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ER-Student
11.04.2011, 12:16
Adrenalin wird ja im Rahmen des ACLS bei jeder zweiten Rhytmusanalyse in einer Dosis von 1mg, verdünnt auf 10ml NaCl, gegeben. Bei den Reanimationen, die mir in meiner letzten Famulatur auf der ITS/Anästhesie/NEF begegnet sind, wurde diese Richtlinie von den Ärzten sehr unterschiedlich umgesetzt.

Ein internistischer Oberarzt auf dem NEF ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben. Der gab während der Reanimation bei fast jeder Rhytmusanalyse 1-2 mg Adrenalin unverdünnt, sodass der Patient nach 20 -30 Minuten Reanimation über 15mg Adrenalin bekommen hatte. Nachher erklärte mir der Oberarzt, man könne in Reanimationssituation aufgrund der geringen Halbwertzeit ruhig großzügig Adrenalin geben und könne auch auf die Verdünnung verzichten.

Ich bin nun ein wenig verwirrt. Bisher hatte ich es so verstanden, dass Adrenalin hauptsächlich als Vasokonstriktor gegeben wird, um insbesondere die Hirnperfusion und CPR zu verbessern, gleichzeitig aber auch potentiell HRST auslösen kann, sodass es nicht in zu hohen Dosen gegeben werden soll. In einer Anästhesievorlesung meine ich sogar gehört zu haben, dass hohe Dosen von Adrenalin bei Reanimationen ein schlechteres Outcoume erzeugen.

Was ist nun korrekt? Ist mehr Adrenalin (entgegen ERC-Richtlinien) besser?

Trojan
11.04.2011, 17:09
Hallo!
Über das evtl. schlechtere Outcome höherer Dosen bei Reanimation ist mir nix bekannt, kann mir auch schlecht vorstellen, dass es dazu ne kontrollierte Studie gibt;-)
Im Prinzip "schadest" Du dem Pat. nicht damit, denn im Grunde ist er ja unter Rea- Bedingungen "tot". Adrenalin erhöht zum einen- wie Du sagtest- den cerebralen Perfusionsdruck, zum anderen wirkt es auf verschiedenen Wegen cardial- auch auf das Reizleitungsystem. Hier will man sogar eine HRST erzeugen- und zwar dann, wenn man eine PEA oder eine Asystolie hat. Die versucht man nämlich durch Adrenalin in eine defibrillierbare HRST zu überführen. Daher gibt man bei PEA / Asystolie lt. Algorhythmus Adrenalin auch so früh wie möglich. Bei Kammerflimmern kommt darum das Adrenalin auch erst viel später.
Ob man es verdünnt oder nicht, ist Geschmackssache: das Verdünnen dient der besseren Injizierbarkeit (Achtung: das gilt natürlich nur bei der Rea:-) )
Ich persönlich halte mich auf dem NEF und der ITS an den Algorhythmus, da einfach nicht bewiesen ist, daß höhere Dosen mehr bringen :-nix

Gruß, Trojan

Evil
11.04.2011, 18:36
Höhere Adrenalin-Dosen korrelieren mit einem schlechteren Outcome, aber nicht, weil das Adrenalin nun Schaden anrichtet, sondern weil ein hoher Adrenalin-Gebrauch ziemlich deutlich anzeigt, daß die Rea lang und nicht sehr erfolgreich läuft.

ER-Student
11.04.2011, 19:04
Habe nochmal nachgelesen und einen entsprechenden Hinweis auch in einem Buch gefunden:

"Höhere oder schrittweise eskalierende Dosierungen [...] verbessern die Prognose eher nicht, sind wahrscheinlich eher schädlich [...]"

(Repititorium Notfallmedizin, S. 125, Brokmann, Rossaint)

Sebastian1
11.04.2011, 20:26
Sinnvol sind - wie es ja auch die Leitlinien 2005 und 2010 immer mehr betonen - möglichst kurze no-flow-Zeiten. Ich denke, nichts wird im Rettungsdienst so standardisiert durchgeführt und so oft und wiederholt trainiert, wie Reanimationssituationen. Dennoch erlebe ich es als NA bei fast jeder Rea, dass - aus gutem Willen - jemand meint, ewig allein drücken zu müssen (wobei es nachgewiesenermaßen ineffizient wird) oder aber sogar die Hände vom Patienten nimmt, um irghendwelche kurzen Hilfen anzubieten (Medis aufziehen, irgendwas anreichen). Auch das gebannte auf-den-Monitor-starren nach Defibrillation ist häufig. Ich hab mir inzwischen angewöhnt, das weiterdrücken konsequent anzusagen, genauso wie Wechsel. Sind eigentlich immer genug Leute dafür da.

Zum Adrenalin: Ich handhabe es nach den Guidelines und gebe i.v. oder i.o. jeweils 1 mg je Anwendung. Was - ausser, das man nicht bei grosslumigen Zugängen Teilweise Medikamentenreste im Zugang stehen hat - ist der Vorteil der Verdünnung? Ich lasse es häufig unverdünnt aufziehen und dann halt entsprechend mit NaCl nachspritzen, was den logistischen Vorteil hat, dass man weniger Zeit mit dem Aufziehen verschwendet.

Brutus
12.04.2011, 08:17
Adrenalin wird ja im Rahmen des ACLS bei jeder zweiten Rhytmusanalyse in einer Dosis von 1mg, verdünnt auf 10ml NaCl, gegeben. Bei den Reanimationen, die mir in meiner letzten Famulatur auf der ITS/Anästhesie/NEF begegnet sind, wurde diese Richtlinie von den Ärzten sehr unterschiedlich umgesetzt.

Ein internistischer Oberarzt auf dem NEF ist mir dabei besonders in Erinnerung geblieben. Der gab während der Reanimation bei fast jeder Rhytmusanalyse 1-2 mg Adrenalin unverdünnt, sodass der Patient nach 20 -30 Minuten Reanimation über 15mg Adrenalin bekommen hatte. Nachher erklärte mir der Oberarzt, man könne in Reanimationssituation aufgrund der geringen Halbwertzeit ruhig großzügig Adrenalin geben und könne auch auf die Verdünnung verzichten.

Dass unterschiedliche Ärzte die Leitlinie unterschiedlich umsetzen ist m.E. völlig nachvollziehbar. Zum Einen weiß man ja: 3 Ärzte, 5 Meinungen. Zum Anderen ist aber die Reanimationssituation immer eine physisch und psychische Belastungssituation. Für Dich als "Außenstehender" mag das vielleicht nicht so sein. Wenn Du aber mal selbst in der Verantwortung stehst, wirst Du auch nicht mehr nachvollziehen können, ob das jetzt 1min, 3 min. oder doch schon 5 min. oder noch länger ist. Alleine dadurch können schon deutliche Unterschiede in der Menge des applizierten Stoffes vorkommen. Dann kommt die nächste Fehlerquelle: die berühmten Adrenalin-Partyfässchen! :-)) Zieh mal aus der 25ml Flasche mit einer 20ml Spritze genau 1mg Supra auf! Geht nicht! Und wieviel letztendlich in der Spritze ist, die ich gereicht bekomme, ... ??? Als "Außenstehender" kann man das vll. noch im Blick behalten, aber in der Situation als aktiv Beteiligter? Da wird evtl. während des Aufziehens noch der Tubus o.ä. gereicht, noch mal schnell mit den Angehörigen gesprochen, ... Und Schwupps ... sind statt 1mg 2mg in der Spritze.

Was der internistische Kollege da erzählt hat, kann ich sooo nicht nachvollziehen. Aber vll. hat er damit ja gute Erfahrung gemacht...
(Außerdem: Geben die das Supra nicht immer in 0,1er Schritten übern Perfusor? :-)) :-)) :-)) )


Sinnvol sind - wie es ja auch die Leitlinien 2005 und 2010 immer mehr betonen - möglichst kurze no-flow-Zeiten. Ich denke, nichts wird im Rettungsdienst so standardisiert durchgeführt und so oft und wiederholt trainiert, wie Reanimationssituationen. Dennoch erlebe ich es als NA bei fast jeder Rea, dass - aus gutem Willen - jemand meint, ewig allein drücken zu müssen (wobei es nachgewiesenermaßen ineffizient wird) oder aber sogar die Hände vom Patienten nimmt, um irghendwelche kurzen Hilfen anzubieten (Medis aufziehen, irgendwas anreichen). Auch das gebannte auf-den-Monitor-starren nach Defibrillation ist häufig. Ich hab mir inzwischen angewöhnt, das weiterdrücken konsequent anzusagen, genauso wie Wechsel. Sind eigentlich immer genug Leute dafür da.

Zum Adrenalin: Ich handhabe es nach den Guidelines und gebe i.v. oder i.o. jeweils 1 mg je Anwendung. Was - ausser, das man nicht bei grosslumigen Zugängen Teilweise Medikamentenreste im Zugang stehen hat - ist der Vorteil der Verdünnung? Ich lasse es häufig unverdünnt aufziehen und dann halt entsprechend mit NaCl nachspritzen, was den logistischen Vorteil hat, dass man weniger Zeit mit dem Aufziehen verschwendet.

Tja, das mit den Hands-Off-Zeiten stimmt schon. Oder man nimmt, weil man gerade was helfen will, mal nur eine Hand zum Drücken (Gut, bei einigen "Schränken" kann auch das genug sein, aber ...). Das Wechseln klappt allerdings meistens schon ganz gut. Vielleicht nicht alle 2 Minuten, aber länger als 4-5 min. drückt mittlerweile keiner mehr.

Zu der Verdünnung: plausibel fand ich die Erklärung unseres ÄLRD: ein ml Supra unverdünnt steht nach der Injektion genau 1cm weiter in der HR-Vene. Und muss dann mit der Infusion, welche ja gerade im Rahmen der REA meistens nicht hochgehalten wird, zum Wirkorgan hingespült werden. Mit 20ml Supra/NaCl-Gemisch kommst Du schon bis an die Axilla ran, dann sind es nur noch wenige cm... ... ...

Trojan
12.04.2011, 08:45
(Außerdem: Geben die das Supra nicht immer in 0,1er Schritten übern Perfusor? :-)) :-)) :-)) )




Ja, vor allem im Rettungsdienst. Ich lasse vor Ort den Pat. auch immer erst vor Reanimationsbeginn wiegen, um dann mittels Dreisatz und Kalkulationstabellen die ideale Kg/KG- Dosis zu berechnen. Dann wird noch kurz Rücksprache mit dem LNA gehalten, ob das auch so richtig ist.
Und dann geht die Reanimation auch schon los.
:-D :-)) :-))

Muriel
12.04.2011, 08:47
Das nenne ich Einsatz, Trojan :-top

Trojan
12.04.2011, 08:57
Ja, ne?!? Von wegen "Internisten im Rettungsdienst = Schweine im Weltall" :-))

Brutus
12.04.2011, 09:27
Ja, vor allem im Rettungsdienst. Ich lasse vor Ort den Pat. auch immer erst vor Reanimationsbeginn wiegen, um dann mittels Dreisatz und Kalkulationstabellen die ideale Kg/KG- Dosis zu berechnen. Dann wird noch kurz Rücksprache mit dem LNA gehalten, ob das auch so richtig ist.
Und dann geht die Reanimation auch schon los.
:-D :-)) :-))
Von wegen "Internisten im Rettungsdienst = Schweine im Weltall"


Ich würde lieber den ÄLRD anrufen. Mit LNÄs würde ich mich doch gar nicht abgeben... :-)) :-))
Evtl. sollte man auch statt Perfusor besser die Insulinpumpen benutzen, die rechnen doch im µl-Bereich?!

(So, jetzt höre ich besser auf, sonst wird das alles verschoben wegen OffTopic...)

emergency doc
13.04.2011, 19:06
Ich verwende standardmässig 1mg Supra in 10ml NaCl. Sicher könnte man auch unverdünnt Supra geben, aber ich halte es aus mehreren Gründen für fehleranfälliger und verwirrender.
1. Es ist vielerorts üblich standardisiert Supra 1:10 aufzuziehen. Alle im Team sind es gewohnt. Wenn ich jetzt anfange andere Dosierungen zu nehmen, kann es gerade in hektischen Situationen eher zu Mißverständnissen und Fehlapplikationen kommen.
2. Keep it simple: eine Spritze = eine Applikation. Jeder im Team der gerade in der Nähe des Zugangs ist kann auf "Jetzt Supra" reagieren und mit "Gegeben" quittieren. Das Auszählen ist einfacher: Zwei Spritzen neben mir? Ich hab schon zweimal Supra gegeben.
3. Das Applizieren ist einfacher: Einfach den Stempel bis zum Anschlag drücken. Das geht auch bei Zugängen, die an ungünstigen Stellen liegen, sich unter der HDM viel bewegen o.ä.

Die Liste lässt sich sicher beliebig erweitern.
:-meinung

joe-gando
17.04.2011, 14:48
Hallo emergency doc!

Darf ich als Gegenargument aufführen, dass wir sowohl klinisch als auch präklinisch Suprarenin unverdünnt in einer 10ml-Spritze aufziehen?
Dies geht unter Zuhilfenahme eines Mini-Spikes innerhalb weniger Sekunden, die entsprechende Spritze wird entsprechenden markiert und immer neben dem Zugang abgelegt.
Nahezu alle an einer Reanimation beteiligten sollten in der Lage sein, aus einer 10ml Spritzte 1ml zu applizieren - so schwer ist das nicht.
Nach jeder Medikamentengabe wird -sofern möglich - die Extremität erhöht gelagert und ein Flüssigkeitsbolus (Druckinfusion) verabreicht.

Summa summarum: Das "Wie" ist egal, entscheidend ist die optimale Implementierung in Ausbildung und Notfallsituation!

chil-i
21.04.2011, 23:09
Ohne es genau zu wissen, halte ich den "1mg in 10ml-Bolus" für effektiver als "1mg in 1ml und auf Infusion drücken".
In meiner Vorstellung bleibt von dem 1ml Supra ein größerer Teil am Zugang "hängen" und die Druckinfusion kann diese Reste weniger gut wegspülen als der kräftigere 10ml-Bolus.
Andere Meinungen?

LieberInvasiv
23.04.2011, 15:13
Die Evidenz zu diesem Thema ist sehr mau. Nicht nur auf die korrekte Dosierung, sondern auch auf Zeitpunkt und Art der Applikation bezogen.
Dennoch sind zwei Sachen klar:

1. Zu hohe Dosen/zu häufige Gabe führen zu erhöhten Plasmaspiegeln, welche direkt mit einem negativen Outcome korrelieren (nicht nur aufgrund der erhöhten Inzidenz von Perriarrestarrhythmien).
2. Der Mensch ist einer der größten Fehlerquellen in der medizinischen Versorgung - gerade in Stresssituationen.

Ich bin daher für die sicherer 1mg/10ml-Variante (wie auch vom ERC empfohlen).
Hier vertut man sich nicht so schnell, bzw läuft nicht Gefahr aus Versehen dann doch mal 2ml anstatt nur 1ml zu geben. Hinzu kommt wie schon erwähnt die Frage ob der 1ml auch tatsächlich komplett ankommt. Häufig geht ja doch was daneben oder bleibt im Totraum von Spritze/Zugang hängen.
Und was die Vorbereitung angeht, auch da habe ich keine Bedenken, denn im Normalfall wird j anicht mehr aus Ampullen, sondern aus Fäßchen aufgezogen und ob ich da jetzt nur Adrenalin oder auch noch NaCl aufziehe ist ein Unterschied von ca 5Sekunden - Und die sollte man in einem 3-5Minuten Intervall durchaus haben.

Wichtig ist aber natürlich vor allem ein standartisiertes Vorgehen durch das jedes Teammitglied immer weiß welches Medikament wie und in welcher Dosierung aufgezogen wird. Ob dies immer 1mg/10ml sein muss ist sicher diskutabel, aber ich denke gerade für Menschen die nicht nur in der Klinik auf immer der selben ITS arbeiten, sondern evtl auch im MET auf einer peripheren Station oder als NA im RD bietet es sich an hier auf einen bereits bestehenden Standart zurück zu greifen - denn spätestens dann wird man mit verscheidenen Teams arbeiten müssen, die eben nicht unbedingt "deinen" persönlichen Standart kennen.

Also: Pro 1mg/10ml :-top

@emergency doc: Die Idee mit dem Spritzen zählen finde ich gut - verbraucht zwar etwas mehr Material anstatt immer die gleiche Spritze zu nehmen, gibt aber zusätzliche Sicherheit. Werde ich also auch mal so ausprobieren.

Brutus
23.04.2011, 15:29
@emergency doc: Die Idee mit dem Spritzen zählen finde ich gut - verbraucht zwar etwas mehr Material anstatt immer die gleiche Spritze zu nehmen, gibt aber zusätzliche Sicherheit. Werde ich also auch mal so ausprobieren.

Es war einmal, vor langer, langer Zeit, da gab es noch Suprarenin Fertigampullen: 10ml Fertigspritze mit 1mg Supra in 10ml Kochsalz... Als ich noch gaaanz am Anfang war mit der Weiterbildung hatten wir die auch noch in der Klinik. Leider sahen diese Fertigspritzen den Lidocainfertigspritzen sehr ähnlich. Und als mein damaliger Chef auf einer Normalstation bei einer REA immer wieder Supra verlangte, der Stationspfleger auch immer was spritzte, aber sich so gar nichts tat (bei beobachtetem Kollaps), fiel dem Chef dann diese Verwechselung auf. Danach gab es nur noch Supra-Partyfässchen zum Selbermischen.
Aber mit den Fertigampullen wusste man auch immer, wieviel Supra man bereits vernichtet hatte.

LieberInvasiv
23.04.2011, 15:39
Es war einmal, vor langer, langer Zeit, da gab es noch Suprarenin Fertigampullen

Die gibt es immer noch, müssen aber glaube ich über die Auslandsapotheke bezogen werden. Habe auf jeden Fall letztes Jahr auf einer Fortbildung mit jemandem gesprochen, der die für seinen RD Bereich noch beschafft.

In den angloamerikanischen Ländern sind so Fertigspritzen ja usus...
Bei richtiger Kennzeichnung (wie du sehr schön geschildert hast) ein echter Gewinn an Zeit und Sicherheit.