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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Mitten im Pflegepraktikum



ProfessorDrSnuggles
18.04.2011, 17:11
Hallo liebe Leute,

ich habe mich nun nach reiflicher Überlegung (und auch euren Meinungen :-) ) dafür entschieden, Medizin zu studieren. Für die, die mich noch nicht kennen :-top : Ich bin 34 und war bis vor etwa einem halben Jahr selbständig. Ich habe vorher noch nicht studiert und befinde mich nun mitten im Pflegepraktikum.

Was mich irritiert und weswegen ich mich erneut ratsuchend an euch wende:
Das Praktikum macht mir sehr viel Spaß. Es fallen zwar Aussagen wie: "Dies ist die Schwesternküche. Wenn der Prof da drin ist, bist DU da nicht drin, klar?"....die Ärzte sind nicht gerade zuvorkommend, aber ich tue was ich kann und bin sehr freundlich und mache meinen Job. Schließlich bin ich ja nicht als Klinikdirektor eingestellt. :-meinung

Nun habe ich mich ja sehr viel mit den dort arbeitenden "Kollegen" unterhalten und: was soll ich sagen...JEDER rät mit vom Studium ab. Und zwar aus folgenden Gründen: Ausbeuterische Arbeitszeiten (ich war 60-70Std./woche gewöhnt) mit regelmäßig über 70 Stunden/Woche, unfassbarer Kostendruck......Familien brechen auseinander. Von einem Chefarzt kommen die Kinder jedes Wochenende zur Klinik. Da macht er dann Sonntags seine Pause, damit er die überhaupt mal sieht.

Der Satz "Ich wäre besser Tierarzt geworden" kam mir zu Beginn wie ein Aufmunterer vor, allerdings ist der gar nicht so lustig gemeint, als er klingt.

Meine Fragen an euch (bitte teilt mir eure Erfahrug mit) lautet: Ist man als Pflegedienstler wirklich so weit unten in der Hierachie, dass keiner einem "Hallo" sagt?
und meine zweite Frage:
Ich bin immer von 50-60 Stunden/Woche Arbeitszeit ausgegangen. Ich dachte durch neue Tarifverträge und Anpassung der Arbeitsbedingungen wären solche Bedingungen wie in "meinem" Krankenhaus endlich ausgerottet.
Versteht mich bitte nicht falsch: Ich bin niemals von einer 38,5Stundenwoche ausgegangen. Aber auf Dauer kann man mit 70 Std./Woche doch keine Kinder in die Welt setzen. Also setzen schon, nur nicht erziehen, oder? Habt ihr zu diesem Thema vielleicht eine Einschätzung für mich, bitte?

Vielen DANK!!!

Schmusekatze91
18.04.2011, 17:25
mir hat im pflegepraktikum auch jeder arzt davon abgeraten medizin zu studieren. aber wenn dir das pflegepraktikum so viel spaß bereitet, dann solltest du dein ziel weiter verfolgen.
allerdings bin ich gerade mal 20 und könnte jederzeit abbrechen, wenn ich merke, dass es doch nichts für mich ist. bei dir sieht das dann mit deinen 34 jahren vielleicht schon etwas anders aus. daher kann ich deine fragen bzw sorgen gut verstehen und würde auch gerne die antworten von erfahrenen medizinern hören (obwohl ich noch nicht in den alter bin um kinder in die welt zu setzen :-D, aber man will ja vorrausschauend sein)

liebe grüße

Rico
18.04.2011, 22:24
"Dies ist die Schwesternküche. Wenn der Prof da drin ist, bist DU da nicht drin, klar?"Also in einem KH in dem so ein Verhältnis gepflegt wird, da kannst Du doch keine objektive Meinung über den jeweils "verfeindeten" Berufsstand erwarten.
Da herrschen ja Zustände wie vor 30 Jahren - das KPP kannst Du da ja noch gut machen, langfristig würde ich so ein Haus meiden. :-meinung

Natürlich haben Arbeitszeitgesetz & Co mittlerweile die schlimmsten Auswüchse gedeckelt.
Arbeitszeiten um 60-70 Stunden kommen übrigens in der Regel nicht zustande weil man jeden Tag 14h in der Klinik ist, sondern wenn es Bereitschaftsdienste gibt, denn die schlagen ja ordentlich auf's Stundenkonto: Bei einer 42h-Woche (verteilt auf 5 Werktage à 8,4h) reicht da schon der 24h-Dienst am Samstag für eine 66h-Woche, bei Kombinationen mit Freitag/Sonntag kommen auch mal <70h zustande (das Ausgleichsfrei am Montag zählt ja formal zur nächsten Woche). Solche Arbeitszeiten klingen für den Laien immer so beeidnruckend viel, aber letztlich sind das im Schnitt ca. 1,5 Dienste/Woche (incl. Wochenenddienste), entspricht 6 Diensten im Monat, davon 1-2 am Wochenende - das kann zwar manchmal nervig sein, aber ist durchaus noch vereinbar mit einer Familienplanung. :-)

flopipop
18.04.2011, 22:40
Ist man als Pflegedienstler wirklich so weit unten in der Hierachie, dass keiner einem "Hallo" sagt?


in deinem krankenhaus würde ich nicht anfangen wollen zu arbeiten, es gibt durchaus stellen, wo auch nettes klima herrscht. zu deiner frage:

meistens leider ja, da ist man nobody. mit dem studiumbeginn in der vorklinik wird sich der status auch nicht ändern.nach dem physikum, im klinischen abschnitt wird man in den famulaturen ehrenhaft "famulus" benannt. im op wird man oft mit "spitze betonen" angesprochen. auf den op-berichten, nach dem 4-stündigen hackenhalten, steht endlich der name drauf: N.N. =nomen nescio=nicht bekannter name. im pj fängt die belegschaft allmählig an, einem das lang ersehnte "hallo" zu sagen und manch einerschafft es sogar, deinen namen zu merken. und wenn man mit dem studium fertig ist, dann ist man als jüngster assistent in der hierarchie wieder ganz unten. :-dance

versteh mich nicht falsch, es ist natürlich übertrieben dargestellt und bei weitem nicht so schlimm wie es sich anhört. ich war bis jetzt in allen praktika und famulaturen sehr zufrieden und hatte nie probleme. es ist eben extrem hilfreich, im hinterkopf zu haben, wo man sich in der strengen hackordnung befindet. das erspart einem ne menge ärger. es wäre daher z.b. ziemlich naiv, als pflegepraktikant vom chef eine registrierung oder gar eine begrüßung zu erwarten, obwohl das ja eigentlich den normalen zivilisierten normen des menschlichen daseins entspricht und ein höflicher chef (wie ich bis jetzt erlebt) halt jeden der ihm morgens auf seiner station über dem flur läuft, begrüßt. du darfst es aber nicht persönlich nehmen, wenn dem nicht so ist, du bist nunmal, trotz des bisjetzt im leben geleisteten, in dieser situation ein kleiner krümmel. :-dance:-dance aber da muss halt jeder durch :-top und wie gesagt, es gibt auch viele stellen, wo ein nettes miteinander herrscht, bei meiner letzten famulatur hat zum beispiel nach jeder visite die gesamte ärzteschaft mit der pflege und chef gefrühstückt!

ProfessorDrSnuggles
22.04.2011, 09:57
Hallo zusammen!
Vielen Dank für die netten Antworten :-)

Die Niere
22.04.2011, 10:34
Ich muss allen bisherigen Stimmen ganz klar zustimmen. So ein Verhältnis stellt heutzutage zum Glück nicht mehr die Regel dar und ist ein absolutes NoGo. Das KPP würde ich auch noch durchziehen und dann das weite suchen und nie wieder an solch ein Haus zurückkehren.

Insgesamt hat das Arztdasein ziemlich viele Nachteile und wirklich empfehlen kann man es nicht. Aber es gibt viele Menschen, die trotzdem sehr zufrieden mit ihrem Job sind. Es gibt genug Stellen, in denen man geschätzt wird, gut bezahlt wird und nicht fertig gemacht wird...und es gibt auch gegensätzliche Stellen (wie immer). Schlussendlich muss man wissen, ob man bereit ist, bestimmte Opfer für einen Job zu leisten (Wochenenddienste, Pikett-Dienste, Schichtdienste), der schlussendlich bei richtigen Rahmenbedinungen sehr befriedigend sein kann (und manchmal die Hölle auf Erden ist).

gruesse, die niere