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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Marcumar immer mit Heparin eindosieren?!



SarahT.
22.03.2011, 20:02
Hallo, ein Oberarzt meinte heute, dass man bei der Eindosierung von Marcumar zunächst eine Phase der Hyperkoagulabilität hätte, und dass man deswegen die Marcumartherapie zunächst überlappend mit Heparin einleiten sollte.

Stimmt das? Kenne es aus vorherigen Famulaturen so, dass man einfach die Tabletten einnimmt, bis der gewünschte INR erreicht ist.

Fälle, in denen eine sofortige Antikoagulation erforderlich sind, sind klar (dort überlappend mit Heparin). Aber wie geht man bei der normalen Marcumareinleitung vor?

Eilika
22.03.2011, 20:06
Wir überlappen auch. Was ist denn die Indikation für eine "normale Marcoumareinleitung"? Eigentlich hast Du doch immer eine Indikation zur sofortigen Antikoagulation, wenn Du mit Marcoumar beginnst.

SarahT.
22.03.2011, 20:13
Da fallen mir spontan eigentlich keine richtigen ein. Vielleicht bei Heparinunverträglichkeit oder so? Vielleicht wenn jemand schon lange einer Marcumartherapie bedurft hätte, sie aber nicht erhalten hat. Getreu dem Motto: Auf 2-3 Tage kommt's jetzt auch nicht mehr an.

Es geht mir aber ganz explizit darum, dass Marcumar eine Hyperkoagulabilität verursachen soll! Weil wohl irgendwelche Gerinnungsfaktoren früher gehemmt werden als andere. Stimmt das denn überhaupt?

Keenacat
22.03.2011, 20:28
Es geht mir aber ganz explizit darum, dass Marcumar eine Hyperkoagulabilität verursachen soll! Weil wohl irgendwelche Gerinnungsfaktoren früher gehemmt werden als andere. Stimmt das denn überhaupt?

Ja. Die Proteine C und S als wichtige gerinnungshemmende Stoffe werden ebenfalls Vitamin-K-abhängig in der Leber produziert und ihre Halbwertszeit ist um den Faktor 10 kürzer als die der Gerinnungsfaktoren. Ihre Konzentration fällt also zuerst ab, wodurch die gerinnungsfördernden Faktoren überwiegen. In dieser Phase besteht eine Hyperkoagulabilität. Erst wenn die Gerinnungsfaktoren auch abgefallen sind, setzt die insgesamt gerinnungshemmende Wirkung von Marcumar ein.

epeline
22.03.2011, 20:33
Da fallen mir spontan eigentlich keine richtigen ein. Vielleicht bei Heparinunverträglichkeit oder so? Vielleicht wenn jemand schon lange einer Marcumartherapie bedurft hätte, sie aber nicht erhalten hat. Getreu dem Motto: Auf 2-3 Tage kommt's jetzt auch nicht mehr an.

Es geht mir aber ganz explizit darum, dass Marcumar eine Hyperkoagulabilität verursachen soll! Weil wohl irgendwelche Gerinnungsfaktoren früher gehemmt werden als andere. Stimmt das denn überhaupt?

hab ich zumindest so gelernt in pharma.
geht aber, soweit ich weiß, nicht darum,d ass andere früher gehemmt werden, sondern die hwz von manchen länger ist als von anderen.
und marcumar hemmt ja nur die produktion neuer faktoren und nicht bereits vorhandene.
und (jetzt beweg ich mcih wissenstechnisch auf sehr dünnem eis) glaube ich auch, dass auch antithrombotisch wirksame substanzen (z.b. protein s) vitamin-k-abhängig gebildet werden. das ist aber jetzt nur so ein kleiner wink im hinterstübchen ^^

also ich hab jedenfalls auch gelernt u mehrmals gesehen, dass mit heparin eingeschlichen wird.
vielleicht hast du das auch einfach nur nicht mitbekommen?

Rico
22.03.2011, 20:49
Stimmt das? Kenne es aus vorherigen Famulaturen so, dass man einfach die Tabletten einnimmt, bis der gewünschte INR erreicht ist.

Fälle, in denen eine sofortige Antikoagulation erforderlich sind, sind klar (dort überlappend mit Heparin). Aber wie geht man bei der normalen Marcumareinleitung vor?Also, entweder man hat ne Indikation zur therapeutischen Antikoagulation, dann muss ich auch Heparin geben bis der therapeutische Bereich erreicht ist, oder ich hab keine Indikation, dann brauch ich auch kein Marcumar.
Also schon vom medizinischen und rechtlichen Standpunkt aus muss man immer Heparin geben, die schon erwähnte Abschwächung der vitamin-K-abhängigen gerinnungshemmenden Faktoren kommt dann noch pharmakologisch oben drauf.

Bei einer Heparinunverträglichkeit ist die Therapie übrigens nicht, Heparin ersatzlos zu streichen, sondern auf Alternativpräparate (je nach Indikation z.B. Hirudine, Fondaparinux, Dabigatran oder Rivaroxaban) auszuweichen, Phasen ohne Antikoagulation (z.B. perioperativ) sind so kurz wie von chirurgischer Seite möglich zu halten!

SarahT.
22.03.2011, 21:05
Danke für eure Antworten, dann hat sich die Frage ja jetzt geklärt!

War übrigens ein Streitgespräch, der andere Oberarzt war der Meinung, man könne die Marcumartherapie einfach so beginnen (also ohne Heparin). Er mache das seit Jahren so. Ich habe mir zwar auch gedacht, dass man Heparin immer überlappend geben muss (weil es ja nun mal eine Indikation zur Antikoagulation gibt), aber wollte den Oberarzt nicht darauf ansprechen. Er meinte nur im Nebensatz: Auf ein paar Tage kommt's ja nicht an, ich geb da kein Heparin. Auf jeden meinte er, dass nicht wenige Hausärzte Marcumar OHNE HEPARIN einleiten würden.

Für mich ergibt sich jetzt aber: Marcumar immer mit Heparin einleiten.

Danke

@ epeline

Die Patienten, die ich im Krankenhaus gesehen habe, haben immer alle Heparin bekommen. Ich wusste allerdings nicht, dass das AUCH dazu gedacht ist, die initiale Hyperkoagulabilität durch die Marcumartherapie zu kompensieren. Es gab da häufig den Fall, dass Patienten eine Thrombozytenaggregationshemmung erhalten haben und dann eben auf Marcumar eingestellt werden sollten. Bin mir nicht sicher, ob die wirklich alle Heparin bekommen haben.

Kackbratze
22.03.2011, 21:15
Auf jeden meinte er, dass nicht wenige Hausärzte Marcumar OHNE HEPARIN einleiten würden.

Nicht wenige....schönes dünnes Argument aus der Kategorie bull$hit, um das eigene Verhalten zu rechtfertigen.

Und dann wundern sich die KH-Ärzte, dass die Niedergelassenen sie nicht mögen...

Christoph_A
23.03.2011, 12:06
Marcumar mußt Du immer unter Heparinschutz andosieren, einzige Ausnahme: Eine frisch eingepflantzte mechanische Klappe wird bei uns nur marcumarisiert, aber nicht heparinisiert, bis sie im Zielbereich ist.

Rico
23.03.2011, 12:52
Interessant, was ist da die Rationale dahinter? Blutungsrisiko direkt nach so ner grossen OP? Herstellervorgaben?
Macht Ihr da nen Unterschied bezüglich der Lokalisation? Grad die mech. MKEs sind ja sehr thrombogen...

Relaxometrie
23.03.2011, 13:00
Interessant, was ist da die Rationale dahinter?
Das habe ich mich auch gefragt. Habe mit meiner Frage aber erstmal gewartet, um mich -im Falle einer einfachen Antwort- nicht als völlig blöd outen zu müssen :-wow
Die anfänglich thrombogene Wirkung des Marcumars ist doch auch nach Klappenersatz (mechanische Klappe) vorhanden.


Blutungsrisiko direkt nach so ner grossen OP?
Vielleicht möchte man sich die Möglichkeit zur eventuell notwendigen re-OP nicht nehmen? Wie groß ist denn das Risiko, daß die Klappe undicht ist und es sofort zur re-OP kommt?

MissGarfield83
23.03.2011, 13:37
Aber Heparin lässt sich doch im Fall der Fälle antagonisieren, oder liege ich da falsch?

Flemingulus
23.03.2011, 13:49
Die anfänglich thrombogene Wirkung des Marcumars ist doch auch nach Klappenersatz (mechanische Klappe) vorhanden.

Initiales Heparin scheint aber bei mechanischen Klappenprothesen die Blutungsgefahr zu erhöhen ohne sich allzu positiv auf die Inzidenz von Thromben auszuwirken. :-nix Warum das gerade da so ist (aber in anderen Fällen die initiale Heparingabe einen Vorteil bringt (bringen soll), kann ich so ganz schlüssig auch net erklären. :-nix

Christoph_A
23.03.2011, 13:56
Jetzt war Flemingel schneller als ich mit der Erklärung :-)
Das genannte hat unsere Herzchirurgen in Absprache mit uns dazu veranlasst, aufs Heparin post Klappen OP zu verzichten, zumal wir halt auch ganz fiese Blutungskomplikationen damit hatten. Die häufigsten Re OPs nach Klqappenersatz sind ja Rethorakotomien zur Blutstillung eines leise suppelnden, vergessenen Gefäßstumpfes, daß ne frisch operierte Klappe eine Insuffizienz bekommt, ist eine echte Seltenheit (zumindest bei uns, da muß ich mal unsere Herzchirurgen loben).
Auf die Frage von vorhin, ja, das gilt bei uns für alle Klappen, einschließlich MK Prothesen.

MissGarfield83
23.03.2011, 14:58
Wieder was dazu gelernt :)