PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : S100



Lava
10.12.2010, 11:49
Wird bei noch jemandem hier in der Klinik S100 im Serum bestimmt in der Schädel-Hirn-Trauma Diagnostik? Ich weiß ehrlich gesagt fast nichts über diesen ominösen Laborwert, aber unser Leitender OA besteht da immer drauf. Jedenfalls meint er, wenn man Zweifel hat, ob man bei einem Patienten ein Schädel CT machen soll oder nicht (besonders bei jungen Patienten, die man nicht unnötig Strahlung aussetzen will), könnte man ja erst mal das S100 bestimmen. Laut Wikipedia habe das einen hohen negativ prädiktiven Wert. Wenn's erhöht ist, sagt das wiederum wenig aus. Soweit, so gut. Ich erinnere mich aber an einen Patienten letztes Jahr, der ne fette Hirnblutung hatte (SDH war's, glaub ich) und bei dem das S100 normwertig war! Harr! Und nu?

Ein ähnliches Dilemma sehe ich übrigens auch immer bei unseren Internisten. So manch einer von denen hat auch schon eine Lungenembolie mit normwertigen D-Dimeren gesehen... :-nix

Rico
10.12.2010, 12:40
Ein ähnliches Dilemma sehe ich übrigens auch immer bei unseren Internisten. So manch einer von denen hat auch schon eine Lungenembolie mit normwertigen D-Dimeren gesehen... :-nixDann war's halt ein alter Thrombus der abgeflogen ist und die LAE verursacht hat oder (wahrscheinlicher) es war keine frische LAE - die D-Dimere zeigen ja nur eine akute Gerinnungsaktivierung an.

S100 find ich in unserem Laborprogramm nicht... :-nix

SuperSonic
10.12.2010, 20:39
Wird bei noch jemandem hier in der Klinik S100 im Serum bestimmt in der Schädel-Hirn-Trauma Diagnostik?
Ja, wird hier in der chirurgischen Notaufnahme standardmäßig gemacht.

WalterSobchak
10.12.2010, 20:43
Mit welcher Konsequenz, wenns erhöht ist?! :-notify

Rico
10.12.2010, 20:48
Da der Gedanke dahinter zu sein scheint, bei negativem S100 auf die Bildgebung zu verzichten würde ich raten, dass man dann doch eine Bildgebung macht.

SuperSonic
10.12.2010, 20:56
S100 positiv --> CCT innerhalb 30 min
S100 negativ und Risikofaktoren --> CCT innerhalb 30 min
S100 negativ und keine Risikofaktoren --> Beobachtung über mind. 3 h

Risikofaktoren sind u. a. Alter >60 J., Demenz, Epilepsie, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Seh- oder Hörstörungen, retro- oder anterograde Amnesie, Antikoagulantien.

Eilika
10.12.2010, 21:07
Also kann man sich bei Risikofaktoren die Bestimmung dieses Wertes (von dem ich heute erstmals höre... *zugeb*) sparen ;-)

Rico
10.12.2010, 21:12
Also kann man sich bei Risikofaktoren die Bestimmung dieses Wertes (von dem ich heute erstmals höre... *zugeb*) sparen ;-)Wobei Krampfanfälle, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Seh- oder Hörstörungen ja auch noch nach der BE auftreten können, dann schließt der negative Wert die Bildgebung eben nicht aus -so ist das gemeint denk ich.

Hellequin
10.12.2010, 23:05
Risikofaktoren sind u. a. Alter >60 J., Demenz, Epilepsie, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Seh- oder Hörstörungen, retro- oder anterograde Amnesie, Antikoagulantien.
Wobei bei bestimmten Erkrankungen wie Alzheimer, Epilepsie, Typ 1 Diabetes etc. sowieso eine erhöhte Expression vorliegt. Sagt jetzt zumindestens eine kurze Recherche.

Janny
10.12.2010, 23:53
S100 positiv --> CCT innerhalb 30 min
S100 negativ und Risikofaktoren --> CCT innerhalb 30 min
S100 negativ und keine Risikofaktoren --> Beobachtung über mind. 3 h

Risikofaktoren sind u. a. Alter >60 J., Demenz, Epilepsie, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Seh- oder Hörstörungen, retro- oder anterograde Amnesie, Antikoagulantien.

Wir bestimmen kein S100 in unserer Abteilung, daher bin ich damit nicht vertraut.
Nach den von SuperSonic genannten Kriterien müsste dann aber ja jede Commotio ins CCT? Die angegebenen Risikofaktoren enthalten ja sämtliche Kriterien einer Commotio?
Würd mich interessieren, wie das in anderen Häusern gemacht wird!

WalterSobchak
11.12.2010, 00:12
Hmm...

bin ja immer skeptisch was so einzelne Laborwerte und vor allem, deren STANDARDMÄßIGE Bestimmmung angeht. Wenns dann postiv ist, es dem Patienten aber gut geht - tja, was dann?? Trotzdem cCT? Was, wenns nur gering positiv ist? Ich meine, eine cCT ist nicht grad billig und ne enorme Strahlenbelastung ists auch...
Wenns dem Patienten schlecht geht (und man behandelt ja Patienten und keine Laborwerte >5€ fürs Phrasenschwein ;-) ), macht man so oder so eine cCT, wozu der standardmäßige S100-Wert?!
Vielleicht liegt meine Skepsis daran, dass ich in nem kleinen Haus aufwachse?? :-nix

SuperSonic
11.12.2010, 09:24
Der ausgearbeitete Algorithmus ist eine Entscheidungshilfe für den Arzt in der Notaufnahme, um in potentiell heiklen Situationen (ICB) nicht "nach Bauchgefühl" entscheiden zu müssen. Wenn S100 positiv ist, dem Patienten es aber (noch) gut geht, wird eben doch eine CCT gemacht. Und 2-3 mSv würde ich jetzt nicht als "enorme" Strahlenbelastung ansehen.

NETTL
11.12.2010, 10:45
Jetzt muss ich mal fragen, was dieser S100-Wert überhaupt bestimmt?
Wir bestimmen den nicht und ehrlich gesagt, habe ich auch noch nie davon gehört.

Und laut den beschriebenen Risikofaktoren müsste ja eigentlich fast jeder ein CT bekommen. Die meisten SHT-Patienten haben ja zumindest Kopfschmerzen oder ne retrograde Amnesie, die kriegen deswegen doch aber nicht gleich ein CT.

WalterSobchak
11.12.2010, 10:47
Zur Strahlenbelastung:
ist halt die gesamte Jahresdosis auf einmal... ;-)

Will ja auch den (sicher gut erprobten und etablierten) Algorithmus nicht infrage stellen.
Möcht ihn nur hinterfragen.
Weißt du, bei wievielen Patienten ihr eine cCT nur aufgrund des erhöhten S100 gemacht habt, wo ihr es sonst NICHT gemacht hättet?
Oder andersrum - bei wievielen Patienten (die dann auch wirklich ne ICB hatten) wart ihr froh über die S100-Bestimmung, weil ihr ohne diese keine cCT gemacht hättet (und bei denen folglich die ICB übersehen worden wäre)?! Denn sonderlich spezifisch ist ein S100 Anstieg ja nicht...

Evil
11.12.2010, 11:41
So besonders sinnvoll finde ich diesen Algorithmus ehrlich gesagt nicht, und zwar aus folgendem Grund:
ist S100 positiv und der Patient aber fokal neurologisch unauffällig, macht Ihr ein CCT; falls das nun nicht gerade eine ausgedehnte Blutung ist (bei unauffälliger Neurologie eher unwahrscheinlich), hat das CCT keine therapeutischen Konsequenzen, der Patient wird weiter überwacht.
Entwickelt er dann im Verlauf eine auffällige Neurologie, wird zunächst ein erneutes CCT gefahren, um zu wissen, was da los ist, bevor irgendeine Form der Intervention erfolgt, und dann war das allererste CCT volkommen sinnlos.

Hat der Patient gleich zu Anfang eine auffällige Neurologie, wird unabhängig vom S100 ein CCT gefahren, also was soll das dann?

WalterSobchak
11.12.2010, 11:54
So besonders sinnvoll finde ich diesen Algorithmus ehrlich gesagt nicht, und zwar aus folgendem Grund
[...]
Hat der Patient gleich zu Anfang eine auffällige Neurologie, wird unabhängig vom S100 ein CCT gefahren, also was soll das dann?

Schön, dass noch jemand das so sieht...
Nebenbei gefragt: was kostet eine S100-Bestimmung? Weiß das einer?

dreamchaser
11.12.2010, 13:09
Wir bekommen den S100 Wert auch gar nicht als Notfallparameter, sondern nur im Routinelabor, und das dauert dann auch mal mit der Bestimmung. Wir haben es mal probatorisch nach Reanimationen abgenommen (als Aussagewert bezügl. Outcome), war aber nach unseren Daten zu wenig valide, so dass wir nun wieder NSE abnehmen. In der Traumatologie kannte ich es noch nicht.
Habe übrigens auch schon ICBs ohne fokale Neurologie gesehen - die Neurologie kommt ja erst bei einer bestimmten Größe. Aber schon vorher kann die Indikation zur neurochirurgischen Intervention bestehen.

Evil
11.12.2010, 13:16
Aber schon vorher kann die Indikation zur neurochirurgischen Intervention bestehen.
Bei traumatischer ICB (es geht ja hier um Traumatologie) ohne Neurologie? Da fällt mir spontan keine Indikation für einen invasiven notfallmäßigen Eingriff ein, welche gibt es denn da?

dreamchaser
11.12.2010, 17:01
Sorry, hatte die traumatologische Ätiologie gerade nicht bedacht. Mea culpa!!