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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Atropin bei AV-Block 2°



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KoelnerMedizin
16.12.2010, 14:27
Mich würde mal interessieren, warum beim AV-Block 2. Grades Typ Mobitz II eine Atropingabe kontraindiziert ist, da wohl die Gefahr eines totalen AV-Blocks mit Adams-Sokes-Anfällen droht.

Also dass man Muscarin-Antagonisten allgemein bei bradykarden Rhythmusstörungen einsetzt, macht Sinn, ich würde mir das durch eine Verkürzung der PQ-Zeit erklären durch positiv dromotrope Atropinwirkung im AV-Knoten, also dass bei Supra-His-Block wie bei der Wenckebach-Periodik Atropin zur Besserung führt. Aber warum bei Mobitz II die dadurch die Gefahr eines totalen AV-Blocks entsteht, vermag ich nicht ganz nachzuvollziehen.

Hat es was damit zu tun, dass die Atropinwirkung bzw. die dadurch induzierte positive Dromotropie hauptsächlich im AV-Knoten sich entfaltet und dadurch nur bei Supra-His-Blöcken hilft, und bei Mobitz II mit Infra-His-Block diese Wirkung nicht ausreichend zum Tragen kommt?

Danke schonmal ;-)

Rico
17.12.2010, 00:45
Mich würde mal interessieren, warum beim AV-Block 2. Grades Typ Mobitz II eine Atropingabe kontraindiziert ist, da wohl die Gefahr eines totalen AV-Blocks mit Adams-Sokes-Anfällen droht.Ist das so? Wär mir jetzt neu und steht in der Fachinfo nicht drin...
Atropin kann als Therapeutikum der engeren Wahl da sehr indiziert sein! :-dafür

Vielleicht mit Adenosin (Handelsnahme Atrekar - klingt so ähnlich) verwechselt? :-nix

KoelnerMedizin
17.12.2010, 17:12
Ist das so? Wär mir jetzt neu und steht in der Fachinfo nicht drin...
Atropin kann als Therapeutikum der engeren Wahl da sehr indiziert sein! :-dafür


Eben, ich habe es auch nicht verstanden, aber steht im Herold so drin, dass bei Mobitz II und Atropingabe die Gafahr eines totalen AV-Blocks besteht, nur warum habe ich noch nicht ganz verstanden, wie gesagt, oben habe ich ja eine mögliche Theorie formuliert.

Es ist wohl auch so, dass man im Oberflächen-EKG einen Mobitz II mit 2:1 Überleitung nur schwierig von einem Wenckebach mit Ausfall jeder 2. Überleitung unterscheiden kann. Dafür wird dann eben Atropin i.v. verabreicht (übliche Dosis 0,5 mg), und die EKG-Veränderungen sind dann entscheidenend. Bessert sich die Leitung im Sinne einer konstanten (verlängerten) PQ-Zeit ohne Überleitungsausfälle (-->AV-Block 1°), liegt ein Wenckebach vor, ansonsten Mobitz II, wobei bei höherer Dosieung in ein totalen AV-Block übergehen kann mit eben der Gefahr von Adams-Stokes-Anfällen bis zum Kammerersatzrythmus.

Wie jetzt die Atropinwirkung aufgrund der Lokalisation des Blocks (Supra- bzw. Infra-His-Block) beeinflusst wird, das ist mir eben nicht ganz klar, möglich wär eben dass Atropin seine Hauptwirkung im AV-Knoten entfaltet und dann eben die Wirkung nur bei Supra-His-Blöcken zum Tragen kommt :-nix

LieberInvasiv
17.12.2010, 17:16
Hm.. ich hab in der Ausbildung auch gelernt das Atropin bei höhergradigen AV-Blöcken kontraindiziert ist. Woher diese Weisheit stammt kann ich allerdings auch nicht sagen :-oopss

Sebastian1
18.12.2010, 00:00
Im Hammerexamen H07 gab es dazu übrigens eine Frage, die sehr umstritten geblieben ist, jedoch nicht aus der Wertung genommen wurde. Es ging dabei um einen AV-Block 3°, wobei nach der first-line-Therapie der Wahl gefragt wurde. Es standen u.a. Atropin und externes Pacing zu Auswahl; viele hielten Atropin für kontraindiziert und das Pacing für das Mittel der Wahl (so auch der MEDI-LEARN-Examensservice, wenn ich mich richtig erinnere), das IMPP war der Meinung, dass Atropin indiziert sei. WObei das IMPP vielleicht nicht die Nummer-1-Referenz sein sollte ;)

Rico
18.12.2010, 21:08
Eben, ich habe es auch nicht verstanden, aber steht im Herold so drin, dass bei Mobitz II und Atropingabe die Gefahr eines totalen AV-Blocks besteht, Hm... in der Tat, das steht so im Herold.
Meine übrigen Bücher schweigen sich zu dem Thema aus, ausdrücklich abgeraten wird in der DR und "Internistische Intensivmedizin" von Thieme jedoch nicht.
Die DR weiß aber zu berichten, dass Atropin nur bei suprahisären Problemen wirkt, weil nur Sinusknoten, Vorhof und AV-Knoten parasymatisch innerviert sind und deshalb nur dort ein Parasympatolytikum wirkt. Bei einem Block unterhalb wirkt es zwar nicht, aber von einer Verschlechterung steht da nix.
Ich muss da auch ehrlich zugeben, dass ich bisher immer fröhlich Atropin probiert hab, um zu wissen ob es tut (oder ob ich gleich Orciprenalin aufziehe oder den Schrittmacher veranlasse) und es gibt zwar Leute da hilft das nicht, aber langsamer geworden ist mir dabei keiner. :-nix
Vielleicht auch bloß Glück gehabt. :-blush
Aber ich betreibe Kardiologie auch nur im Dienst - vielleicht weiss ja ein erfahrener Kardiologe mehr...

KoelnerMedizin
18.12.2010, 22:19
...
Die DR weiß aber zu berichten, dass Atropin nur bei suprahisären Problemen wirkt, weil nur Sinusknoten, Vorhof und AV-Knoten parasymatisch innerviert sind und deshalb nur dort ein Parasympatolytikum wirkt. Bei einem Block unterhalb wirkt es zwar nicht, aber von einer Verschlechterung steht da nix.
...

Also dann ist es doch so, wie ich es vermutet habe...Nur warum eben daraus ein totaler AV-Block entstehen kann, also warum eben eine KONTRAindikation besteht und nicht schlichtweg eine reduzierte Wirksamkeit...

Coxy-Baby
18.12.2010, 22:46
Steht da irgendwo "kontraindiziert"? oder eher im Nebensatz "Atropin soll nicht gegeben werden"?


"Es ist wohl auch so, dass man im Oberflächen-EKG einen Mobitz II mit 2:1 Überleitung nur schwierig von einem Wenckebach mit Ausfall jeder 2. Überleitung unterscheiden kann. Dafür wird dann eben Atropin i.v. verabreicht (übliche Dosis 0,5 mg), und die EKG-Veränderungen sind dann entscheidenend. Bessert sich die Leitung im Sinne einer konstanten (verlängerten) PQ-Zeit ohne Überleitungsausfälle (-->AV-Block 1°), liegt ein Wenckebach vor, ansonsten Mobitz II, wobei bei höherer Dosieung in ein totalen AV-Block übergehen kann mit eben der Gefahr von Adams-Stokes-Anfällen bis zum Kammerersatzrythmus."
1:1 ausm Herold, haste dafür tantiemen gezahlt?

Kackbratze
18.12.2010, 22:58
Die Rechtschreibfehler sind neu und damit ist es eine freie Interpretation => keine Tantiemen

Rico
18.12.2010, 23:10
Nur warum eben daraus ein totaler AV-Block entstehen kann, also warum eben eine KONTRAindikation besteht und nicht schlichtweg eine reduzierte Wirksamkeit...Na absolut kontraindiziert ist es ja nicht, sonst wär ja das Testmaneuver mit der Gabe von Atropin zur Differenzierung supra-/infra-His schon verboten...

KoelnerMedizin
18.12.2010, 23:18
Steht da irgendwo "kontraindiziert"? oder eher im Nebensatz "Atropin soll nicht gegeben werden"?


1:1 ausm Herold, haste dafür tantiemen gezahlt?

Nunja, wenn u.U. reanimationspflichtige Asystolien dadurch begünstigt werden, dann ist das eine relative Kontraindikation würde ich sagen...

"1:1 ausm Herold" Naja...:-))

Ich habe mich doch explizit auf den Herold bezogen du Experte, das habe ich aber auch vorher bereits geschrieben, und das wäre dir auch sicher nicht entgangen, wenn du zur Abwechslung mal etwas anderes tun würdest, als nach Möglichkeiten zu suchen, selbstwertgefühlssteigernde Beiträge zu verfassen ;-)


Die Rechtschreibfehler sind neu und damit ist es eine freie Interpretation => keine Tantiemen

Stimmt, in der Hinsicht kommt mir meine äußerst gravierende Legasthenie tatsächlich noch zu Gute!

Kackbratze
18.12.2010, 23:52
Nunja, wenn u.U. reanimationspflichtige Asystolien dadurch begünstigt werden, dann ist das eine relative Kontraindikation würde ich sagen...

Dann ist fast jedes Medikament kontraindiziert, da es in irgendeiner Form potentiell letale Komplikationen entwickeln kann.
Genau wegen solcher Sachen ist Medizin immernoch an ein Hochschulstudium gebunden und kein Ausbildungsberuf.
Die Leute, die in der Uni aufpassen, sind dann später auch in der Lage über solche Komplikationen Bescheid zu wissen und vorallem wissen die dann auch, wie man mit solchen Komplikationen umgehen kann.

Abgelesenes Wissen ohne Hintergrund ist nett, kommt aber nie wirklich über die ApothekenUmschau hinaus, selbst wenn man sich ein Lehrbuch kauft.
:-meinung

KoelnerMedizin
19.12.2010, 00:33
Dann vergebt mir für meine äußerst dumme Frage ohne jegliches Hintergrundwissen.

Kackbratze
19.12.2010, 09:44
Dir sei vergeben. Für heute.

Evil
19.12.2010, 13:52
Was daran jetzt verwerflich sein soll, den Herold oder andere Lehrbücher zu zitieren, entzieht sich meiner Kenntnis, aber das ist auch nicht das Thema hier, also bitte back to topic.

Daß Atropin paradox wirken und Blockierungen auslösen kann, kenne ich auch als Weisheit der Altvorderen, das wiederum eher bei Unterdosierung. Da habe ich aber auch nie den Mechanismus herausbekommen.

derAnda
19.12.2010, 15:42
Daß Atropin paradox wirken und Blockierungen auslösen kann, kenne ich auch als Weisheit der Altvorderen, das wiederum eher bei Unterdosierung. Da habe ich aber auch nie den Mechanismus herausbekommen.

Hört man ja immer wieder. Gibt's da überhaupt nen nachvollziehbaren Mechanismus, oder ist das reine Empirie?

Flemingulus
19.12.2010, 21:10
Hört man ja immer wieder. Gibt's da überhaupt nen nachvollziehbaren Mechanismus, oder ist das reine Empirie?

Man denkt, es beruhe auf einer Blockade hemmender, präsynaptischer muscarinischer Rezeptoren (ich glaub M2 - weiß es aber grad net sicher und wurde auf die schnelle im Netz nicht richtig fündig). Durch Enthemmung kann es unter ungünstigen Umständen (wie Evil schon sagte v. a. bei Unterdosierung) dann zu vermehrter ACh-Freisetzung kommen, während postsynaptisch (noch) kein ausreichender Atropinblock erzielt ist, so dass Atropin dann paradox parasympatho"mimetisch" wirkt.

Dürfte bei der Ausgangssituaton aber eigentlich nicht das ausschlaggebende Argument sein, weil das generell gilt.

Leelaacoo
21.12.2010, 12:03
Ist ja irgendwie peinlich...jeder (auch ich) hat diese "Regel" im Hinterkopf, erklären kanns keiner...hab jetzt im Harrison gesucht --> :-nix nüt...

Überlegung:
Wenn beim Mobitz-Block eine 2:1-Überleitung besteht und darunter eine Bradykardie (also hypothetisch Vorhoffrequenz 80/min -> Kammerfrequenz 40/min) und unter Atropin die supranodale Frequenz auf sagen wir mal 100/min angehoben wird, bestünde eventuell die Gefahr eines 3:1 oder 4:1-Blocks (die Überleitung wird ja aufgrund der infranodalen Lage der Blockierung und des fehelnden Angriffpunktes durch Atropin NICHT verbessert)-> so dass theoretisch Kammerfrequenzen um 25-30/min resultieren könnten, also Zunahme der Bradykardie ud ggf. eine komplette AV-Blockierung?
Kann man sich das so erklären ???

In der Praxis habe ich das nie erlebt, kann mich aber auch nur an 3 Pat. mit dem Blockbild erinnern.

LG Lee

KoelnerMedizin
21.12.2010, 18:31
Ist ja irgendwie peinlich...jeder (auch ich) hat diese "Regel" im Hinterkopf, erklären kanns keiner...hab jetzt im Harrison gesucht --> :-nix nüt...

Überlegung:
Wenn beim Mobitz-Block eine 2:1-Überleitung besteht und darunter eine Bradykardie (also hypothetisch Vorhoffrequenz 80/min -> Kammerfrequenz 40/min) und unter Atropin die supranodale Frequenz auf sagen wir mal 100/min angehoben wird, bestünde eventuell die Gefahr eines 3:1 oder 4:1-Blocks (die Überleitung wird ja aufgrund der infranodalen Lage der Blockierung und des fehelnden Angriffpunktes durch Atropin NICHT verbessert)-> so dass theoretisch Kammerfrequenzen um 25-30/min resultieren könnten, also Zunahme der Bradykardie ud ggf. eine komplette AV-Blockierung?
Kann man sich das so erklären ???

In der Praxis habe ich das nie erlebt, kann mich aber auch nur an 3 Pat. mit dem Blockbild erinnern.

LG Lee

Das hört sich plausibel an :-)
Das bedeutet, auch wenn ich einen vorbestehenden AV Block 3° habe, aber nicht mit infra- sondern supra- oder intranodaler Leitungsstörung kann ich auch Atropin geben, und damit neben Steigerung der Vorhoffrequenz und der dabei positiv dromotropen Wirkung von Atropin den Übergang in 1° bewirken durch vebesserte Überleitung im AV-Knoten? Also logisch ist für mich die Atropinwirkung bei medikamentös-toxischem AV-Block (z.B. Digitoxin), aber wir ist das denn bei irreversibel geschädigtem Gewebe im Bereich des Vorhofmykards (bei Z.n. Herzinfarkt), wirkt Atropin dann immernoch positiv dromotrop?

MRSA
16.01.2011, 19:17
Ischämische Narben sind immer elektrisch stumm, aber normalerweise sind sie auch nie auf den gesamten Vorhof bezogen. Es müsste schon ein ziemlich großes Infarktareal sein, damit keine Überleitung mehr stattfindet.

Wie hier schon mehrfach erwähnt steigert Atropin nur die suprahissäre Überleitung und die Vorhoffrequenz, ohne am eigentlichen Ort eines Mobitz 2 zu wirken. Man könnte meinen, dass mehr "Stimulationen von oben" die Überleitungswahrscheinlichkeit erhöhen könnten, was aber nur innerhalb eines gewissen Rahmens funktioniert. Sofern ein hoher Vagotonus vorliegt, ist eine zu hohe "Stimulationsfrequenz" über dem Block unwahrscheinlich, sofern dieser aber eher niedrig ist, kann durchaus eine so hohe Vorhoffrequenz auftreten, dass ein Mobitz 2 in einen höhergradigen Block konvertiert wird, da der infrahissäre Teil nicht mehr aus der "Refraktarität" herauskommt. Daraus resultiert dann ein AVB dritten Grades mit Kammerersatzrhythmus.

Ich wage also zu behaupten, dass es vom Vagotonus abhängt, und außerdem von der Vorhoffunktion. Ein infrahissärer AVB schließt ja nicht aus, dass nicht auch ein Block über dem Hisbündeln sitzen kann, insbesondere wenn die Ursache eine Ischämie ist.

Bei Herzgesunden mag es in Ordnung sein, Atropin auch bei Mobitz 2 zu geben, aber sofern Komorbiditäten wie potentielle suprahissäre AV-Überleitungsstörungen, Infarktnarben oder Reentryherde im Vorhof bei strukturell herzgeschädigten hinzukommen, ist die Kontraindikation nachvollziehbar.

Die absolute Kontraindikation ist vielleicht auf eine Therapie ohne Überwachung bezogen; wenn die Leute am Monitor 24h unter Beobachtung sind, ist so manches möglich, was sonst nicht ginge.