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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Peritonealkarzinose und Alkohol



Cara1910
19.02.2011, 04:43
Mich würde interessieren, was genau passiert, wenn ein Patient mit einer sekundären Peritonealkarzinose (Ursprung T4 Kolon) sich regelmässig mit Wein betrinkt. Das Bauchwasser fliesst, wird jedoch über einen Shunt abgeleitet, was nachts manchmal zu Inkontinenz führt.

Das Bauchfell ist ja weniger durchblutet. Passiert deswegen kaum etwas, weil das Blut mit dem Alkohol am Bauchfell vorbeizieht?

Wird der Aszites ebenfalls alkoholhaltig?

Ich habe gelesen, dass ein Tumor in Alkohol doppelt so starkes Zellwachstum aufweist wie ein Tumor in normalem Milieu (Mississippi-Studie).
Heisst das dann, dass eine Chemotherapie bei Alkohol noch besser greift, da sie die schnell wachsenden Zellen angreift?
Ist der Effekt neutral, da die Chemotherapie die Rezeptoren des Tumors für Wachstumsfaktoren VEGF schon belegt hat?
Beschleunigt der Alkohol den gesamten Prozess und die Tumorzellen werden daher schneller gegen die Chemotherapie resistent?

Was läuft da eigentlich ab im Bauch, wenn der krebskranke Patient sene Ängste im Alkohol-Rausch erträmkt?

Kackbratze
19.02.2011, 09:01
Was sagen denn die Leute zu dem Thema, die sich damit professionell beschäftigen?
Deine Fragen sind sehr speziell, vielleicht ist das hier nicht das richtige Forum zu dem Thema, da hier eher Spekulationen als wissenschaftliche Daten präsentiert werden können.
Die hier ist ein Forum für Studenten und junge Ärzte.

emergency doc
19.02.2011, 21:04
Naja, also es sind hier ja schon einige Fachärzte unterwegs, allerdings sind Deine Fragen wirklich speziell, und Du brauchst Glück um jemanden zu finden, der sich wirklich damit auskennt.

Cara1910
19.02.2011, 23:59
Ich dachte, dass Ihr gerade als Medizin-Studenten so etwas lernt und Euch deswegen damit gut auskennt. Ich hatte gedacht, dass es Euch vielleicht Spass macht, mir zu helfen und Euer Wissen weiterzuvermitteln.

dantheg
20.02.2011, 00:30
Sind schon spezielle Fragen aber man kann doch ein bisschen fachsimpeln, nicht wahr?


Das Bauchwasser fliesst, wird jedoch über einen Shunt abgeleitet, was nachts manchmal zu Inkontinenz führt.

Was für einen Shunt hat denn der Gute?


Wird der Aszites ebenfalls alkoholhaltig?

Zu einem minimalen Teil wahrscheinlich schon. Ohne es genau zu wissen müsste der Aszitesgehalt bei nicht-tumorösen Prozessen (Zirrhose) mehr dem Plasmagehalt ähneln als bei malignem Aszites. Ich denke aber bei hohen Plasmaspiegeln von Alkohol müsste dennoch ein wenig im Aszites nachweisbar sein. Wie viel ist eine gute Frage.


Ich habe gelesen, dass ein Tumor in Alkohol doppelt so starkes Zellwachstum aufweist wie ein Tumor in normalem Milieu (Mississippi-Studie).

Es ist immer Vorsicht geboten wenn man Ergebnisse von der Zellkultur (bzw in dem Fall wohl ein Kückenei Modell) auf den Menschen übertragen will.


Heisst das dann, dass eine Chemotherapie bei Alkohol noch besser greift, da sie die schnell wachsenden Zellen angreift?
Ist der Effekt neutral, da die Chemotherapie die Rezeptoren des Tumors für Wachstumsfaktoren VEGF schon belegt hat?
Beschleunigt der Alkohol den gesamten Prozess und die Tumorzellen werden daher schneller gegen die Chemotherapie resistent?

Es ist nur geraten, aber wahrscheinlich passiert gar nichts. Generell ist ein erhöhter Alkoholkonsum nicht gerade förderlich da mit dem meist eine schlechtere Ernährung eingeht was vor allem bei Tumorpatienten wichtig ist. Daneben erhöht der Konsum von Alkohol die Rate von Stürzen und Unfällen - es ist wohl klar dass ein Unfall bei diesem Herr komplikationsreicher verlaufen würde als bei einem gesunden. Auch gibt es Complianceproblemen bei Alkoholikern und und und. Wahrscheinlich braucht der Patient die Palliativmedizin denn es gibt unter Umständen bessere Möglichkeiten ihm seine Ängste wegzunehmen als sich zu betrinken.

Cara1910
20.02.2011, 11:33
Vielen Dank für Deine Kommentare und Reflektionen. Der Shunt ist vermutlich ein PVS. Ich dachte zunächst auch an Leberzirrhose und dass es sich um benignen Aszites handelt. Aber es heisst immer, die Leber sei OK. Daher muss es ein maligner Aszites nach dem Durchbruch des T4 im Darm sein. Eigentlich wird ja von einem PVS bei malignem Aszites abgeraten, da er sich zusetzen kann, aber wahrscheinlich hätte man sonst zu oft punktieren müssen und da er sowieso wegen der Tumorresektion auf dem Operationstisch lag, hat man den Shunt gleich mit eingebaut.

Die Mississippi-Studie wurde an Mäusen durchgeführt und mit Alkoholmengen, die den menschlichen Gewohnheiten entsprechen.

http://www.newswise.com/articles/view/528254

Er isst eigentlich recht gut, wohl viel Fleisch (auch rotes, das den Darmkrebs wohl eher fördert). Ich habe mehr Bedenken, dass er mit dem Wein die Tumormasse im Bauch mit Kohlenhydraten füttert.

Palliativ behandelt er sich selbst mit Hilfe seines Medizinschrankes, in dem wohl eine Reihe von Anti-depressiva zu finden sind.

Da hast absolut Recht mit den Compliance-Problemen. So will er absolut nicht im Krankenhaus liegen. Am Anfang gab es Probleme, als beim Portsetzen die Lunge punktiert wurde und die halbe Lunge zusammensackte. Das passiert ja manchmal. Da bekam er kaum noch Luft, und das Krankenhaus wollte ihn zur Beobachtung dabehalten. Aber er unterscchrieb tausend mal, dass er zu Hause ruhen wollte. Ich glaube, Alkoholkranke haben einen Horror davor, im Krankenhaus zu liegen, wo sie einerseits unter Entzug leiden und andererseits die aufkommenden Ängste (insbeondere als Krebspatient), nicht mit weiterem Alkoholkonsum dämpfen können.

Rico
20.02.2011, 12:35
Aus gegebenem Anlass sei nochmal auf unseren Disclaimer (http://www.medi-learn.de/medizinstudium/foren/showthread.php?t=4676) hingewiesen.

Ansonsten, liebe Cara, verstehe ich die Intention hinter Deinem Post nicht ganz.
Der Patient ist in einer palliativen Situation und hat sich ganz offensichtlich entschieden, was seinen weiteren Therapiewunsch angeht - und zwar scheinbar nicht im Sinne einer maximalen Thrapie.
Ob der Aszites jetzt benigne oder maligne ist (wird schon mal einer untersucht haben) und wieviel Alkohol nun also in den Aszites übergeht und ob der jetzt tumornutritiv oder -toxisch wirkt ist doch wahrlich nebensächlich weil nicht mehr kriegsentscheidend. Außerdem noch dazu ohne Konsequenz, da der Alkoholkonsum ja offensichtlich ebenfalls nicht zur Disposition steht.

Anstatt mich mit sowas aufzuhalten würde ich mich an Deiner Stelle - wenn Du tatsächlich irgendwie helfen möchtest - um eine möglichst gute palliative Therapie bemühen. Es gibt auch niedergelassene Palliativmediziner, die auch nach hause kommen, sodass der Wunsch des Patienten, nicht mehr in die Klinik zu müssen und der Zugriff auf eine palliaive Therapie nicht unbedingt im Widerspruch zueinender stehen.

Frag mal den Hausarzt oder schau auf der Seite der Ärztekkammer nach einem Palliativmediziner in der Nähe - da ist meiner Meinung nach mehr mit geholfen als mit hypothetischen Diskussionen auf irgendwelchen molekularbiologischen Nebenkriegsschauplätzen. :-meinung

Cara1910
20.02.2011, 13:19
Hallo Rico,

ich habe den "Disclaimer" gelesen und mein Beitrag ist voll und ganz im Sinne der Fachsimpelei dieses Forums. Es geht nicht darum, Hilfe in einem konkreten Fall zu bekommen, sondern medizinische Zusammenhänge zu verstehen, die so immer wieder auftauchen können. In diesem Fall geht es um Tumorbiologie. Entweder es interessiert einen, dann kann man es mit diskutieren, oder es interessiert einen nicht. Dann ignoriert man den Eintrag. Das was Du als "Nebenkriegsschauplätze" siehst, ist gerade das, was mich interessiert.

Der Patient ist in Behandlung und was er mit seinen Ärzten vereinbart etc. ist seine Sache. Ich wollte hier einfach gerne Tumorbiologie mit kompetenten Leuten diskutieren.

Viele Grüsse
Cara

saipro
20.02.2011, 14:45
Die Biologie eines Tumors ist aber wohl eher ein Thema von dem selbst der klinisch tätige Onkologe wenig berichten kann. In dem Fall wäre es wohl besser bei Biologen/Biochemikern nachzufragen, die in diesem Bereich forschen, oder zunächst einmal nach bereits bekannten Ergebnissen in pubMed zu gucken.

dantheg
20.02.2011, 16:10
Er isst eigentlich recht gut, wohl viel Fleisch (auch rotes, das den Darmkrebs wohl eher fördert). Ich habe mehr Bedenken, dass er mit dem Wein die Tumormasse im Bauch mit Kohlenhydraten füttert.

Ich glaube du schätzt den Stellenwert der Ernährung viel zu hoch ein. Ja, es stimmt wohl dass Konsum von rotem Fleisch mit einer leicht erhöhten Wahrscheinlichkeit einhergeht, Darmkrebs zu entwickeln. Ich finde, so groß und relevant ist diese Erhöhung eigentlich nicht. Und es handelt sich lediglich um epidemiologische Daten die eventuell vielleicht gegebenenfalls über Jahrzehnte hinweg gesehen relevant sind; hierauf Empfehlungen fürs nächste Jahr zu machen wäre unpassend. Tumorbiologisch gesehen, bei einem Tumor in einem so fortgeschrittenen Stadium wird sich der Tumor seine Nährstoffe schon holen, egal was der Patient einnimmt - so kommts ja zur Tumorchachexie. Mit jeder Mahlzeit wird der Tumor fleißig miternährt, da kann man nichts machen. Ich sage meinen Patienten die so weit sind, die sollen alles essen was denen schmeckt, Einschränkungen mache ich da ungerne außer wirklich sinnvoll (zum Beispiel sollten insulinpflichtige Diabetiker weiterhin Zucker überprüfen).


Da hast absolut Recht mit den Compliance-Problemen. So will er absolut nicht im Krankenhaus liegen. Am Anfang gab es Probleme, als beim Portsetzen die Lunge punktiert wurde und die halbe Lunge zusammensackte. Das passiert ja manchmal. Da bekam er kaum noch Luft, und das Krankenhaus wollte ihn zur Beobachtung dabehalten. Aber er unterscchrieb tausend mal, dass er zu Hause ruhen wollte. Ich glaube, Alkoholkranke haben einen Horror davor, im Krankenhaus zu liegen, wo sie einerseits unter Entzug leiden und andererseits die aufkommenden Ängste (insbeondere als Krebspatient), nicht mit weiterem Alkoholkonsum dämpfen können.

Entzug sollte man im Krankenhaus therapieren und anxiolytische Medikation bringt viel und ist wahrscheinlich besser als sich die ganze Zeit zu betrinken. Aber man kann ja keinen der jetzt nicht psychiatrisch eingeschränkt ist gegen seinen Willen im Krankenhaus festhalten...

Rico hat selbstverständlich Recht - eine gute Palliation ist hier angebracht und würde dem Patienten wahrscheinlich am meisten helfen.

Die Studie ist aber nicht uninteressant. Interessant wäre herauszufinden was aus dieser Studie aus 2007 geworden ist bzw ob da weitergeforscht wurde.

Rico
20.02.2011, 19:52
Entweder es interessiert einen, dann kann man es mit diskutieren, oder es interessiert einen nicht. Dann ignoriert man den Eintrag. Danke, die Funktionsweise eines Internetforums ist mir geläufig.
In diesem Fall geht es um Tumorbiologie.Dass Du ausschließlich darüber diskutieren wolltest war aus Deinen Beiträgen, die sich mit allen möglichen Aspekten dieses schwer kranken Patienten befassen (von Alkoholismus über Compliance, Selbsttherapie mit Antidepressiva, Indikationen zur Shuntchirurgie, u.v.m.) nicht zu erkennen.

Der Patient ist in Behandlung und was er mit seinen Ärzten vereinbart etc. ist seine Sache.Vielleicht freut er sich ja trotzdem über einen Tipp, der ihm eine bessere häusliche palliative Versorgung möglich macht :-nix, meiner Meinung nach läuft das so wie beschrieben nicht optimal.

Kackbratze
20.02.2011, 21:07
Da aber nochnichtmal klar ist, was für ein Shunt vorliegt und zu welchem Zweck dieser implantiert wurde, ist doch zu erkennen, dass der Fall nur aus der Ferne beurteilt wird und in einen google-artigen Kontext gesetzt wird.

Nur das wir hier google spielen sollen.