PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : "Cricoid pressure" ---> Laryngospasmus?



Fino
28.02.2011, 11:01
Hallo.

Im Nachtdienst hat sich folgendes zugetragen:

5 Wochen altes Baby wird mit Blaulicht angeliefert und ist intermittierend apnoeisch. Sie soll intubiert werden. Ich versuch es zwei Mal, leider ohne Erfolg. Die Registrar uebernimmt. Waehrend ihres Intubationsversuchs bittet sie mich, etwas "cricoid pressure" auszuueben. Als ich dies tu, meint sie, ich solle nicht so stark druecken, worauf ich den Druck reduziere. Ploetzlich hat sie Probleme zu intubieren und das Baby laeuft blau an. Als wir den Intubationsversuch abbrechen und mit Beutel beatmen wollen, klappt es nicht - der Thorax bewegt sich null, und sie wird noch blauer:-((
Da uebernimmt der Anaesthesie Consultant, der Gott sei Dank dabei ist und intubiert sie rasch; sie erholt sich.
Als ich spaeter mit meiner Reg darueber sprach, meinte sie, der "cricoid pressure" sei zu stark gewesen und habe zu einem Kollabieren der Atemwege gefuehrt und dann zum Laryngospasmus.

Auch auf die Gefahr hin, nun fuer voellig unwissend gehalten zu werden, wuerde ich gerne wissen:

kann so ein "cricoid pressure" zu Laryngospasmus fuehren? Wir haben in meinem Neo-Intensivjob das oft angwandt, aber von so einer "Nebenwirkung" habe ich noch nie gehoert.

Kann mich einer unserer Anaesthesisten oder Intesivler aufklaeren?

ehemalige Userin 24092013
28.02.2011, 11:22
Wenn selbst die Dilatation in der Popochirurgie zum Laryngospasmus führen kann, wieso net auch ein Cricoiddruck?
Bei zu oberflächlicher Anästhesie oder Einleitung können Manipulationen an den oberen Atemwegen ein ziemlicher Auslöser dafür sein.

Relaxometrie
28.02.2011, 11:28
Mehrfache Manipulationen im Larynxbereich können zum Laryngospasmus führen. Insbesondere mehrfache erfolglose Intubationsversuche sind kritisch. Deswegen wird im klinischen Bereich ja auch geraten, nach der zweiten frustranen Intubation einen Kollegen ranzulassen. Präklinisch sind Maskenbeatmung/Larynxmaske zu bevorzugen, wenn es mit der Intubation nicht schnell funktioniert.

Quelle: Anästhesie-PJ. Daher bitte von Personen mit höherem Evidenzgrad zu überprüfen.

Lizard
28.02.2011, 12:02
In meinen Anästhesiefamulaturen haben mir einige Anästhesisten gesagt,dass der Krikoiddruck obsolet sei.

Siehe auch : http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19554271?dopt=Abstract

Evil
28.02.2011, 12:10
In meinen Anästhesiefamulaturen haben mir einige Anästhesisten gesagt,dass der Krikoiddruck obsolet sei.
Wird derzeit oft gesagt, weil es Hinweise auf Trachea- und Ösophagusschäden dadurch gibt.
Inwieweit die ganzen Studien diesbezüglich wirklich aussagekräftig sind und für sowas wie Evidenz sorgen, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich halte den Cricoiddruck eher für eines der medizinischen "Mode"-Techniken, die zyklisch auftauchen und zeitweise entweder obsolet oder state-of-the-art sind.

Im oben beschriebenen Fall halte ich eher die DIREKTE Larynx-Manipulation durch die Intubationsversuche ursächlich für den Larngospasmus (was die Reg möglicherweise nicht zugeben wollte). Ausschließen kann man einen Laryngospasmus durch Cricoiddruck aber sicher nicht.

Brutus
28.02.2011, 15:38
In meinen Anästhesiefamulaturen haben mir einige Anästhesisten gesagt,dass der Krikoiddruck obsolet sei.


Moment! Man sollte vielleicht mal kurz überlegen, in welchem Zusammenhang der Cricoiddruck obsolet sein soll...

Im Rahmen der RSI wird seit langem diskutiert, ob er überhaupt was bringt, sprich, wenn der nicht nüchterne Patient im Rahmen der Einleitung erbricht. Hier gibt es MRT-Untersuchungsreihen, die (angeblich) belegen, dass es nichts bringt, da der Ösophagus in vielen Fällen nach lateral ausweicht, und daher die ursprüngliche Intention, nämlich über den Druck denselben zu komprimieren, verloren geht. Daher gibt es immer wieder Leute, die in Fortbildungen erzählen, dass der Cricoiddruck obsolet sei. Auf die Frage, ob sie selbst drücken lassen kommt die Antwort: "Nee, drücken tun wir nicht, aber dokumentieren tun wirs." :-))
Wichtig sei noch zu erwähnen, dass der Druck bei aktivem Erbrechen gelöst werden sollte, da es sonst zu unschönen Dingen wie Ösophagusruptur kommen kann. Der Druck ist also nur für den passiven Fluß des Mageninhaltes im Rahmen einer RSI bei nicht nüchternen Patienten oder Reflux da.

ABER:
Wenn ich Probleme bei der Intubation habe, z.B. No Neck, kräftiger Überbiß oder sonstige anatomische Varianten, und ich trotz optimaler Bedingungen vll. gerade ansatzweise die hintere Kommissur sehe, dann drücke ich mir den Anatomie selber so zurecht, dass ich bessere Sichtverhältnisse habe und bitte den Assistenten, den Druck so zu übernehmen. Dies ist vielleicht nicht der Cricoiddruck im herkömmlichen Sinne, aber unter diesen Umständen ist er definitiv nicht obsolet.
Im vorliegenden Fall gehe ich mal davon aus, dass genau die bescheidenen Sichtverhältnisse der Grund für den Cricoiddruck war.

Ich denke übrigens auch, dass die ITN-Versuche der Grund für den Laryngospasmus waren. Jegliche "ungeübte" direkte Manipulation in Kombination mit zu geringer Narkosetiefe führt zu einem Spasmus.

Warum der Cricoiddruck zu einem Kollabieren der Atemwege geführt haben soll ist mir nicht ersichtlich. Ich drücke ja schließlich auf einen Knorpel, der Druck wird nach hinten weitergegeben und komprimiert den Ösophagus.
Was man nicht vergessen sollte ist, dass beim Säugling / Kleinkind die eigentliche Enge nicht die Stimmbandebene ist, sonder der Tracheaabschnitt dahinter. D.h., ein zu großer Tubus, der zwar durch die Stimmbänder geht, kann u.U. die infraglottische Enge nicht passieren. In diesem Zusammenhang sollte auch noch erwähnt werden, dass ungeblockte Tuben IMMER eine Undichtigkeit aufweisen müssen. So sollte bei ca. 20-25mmH2O der Tubus undicht werden. Ist er das nicht, ist er zu groß.

Ach so, eins noch: Im Kindesalter ist ein Cricoiddruck eigentlich nicht erforderlich. Zum einen gibt es keinen "medikolegalen" Grund, da es im Säugling-/Kleinkindesalter keine RSI gibt! Zum anderen sind Kinder, die adäquat narkotisiert sind eigentlich relativ einfach zu intubieren. Und sollten sie trotzdem mal dichtmachen: Ruhig bleiben! Einfach mit der Maske bebeuteln, die machen zwar schnell zu, gehen dann mit der Sättigung schnell in den Keller, aber genauso schnell machen sie auch wieder auf und kommen wieder... Dann einfach Narkose vertiefen und erneut probieren ... UND Hilfe holen!

Lizard
28.02.2011, 15:53
Moment! Man sollte vielleicht mal kurz überlegen, in welchem Zusammenhang der Cricoiddruck obsolet sein soll...


Ich dachte,dass ginge aus meinem angefügten Link hervor.
Ich meinte den Krikoiddruck bei der RSI und nicht BURP oder ähnliche Dinge um bessere Sicht zu erlangen.

Brutus
28.02.2011, 16:18
Ich dachte,dass ginge aus meinem angefügten Link hervor.
Ich meinte den Krikoiddruck bei der RSI und nicht BURP oder ähnliche Dinge um bessere Sicht zu erlangen.

Ähh ja: Cricoiddruck = BURP-Manöver. (BURP steht für backward - upward - rightward - pressure). Dies ist das Reihenfolge, mit dem ich den Cricoiddruck (richtig) ausführe zur RSI.
Um bessere Sicht zu erlangen ist meistens eine deutliche Abweichung vom BURP-Manöver nötig.

Den Link hatte ich nicht gelesen, :-blush da ich davon ausgegangen bin, es ginge um den vorliegenden Fall.