PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Projekt "Was hab' ich?": Studenten helfen Patienten online



jbittner
10.02.2011, 12:01
Hallo,

zwei Medizinstudenten aus Dresden haben vor wenigen Wochen das Projekt "Was hab' ich?" ins Leben gerufen. Auf der Internetseite https://washabich.de/ können Patienten kostenlos medizinische Befunde hochladen, diese werden dann innerhalb von 24 Stunden durch Medizinstudenten in eine leicht verständliche Sprache "übersetzt". Bei fachlich schwierigen Fällen steht eine Ärztin für Rückfragen zur Verfügung.

Da das Projekt ein ungeahntes Ausmaß angenommen hat, sucht das inzwischen 20köpfige Team dringend Verstärkung. Es werden unbedingt benötigt:


movitierte und engagierte Studenten
aus ganz Deutschland, die
mindestens im 8. Fachsemester studieren.
Wer mitmacht,
bildet sich durch die Befund-Übersetzungen "wie von selbst" fort,
lernt, Fachbegriffe "patientengerecht" zu erklären,
hat mit realen Patientenfällen zu tun,
bekommt tolle Resonanz von den Patienten,
erhält ab und zu auch mal eine kleine Spende von "seinen" Patienten
und verpflichtet sich natürlich zu nichts – Arbeitszeit und -umfang sind von 0-100% frei wählbar!


Wer sich interessiert, kann


sich den MDR-Beitrag über das Projekt anschauen: http://www.mdr.de/sachsenspiegel/8206365.html und
sich auf https://washabich.de/ genauer über "Was hab' ich?" informieren.


Wer die Sache unterstützen will, sollte


diesen Aufruf an alle Medizinstudenten weiterleiten, die er kennt, und
sich am besten gleich anmelden: https://washabich.de/team/mitmachen/


Das "Was hab' ich"-Team freut sich über jede noch so kleine Hilfe und bedankt sich schonmal jetzt für hoffentlich großes Engagement und Interesse von allen Seiten!

Beste Grüße

Johannes Bittner
Mit-Initiator und Medizinstudent an der TU Dresden

MissGarfield83
10.02.2011, 20:36
Mal eine Frage : Wer haftet?

jbittner
10.02.2011, 21:55
Hallo,

die Patienten akzeptieren beim Absenden Ihres Befundes folgende Nutzungsbedingungen:

--
Bearbeiter und Seitenbetreiber übernehmen keinerlei Haftung für die Richtigkeit der Übersetzung und die sich daraus ergebenden Folgen.
Es ist lediglich erlaubt, eigene medizinische Befunde übersetzen zu lassen. Die Einsendung medizinischer Daten einer dritten Person impliziert deren ausdrückliches Einverständnis.
--

Beste Grüße

Johannes

MissGarfield83
10.02.2011, 22:20
Habt ihr denn für den Fall der Fälle einen Anwalt für Medizinrecht der euer Projekt betreut? Was ist mit der Schweigepflicht? Was passiert wenn ein Patient aufgrund "falscher" Übersetzung eines Befundes zu schaden kommt? Wer garantiert eine Qualitätskontrolle? Was ist mit dem Datenschutz und wie ist ein sicherer Schutz der Patientendaten gewährleistet? Was ist mit den Dokumentationspflichten?

jbittner
11.02.2011, 09:19
Hallo,

nein, wir haben zur Zeit keine anwaltliche Betreuung. Eine Verpflichtung zur Verschwiegenheit wird von jedem Team-Mitglied vor Beginn der Übersetzungstätigkeit bestätigt. Für den Fall einer "falschen" Übersetzung gilt der oben genannte Haftungsausschluss. Zur Qualitätskontrolle haben wir folgende Maßnahmen eingerichtet:


Medizinstudierende werden frühestens im 8. Fachsemester in unser Team aufgenommen.
Es existiert ein Supervisions-Team aus Studenten im Praktischen Jahr und einer Ärztin. Jeder neue Mitarbeiter wird durch einen ihm zugewiesenen Supervisor betreut: In der Einarbeitungsphase wird jede Befund-Übersetzung gemeinsam telefonisch besprochen, danach steht der Supervisor bei komplexen Übersetzungen für Nachfragen und fachliche Hilfe bereit.
Weitere Hinweise zum Datenschutz gibt's hier: https://washabich.de/datenschutz. Wir stellen sicher, dass nicht einmal die Mitarbeiter Einsicht in die nicht-medizinischen Daten der Nutzer erhalten. Betont sei, dass neben dem Geburtsjahr an nicht-medizinischen Daten lediglich die E-Mail-Adresse des Nutzers erhoben wird, um diesen anschließend über die fertige Befund-Übersetzung zu informieren.
Auch wenn trotz Sicherheitsvorkehrungen die Befund-Übersetzung in die Hände eines Dritten gerät, kann sie nicht mit dem Absender in Verbindung gebracht werden.


Eine ärztliche Dokumentationspflicht trifft für uns nicht zu, da wir weder behandeln, diagnostizieren, empfehlen, oder andere medizinische Dienste erbringen – es handelt sich ausschließlich um eine ausführliche Übersetzung in eine leicht verständliche Sprache.

Ich hoffe, mit den Infos weitergeholfen zu haben!

Beste Grüße

Johannes

MissGarfield83
12.02.2011, 09:08
Hallo Johannes !

Ich meinte - sind die Daten sicher vor einem Hackerangriff? Es gibt genug Idioten die vertrauliche Daten für dubiose Zwecke kaufen und diese dann gegen Betroffenen verwenden - und da Patientendaten nunmal von ihrer Natur aus sensibler sind als so manche andere - wie gewährleistet ihr deren Schutz? Was passiert wenn doch jemand diese Schutzbarriere überwindet?

Alles in allem zwar eine interessante Idee, aber in meinen Augen recht wenig durchdacht und für den Patienten eventuell recht gefährlich - besonders ohne Beleuchtung eventueller Therapieoptionen. Ihr begebt euch mit diesem Projekt auf rechtlich sehr sehr dünnes Eis.

MissG

Sebastian1
12.02.2011, 10:10
Ich muss - bei allem Respekt vor Eurer Arbeit und der Idee - auch gestehen, bei dem Projekt Bauchschmerzen zu haben. Gar nicht mal aufgrund rechtlicher Bedenken (die kann ich nicht hinlänglich beurteilen), sondern vielmehr aufgrund des Gesamtkonzeptes: Da kommt ein Patient auf Euch zu, der euch einen beliebigen Befund zum Übersetzen schickt - ob nun CT, Arztbrief oder sonstwas. Ihr übersetzt das in laienverständliche Sprache. So weit, so gut.
Aber: Da ihr den Patienten nicht vor Euch habt, da ihr die Gesamtgeschichte des Patienten nicht kenn, könnt ihr die Befunde nciht interpretieren oder in einen Kontext einordnen. Der Patient als Laie kann das auch nicht.
Und so sitzt der Patient mit seinem übersetzten Befund da, ist vielleicht beunruhigt, googelt nach seinen Symptomen und rennt dann irgendwann wieder zu seinem Hausarzt bzw Facharzt, der den ursprünglichen Befund geschrieben hat - und dessen Aufgabe es ist, den Patienten ins Bild zu setzen (wobei man ruhig davon ausgehen darf, dass der das auch vorher schon versucht hat, der Patient aber erst im Nachhinein fragen hat oder aber - und das ist nicht selten - der Patient ist nicht in der Lage, auch einfachen Erklärungen hinreichend zu folgen).
Die Übersetzung und patientengerechte Darlegung von Befunden ist sicher ein wichtiger Bestandteil der Patienteninformation, aber sollte meines Erachtens nach ausschliesslich in einem Umfeld stattfinden, in welchem die Befunde auch in einen Gesamtkontext eingeordnet werden können.

Muriel
12.02.2011, 11:01
Und gerade bei Erklärungen eines Befundes, und dazu zähle ich auch simples Übersetzen, ist meines Erachtens ein persönliches Gepräch notwendig, damit direkt und nicht erst irgendwann sich zwangsläufig ergebende Fragen des Patienten beanwortet werden können. Und selbst bei mir gut bekannten Patienten, die mir Fragen aus anderen Fachgebieten stellen, bin ich sehr zurückhaltend, da fehlt mir einfach 1. die Sachkompetenz und 2. die tatsächliche Einordnung.

MissGarfield83
12.02.2011, 11:17
Und selbst bei mir gut bekannten Patienten, die mir Fragen aus anderen Fachgebieten stellen, bin ich sehr zurückhaltend, da fehlt mir einfach 1. die Sachkompetenz und 2. die tatsächliche Einordnung.

Genau unter dem Aspekt frage ich mich ob da ein paar PJs und eine Assistenzärztin als Qualitätssicherung ausreichen ...

jbittner
15.02.2011, 17:11
Hallo,

vielen Dank für die anregende Diskussion und die Mitteilung der Kritikpunkte. Aufgrund des jungen Projekt-Alters befinden sich etliche der angesprochenen Punkte zur Zeit noch in medizinrechtlicher Prüfung. Zu ein paar anderen Statements möchte ich kurz Stellung beziehen:


Daten im Internet hunderprozentig sicher schützen zu wollen, wäre naiv. Daher tun wir alles, um die Daten auch im (sehr unwahrscheinlichen) Fall eines Datenlecks anonym zu halten. Würde zum Beispiel der Link zu der (passwortgeschützten) Seite mit der Befundübersetzung einer dritten Person bekannt, könnten die dort einsehbaren Daten nicht mit einer bestimmten Person in Verbindung gebracht werden.
Die gesammelte Erfahrung aus nun über 250 Befund-Übersetzungen zeigt uns, dass wir Patienten wirklich weiterhelfen können: Oft gehören zu den Anfragen ältere Befunde, die nun endlich verstanden werden und zur Verarbeitung der eigenen Krankheit beitragen. Weiter hilft die Übersetzung dabei, im Arztgespräch gezielte Fragen stellen zu können, und im Arztgespräch nicht Gemerktes noch einmal nachzubereiten.
Dass die Erläuterung der Befunde im ärztlichen Umfeld stattfinden sollte, steht außer Frage. Doch auch wenn eine gute und patientenfreundliche Befunderläuterung im Arztzimmer stattfindet, kann der Patient nachgewiesen anschließend nur einen Teil des Gesprächs wiedergeben. Hier sehen wir uns als eine Auffanghilfe im Web, die Patienten vor blindem und verwirrendem Googlen nach Fachbegriffen bewahrt.


Ich möchte noch einmal betonen, dass wir keine Patientenfragen beantworten, sondern dem Patienten dabei helfen, Fragen im Arztgespräch gezielt stellen und Antworten besser verstehen zu können.

Viele Grüße

Johannes

emergency doc
16.02.2011, 22:57
hat mit realen Patientenfällen zu tun,


Sorry, aber der wahre Grund für euer Engagement liegt IMHO eher da.
Wir waren alle mal frustrierte und theoriesatte Studenten. Habt Geduld, dann bekommt ihr mehr "reale Patientenfälle" als euch lieb ist...
:-keks

fascia
17.02.2011, 11:49
Hallo Johannes,

euer Projekt finde ich gut.

Viele meiner Patienten haben eine Menge Fragen, die sie ihren Arzt nicht zu stellen wagen.
Zwar würden sie gerne verstehen, was die Inhalte ihrer Befunde sind, ahnen aber zugleich, dass die nötigen Erklärungen und die sich daraus ergebenden Fragen einige Zeit in Anspruch nehmen würden.
Viele trauen sich nicht, diese Zeit und Aufklärung beim Arztbesuch zu beanspruchen.
Dabei lösen sich viele Unsicherheiten und überflüssige Fragen bereits in Wohlgefallen auf, wenn Befunde nur übersetzt werden.

Patienten müssen selbst Entscheidungen treffen.
Ärzte dürfen dies nicht für sie tun - sie dürfen Empfehlungen aussprechen.

Medizinische Entscheidungen fallen auf der Basis von Befunden, deren Bedeutung und Gewichtung.
Wie sollen Menschen (die das wollen) hierbei zu einer Entscheidung finden, wenn ihnen schon die Basis, auf der sie gefällt wird, vollkommen schleierhaft bleibt?

Die Entscheidung fällt dennoch, so oder so.
Zum Beispiel die zu einer therapeutischen Maßnahme.
Viele therapeutische Effekte sind u.a. von der Mitwirkung des Patienten beeinflusst. Diese Mitwirkung ist eher positiv, wenn ein Verständnis für bestimmte Zusammenhänge gegeben ist.


Die Fragen, die mir (Osteopathin) gestellt werden, zeigen, dass viele Menschen über ihre Gesundheitsstörung fast nichts wissen, sie nicht verstanden haben. Selbst nach Jahren nicht.

Manche haben auch kein allzu großes Interesse daran.
Andere schon.
Seit zwanzig Jahren höre ich Fragen.
Einige dieser Fragen entstehen erst, weil basale Begriffe und Zusammenhänge durch mich übersetzt werden.
Diese Fragen hätten zu einem viel früheren Zeitpunkt gestellt werden müssen. Und zwar nicht bei mir und nicht nach einer Entscheidung zu einer Maßnahme - sondern beim behandelnden Arzt und vor dieser Entscheidung.

Manche Entscheidung wäre anders ausgefallen, wenn es eine umfassendere Aufklärung gegeben hätte.
Wenn wir möchten, dass Menschen über ihre Therapie mitentscheiden und Verantwortung übernehmen - dann müssen ihnen auch die Mittel dazu bereitgestellt werden. Das sind Informationen - allgemeine sowie individuelle.


Ihr bietet eine Leistung an, die ich aus Sicht der Menschen, um die es geht - und aus meiner persönlichen Sicht - als sinnvoll erkenne.

Dass eure Leistung einen geradezu explosiven Nutzerandrang erlebt, ist einerseits gut...
...und andererseits der Ausdruck eines großen und bedauerlichen Mangels.


Mein absurder Wunsch ist: Euer "Dienst" möge in absehbarer Zeit überflüssig werden.
(Auch ich hätte dann mehr Zeit, um mich um meine eigentlichen Aufgaben und Tätigkeiten am Menschen zu kümmern.)


Dresden grüßt Dresden!
LG, fascia

ringelflocke
18.03.2011, 19:07
Sorry, aber der wahre Grund für euer Engagement liegt IMHO eher da.
Wir waren alle mal frustrierte und theoriesatte Studenten. Habt Geduld, dann bekommt ihr mehr "reale Patientenfälle" als euch lieb ist...
:-keks

Ja und? Ist die Aktion deshalb verwerflich? Schließlich haben beide Seiten etwas davon.

Ich finde die Sache gut. Patienten müssen m.E. nicht zwingend künstlich "dumm" gehalten werden. Googlen können die Leute auch ohne einen solchen Dienst - und das ist sicherlich nicht die bessere Alternative.

jbittner
10.06.2011, 10:00
Hallo zusammen,

aus der "Was hab' ich?"-Welt gibt es einige Neuigkeiten: inzwischen übersetzen auf https://washabich.de/ ehrenamtlich über 150 Medizinstudenten und 15 Ärzte Befunde in eine leicht verständliche Sprache.

Das Projekt wurde zum Springer Medizin CharityAward 2011 nominiert (Bericht heute in der Ärzte Zeitung (http://bit.ly/j28M2P)) und ist darüber hinaus auch sonst in der Öffentlichkeit auf große, positive Resonanz gestoßen (https://washabich.de/presse).

Wir suchen aufgrund der großen Nachfrage seitens der Patienten weiterhin zahlreiche ehrenamtliche Helfer für unser Team!

Weitere Infos und Anmeldung unter https://washabich.de/mitmachen

Wir würden uns über eure Mithilfe freuen :-)

Michael72
10.06.2011, 17:05
Warum genau muss man, um Euch zu helfen, ein Passfoto, eine Immatrikulationsbescheinigung und eine Kopie des Personalausweises hochladen?

jbittner
10.06.2011, 21:22
Hallo Michael72,

das Hochladen der Daten hat folgende Funktion:


Passfoto: wir wollen alle Mitarbeiter auf der Website vorstellen (https://washabich.de/team), außerdem erscheint das Foto für andere Medizinstudenten im internen Mediziner-Netzwerk
Personalausweis/Immabescheinigung: wir müssen sichergehen, dass wirklich nur Medizinstudenten und Ärzte einen Zugang zum Mediziner-Netzwerk erhalten; daher prüfen wir diese Dokumente vor Freischaltung des Zugangs


Ich hoffe, dir mit der Antwort ausreichend weitergeholfen zu haben. Bei Fragen kannst du aber auch gerne direkt eine Nachricht an mich senden.

Viele Grüße

Johannes

Feuerblick
11.06.2011, 01:28
Und was ist, wenn man nicht unbedingt möchte, dass Vorgesetzte, potentielle Vorgesetzte etc. mitbekommen, was man in seiner Freizeit tut? Wenn man also Namen und Foto NICHT auf eurer Webseite veröffentlicht haben möchte?