kein PJ mache - wie komme ich denn jetzt an die Patienteninfos ran...?

dantheg
26.09.2010, 05:56
Cheers für die EKGs!

Eigentlich korrelieren die doch ziemlich gut miteinander (bis auf III) ... du vergleichst ja 2 verschiedene Geräte mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten miteinander, da können die EKGs schon mal anders aussehen. Wurden die Elektroden ausgetauscht zwischen den 2 EKGs ausgetauscht? Das könnte auch zur Verwirrung beitragen. Und habt ihr was in der Zwischenzeit gegeben (Nitro, BB?)?

Aber mal zum eigentlichen, zweiten EKG - tachykardes Vorhofflimmern mit ventrikulären Extrasystolen, normale Herzachse versus Linkstyp, QRS Länge erscheint noch normal (müsste man genau ausmessen), R Progression in V4, Q in III, ST Senkungen in aVL, I, aVR (bzw Hebung), II und in V4-6, keine T Negativierungen per se.

Obs jetzt ischämisch ist müsste man etwas mehr zur Anamnese wissen - wie lange geht das schon und welche Beschwerden usw und an Hand der Trops.

Grübler
26.09.2010, 13:39
Die EKGs sind schon etwas schwer vergleichbar, das stimmt...

Unser präklinisches Ding haben wir anhand der ICRs geklebt, so wie es sein muss. Die Elektroden wurden im KH aber wieder abgerissen und das EKG neu geschrieben von einer Ambulanzschwester. Die hat das eher nach dem System "Darts" gemacht, also volles Augenmaß, nach keinem objektivierbaren Algorithmus. Also wenn, dann ist das klinische EKG suboptimal geklebt ;-)

Der QRS ist ausgemessen irgendwo im Bereich zwischen 0,1 und 0,12s - also als grenzwertiger / inkompletter Block zu bezeichnen...

Der Sokolow-Lion-Index ist auch noch positiv für LH-Hypertrophie. Wenn ich mich nicht völlig täusche, war auch der Herzspitzenstoß nach links verlagert. Soviel noch dazu.

Der Lagetyp ist doch eindeutig ein Linkstyp, oder?

Wenn ich bloß den weiteren Verlauf beobachten könnte. Kann ich da einfach reinspazieren und mal nachfragen..?

Leelaacoo
26.09.2010, 21:16
Hmm...also ich hätte aus dem ersten EKG jetzt keinen Hebungsinfarkt gemacht...seid ihr wirklich sicher, dass es richtig geklebt war? Die Elektroden können ja richtig liegen, aber die Kabel müssen ja auch richtig sein (net bös verstehen, aber das passiert schon mal und ist auch nichts ungewöhnliches). Die Schwestern in der Aufnahme kleben ja zig EKGs am Tag seit Jahren (bis Jahrzehnten), die brauchen keinen Algorithmus mehr;-)
Ansonsten hilft nur...Klinik, Klinik, Klinik, Troponin....ein NSTEMI ist immer drin und wenns ein neuer kompletter LSB + Klinik (!) wäre -> Katheter.

LG Lee (die sich wundert, warum bei euch die Ableitungen so wild gemischt sind, das ist irgendwie nicht so recht physiologisch...erst II, dann I, auf einem I, II und V3??? )

Grübler
29.09.2010, 23:06
Hm, naja, ich kann's natürlich nicht beschwören, dass die Kabel den richtigen Elektroden zugeordnet waren - aber ich müsste ja schon ziemlich wild daneben gelegen haben, um Hebungen zu produzieren, oder?

Die Ableitungen der LP12-EKGs sind so wild gemischt, weil wir halt durchgeschaltet haben. Und jedes mal, wie ein Frequenz-Alarm im Gerät losgegangen ist, hat er ein Bild des aktuellen Monitors ins Archiv gespeichert. Wollten halt nicht ständig alle 12 Kanäle ausdrucken ;-)