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Medimatze
24.02.2011, 18:53
Hab da mal ein Problem,
warum wird so viel Wert auf einen Pupillenbeurteilung in der Klinik/Rettungsdienst bei SHT gelegt. Ich spreche jetzt von einem wachen Patienten mit dem ich sprechen kann. Muss ich dem in die Augen leuchten?!
Hintergrund meiner Frage: Wenn es zur Pupillendifferenz kommen sollte, müsste doch, ohne das jetzt nochmal genau gelesen zu haben, eine untere Einklemmung vorliegen?! Und müsste da nicht der Patient schon bewußtlos sein (obere Einklemmung)? Die obere Einklemmung passiert doch immer zuerst, oder? Erübrigt sich da nicht die Frage nach einer Pupillendifferenz? Und welche Konsequenzen ziehe ich aus der Pupillendiagnostik eines wachen Patienten? Man hört immer wieder "Pupillendifferenz, aber wach und ansprechbar" -ist doch Quatsch, oder?!

Moorhühnchen
24.02.2011, 19:25
Man hört immer wieder "Pupillendifferenz, aber wach und ansprechbar" -ist doch Quatsch, oder?!Tja, da gibt es so ein paar sonderbare Exemplare, die per se eine Pupillendifferenz haben - für die kann das dann mitunter ganz blöd laufen: erinnere mich da an ein Huhn, welches sich im Rahmen eines Arbeitsunfalles die Rübe ziemlich übel angehauen hatte. Zuerst war alles gut, von den Kollegen wurde die BG'liche Begutachtung durch den diensthabenden Neurochirurgen angeleihert, dem das Huhn sogar noch erzählt hat, daß die vorliegende Pupillendifferenz schon seit mindestens 5 Jahren bekannt sei...... was dann passiert ist, frag das arme Huhn lieber nich so genau......

Dem Huhn wurde hinterher jedenfalls erzählt, es sei nach dieser Begutachtung kurze Zeit später nicht ansprechbar und ohne Reaktion auf Schmerzreize in der der Poliklinik aufgefunden worden, der diensthabende Unfallchirurg sah die Pupillendifferenz und ordnete sofort ein notfallmäßiges CCT an - bei dem natürlich nix rauskam.

Huhn wurde wieder wach und wunderte sich über den Menschenauflauf rund herum....... Man kann keinem einen Vorwurf machen, der Unfallchirurg hat auf jeden Fall richtig gehandelt (Huhn selbst hätte es jederzeit genauso getan!!!)
Der Oberarzt der ITS meinte dann, das Huhn solle einen Notfall-Ausweis bei sich tragen - doch wer sucht schon nach einem solchen Ausweis??

Mein persönliches Fazit: Pupillendifferenz ist ne doofe Sache! Beim wachen, ansprechbaren Patienten IMMER fragen, ob es vorbekannt ist - beim bewußtlosen Patienten, tja......

PS: die Geschichte ist natürlich frei erfunden, jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen ist vom Autor nicht beabsichtigt!! :-blush :-D

Medimatze
24.02.2011, 21:05
Die Frage war ja, beim wachen Patienten. Natürlich frage ich ihn obs vorbekannt ist usw. Aber ich schaue wachen Patienten nicht in die Augen...
Macht das Sinn, wenn ja welchen?!:-nix

emergency doc
24.02.2011, 21:20
Naja, zu der Pupillendifferenz kommt es eben auch schon früher ohne eine Einklemmung.
Nenn es ein mögliches Frühwarnzeichen.

Rico
24.02.2011, 22:13
Die Frage war ja, beim wachen Patienten. Natürlich frage ich ihn obs vorbekannt ist usw. Aber ich schaue wachen Patienten nicht in die Augen...
Macht das Sinn, wenn ja welchen?!:-nixWenn Du ihm nicht in die Augen schaust, dann kommst Du ja auch gar nicht in die Verlegenheit nach einer eventuellen Pupillendifferenz zu fragen. ;-)

Aber ist doch - zusätzlich zum bereits gesagten - ganz praktisch zu wissen, ob die Pupillen bei Deinem Erstkontakt mit dem Patienten isokor waren, das hilft doch eine späere Anisokorie besser zu bewerten.

Evil
25.02.2011, 08:00
Es gibt ja immer mal Grenzfälle, bei denen kleine Details ausschlaggebend sein können. Wenn ich z.B. einen Patienten mit leichtem Schädel-Hirn-Trauma habe, der beschwerdefrei ist, bei dem aber eine bis dato unbekannte Anisokorie auffällt, wäre das für mich ein eindeutiger Grund für eine stationäre Überwachung.
Der zweite Grund ist die schon erwähnte Verlaufsbeobachtung.

Normalerweise hat die Pupillenuntersuchung bei wachen, ansprechbaren Patienten aber tatsächlich untergeordnete Bedeutung, deswegen mach ich es dann im Rettungsdienst nur der Vollständigkeit halber (z.B. auf dem Weg in die Klinik, wenn sonst grad nix zu tun ist).

Lava
25.02.2011, 10:13
Ich hab es sooooooo oft in der Ambulanz, dass sich jemand den Kopf gestoßen hat und mir eine diskrete Anisokorie auffällt. In den seltensten Fällen wissen die Menschen davon. Aber wenn jemand vor mir sitzt, vollkommen wach, ansprechbar, orientiert und auch sonst weder großartige Kopfschmerzen noch Übelkeit hat, mache ich das kein CCT.

Aber so als Tipp: ich würde im Rettungsdienst routinemäßig trotzdem den Patienten in die Augen schauen. Mir wurde mal einer angeliefert, der bei einem Auffahrunfall die Sonnenblende seines Autos ins Auge bekommen hatte. Als ich dann das Augenlid hochhob, um mal reinzuschaun, sah das ganz gruselig aus!!!! Irgendwie voller Blut und eine weite, lichtstarre Pupille. Und gesehen hat der Mann auf diesem Auge auch nur noch Lichtschein. Den hab ich dann umgehend in die Augenklinik geschickt mit Tatütata - seine HWS Distorsion war da mal absolut zweitrangig. Hätte der Rettungsassistent sich das Auge angeschaut, hätte er ihn lieber gleich in die Augenklinik fahren sollen. Letztendlich hatte er nur ne heftige Contusio bulbi, aber das hätte auch anders ausgehen können.

Thomas24
25.02.2011, 18:33
Bis zu 20% der Bevölkerung haben eine diskrete Anisokorie-
ob diese dann überhaupt einen pathologischen Wert hat, lässt sich manchmal erfragen. Darüber hinaus gilt: Ist die Anisokorie im hellen = dunklen (also gleiches Ausmass und die gleiche Seite => physiologische Anisokorie).

Alles andere: lieber mal nachfragen (Augenops gehabt?, z.B. Cataractop, die mittlerweile häufigste Op in der Medizin überhaupt, Lokale Medis bekommen?, Augentropfen, hübsche Pflanzen im Garten angefasst? etc.) und auf die etwaigen Begleitsymptome achten (Ptosis? Hinweis auf innere/ äußere N. III Parese? Akutes Horner Syndrom?). Kurzes Nachfragen hilft einem oft, unnötige über- Diagnostik zu vermeiden.

Feuerblick
25.02.2011, 18:36
Bis zu 20% der Bevölkerung haben eine diskrete Anisokorie-
ob diese dann überhaupt einen pathologischen Wert hat, lässt sich manchmal erfragen. Darüber hinaus gilt: Ist die Anisokorie im hellen = dunklen (also gleiches Ausmass und die gleiche Seite => physiologische Anisokorie).

Alles andere: lieber mal nachfragen (Augenops gehabt?, z.B. Cataractop, die mittlerweile häufigste Op in der Medizin überhaupt, Lokale Medis bekommen?, Augentropfen, hübsche Pflanzen im Garten angefasst? etc.) und auf die etwaigen Begleitsymptome achten (Ptosis? Hinweis auf innere/ äußere N. III Parese? Akutes Horner Syndrom?). Kurzes Nachfragen hilft einem oft, unnötige über- Diagnostik zu vermeiden.
Mist... Da hatte ich mich seit gestern gefreut, auf diese Frage zu antworten und kaum bin ich wieder internetfähig, hat Graf Mackuulllaaah schon sein Unwesen getrieben... :-nix:-)

Medimatze
26.02.2011, 07:51
Wenn ich z.B. einen Patienten mit leichtem Schädel-Hirn-Trauma habe, der beschwerdefrei ist, bei dem aber eine bis dato unbekannte Anisokorie auffällt, wäre das für mich ein eindeutiger Grund für eine stationäre Überwachung

Ist es die Anisokorie die dich zur stationären Überwachung bewegt?! Nein, sicher nicht, oder?! Ich höre immer wieder in der Frühbesprechung "Verkehrsunfall mit geringer Geschwindigkeit, Beifahrer, selbst ausgestiegen, keine Übelkeit, kein Ebrechen, keine Amnesie bla, bla, aber Anisokorie -also hab ich ein CCT gemacht"

Eine Anisokorie ist für mich nicht richtungsweisend -beim wachen Patienten mit leichten SHT. Auch kein Grund zur Überwachung, weil was will ich überwachen. Wie gesagt, untere Einklemmung kommt nach der Bewußtlosigkeit. Oder verstehe ich das falsch?

Feuerblick
26.02.2011, 10:17
Naja... Auch eine neu aufgetretene NIII-Parese oder ein neu aufgetretenes Horner-Syndrom hat im Zweifelsfalle eine Ursache. Wenn auch nicht zwingend im direkten Zusammenhang mit dem Unfallereignis. Einen solchen Patienten würde ich dann aber doch den Neuros schicken...

papiertiger
26.02.2011, 10:28
Eine Anisokorie ist für mich nicht richtungsweisend -beim wachen Patienten mit leichten SHT. Auch kein Grund zur Überwachung, weil was will ich überwachen. Wie gesagt, untere Einklemmung kommt nach der Bewußtlosigkeit. Oder verstehe ich das falsch?

Soweit ich informiert bin entwickelt sich eine eventuelle Anisokorie bei einseitiger Raumforderung in der Regel vor dem Vollbild der Einklemmung, so dass das durchaus ein Hinweis auf eine dahingehende Entwicklung - Hirndruck durch Blutung oder was auch immer - sein kann. Durch seinen Verlauf ist der N. oculomotorius häufig als erster erkennbar von sich entwickelndenden Drucksteigerungen betroffen - also bevor der Pat. umfälllt oder anderweitig Einklemmungssymptomatik entwickelt; insofern erscheint es mir schon sinnvoll, eine vorhandene, nicht vorbeschriebene Anisokorie in die Überlegung überwachen - ja oder nein? mit einzubeziehen.

Evil
26.02.2011, 11:58
Ist es die Anisokorie die dich zur stationären Überwachung bewegt?! Nein, sicher nicht, oder?!
Doch, genau das ist es. Denn wenn dieses eine Symptom vorliegt und ich keinen Anhalt dafür habe, daß es bei dem Betreffenden physiologisch ist, dann ist der Patient nicht mehr beschwerdefrei und gehört für 24h überwacht.
Eine Bildgebung dagegen ist primär nicht indiziert, für die brauche ich schon härtere Gründe, um die Strahlenbelastung eines CCT und ggf. auch noch eine KM-Gabe zu rechtfertigen, denn in den meisten Kliniken gibt es kein Notfall-MR.

Medimatze
26.02.2011, 15:12
Also in meinen Augen gibts keine Anisokorie (traumatisch im Rahmen eines SHT) ohne klinische Zeichen eines SHT (Übelkeit, Erbrechen, Cephalgie, Eintrübung usw.) :-nix
Eine Anisokorie wäre ein Grund zur neurologischen Vorstellung, aber nicht zur stationären Überwachung bei fehlender Klinik. Bzw. bei Verdacht auf SHT und Anisokorie wäre doch dann eben doch eine Bildgebung notwendig?

Evil
26.02.2011, 17:51
Also in meinen Augen gibts keine Anisokorie (traumatisch im Rahmen eines SHT) ohne klinische Zeichen eines SHT (Übelkeit, Erbrechen, Cephalgie, Eintrübung usw.) :-nix
Eine Anisokorie wäre ein Grund zur neurologischen Vorstellung, aber nicht zur stationären Überwachung bei fehlender Klinik. Bzw. bei Verdacht auf SHT und Anisokorie wäre doch dann eben doch eine Bildgebung notwendig?
Eben nicht. Das Ganze ist oft ein dynamischer Prozeß, und wenn Du direkt eine Bildgebung machst, kann es sein, daß Du außer einem leichten Ödem (was bei einzelnen durchaus eine Anisokorie hervorrufen kann) noch nix siehst.
Das kann sich nun zurückbilden oder auch verschlimmern, was Du ja nicht vorhersagen kannst, und deswegen mußt Du den Patienten dann aufnehmen.
Verschlechtert sich der Zustand, mußt Du erneut ein CCT fahren, dann kannst Du das erste auch gleich lassen und den Patienten direkt aufnehmen.
Entwickelt der Patient keine weitere Symptomatik, kannst Du ihn in Ruhe neurologisch vorstellen und mußt das nicht notfallmäßig tun.

psycho1899
27.02.2011, 10:33
Also in meinen Augen gibts keine Anisokorie (traumatisch im Rahmen eines SHT) ohne klinische Zeichen eines SHT (Übelkeit, Erbrechen, Cephalgie, Eintrübung usw.) :-nix
Eine Anisokorie wäre ein Grund zur neurologischen Vorstellung, aber nicht zur stationären Überwachung bei fehlender Klinik. Bzw. bei Verdacht auf SHT und Anisokorie wäre doch dann eben doch eine Bildgebung notwendig?

Jo... bin ich mit d'accord. Wie die Augenärzte hier schon bereits angemerkt haben, gibt es relativ häufig Anisokorien aus harmlosen Gründen.

Beeindruckend finde ich stets den kausalen Zusammenhang, den der Rettungsdienst zwischen Anisokorie und ICB bei wachen, ansprechbaren Patienten herstellt, was die u.a. dazu veranlasst, Patienten außerhalb unseres Zuständigkeitsbereiches vorzustellen, da wir ja erfreulicherweise eine NCH in unserem Hause haben.

Die ICB, die eine Anisokorie ohne sonstige Hirndruckzeichen macht, sollen sie mir mal präsentieren. Eine mesencephale ICB mit NIII-Ausfall... eine pontine ICB mit zentraler Sympathikusaffektion... allesamt wesentlich wahrscheinlicher als eine vorbestehende Katarakt-OP, die sich mit einer gezielten anamnestischen Frage hätte klären können, sicher doch.

Fazit: (Insb. diskrete) Anisokorien bei wachen und ansprechbaren Patienten sind i.d.R. überbewertet und gewiß nicht als Ausdruck eines Hirndruckes bei ansonsten asymptomatischen Patienten zu werten.

emergency doc
28.02.2011, 14:53
Naja, der Rettungsdienst stellt sicher nicht den Zusammenhang zwischen Anisokorie und Pupillendifferenz her. Es ist nur so, daß Du Dich sicher auch scheuen würdest, einen Patienten, der auf den Kopf gefallen ist, womöglich eine Kopfplatzwunde hat und bei dem die Umstehenden was faseln von "mindestens 5 Minuten bewusstlos" (entspricht im realen leben oft einer Benommenheit von 5-10 Sekunden) nachts um 2 auf einer Parkbank oder im Bahnhofscafe zu lassen.
Wenn ein KTW eine gestürzte Omi aus dem Heim mit Hüftschmerzen in die UCH bringt, stellt der Rettungsdienst dann auch einen kausalen Zusammenhang zwischen Hüftschmerz und SHF her oder nimmt er nur seine Aufgabe war, den Patienten dem entsprechenden (Fach-)arzt vorzustellen?

Relaxometrie
28.02.2011, 15:04
Naja, der Rettungsdienst stellt sicher nicht den Zusammenhang zwischen Anisokorie und Pupillendifferenz her.
Was ist denn der Unterschied zwischen einer Anisokorie und einer Pupillendifferenz?

emergency doc
28.02.2011, 21:46
:-blush
Naja, ich vermute, der Unterschied liegt in den lediglich 2 Stunden Stückel-Schlaf, die ich gestern Nacht bekommen habe.
Ich meinte natürlich Anisokorie und ICB...:-)

Relaxometrie
28.02.2011, 22:06
Ich meinte natürlich Anisokorie und ICB...:-)
Dann ist ja alles paletti. Ich hatte schon befürchtet, ein paar grundlegende Begiffe nicht mehr zuordnen zu können :-D