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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : LAE und Euler-Lilljestrand-Reflex ?



LasseReinböng
21.02.2011, 13:21
Beim Kreuzen der IMPP-Fragen stoße ich hin und wieder in den Antwortkommentaren zur LAE auf den Euler-Liljestrand-Reflex.

Und zwar heißt es: "Sekundär zu der Verlegung großer Gefäße erfolgt die reflektorische Konstriktion von Lungenkapillaren durch den sog. Euler-Liljestrand-Reflex".

Ich habe es allerdings aus Physio so in Erinnerung, daß die "hypoxische Vasokonstriktion" dann erfolgt, wenn es zu einer alveolären (!) Hypoventilation kommt. Kann sein, daß die Kapillaren sich konstringieren, aber was hat das mit dem E-L-Reflex direkt zu tun ?

Dieser Zusammenhang wurde mir auch schon einmal von einem OA genannt, ist also keine Erfindung des Exaplan-Kommentators, der ja ab und zu auch mal Fehler machen soll. :-D

Alcyon
26.02.2011, 12:24
Ob jetzt alveoläre Minderbelüftung oder eine Minderperfusion im Rahmen einer LAE: Beiden Pathologien ist gemeinsam, dass es - auf unterschiedliche Weise - zu einer lokalen Hypoxie kommt. Und die ist ja der Auslöser für den E.-L.-Mechanismus.
Streng genommen hast Du möglicherweise Recht, dass der E.-L.-Mechanismus klassischerweise den Zusammenhang zwischen Ventilation und Perfusion beschreibt, aber man muss sich auch mal überlegen, dass der E.-L.-Mechanismus (laut Wikipedia) 1946 beschrieben worden ist. Ich glaube, es ist - zumal im klinischen Alltag - zulässig, auch im Rahmen einer LAE vom E.-L.-Mechanismus zu sprechen.

Evil
26.02.2011, 13:03
Ob jetzt alveoläre Minderbelüftung oder eine Minderperfusion im Rahmen einer LAE: Beiden Pathologien ist gemeinsam, dass es - auf unterschiedliche Weise - zu einer lokalen Hypoxie kommt.
Das stimmt aber doch eben nicht. Minderperfusion in der Lunge bedeutet eben KEINE Hypoxie, der Sauerstoff kommt ja direkt aus den Alveolen und diffundiert von dort in die Kapillaren.

Ich denke eher, daß es durch freigesetzte Entzündungsmediatoren zu einer Vasokonstriktion kommen kann, aber das hat nix mit dem Euler-Lilijestrand-Reflex zu tun.

Rico
26.02.2011, 16:16
Ohne jetzt was zur EL-Problematik beitragen zu können, aber machen Entzündungsmediatoren nicht klassischerweise eine Vasodilatation? Oder ist im kleinen Kreislauf wieder alles umgekehrt?

Evil
26.02.2011, 17:53
Keine Ahnung, was da dann an Prostavasinen und Prosta-schlag-mich-tot freigesetzt wird, die alles mögliche machen können. Aber anscheinend kommt es zu einer Vasokonstriktion.

LasseReinböng
26.02.2011, 20:57
Ich sehe auch keinen logischen Zusammenhang zwischen LAE und dem E.-L.-Reflex. :-top

Alcyon
27.02.2011, 07:25
Ursache für die Diskrepanz zwischen verlegtem Lungengefäßbett
und kardiopulmonalen Veränderungen bei der Lungenembolie
ist die Freisetzung neurohumoraler Faktoren, die eine
pulmonale Vasokonstriktion und Bronchospasmen verursachen
können. Experimentelle Untersuchungen haben gezeigt,
dass die beiden wichtigsten vasoaktiven humoralen Faktoren
Serotonin und Thromboxan A2 sind (Moser 1990).
Serotonin ist ein potenter Agonist der glatten Gefäßmuskulatur,
der in den Thrombozyten gespeichert wird und
gleichzeitig durch direkte Stimulation einen Bronchospasmus
verursachen kann. Aktivierte Thrombozyten setzen aber auch
Thromboxan A2 frei, ebenfalls ein potenter Vasokonstriktor
und Mediator einer Bronchospastik.
Darüber hinaus konnte nachgewiesen werden, dass es im
Rahmen der Lungenembolie zur Abnahme des Surfactant-
Faktors mit konsekutivem alveolärem Kollaps und Ausbildung
von Mikroatelektasen kommt. Dies führt zu einer Verminderung
der Gasaustauschfläche für Sauerstoff und zur
Öffnung intrapulmonaler Shunts. Daraus resultiert in Kombination
mit Vasokonstriktion und Bronchokonstriktion und
der hieraus entstehenden Totraumventilation mit »Perfusions-
Ventilations-Mismatch« eine Hypoxämie, wie sie im Rahmen
der Lungenembolie typisch ist. Zusätzlich kommt es im
Rahmen dieser Hypoxämie und der Stimulation pulmonaler
Barorezeptoren zur Hyperventilation mit konsekutiver Hypokapnie.

(Klinische Kardiologie Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße
Erland Erdmann, S. 486)

Evil
27.02.2011, 10:08
Die beschriebene Hypoxämie ist systemisch, nicht lokal, und tritt in der Form erst bei LAE Grad III bis IV in Erscheinung.

Der Euler-Liljestrand-Reflex kommt nach dieser Quelle am ehesten aufgrund der Atelektasen in Betracht, wobei sich da die Frage nach der zeitlichen Dynamik stellt: in welchen Zeiträumen kommt es zur Surfactant-Verringerung und Atelektasenbildung?
Ich denke, man kann da von Tagen ausgehen, im Rahmen von sekundären Lungenparenchymveränderungen.

Gibt es Untersuchungen, ob diese Prozesse bei primär erfolgreicher Lyse oder schneller wirksamer Vollheparinisierung überhaupt auftreten?

Flemingulus
28.02.2011, 19:53
Würde auch Evil zustimmen, dass der einzige Mechanismus für die Auslösung eines Euler-Liljenstrand-Reflexes bei LAE, der mir grad einleuchtete, die Atelektasen auf dem Boden der verringerten Surfactantproduktion sind. Die durch die LAE evtl. bedingte globale Hypoxämie hat mit dem Reflex eigentlich nix zu tun.

Generell muss man nämlich unterscheiden zwischen dem Euler-Liljenstrand-Reflex i. e. S. (= akute hypoxische Vasokonstriktion - tritt innerhalb von Sek. nach Abfall der O2-Konz. in glatten Muskelzellen kleiner Widerstandsgefäße der Lunge auf) und einer subakuten bis chronischen hypoxischen pulmonalen Hypertension (innerhalb von Stunden bis Wochen). Früher hat man das teilweise in einen Topf geworfen, da wohl in beiden Fällen eine funktionelle Vasokonstriktion beteiligt ist. Beim E.-L.-R. ist das der vorrangig ablaufende Prozess, bei subakuten/chronischen Veränderungen spielen auch Änderungen der Gefäßpermeabilität, Einwanderung von Entzündungszellen und Remodeling-Prozesse eine Rolle.

Beim E.-L.-R. bewirkt die Hypoxie 1) eine Depolarisation von glatten Muskelzellen mit Nachfolgender Aktivierung von L-Typ-Calciumkanälen und 2) eine Aktivierung der Rho-Kinase mit Nachfolgender Calciumsensibilisierung der glatten Muskelzellen. Trigger für diesen Reflex ist ein passager bestehender Schleimpropf oder eben eine lokale Atelektase.

Bei der subakuten bis chronischen hypoxischen pulmonalen Hypertonie weiß ich jetzt net genau, was der molekulare Mechanismus des erhöhten Gefäßwiderstandes ist, aber es spielt glaub ich das Endothel (verminderte NO-Freisetzung) eine größere Rolle und die L-Typ-Calciumkanäle spielen eine geringere Rolle (weshalb Calciumantagonisten auch net wirklich gegen diesen Zustand helfen). Trigger für diese Veränderungen sind globale Hypoxien wie sie z. B. beim Höhen-bedingten Lungenödem auftreten können oder bei der COPD.

Wenn im Rahmen einer globalen Hypoxämie bei LAE ein erhöhter pulmonaler Widerstand auftritt, so ist dies auch eher auf Variante 2 und nicht auf den E.-L.-R. zurückzuführen (und demzufolge auch wieder net mit Calciumantagonisten bekämpfbar).

Alcyon
01.03.2011, 06:26
Ja, ihr habt Recht. Nachdem ich mir o.g. Text durchgelesen habe, komme ich ebenfalls zu dem Ergebnis, dass es keinen richtigen Zusammenhang zwischen LAE und E.-L.-R. gibt. :-party

Evil
01.03.2011, 06:29
Bei der subakuten bis chronischen hypoxischen pulmonalen Hypertonie weiß ich jetzt net genau, was der molekulare Mechanismus des erhöhten Gefäßwiderstandes ist, aber es spielt glaub ich das Endothel (verminderte NO-Freisetzung) eine größere Rolle und die L-Typ-Calciumkanäle spielen eine geringere Rolle (weshalb Calciumantagonisten auch net wirklich gegen diesen Zustand helfen). Trigger für diese Veränderungen sind globale Hypoxien wie sie z. B. beim Höhen-bedingten Lungenödem auftreten können oder bei der COPD.

Wenn im Rahmen einer globalen Hypoxämie bei LAE ein erhöhter pulmonaler Widerstand auftritt, so ist dies auch eher auf Variante 2 und nicht auf den E.-L.-R. zurückzuführen (und demzufolge auch wieder net mit Calciumantagonisten bekämpfbar).
Dem widerspricht allerdings, daß beim Höhenlungenödem (HAPE) Calcium-Antagonisten vom Dihydropyridin-Typ (Nifedipin) mit gutem Erfolg eingesetzt werden.
Oder aber das HAPE ist eher doch dem direkten EL-Reflex und damit Variante 1 zuzuordnen.