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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : NOTE-Chirurgie



EKT
12.12.2010, 15:29
Wird die NOTE-Chirurgie eigentlich schon irgendwo in Deutschland standardmäßig durchgeführt? Wenn nicht, wann ist dies zu erwarten?
Gibt es besondere Indikationen bzw. Risiken?

MissGarfield83
12.12.2010, 15:44
Soweit ich weiss ist NOTES noch gar nicht so weit entwickelt dass es ein Standardverfahren sein könnte, da die Endoskope und andere Materialien noch nicht so weit entwickelt sind oder der Entwicklung bedürfen.

Hab da ne interessante PDF zu gefunden : http://www.gynundgeburtshilfe.de/archiv/2010/10/gg1010_42.pdf

Vielleicht hilft diese dir weiter :)

Und hier noch dieser interessante Link :
http://www.dgav.de/notes.html

=> Evaluation der NOTES Methode in einem Register

Sebastian1
12.12.2010, 15:57
Bei uns im Haus gibt es ab und an mal ne CHE in NOTES. Warum Frau das machen lassen will, hab ich bisher nicht verstanden.

MissGarfield83
12.12.2010, 16:04
Keine Laparoskopienarben - es geht wie immer um die Kosmetik ...

Kackbratze
12.12.2010, 16:36
Mir ist bisher noch keine gute Studie zum Postoperativum untergekommen. Vaginale Schmerzen, Dyspareunie, etc. Das wird komplett ausgeklammert im Hinblick auf die Kosmetik.

MissGarfield83
12.12.2010, 16:45
@ Kackbratze : Mich würde das ebenfalls interessieren - besonders ne gute Studie bezüglich der Zugangswege und ihrer postoperativen Komplikationen. Wäre lieb wenn du eine findest dass du sie hier postest :)

Relaxometrie
12.12.2010, 16:48
Als ich vor einigen Monaten das erstemal einen Artikel über NOTES gelesen habe, war ich doch sehr erstaunt über die Zugangswege und bin gespannt, ob sich dieser Irrsinn (in meinen nicht chirurgischen Augen) tatsächlich durchsetzen wird.
Ich würde auf jeden Fall keine NOTES CHE machen lassen.
Was ich auch irre (im negativen Sinne) finde, ist die ABBA-Methode (axillärer bilateraler breast-approach oder so ähnlich) bei Schilddrüsen-OPs. Ob das, was man da produziert, nämlich lange unterirdische Tunnel für die ach-so-schonend eingeführten Instrumente, sinnvoll ist, finde ich fraglich. Und wie ist die Sicht für den Operateur? Mir wäre eine technisch erfolgreiche Schilddrüsen-OP mit gut genähtem Kocher'schem Kragenschnitt wichtiger, als eine ABBA-Methode mit konsekutiver Recurrens-Lähmung.

Kackbratze
12.12.2010, 18:11
Zu ABBA gab es vor 2 Jahren auf dem DeutschenChirurgenkongress einen Vortrag, der die Anzahl der Recurrensparesen bei 2% angab.
Im Verlauf wurde "durch die Erfahrung" der Operateure die Rate langsam gesenkt, aber bei einer so seltenen Methode kann man nicht auf die "Erfahrung" bauen, dazu ist mir meine Stimme zu wertvoll.
Bei einer lege-artis konventionellen Thyreoidektomie ist das Gesamtrisiko bei 1%.

Auf Wundinfekte oder narbige Verziehungen wurde nicht eingegangen.

Was NOTES anbetrifft schau ich mich mal um, aber da wir es nicht anbieten (und aktuell nicht anbieten wollen), hab ich da nicht so den Drang zu. Wenn ich Zeit hab, meld ich mich nochmal.

Sebastian1
12.12.2010, 18:18
Wenn wir schon bei chirurgischen Zugangswegen sind - eine andere Methode, der ich ja zunächst recht skeptisch gegenüberstand, deren (von mir beobachteten, kurzfristigen, innerklinischen) Ergebnisse mich aber doch sehr beeindrucken, ist SILS. (Single inciscion laparoscopic surgery). Da gibt's bei uns mittlerweile Hemicolectomien und Rektumrsektionen, die in dieser Technik gefahren werden und die Patienten profitieren in der unmittelbar postoperativen Phase davon recht deutlich (subjektiv weniger Schmerzen, weniger Atoniesymptomatik). Als Komplikation hab ich lediglich einmal einen Umstieg auf offenes Verfahren bei Verletzung der A. iliaca erlebt sowie einmal eine Anastomoseninsuffizienz. Das ist ja aber nun nicht zwangsläufig an SILS gebunden.
(Und wenn ich als Frau die Wahl hätte, dann würde ich mir eher so die Galle rauszuppeln lassen, das macht die Narbe nämlich auch nur am Nabel, wo man sie eh nicht sieht als transvaginal.
WIe verbreitet ist SILS mittlerweile eigentlich? Man erlebt ja oft nur das, was am eigenen Haus geschieht...

Kackbratze
12.12.2010, 19:23
Es wird mehr Werbung gemacht, als das es wirklich reell angeboten wird.
Viele "kleine" Häuser bieten es an, um dann doch auf Grund der "Indikation" eine klassische laparoskopische OP zu machen.
Der Werbeeffekt der Methode wird eher genutzt als der eigentliche Zugangsweg.

Ich verstehe zumindest bisher noch nicht, warum SILS einer normalen laparoskopischen OP gegenüber überlegen ist.
Inzision ist Inzision, je größer, desto größer das Risiko einer Narbenhernie und das kosmetische Ergebnis bei "vielen kleinen" Inzisionen ist auch gut, wenn es zu keinen Problemen kommt.
Ich verstehe es nochnicht, lasse mich aber gerne überzeugen. :-nix

John Silver
14.12.2010, 18:52
NOTES muss man diffrenziert betrachten.

Manche Verfahren wie die transvaginale oder neuerdings auch transrektale Cholezystektomie (durch Anlegen einer künstlichen anterioren Rektozele, geht also nur bei Frauen) haben meines Erachtens eher den Stellenwert eines Werbegags. Die Risiken sind unklar, insbesondere die Langzeitrisiken, der Vorteil gegenüber der "normalen" laparoskopischen Cholezystektomie ist gelinde gesagt zweifelhaft, und die Op-Kosten sind auf jeden Fall deutlich höher (neben dem sehr teuren Spezial-Port für Instrumente benötigt man auch spezielle abwinkelbare Instrumente, die eine ganz schöne Stange Geld kosten). Zu solchen Verfahren gehört auch die ABBA-Op. Von absolutem Schmarrn wie der transduodenalen oder transgastralen Op-Technik will ich gar nicht erst anfangen.

Dann gibt es die SILS-Methoden (single incision laparoscopic surgery). Hier fehlen zwar Studien, die den Vergleich zur konventionellen und laparoskopischen Methode ziehen, aber die Ansätze sind durchaus interessant, vor allem in Bezug auf größere Eingriffe wie Sigmaresektionen. Zwar sind auch hier die Kosten deutlich höher, jedoch erscheint mir der Einsatz im Rahmen von Studien gerechtfertigt. Was die ebenfalls häufig propagierte SILS-Cholezystektomie betrifft, so zählt die Op m.E. eher zu den o.g. Werbegags.

Und dann gibt es NOTES-Eingriffe, die wirklich vernünftige Ansätze bieten. Dazu zählt m.E. die Thyreoidektomie durch den Mundboden. Was auf den ersten Blick ziemlich schräg anmutet, ist letztlich eine ganz schlaue Idee. Die ersten Ergebnisse sind auf jeden Fall recht interessant. Weitere Eingriffe sind endoskopische Abtragungen von Karzinomen in Frühstadien im Ösophagus, Magen und Kolon mittels Wasserstrahldissektor. Wenn die Indikation stimmt, sind es elegante, wirklich wenig invasive und sichere Methoden, die z.T. sehr große und mit hoher Morbidität und Mortalität behaftete Eingriffe wie Ösophagusresektionen zu vermeiden helfen.

Vieles ist Unfug oder reine Werbung, aber manche Dinge sind wirklich spannend. Mal sehen, wie sich das weiterentwickelt.