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Lalo
07.01.2011, 13:37
Hallo zusammen,
ich bin total drucheinander und weiß nicht, was ich tun soll. Ich habe 1 Jahr in der Inneren Onkologie gearbeitet, bin dann aus privaten Gründen umgezogen und habe dort Radioonkologie gemacht, aber nur 7 Monate. Da nun wieder Umzug anstand muss ich mir überlegen, wo ich arbeiten will, Innere oder Strahlentherapie. Und es fällt mir unendlich schwer. Ich mag die Arbeit mit den onkologischen Patienten. ICh finde die Bildgebung in der Radioonko recht spannend, habe aber bislang nicht in Planung/am Gerät oder so gearbeitet, nur auf Station. Was mir gefehlt hat ist, dass die RAdioonkologen in vielen internistischen SItuationen etwas planlos wirken, sprich, wenn dann doch mal ein HErzinfarkt auftritt oder ein Laborwert total schief hängt, ist bei letzterem z.B. die Tendenz, mal abzuwarten und zu kontrollieren, statt eine Konsequenz zu ziehen. Ist aber vielleicht auch KLinikspezifisch?? Vielleicht kann der ein oder andere Radioonkologe schrieben, wie es ihm in seiner KLinik geht? Was ihm gefällt und was ihn nervt? EInfach, um meine kreisenden GEdanken zu durchbrechen:-( Viiieeeeeelen Dank:-)

davemed
07.01.2011, 20:04
Hey,
bin zwar nur angehender Strahlentherapeut, aber vielleicht hilt es dir trotzdem weiter.
Ich stand im Prinzip vor der selben Entscheidung wie du (Innere vs Strahlentherapie) und hab mich für's Erste für die Strahlentherapie.
Gründe: angenehmeres/ruhigeres Arbeiten (Dienste, Procedere steht i.d.R. fest), kleines Fach, bessere Familienverträglichkeit, bessere Aufstiegschancen.
Im Moment weiß ich noch nicht, ob es die richtige Entscheidung ist, "internistische" Situationen wie du sie beschreibst, hab ich im PJ auch öfter überlegt und hab mir da so ein bisschen Sorgen gemacht, dass man zum totalen Fachidioten wird. Schade finde ich auch, dass ein Großteil an (Differential-)Diagnostik wegfällt. Letztendlich liegt das aber glaube ich auch daran, was man selbst daraus macht und die internistischen Onkologen haben ja auch nicht die komplette Kardiologie drauf ;)

Grüße,
David

Lalo
08.01.2011, 09:39
Hey David,
vielen Dank für Deine Antwort! Wielange arbeitest Du schon in der Strahlentherapie? Welche Arbeitsplätze hast Du schon "durch"? Wie ist es in Deiner Klinik mit den grundlegenden internistischen Fähigkeiten der Kollegen? Wie gefällt Dir die Arbeit z.B: am Gerät/in der Planung? Ja, Stress etc. sind/waren für mich auch Gründe. Ich sehe nun aber an einer Kollegin, die in der Inneren ist, dass es auch anders geht... Die Stelle, die ich in der Inneren haben könnte, scheint diesbezüglich auch echt gut. Elektronische Zeiterfassung, Feierabend i.d. Regel selten nach 17:00, Überstunden können auch als frei genommen werden, klar, einige Spätdienst im Monat, und so alle 8 Wochen eine Nachtwoche mit anschließend einer Freiwoche (die ist in meinem ersten Haus ausgefallen:-/).
Stelle mir an der Strahlentherapie auch spannend vor, dass man eben in einem kleinen Fach eigentlich alles an onkologischen Fällen sieht, was es so gibt (ok, Leukämien nicht sooooo oft, aber solide Tumore), dass man viel interdisziplinär arbeitet, weil die Onkopatienten ja doch oft ein multidisziplinäres Behandlungsschema bekommen. Und an der Uni kann man auch noch ein wenig forschen, wenn man will... Bist Du an einer Uniklinik? Oder eher kleineres Haus? Was gefällt Dir außer den Rahmenbedingungen an der Radioonko, ich meine, in der täglichen Arbeit?


Einen Gedanken, den ich eben habe ist, dass, wenn ich erst Innere mache und mich das nervt, ich dann für die Strahlentherapie sogar ein Plus habe, nämlcih die internistische Erfahrung. Wenn ich jetzt Radioonko mache, und es nervt mich dann noch, nimmt mich dann überhaupt noch irgendeine Innere, die nicht in MEck-Pomm ist (nicht falsch verstehen, Landschaft schön und alles, aber dauerhaft leben muss ich da nicht;-))
Liebe Grüße, Lalo

alex1
08.01.2011, 18:10
Ich habe nun fast 6 Jahre in der Strahlentherapie hinter mit + PJ-Tertial + 1 Famulatur.

Die Arbeit auf Station ist nicht das, was ein Radioonkologe eigentlich machen sollte. Es gibt mittlerweile Kliniken, die ihre eigene Stationen abgegeben haben, bzw. internistische Onkologen als Fachärzte eingestellt haben.
In Deutschland wird 1 Jahr Stationsarbeit inklusive Chemotherapieumgang als Voraussetzung für den Facharzt angesehen, so dass viele Kliniken noch Stationen haben.

Es gab 3 Gruppen von Patienten auf Station:
1. Radiochemotherapie-Patienten (meistens HNO/Gyn) die fit waren.
Sie lagen eine Woche auf Station und haben dann ambulant weitergemacht. Internstisch war da selten was zu machen bis auf Elektrolytkontrollen/Korrekturen.
2. Radiochemotherapiepatienten (meistens Ösophagus/Lunge/HNO) die eher nicht so ganz fit waren.
Sie lagen oft für die ganze Behandlungsdauer auf Station. Hier gab's intenistisch Einiges zu tun: Thrombosen, Pneumonien, etc. waren im Tagesprogramm.
3. Palliativpatienten. Hier muss man wirklich unterscheiden was wichtig ist und was nicht wichtig ist. Ein Patient mit Hirnmetastasen braucht keine Blutzuckereinstellung, so wie diese in der Inneren praktiziert wird. Er wird an den Hirnmetastasen innerhalb weniger Monate versterben und somit nie die Langzeitwirkungen einer Hyperglykämie erleben. Wichtig ist, dass sein Blutzucker nicht durch die Decke schiesst, bzw. im Keller ist. Mit Werten um die 160mg/dl war ich zufrieden...

Insgesamt ist die Stationsarbeit wichtig, weil man dort am Besten Supportivtherapie & Schmerztherapie & organspezifische Untersuchungen/Pflege lernt (siehe Hautpflege z.B. bei AnalCa-RCTx oder Schleimhautpflege bei HNO-RCTx).
Alle diese Erfahrungen sind wichtig für deine Arbeit mit ambulanten Patienten, wo das Ganze etwas schwieriger ist (die meisten Patienten lassen sich nun mal stationär mit Schmerzmitteln einstellen, weil sie entweder nicht Compliant-genug sind oder es nicht einfach nicht checken).
Die Planung ist ein völlig andere Sache. Oft lernt man schwierige Zielvolumina einzuzeichnen & komplexe Techniken anzuwenden auch nach dem Facharzt. Die Standards (Mamma, Becken, etc.) solltest du allerdings in der Planung vor dem Facharzt können. Du musst aber für den Facharzt keine einzige Radiochirurgie können.
Brachytherapie ist auch ähnlich. Vaginales AL solltest du können, kein Mensch wird aber von dir verlangen für den Facharzt MRI-gestütztes 3D-geplantes Cervixafterloading mit dem Wiener-Applikator zu beherrschen.


Was internistische Super-GAUs angeht, habe ich ein paar auf Station erlebt und versucht zu meistern, darunter ein paar Herzinfarkte und ein paar schwere Lungenembolien. Wir haben diese Patienten meistens schnell auf Intensivstation verlegt, wenn es sich um kurative Konzepte gehandelt hat.
Bei Palliativpatienten sollte man meines Erachtens etwas vorsichtiger sein. Die moderne Medizin kann oft ziemlich brutal sein und daher muss man aufpassen, wie weit man es mit Palliativpatienten treibt.
Passive Sterbehilfe gehört auf einer Strahlentherapiestation oft auf dem Programm dazu.

Radioonkologie hat im Vergleich zur internistischen Onkologie meines Erachtens eine entspanntere Arbeitsbelastung. Ganz klar hängt das von der Arbeitsstelle ab. Und weil das Fach ein komischen Ruf hat, gibt es einen Haufen unbesetzte Stellen, was wiederum die Arbeitsbelastung anheben kann. Daher aber, dass es Kliniken ohne eigene Strahlentherapiestation gibt und Wochenendnotfälle eine absolute Rarität sind, kann man in der Radioonkologie durchaus auch dienstfrei in manchen Kliniken arbeiten.
Ich persönlich hatte über 2 Jahre 4 Dienste pro Monat, davon jeweils 3 mal unter der Woche (ca. 12 Stunden Dienst) und 1 mal am Wochenende (24 Stunden Dienst).
Ich würde sagen, dass ich 75% der Nächte durchgeschlafen habe und kann mich an nur 2 grauenhafte Dienste erinnern (Tumorblutungen), wo ich fast nicht geschlafen habe. Sonst wurde ich nur wegen verstopfter Ports, kaputter Braunülen, Fieber, Delir oder Gewichtszunahmen nach Cisplatin-Wässerungen angerufen, meistens nur 1 mal /Nacht. Es war entspannt.
Ich musste ca. 24 Patienten betreuen.
Mein internistischer Kollege musste die komplette Innere (d.h. ein paar hundert Patienten) abdecken und hat dementsprechend fast nie geschlafen.


Übrigens in den USA ist Radioonkologie der absolute Renner:
8,6 Bewerber pro Stelle und an Platz 2 der beliebtesten Facharztausbildungen.

http://www.medliorate.com/2010/04/07/top-10-most-competitive-residencies-2010/

Lalo
08.01.2011, 20:03
Hallo Alex1,
vielen Dank für Deine ausführliche Antwort! Ja, die Arbeit und Diest auf einer Radioonko-Station habe ich kennengelernt, war einige Monate in einer Radioonko, aber eben leider nur auf Station. Leider ist ein Wohnortswechsel notwendig geworden, und nun ist eben die Frage, nochmal Strahlentherapie (weil ich alle Arbeitsplätze außer Station noch nicht kenne, es mir aber ganz gut vorstellen kann) oder Innere (weil eben auch interessant). Ohne Umzug wäre ich einfach in der Radioonko geblieben, bis ich gewußt hätte, ob es mir gefällt...
Wolltest Du seit Deiner Famulatur in die Radioonko (sprich "Berufung")oder ist es aus Abwägungen entstanden? (wenig Dienste, etc.?)
Wie ist es bei Euch organisiert, betreut man "seine" Patienten von der Ambulanz über den gesamten Zeitrau der Therapie oder ist eben der eine nur in der Planung, der andere nur am Gerät usw.?
Gibt es auch einen Arbeitsplatz, mit dem Du nicht viel anfangen kannst?
Was mir auch ein wenig zu denken gibt ist, dass man in der Radioonko im Sinne von "mache ich gute Medizin" mehr auf die Abteilung angewiesen ist, als in der Inneren... sprich, wenn ich nur einen alten Beschleuniger habe, der, sagen wir, nicht IMRT-fähig ist, dann haben eben meine HNOs ausgeprägtere Nebenwirkungen oder ich bekomme die Dosis vielleicht rein technisch nicht so hoch, wie ich sie eigentlich gerne hätte etc.
Hast Du in verschiedenen Häusern gearbeitet?
Viele Grüße, Lalo

P.S.: Zur Beliebtheit der Radioonko in den USA: Zum einen, ja, das Fach hat hier einen komischen Ruf, der "drüben" wohl anders ist. Aber in den USA verdienen Radioonkologen auch ein Heidengeld...;-)

alex1
09.01.2011, 10:47
Hallo

Ich bin eher durch Zufall auf Radioonko gekommen. Eigentlich wollte ich eher Innere machen, irgendwann im PJ realisierte ich dann, dass Innere nicht mein Ding ist.
Differentialdiagnostik fand ich immer toll aber die Grösse des Faches hat mich abgeschreckt. Einige Bereiche fand ich furchtbar langweilig (Endokrinologie oder Kardiologie), ich mochte eher Pneumologie, Gastroenterologie und Hämatologie/Onkologie.
"Berufung" war Strahlentherapie nie. Ich habe halt gelernt zu schätzen, dass es ein kleines sehr direktes Fach ist. Und es ist eines der wenigen Fächern, die nicht organbezogen sind.

Aktuell arbeite ich in einem Haus, wo wir Patienten komplett von Anfang bis Ende selbst betreuen. Indikationsstellung, Aufklärungsgespräch, Planung, Durchführung, Nachsorge alles durch eine Person. Ich kenne aber das andere System auch, wo man Patienten für den nächsten Schritt weitergibt. Der Vorteil des jetzigen Systems ist, dass es eine Person gibt, die sich für den Patienten verantwortlich fühlt. Man muss nichts nachholen, was der Vorgänger vergessen/versäumt hat. Der Nachteil ist, dass man flexibel sein muss, was in einer Klinik auch eine Menge Organisationsarbeit bedeutet.

Ich kann eigentlich mit allen Arbeitsplätzen viel anfangen.
Ich bin aber auch schon lange dabei.

Moderne Geräte gibt's mittlerweile überall. Und IMRT ist auch nicht soooo viel toller als ein guter 3D-Plan. Was Langzeittoxizität angeht, hat IMRT ihre klare Vorteile, Akuttoxizität ist nicht viel besser.
Ich kenne kaum Kliniken, die keine IMRT anbieten.
Und wenn du denkst, dass ein Patient mit einer besseren (dir nicht zur Verfügung stehenden Technik) besser behandelt ist, dann schick ihn weg.
Ich schicke ein paar komplizierte Fälle weg, z.B. Neuroachsenbestrahlungen bei Kindern zu Protonenanlagen.


P.S.
In den USA verdienen die meisten Fachärzte mehr Geld als in Deutschland. Allein an der Vergütung liegt die Attraktivität von Radioonko sicherlich nicht. Man kann in den USA mit Radiologie, Dermatologie oder plastische Chirurgie noch mehr Geld verdienen.
Und in Deutschland verdienst du als niedergelassener Strahlentherapeut auch kein schlechtes Geld. Zwar hast du ein grosses Investitionsrisiko wegen des teuren Equipments, läuft die Praxis allerdings, dann kannst du sehr gut verdienen.

davemed
09.01.2011, 12:44
Hey Alex,
deine Beiträge sind sehr aufschlussreich :)
Ich hab bisher nur die "aufgestückelte" Patientenbetreuung erlebt und kann mir vorstellen, dass die individuelle Betreuung einige Vorteile hat (auch für die Patienten angenehm - feste Bezugsperson). In der Klinik, in der ich PJ gemacht habe, haben sie das wohl mal ausprobiert, aber aufgrund der dünnen Personaldecke wieder aufgegeben.
Hier (http://www.springerlink.com/content/k4u0k31014615734/) gibt es übrigens einen interessanten Artikel zum Stand der Facharztausbildung in D von der DEGRO (pdf kann ich gerne per Mail schicken, falls ihr keinen Zugang habt).
Die Unterschiede zu den USA sind echt interessant, ich hab mein halbes Wahltertial an einem Protonenzentrum dort gemacht und die Ärzte konnten kaum glauben, dass die Strahlentherapie in D so wenig nachgefragt ist. Hier kennen viele ja nicht mal den Unterschied zwischen Strahlentherapie und Nuklearmedizin...

Grüße,
David

Lalo
09.01.2011, 13:29
Hallo,
@Alex: herzlichen Dank dafür, dass Du Dir die Zeit und mühe machst, hier so ausführlich von Deinen Erfahrungen zu berichten:-))
@David: Wäre super, wenn Du mir den Artikel als PM schicken könntest:-)
@alle: vermisst Ihr das "internistische Denken"? Sprich Diff-diagnostisches Denken etc? Habt Ihr Eure Entscheidung je bereut? Was fasziniert Euch an der Radioonko am meisten?
Wollt Ihr an einer Klinik bleiben oder in eine Praxis?
Viele Grüße,
Lalo

alex1
09.01.2011, 14:20
In den USA wird aktuell von einem grossen Mangel an Radioonkologie-Fachärzten in ca. 10 Jahren ausgegangen. Dazu gab es kürzlich auch einen Artikel im JCO.
http://jco.ascopubs.org/content/28/35/5160.abstract
In Deutschland wird's wohl anders auch nicht werden, angesichts der Tatsache, dass viele Radioonkologie-Assistenzartstellen aktuell frei sind.

Die kontinuierliche Patientenbetreuung wird von den meisten Patienten auch sehr begrüsst.
Ich höre immer wieder Sätze wie:
"In der Frauenklinik hat micht jedes Mal eine andere Ärztin gesehen."
Für Patienten/innen, die sehr lange in Behandlung sind, ist ein fixer Ansprechpartner schon eine feine Sache.
Ich spreche gezielt über MammaCa-Patientinnen, weil diese oft 1 Jahr oder länger in Behandlung sind, Nachsorge nicht eingerechnet (OP+CTx+RTx dauern mittlerweile oft 9 Monate, kommt Herceptin dazu dann dauert es ein ganzes Jahr.
Für mich persönlich ist es auch gut, denn ich weiss was aus meinen Patienten wird und wie sie die Behandlung vertragen. Manche Konzepte (bei denen man sich nicht so sicher am Anfang war) wird man wiederholen, wenn diese verträglich und effektiv waren. Manche Konzepte wird man wiederum eher nicht wieder verfolgen.
Die Organisation allerdings ist schwierig, d.h. es muss gewährleistet sein, dass ich auch genug Zeit habe das Zielvolumen für meine Patienten einzuzeichnen, bzw. es müssen auch genug Rechner da sein, damit mehrere Leute das machen können.

Differentialdiagnostisches Denken gibt's bei uns manchmal auch.
Es ist anders als in der Inneren mit den tausend verschiedenen Tests und DDs, aber bei uns muss man auch manchmal differentialdiagnostisch denken.

Ist der neue Schwindel beim Glioblastompatienten jetzt Ausdruck eines Progresses, oder hat er einfach nur Hirnödem? Sollte ich noch ein MRT machen oder soll ich ihm einfach Kortison aufschreiben?

Ist der geschwollene Hals beim HNO Patienten ein Progress oder ist der Tumor durch die Behandlung angeschwollen? Vielleicht hat er auch einen Abszess, weil der Tumor eingeschmolzen ist?

Sind diese Beckenlymphknoten mit dem SUV von 3,5 nun befallen oder nicht?
Oder ist das eine Entzündung nach der Biopsie des Analkarzinoms?
Soll ich jetzt das ganze Becken bestrahlen, oder kann ich beim cT1 cN0 AnalkanalCa darauf verzichten und nur das kleine Becken machen?
Und was für eine Dosis soll ich denen nun geben?
45 Gy? 54 Gy?

Es gibt Differentialdiagnosen, die Fragen sind bloss eher direkt. Entweder ist es der Tumor oder was Anderes. Das ist die Frage.


Ich habe meine Entscheidung nie bereut. Ich habe nun meinen Facharzt geschafft, arbeite in einem tollen Team, habe genug Freizeit, keine Dienste und genug Zeit fürs Lesen und Forschen.

Was mich am meisten fasziniert ist der Umgang mit den Patienten und die Vielfalt (ja, die Vielfalt!).
Es gibt viele Patienten, die recht fit sind und dies auch während der Behandlung bleiben. Man behandelt 15-20 Brustkrebspatientinnen adjuvant und rettet 1 davon das Leben. Man wird nie wissen, welche das war. Und deswegen muss man sich die gleiche Mühe bei allen 15-20 geben.
Und diese relativ "gesunden" Patientinnen/en sind diejenigen, die Einem Kraft geben, damit man es mit allen Anderen aufnehmen kann:
mit den Kindern, mit den Palliativen, mit den "theretisch kurativen" (Stadium IIIA/B NSCLC, Stadium III Ösophagus, Stadium III/IVA HNSCC).

Ich habe mir überlegt, ob ich in die Praxis gehen soll. Das Gehalt ist dort sicherlich höher, egal ob man selber eine Praxis aufmacht oder nur angestellt ist.
Was mir in einer Praxis fehlen würde, wäre der Austausch mit den Kollegen.
Ich könnte nie ein Konzept diskutieren und hätte die verschiedenen Meinungen nicht.
Ausserdem kann in einer Praxis die Vielfalt verlorengehen, je nachdem wo und wie gross diese ist. Eine kleine Praxis mit einem Beschleuniger in der Nähe eines Brustzentrums wird zu 85% mit Mammas augelastet sein.
Das kann auf Dauer langweilig werden.

Lalo
09.01.2011, 15:09
ist echt interessant.... und wie schätzt Du die Chancen ein, an einer großen Klinik (sprich, breites Erkrankungsspektrum) als Frau mit Familienwunsch irgendwann Teilzeit arbeiten zu können? Gibt es das bei Euch?

alex1
09.01.2011, 16:13
ist echt interessant.... und wie schätzt Du die Chancen ein, an einer großen Klinik (sprich, breites Erkrankungsspektrum) als Frau mit Familienwunsch irgendwann Teilzeit arbeiten zu können? Gibt es das bei Euch?

In meiner früheren Klinik (Haus der Maximalversorgung) hatten wir 3 Assistenzärztinnen und 2 Oberärztinnen, die Teilzeit gearbeitet haben.

In meiner jetzigen Klinik arbeiten 2 Oberärztinnen, 2 Oberärzte und eine Fachärztin Teilzeit.


Strahlentherapie lässt sich mit Teilzeitarbeit oft gut kombinieren. Das liegt sicherlich auch an den jeweiligen Chef und die Verwaltung, jedoch ist das meines Erachtens auch ein Grund, warum viele Frauen Strahlentherapie machen.

Lalo
09.01.2011, 17:32
Das klingt nicht schlecht:-) Und dass Du zu 99% mit Onkopatienten zu tun hast, ist Dir bislang auch nicht aufs Gemüt geschlagen, oder? (ich habe bisher immer gerne mit Onko-Patienten gearbeitet, aber in der Inneren hat man halt immer "Ausweichoption"...)
War das Haus der Maximalversorgung eine Uniklinik?

alex1
09.01.2011, 18:08
Ja, ich war in einer Uniklinik.

Onkopatienten sind Onkopatienten. Man weiss was man hat.
Natürlich hatte ich öfters Situationen, die mir sehr nahe gegangen sind.
Und ich war traurig, wenn doch wider Erwarten alles viel schlimmer lief als gedacht.
Kinder sind immer noch eine schwierige Sache, obwohl ich sehr gerne mit ihnen arbeite. Ich kenne Kollegen, die nie Kinder betreuen wollen. Das lässt sich aber bei ausreichendem Personal regeln.

Lalo
09.01.2011, 18:41
wieviel bekommst Du von den Verläufen mit? Das hat mir in der inneren Onko gefallen - Du siehst die Patienten über sehr lange Zeiträume - wenn es gut läuft zu Routinekontrollen in der Ambulanz, klar, wenn es schlecht läuft oder zu Therapie auf Station oder auch mal in der Notaufnahme.
Schön zu hören, dass es auch Unikliniken gibt, die Teilzeitstellen umsetzen... die Stelle, wo ich anfange könnte ist auch Uni, daher war die Frage;-) obwohl natürlich klar ist, dass das eher Uni-/Chef-abhängig ist

Narcanti
09.01.2011, 19:57
Interessanter Thread! Sehr aufschlussreich!




Ich habe meine Entscheidung nie bereut. Ich habe nun meinen Facharzt geschafft, arbeite in einem tollen Team, habe genug Freizeit, keine Dienste und genug Zeit fürs Lesen und Forschen.



Und machst du jetzt garkeine Dienste mehr?
Glaubst du, dass es wichtig ist als Anfänger in der Strahlentherapie in einem Großen Haus (Uniklinik) anzufangen um später alle Möglichkeiten zu haben?

LasseReinböng
09.01.2011, 21:19
Habe in der Strahlentherapie (Uni) PJ gemacht - die Assistenten waren alle sehr zufrieden mit ihrer Arbeit und den Bedingungen. Man könne sich die Stellen quasi aussuchen, als FA erst recht, auch international.
Die Assistenten hatten nur Hintergrunddienste.

Gibt's Fächer, wo man derzeit derart gute Perspektiven hat ?!

An Innere-Kenntnissen mangelte es den Assistenten auf Station nach eigener Aussage allerdings deutlich.

alex1
10.01.2011, 06:50
wieviel bekommst Du von den Verläufen mit? Das hat mir in der inneren Onko gefallen - Du siehst die Patienten über sehr lange Zeiträume - wenn es gut läuft zu Routinekontrollen in der Ambulanz, klar, wenn es schlecht läuft oder zu Therapie auf Station oder auch mal in der Notaufnahme.

Ich sehe alle meine Patienten in der Nachsorge.
Bei unkomplizierten Verläufen (adjuvante Mammas) lasse ich die Nachsorge später über die Gynäkologen laufen, bei interdisziplinären Patienten (HNO,BC) läuft das nach Absprache mit den anderen Kollegen.
Sonst bekomme ich immer Berichte von den Patienten.



Und machst du jetzt garkeine Dienste mehr?
Glaubst du, dass es wichtig ist als Anfänger in der Strahlentherapie in einem Großen Haus (Uniklinik) anzufangen um später alle Möglichkeiten zu haben?

Ich mache seit 3 Jahren keine Dienste mehr.
Dienste sind meines Erachtens nicht so wichtig. Ich kann nicht von mir behaupten, dass ich in den Diensten viel gelernt habe. Die meiste Zeit habe ich geschlafen oder mich mit Routinearbeit beschäftigt.
Es ist sicherlich anders in chirurgischen Fächern. Ohne Dienste hat man als Assistenzarzt in der Chirurgie keine Chance seinen OP-Katalog vollzukriegen.




An Innere-Kenntnissen mangelte es den Assistenten auf Station nach eigener Aussage allerdings deutlich.
Das ist in der Tat ein Problem vieler Kliniken.
Einige Kliniken lösen dieses Problem durch die Anstellung eines Internistischen Onkologen als Facharzt/Oberarzt auf der Station. Alternativ ist ein Facharzt mit Strahlentherapie mit viel internistischer Erfahrung sinnvoll.
Beide Varianten habe ich persönlich in meiner früheren Klinik erlebt.
Aber wenn natürlich der Oberarzt wenig Ahnung von Innere Medizin hat, dann hat man ein deutliches Problem als Assistenzarzt.

Narcanti
10.01.2011, 09:59
@ alex

Aber weil du es dir selber ausgesucht hast keine Dienste?
Wie ist das möglich, dass das bei euch geht?
In meiner Famulaturstelle haben auch alle sehr wenige Dienste gemacht, aber die Assistenten mussten alle mal ran.
Es ist ja das eine, dass man vielleicht nicht so viel lernt, aber Dienste zahlen sich doch finanziell gut aus!?

Lalo
10.01.2011, 10:12
@narcanti
na ja, wenn die Klinik keine Station hat, dann braucht es auch keine Anwesenheitsdienste. Wenn die Klinik eine Station hat - also, in meinem alten Haus war es so, dass es sich die Waage hielt - es gab Assistenten, die gerne Dienste gemacht haben (wegen dem Geld) aber genausoviele, die liebe weniger Dienst hatten. Sprich, wer viel Dienste machen wollte hatte so 4/Monat, wer wenig wollte, anfangs alle 2 oder 3 Monate einen Dienst, später wurde es etwas mehr, da die Dienstbegeisterten irgendwann weniger begeistert waren;-)

alex1
10.01.2011, 22:51
@ alex
Aber weil du es dir selber ausgesucht hast keine Dienste?

In meiner alten Klinik hatten wir selber eine Station und daher auch einen Dienst. Viele Assistenzärzte haben daher Dienst gemacht, allerdings war die Klinik gut besetzt, so dass einige Kollegen gar keinen Dienst gemacht haben.

In meiner jetzigen Klinik haben wir keine Station und daher auch keine Dienste.



Es ist ja das eine, dass man vielleicht nicht so viel lernt, aber Dienste zahlen sich doch finanziell gut aus!?
Das hängt davon ab, wie sie vergütet werden.
In meiner alten Klinik wurden nur Wochenenddienste mit Geld vergütet, Dienste unter der Woche wurden mit Freitzeitausgleich am nächsten Tag vergütet.