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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Herzdiagnostik (nicht-invasiv) an V. jugularis ext.



Kyutrexx
02.05.2011, 20:23
Hallo liebe Leute,

ich habe folgende Frage.
In der Vorlesung letztens hieß es, dass man an der V. jugularis ext. durch Abtasten eine Herzdiagnostik vornehmen kann.

Es hieß: Patient liegt mit dem Kopf auf dem Boden und wird Stück für Stück nach oben aufgerichtet - dabei wird dann die Vene abgetastet und so soll festgestellt werden können, ob der Kammerdruck erhöht ist.

So recht Sinn hat das für mich nicht ergeben.

Kann da jemand Licht ins Dunkel bringen?

Rico
02.05.2011, 20:33
Dabei geht es um die Diagnostik der Rechtsherzinsuffizienz.
Wenn das rechte Herz es nicht mehr so recht macht, dann staut sich das Blut in den großen Kreislauf zurück mit der Folge, dass periphere Ödeme entstehen (im Gegensatz zum Lungenödem bei der Linksherzinsuffizienz), ggf. sogar Anasarka und Aszites.
In den Jugularvenen herrscht im Sitzen normalerweise durch die Lage oberhalb des Herzens und die "Ansaugwirkung" des Herzens bei der Füllung ein negativer Druck, die Vene kollabiert und ist dann auch weder sicht- noch tastbar.
Wird der Druck vor dem rechten Herzen höher weil es nicht mehr hinterherkommt das ganze Blut wegzupumpen, dann kollabiert die Vene nicht mehr, sondern bleibt stehen und wird dann sicht- und tastbar.
Ein witziges Phänomen ist in dem Zusammenhang der hepatojuguläre Reflux: Das Blut staut sich ja nicht nur in die Jugularvenen, sondern u.a. auch in die V. cava inferior und die Leber - es ist also eine stehende Flüssigkeitssäule zwischen Leber und Jugularvene. Wenn man jetzt kurz und kräftig auf die Leber drückt, dann kann man die VJE entsprechend drucksynchron pulsieren sehen.

Kyutrexx
03.05.2011, 19:28
Dabei geht es um die Diagnostik der Rechtsherzinsuffizienz.
Wenn das rechte Herz es nicht mehr so recht macht, dann staut sich das Blut in den großen Kreislauf zurück mit der Folge, dass periphere Ödeme entstehen (im Gegensatz zum Lungenödem bei der Linksherzinsuffizienz), ggf. sogar Anasarka und Aszites.
In den Jugularvenen herrscht im Sitzen normalerweise durch die Lage oberhalb des Herzens und die "Ansaugwirkung" des Herzens bei der Füllung ein negativer Druck, die Vene kollabiert und ist dann auch weder sicht- noch tastbar.
Wird der Druck vor dem rechten Herzen höher weil es nicht mehr hinterherkommt das ganze Blut wegzupumpen, dann kollabiert die Vene nicht mehr, sondern bleibt stehen und wird dann sicht- und tastbar.
Ein witziges Phänomen ist in dem Zusammenhang der hepatojuguläre Reflux: Das Blut staut sich ja nicht nur in die Jugularvenen, sondern u.a. auch in die V. cava inferior und die Leber - es ist also eine stehende Flüssigkeitssäule zwischen Leber und Jugularvene. Wenn man jetzt kurz und kräftig auf die Leber drückt, dann kann man die VJE entsprechend drucksynchron pulsieren sehen.
Ja, so etwas!

Aber wie teste ich das?
Also angenommen ich vermute eine Rechtsherzinsuffizienz: dann sitzt der Patient und ich gucke einfach nach der Vene und das war's?
Ich erinner mich da wie gesagt an etwas von wegen, der Patient liegt und ich richte ihn auf.

Habe jetzt auch ein Stichwort dazu gefunden: Jugularvenenpuls.

Gibt es eigentlich Bücher, in denen solche einfachen diagnostischen Verfahren aufgeführt sind?
In den neueren Büchern steht dazu nichts.

Es heißt nur hier und dort mal "das ist veraltet".

Finde es aber nicht gerade unnütz auch (und gerade) ohne technische Hilfsmittel zunächst einmal Verdachtsdiagnosen aufstellen zu können.

Rico
03.05.2011, 20:07
Aber wie teste ich das?
Also angenommen ich vermute eine Rechtsherzinsuffizienz: dann sitzt der Patient und ich gucke einfach nach der Vene und das war's?Yup, bei bedarf noch ein bisserl auf der Leber rumdrücken und fertig ist die Laube.
Die meisten klinischen Untersuchungen sind vom Vorgang her so simpel wie ein Stethoskop aufzusetzen, das Kunststückchen besteht darin, das was man sieht und hört zu erkennen und richtig zu interpretieren.
Gibt es eigentlich Bücher, in denen solche einfachen diagnostischen Verfahren aufgeführt sind?
In den neueren Büchern steht dazu nichts.Die Lehrbücher zur körperlichen Untersuchung halt, in meinem Bates steht das auf zwei Seiten und mit Bildchen recht ausführlich erklärt drin - einschließlich Jugularvenenpuls.

Es heißt nur hier und dort mal "das ist veraltet".

Finde es aber nicht gerade unnütz auch (und gerade) ohne technische Hilfsmittel zunächst einmal Verdachtsdiagnosen aufstellen zu können.Der Makel ist halt, dass man da nur indirekt Hinweise auf Probleme am Herzen und drumrum (Trikuspidalinsuffizienz, Rechtsherzinduffizienz, pulmonalarterielle Hypertonie) kriegt. Das war ganz nett vor 30 Jahren als man wenn man es genauer wissen wollte einen Herzkatheter hat machen müssen, und deshalb vor der invasiven Diagnostik eine möglichst hohe Wahrscheinlichkeit durch diverse nicht-invasive Pretests erreichen wollte, aber ehutzutage gibt's halt breit verfügbar, schnell, unkompliziert und eindeutiger das Echo, weswegen solche Geschichten (wie auch z.B. die Kardiophonogramme) halt massiv an Stellenwert verloren haben.

Natürlich gehören der diagnostische Blick auf die VJE und der hepatojuguläre Reflux ins diagnostische Repertoire, aber eine leibhaftige Jugularvenenpulsmessung ist mir in 5 Jahren Innere noch nie begegnet - bei der entsprechenden Fragestellung gibt's ein Echo, dann weiß man's genau.

dreamchaser
03.05.2011, 20:20
Die Beurteilung der Jugularvenenfüllung gibt ja einen Hinweis auf den ZVD und damit den Volumenstatus. In Italien haben wir den bei jedem kardiologischen Patienten bei Aufnahme bestimmt, das war vor 5 Jahren ;-)
Grob haben wir das damals so unterteilt:
- komplett sichtbare Jugularvenen bis Kieferwinkel enstpricht ZVD > 15 cmH2O
- halb sichtbare Jugularvenen entsprechen ZVD 8-15 cmH2O
- nicht sichtbare Jugularvenen/kollaptische Jugularvenen entprechen ZVD < 8 cm H2O.
Natürlich gibt das nur einen groben Anhaltspunkt (genauso wie der ZVD, der invasiv gemessen wird auch). Durch das Aufrichten des Patienten kann man sehen, ob sich die Füllung der Jugularvenen ändert (Herzhöhe vs über Herzhöhe) - wenn die Jugularvenen auch oberhalb der Herzhöhe gestaut sind, dann deutet das auf einen hohen ZVD hin bzw. eine Rechtsherzbelastung.
Der hepatojuguläre Reflux ist dann noch zusätzlich einzusetzen, wenn die Füllung der Jugularvenen so nicht eindeutig festzustellen ist.

dantheg
03.05.2011, 22:17
Am besten man kuckt sich die Jugularis interna an. Gehört eigentlich immer zur Beuurteilung des Volumenstatus dazu.

Kyutrexx
08.05.2011, 16:18
Am besten man kuckt sich die Jugularis interna an. Gehört eigentlich immer zur Beuurteilung des Volumenstatus dazu.
Was meinst du mit "Volumenstatus"?

Rico
08.05.2011, 18:51
Ob der Patient überwässert ist oder eher trocken. Das kann man je nach Füllungszustand der zentralen Venen gut beurteilen - braucht man aber ein Sonogerät für.