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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lokalanästhestika und pH Werte



ehemalige Userin 24092013
06.11.2010, 16:27
Noch eine kurze Zwischenfrage: ich steig da net so wirklich durch (muss es aber wenigstens fürs mdl können).
Kann man sagen: je niedriger der pH Wert eines LA, deste "unwirksamer" oder wie läuft das da mit dem pH?

KoelnerMedizin
06.11.2010, 17:03
Also ein LA hat schonmal keinen pH, sondern das Gewebe, in dem Protonen gelöst sind. Was du meinst ist vielleicht der pKs-Wert?

Also bei sehr geringem Gewebe-pH werden die Aminogruppen der LA (LA sind ja tertiäre Amine) stark protoniert, d.h. sind lipophob. Um wirken zu können, müssen die LA aber durch die Membran des Axons diffundieren. Ist dies durch eine erhöhte Protonation nicht möglich, können sie ihre Wirkung auch nicht entfalten. Andersrum darf der Gewebe-pH aber auch nicht zu hoch sein, denn dann kann das LA zwar an seinen Wirkort diffundieren, ABER es kann seine Wirkung nicht entfalten, weil LA dies nur in ausreichendem Maße in ihrer protonierten Form können.

Oder meinst du jetzt den pKs-Wert des LA-Moleküls?

ehemalige Userin 24092013
06.11.2010, 17:05
Ja pKs. :-blush aber es ist auch interessant das Andere dazu zu lesen ;-).

KoelnerMedizin
06.11.2010, 17:43
OK, beim pKs ist es so, dass der ja eine Aussage darüber macht, wie stark eine Säure ist.

Und da gibt es ja die schöne Henderson-Hasselbalch-Gleichung:
AC- sind dissoziierte Moleküle und HaC undissoziierte

pH = pK + lg (Ac-/HaC)

Die Gleichung kann man in ein paar Schritten umstellen in:

Ac-/HAc = 10^(pH-pK)

Das gilt aber nur für saure Pharmaka, da LA aber basisch sind, und da hierbei eine Erhöhung des pH, d.h. geringerer Protonenkonzentartion (Erhöhung des Exponenten) mit einer verminderten Protonation der LA-Moleküle einhergeht (NH3 + H+ <=> NH4+). Dann muss man den Bruch umkehren und man erhält:

Ac-/HAc = 10^(pK-pH) (Gl. 1)

So, und dieser Gleichung kannst du nun entnehmen, dass (angenommen konstanter Gewebe-PH von 7,4) der pK sich in einer gewissen Größenordnung befinden muss, weil sich das LA in einem guten Mittelding zwischen lipophil und hydrophil befinden muss: Zu stark protoniert heißt, es kann nicht zum Wirkort diffundieren, zu stark deprotoniert heißt, es kann zwar an seinen Wirkort, dort seine Wirkung aber nicht entfalten.
Sprich: Je niedriger der pK-Wert (Der von Lidocain beträgt glaube ich um die 8), desto geringer wäre der Exponent in Gl. 1 und desto niedriger also auch der Quotient auf der anderen Gleichungsseite. Bei einem zu geringen pK-Wert wäre also das LA-Molekül zu stark deprotoniert. Dann kann es zu seinem Wirkort vordringen, aber aufgrund seiner biophysikalischen Eigenschaften keine ausreichende Natriumkanalblockade durch elektrostatische Repulsion bewirken. Bei zu hohem pK-Wert wäre es dieselbe Kiste wie bei einem zu geringem Gewebe-pH.
Übrigens: Mit dieser Gleichung kannst du auch verstehen, warum LA in entzündlichem Gewebe (pH<5) quasi unwirksam sind ;-)

ehemalige Userin 24092013
07.11.2010, 07:15
Das ist mal gut und aus führlich - Danke :-)!

ehemalige Userin 24092013
07.11.2010, 10:08
Der Ausbreitungsunterschied von hyperbaren LA zwischen Mann und Frau (in Seitenlage) müsste ja so sein, dass das Niveau bei der Frau tendenziell ehr höher ist als beim Mann (wenn man sich den Wirbelsäulenverlauf anschaut) - kann man das so sagen?

Flemingulus
07.11.2010, 16:51
Der Ausbreitungsunterschied von hyperbaren LA zwischen Mann und Frau (in Seitenlage) müsste ja so sein, dass das Niveau bei der Frau tendenziell ehr höher ist als beim Mann (wenn man sich den Wirbelsäulenverlauf anschaut) - kann man das so sagen?

Meinst Du jetzt, weil Frauen im Durchschnitt breitere Hüften haben oder was meinst Du mit Wirbelsäulenverlauf in Seitenlage? Hm... scheint mir eine interessante, aber etwas theoretische Fragestelleung zu sein... man wird doch bei jedem Patienten individuell drauf achten, wie der gelagert ist und sich dabei wenig um den statistischen Mittelwertunterschied scheren. Oder ich hab Deinen Punkt noch gar net kapiert. Könnte natürlich auch sein. :-)

Und was an Gl. 1 von KM vielleicht noch etwas misleading ist, ist dass die Ladungen noch von der Situation bei Säuren her übernommen wurde. Bei LA ist aber die deprotonierte Form (entspr. Ac- in der Gl. 1) neutral (B) und die protonierte Form (entspr. HAc in der Gl. 1) positiv (HB+) geladen.

ehemalige Userin 24092013
07.11.2010, 16:57
Meinst Du jetzt, weil Frauen im Durchschnitt breitere Hüften haben

Es ist verdammt tragisch aber jupp, das ist der Grund und somit auch der Wirbelsäulenverlauf in Seitenlage. Der Striebel erklärt das in der Tat noch recht gut....habs irgendwie ergooglen können.

ehemalige Userin 24092013
07.11.2010, 17:01
Das Emla Pflaster: Mischung aus Lidocain und Prilocain (je 2,5%). Lidocain hat seinen Schmelzpunkt bei 67°C und Prilocain bei 37°C, wie kommt es zu einer Erniedrigung des Schmelzpunktes auf 18°C wenn man beide Substanzen mischt (ich war ja echt nie n Hirsch in Mathe...aber das ist jetzt komisch irgendwie).

BTW: niedriger Schmelzpunkt und hoher Anteil an freien Basen trägt zur Diffusion in die Haut ein....Wirkungsweise ist soweit klar.

Flemingulus
07.11.2010, 17:22
Was den Schmelzpunkt angeht... der ist vereinfacht Ausdruck der inneren Unordnung in einem Teilchenverband (Flemingels haben eine sehr niedrigen Schmelzpunkt, Kaddels einen hohen). Wenn man zwei Teilchen zusammentut (User F. und Userin K. veranstalten ein gemeinsames Kochen), muss die resultierende Unordnung nicht der Mittelwert beider Einzelkomponenten sein. Wenn User F. allein kocht, ähnelt der Zustand der Küche anschließend einem Atomtestgebiet, wenn Userin K. dem feinen Hörrn F. aber energisch hinterherräumen würde (Konjunktiv!), könnte das Endresultat immer noch ein hochgeordneter Zustand auf Kaddelniveau sein.

Ich liebe ja Küchenphysik :-oopss

KoelnerMedizin
07.11.2010, 18:30
Und was an Gl. 1 von KM vielleicht noch etwas misleading ist, ist dass die Ladungen noch von der Situation bei Säuren her übernommen wurde. Bei LA ist aber die deprotonierte Form (entspr. Ac- in der Gl. 1) neutral (B) und die protonierte Form (entspr. HAc in der Gl. 1) positiv (HB+) geladen.

Das ist richtig, das war von mir etwas unsauber bei der Base Ac- als protonierte Form darzustellen (weil bei COOH wäre es deprotoniert). Deswegen muss man ja den Bruch (bzw. äquivalent dazu auch den Exponent) umstellen. Dann steht Ac- nicht mehr für protoniert, sondern geladen ;-)

Rico
07.11.2010, 21:52
Das Emla Pflaster: Mischung aus Lidocain und Prilocain (je 2,5%). Lidocain hat seinen Schmelzpunkt bei 67°C und Prilocain bei 37°C, wie kommt es zu einer Erniedrigung des Schmelzpunktes auf 18°C wenn man beide Substanzen mischt (ich war ja echt nie n Hirsch in Mathe...aber das ist jetzt komisch irgendwie).Das Sichwort ist "Eutektisches Gemisch," ich glaub Flemingulus hat es schon beschrieben, alle Metaphern hab ich aber nicht kapiert. :-blush
Das griffige Beispiel ist da Streusalz. Wasser gefriert bei 0°C, durch Zugabe von NaCl läßt sich der Gefrierpunkt bis auf glaub -18°C absenken, deshalb taut das Eis auf der Straße wieder auf.

ehemalige Userin 24092013
08.11.2010, 13:56
Warum genau bewirkt Catapressan als Zusatz zum LA (bei einer Spinalen z.B.) eine verlängerte Wirkdauer? Was passiert da?
Adrenalin als Zusatz zum LA erklärt das ja einfacher....Vasokonstriktion (lokal), verlangsamter Abbau.....(vereinfacht beschrieben).

Flemingulus
08.11.2010, 14:06
Alpha2-Agonisten wirken auf spinaler Ebene analgetisch durch Hemmung der Freisetzung pro-algetischer und evtl. auch Förderung der Freisetzung analgetischer Überträgerstoffe. Ob die Effekt von Clonidin (Catapresan(R)) alle über Alpha2-Rezeptoren erfolgen ist aber noch nicht so ganz klar.

Ansonsten sind Alpha2-Agonisten übrigens lokal auch vasokonstriktorisch Wirksam... aber das dürfte bei den spinalen analgetischen Effekten keine große Rolle spielen.