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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Angst vor der Zukunft



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Pew
23.06.2011, 17:46
Hallo zusammen,

wir schreiben den 2. Januar 2011. Bis zu diesem Tag war ich mir sicher, in Frankfurt mit einem verdammt guten Freund Biochemie zu studieren. In der Lernpause (es standen in 3 Monaten die schriftlichen Prüfungen an) lungerte ich in der Küche rum und suchte nach Essen, konnte nicht darauf warten, dass mir meine Mutter was kochte und beschloss deshalb, mir ein belegtes Brötchen zu machen. Und es kam, wie es kommen musste: Das Messer ging schneller durch als gedacht, und nahm gleich ein Stück meiner Fingerkuppe mit. Es wollte einfach nicht zu bluten aufhören! Also ein kleiner Abstecher in die Notaufnahme einer Unfallklinik. Ich wurde von einem jungen, netten und engagierten Assistenzarzt behandelt, der mir ein unglaublich tolles Gefühl gab, ich fühlte mich einfach dermaßen gut aufgehoben!

Ende der Geschichte: Ich begann, wie ein, zwei Jahre zuvor, wieder mit der Medizin zu liebäugeln. Ich weiß nicht warum ich es zwischenzeitlich wieder vergessen habe, wahrscheinlich lag es an der Familienplanung?

In der 12. Klasse habe ich einiges an Punkten liegen gelassen, und so beschloss ich, nun Vollgas zu geben. Und es hat sich gelohnt! Aus einer kalkulierten 1,7/1,8/1,9 (Alptraum!) wurde 1,5, womit ich mir Chancen ausrechnen kann. Den TMS habe ich gemacht und in einer Woche gibts das Ergebnis, auf das ich gespannt warte.

Doch irgendwie fange ich an zu zweifeln. Es gibt kein Fach, das meinem Interesse mehr gerecht wird als die Medizin. Das Studium scheint extrem abwechslungsreich zu sein und am Wichtigsten: Der Mensch steht im Mittelpunkt.

Ich werde umziehen müssen, ins kalte Wasser springen. Vor diesem Neuanfang habe ich Angst. Was ist, wenn ich meine alten Freunde aus den Augen verliere? Was ist wenn ich an der Uni nicht die passenden Freunde finde? Wieviel Zeit werde ich noch für meine Hobbies (Lesen, Musik, Gitarre, Freunde) haben? Wenn ich will, dann werde ich das wohl meistern können. Aber wie sieht es mit später aus? Wieviel Zeit werde ich im Berufsalltag haben, für Hobbies, Freunde und Familie? Werde ich irgendwann eine Kassenzulassung bekommen, oder im Krankenhaus verrotten müssen?

Ich befürchte eine totale Entfremdung. Wenn ich an meine Zukunft denke, dann sehe ich schwarz. Derzeit mache ich mein Pflegepraktikum in der Unfallklinik vom 2. Januar und es macht mir Spaß. Ich habe das Gefühl, dass die Medizin genau das Richtige ist. Die meisten Ärzte sind super gelaunt und wirken nicht ausgebrannt, wie lange sie jedoch arbeiten müssen, weiß ich nicht, da ich in der Chirurgie bin und diese nur bei den Visiten oder kurz im Stationszimmer sehe. Ich sehe jedoch nur Arbeit, keine Freunde und keine Familie, das bedrückt mich. Zwar liest man viel von Qualifikation für andere, "humanere" Arbeitsplätze als das Krankenhaus (z.B. Pharmaindustrie), aber das bezweifle ich und denke, dass es da doch deutlich qualifiziertere Arbeitskräfte gibt und wenn dann ein zusätzliches Studium (BWL bspw.) drangehängt werden müsste.

Gibt es hier im Forum noch Menschen, die ähnliche Zweifel haben und misstrauisch in die Zukunft blicken? Ich befürchte, dass es mit dem Spaß am Leben für die nächsten Jahre einfach nicht so sein wird wie in der Schulzeit. Selten Freunde und Familie sehen, kein Urlaub, wenig Hobbies. Ich will keine tausendste Diskussion über die Arbeitsbedingungen, Gehalt oder sonstiges auslösen, sondern mehr wissen, ob meine Sorgen und Ängste unberechtigt sind und der nun startende Abschnitt meines Lebens doch einer der Glücklichsten werden kann.

Pew

P.S. Entschuldigung für diese ungeordnete Wand aus Text, spiegelt nur meinen momentanen Zustand wieder.

Coxy-Baby
23.06.2011, 17:48
Gerüchteweise soll man auch im Studium neue Freunde finden ;-)
Und hobbies und Freizeit hat man auch im Studium.

konstantin
23.06.2011, 17:50
Ich werde umziehen müssen

Wer nicht?


Was ist, wenn ich meine alten Freunde aus den Augen verliere?

Das garantiere ich Dir.


Was ist wenn ich an der Uni nicht die passenden Freunde finde?

Die gibt's ueberall.


Wieviel Zeit werde ich noch für meine Hobbies (Lesen, Musik, Gitarre, Freunde) haben?

Weniger vielleicht, aber auf jeden Fall genug.

Melina93
23.06.2011, 18:19
Bin ich die einzige, die eigentlich Vollgas gibt und sich nicht verbessert?
Ich bleib bei 1,5 stecken, egal wieviel ich lerne?!?!
Alle sagen immer, dass sie sich dann richtig Mühe gegeben haben und dann viel besser wurden.
Mach ich etwas falsch?

Brutus
23.06.2011, 18:33
Was macht ihr Euch eigentlich alle für Probleme, die eigentlich gar nicht da sind? Wenn ich den Wunsch habe, Medizin zu studieren, dann sollte ein Umzug in eine andere Stadt doch jetzt kein Grund sein, oder???
Um mal die gröbsten Probleme zu entkräften:
Ich habe 1994 Abi gemacht. Mit meinen besten Freunden von damals ziehe ich immer noch regelmäßig durch die Städte (gut mittlerweile treffen wir uns auf ein Bier und zum Grillen, man wird ja schließlich nicht jünger).
Selbst mit Leuten, die ich aus der Zeit der grünen Trachtengruppe kenne, treffe ich mich hin und wieder noch.
Und die Freunde, die ich während des Studiums kennengelernt habe (ja, das gibt es, Niederlagen und Erfolge schweißen durchaus eng zusammen) und die mich auch in den nächsten Jahren im Krankenhaus begeleitet haben, sehe ich auch noch regelmäßig oder wir telefonieren regelmäßig, obwohl wir mittlerweile nicht mehr zusammen arbeiten und in ganz verschiedenen Regionen Deutschlands wohnen.
Zu der Freizeit: Ich war sicherlich nicht der beste Student und musste schon viel lernen / kreuzen. Aber trotzdem habe ich mir die Zeit für Aktivitäten und Freunde genommen. Und ja, man hat auch während der Semester Zeit zum Feiern...
By the way: Ich hatte ein Abi von 2,3. Dank Y-Reisen und der daraus (damals?) verdoppelten Wartezeit habe ich direkt im Anschluß an die Grundwehrdienstzeit anfangen können zu studieren. Und ich glaube, auch mit einem sooo schlechten Abi kann man das Medizinstudium bestehen und Arzt werden. O.K. Also zumindest Anästhesist: :-)) :-)) :-))
Und jetzt: Macht Euch mal weniger einen Kopp und lasst es doch einfach mal auf Euch zukommen.
Und zu guter letzt: Einfach lächeln und winken, Männer. Lächeln und Winken!

gnuff
23.06.2011, 19:45
Probieren geht über studieren... also in diesem Fall "über" im Sinne von "durch"...

mach einfach, nach dem ersten Semester lachst Du über diesen Thread... wie Brutus schon sagte, Ihr seht Probleme wo definitiv keine sind. :-party

ehemaliger User_25062015
23.06.2011, 20:25
Umziehen kann definitiv ein Problem sein.

Mr. Pink online
23.06.2011, 20:36
Manchmal stell ich mir schon die Sinnfrage ... wahrscheinlich sogar einmal täglich. Aber das würde mir glaube ich immer so gehen, egal was man macht.
Was Freizeit angeht muss man phasenweise zurückstecken. Aber wenn ich es über den Daumen zusammenrechne, muss ich zugeben, dass ich deutlich mehr Freizeit habe als meine Kollegen, die ne Ausbildung machen oder Jura studieren.

Feuerblick
23.06.2011, 20:47
Ich habe in meiner Heimatstadt studiert, musste also nicht umziehen und auch keinen neuen Freundeskreis finden. Trotzdem sind mir aus Schulzeiten nur einige wenige, sehr gute Freunde geblieben. Wir sehen uns selten, aber wenn, dann ist es wie früher.
Hobbies, Urlaub etc. kann man auch im Studium und selbst später als Berufstätiger noch haben. Zwar in eingeschränkterem Maße, aber das dürfte in vielen Berufen der Fall sein.
Und auch wenn du es nicht glauben willst: Ja, es gibt alternative Berufsfelder für Ärzte - ganz ohne zusätzliches Studium der BWL.

Gelbes_U
26.06.2011, 13:56
Haufenweise alternative Berufe... Ich mache VC. Und diese BWL/Arzt-Kombi halte ich für rechten Quatsch - wozu so ewig studieren? BWL kann man nebenher "lernen". Für mich hätte allerdings Bio oder Pharma auch gereicht, dann hätt ich mir das ewige geldlose PJ gespart.... Und über Arzthonorare kann ich, abgesehen von ein paar Radiologen (aber wer will das schon machen?!), nur müde lächeln.

Ich würd mir keine Sorgen machen, das wird einem immer nur bei Anne Will eingeredet, dass man als Hochschulabsolvent Angst haben müsste. Alles haltlos, selbst jeder Biologe und Tiermediziner findet einen Job.

konstantin
26.06.2011, 14:25
Alles haltlos, selbst jeder Biologe [...] findet einen Job.

Klar, zur Not als ewiger HiWi fuer 800 Euro Brutto. ;-)

hafenbrille
26.06.2011, 15:05
ich glaub in den monaten rund um die abizeit hat jeder zweifel.

im endeffekt muss ma sich aber irgendwann entscheiden worauf man später bock hat, und wenns unbedingt das medizinstudium und der arztberuf sein sollte, mei, dann sollte ma das auch mit allen konsequenzen durchziehen und seine zweifel begraben.

Und jegliche vorstellung und pläne wie das später ma sein wird, sollteste dir eigentlich eh net machen, kommt sowieso anders, bzw. sieht man das später mit ganz anderen augen.

und ich kann die sache zwar nur fürs studium beurteilen, aber das is mit den ganzen erfahrungen die ma macht (wenn ma die chance hat wegzuziehen, sollte mas auch machen!), sicherlich bedeutend geiler als jede schulzeit und sollte dir wirklich null Sorgen bereiten.

Relaxometrie
26.06.2011, 15:05
VC
?

......

Brutus
26.06.2011, 15:19
Vietcong!

MD/PhD
26.06.2011, 19:37
Vietcong!

Yep, damals haben tatsächlich alle Biologen nen Job bekommen :-))

Brutus
26.06.2011, 19:55
Yep, damals haben tatsächlich alle Biologen nen Job bekommen :-))

Na komm, die Chemiker aber auch. :-)) :-))

Gelbes_U
26.06.2011, 20:35
Venture Capital. Nach Medizinstudium und Flucht vor AiP.

Die meisten meiner Kollegen sind Biologen oder Pharmazeuten.

Gelbes_U
26.06.2011, 20:38
Wo ist denn der arbeitslose Biologe, von dem hier alle immer schreiben? Ich sehe die nicht - im Gegenteil, ich kenne eher Leute, die Biologen suchen und keine bekommen...

Miss_H
26.06.2011, 22:36
Wo ist denn der arbeitslose Biologe, von dem hier alle immer schreiben? Ich sehe die nicht - im Gegenteil, ich kenne eher Leute, die Biologen suchen und keine bekommen...

Es gibt tatsächlich arbeitslose Biologen. Wenn man nämlich nicht örtlich flexibel ist, keinen guten Abschnitt hat und nicht alle Berufsfelder in Frage kommen, sieht es nicht so gut aus. Aber wenn man sich bemüht, dann kann man auch mit einem schlechten Abschnitt einen Job finden.

MD/PhD
26.06.2011, 23:57
Na komm, die Chemiker aber auch.

:-wow

Nein, so war das eigentlich nicht gemeint ;-) Ich hab den Kommentar mit dem Vietcong nur als Aufhänger genutzt um zu scherzen, dass der Arbeitsmarkt für Biologen vor 40 Jahren vermutlich wirklich besser war als heute.

@ Gelbes_U

Musstest du dir für deine "VC" Stelle noch irgendwas BWLiges antun? Hat man als Mediziner überhaupt das Know How, um auch anständig mit Risikokapital umzugehen? Ich dacht immer, man stellt bei sowas lieber Mathematiker ein...