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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Könnt ihr euch vorstellen einmal als Allgemeinmediziner tätig zu sein?



Nils
24.06.2011, 15:26
Hallo,

aus aktuellem Anlass würde uns eure Meinung zu diesem Thema interessieren.

Was gehört zum Beispiel zu den Voraussetzungen, die eine Tätigkeit als Hausarzt für dich attraktiv machen könnten?
Wärest du auch bereit eine Landarzt-Praxis zu übernehmen?
Warum würdest du andererseits eine Allgemeinmedizinische Tätigkeit ausschließen bzw. eher nicht in Betracht ziehen?
Hast du bereits persönliche Erfahrungen mit der Allgemeinmedizin gesammelt und beeinflussen diese deine Einstellung?

Strodti
24.06.2011, 15:35
Ich bin der Allgemeinmedizin insgesamt recht offen gegenüber. Kann mir gut vorstellen, dass es etwas für mich ist. Vor allem die langfristige Betreuung der Patienten oder ganzer Familien finde ich sehr interessant. Mich reizt weiterhin die Möglichkeit aus dem Nacht- und Wochenendbetrieb auszusteigen und annähernd geregelte Arbeitszeiten zu haben (ich weiß, dass niedergelassene Ärzte nicht weniger Zeit bei der Arbeit als die Kollegen im Krankenhauskollegen verbringen. Es geht um das Schlafen zuhause und die Wochenenden).

Die Innere Medizin finde ich sehr interessant und wenn ich nun vor der Wahl meiner Facharztwahl stünde, müßte ich mich wohl zwischen Innere Medizin (zunächst ohne Spezialisierung) und Allgemeinmedizin wählen.

Mich schrecken 2 Faktoren ab:
- Mir haben mehrere Allgemeinmediziner vor großen bürokratischen Hürden berichtet, ständigen Auseinandersetzung mit den Krankenkassen und Problemen mit der Budgetierung der Leistungen.
- Es scheint sehr unterschiedliche Honorare zu geben. Für eine Tätigkeit als niedergelassener Facharzt würde ich ein Einkommen ähnlich dem eines Fach- oder Oberarztes in der Klinik (ohne Dienstvergütung) erwarten.

Im nächsten Semester habe ich das Blockpraktikum Allgemeinmedizin (2 Wochen) und vielleicht werde ich im März in den Ferien eine Famulatur in der Hausarztpraxis machen. Danach weiß ich hoffentlich mehr. Ich bin gespannt!

WackenDoc
24.06.2011, 15:44
Ich bin in der Weiterbildung zum Allgemeinmediziner.
Aber ich kann mir nicht vorstellen, eine eigene Praxis zu betreiben.

EKT
24.06.2011, 16:05
Für eine Tätigkeit als niedergelassener Facharzt würde ich ein Einkommen ähnlich dem eines Fach- oder Oberarztes in der Klinik (ohne Dienstvergütung) erwarten.

Zwischen den genannten Gehältern besteht eine sehr erhebliche Differenz!

glasengel
24.06.2011, 20:40
Mein Vater ist niedergelassener Allgemeinmediziner, ich habe auch schon zeitweise in seiner Praxis mitgeholfen.

Pro:

- Von Strodi schon erwähnt: die jahrelange Begleitung der Patienten und den Gesamtüberblick über unterschiedliche Untersuchungen und Befunde zu haben. Ich sehe die Rolle eher als Vermittler zwichen Spezialisten und Patient.
- Schnitzelsuche. Man kann auch spannende Fälle haben, die Rätsel aufgeben und eine internistische Herausforderung sind. Auch wenn es im Ausfüllen der richtigen Überweisung endet.
- Recht regelmäßige Arbeitzeiten. Als Landarzt wäre das nochmal anders, aber das schließe ich für mich aus, ich bin Stadtmensch.


Contra:

- Der Alltag. Schnupfen, Kreislauf, Diabetes usw. das täglich Brot ist wenig herausfordernd und langweilt nach Jahren. Und dann kommt der 100. Patient mit Rückenschmerzen und hat dann wirklich was, was dann nicht übersehen werden darf. Das ist auch eine Art Herausforderung, aber reicht das?
- Das Gehalt. Ich bin niemand, der seine Fachrichtung nach dem Geld ausrichtet, aber im Vergleich zu anderen niedergelassenen Fachärzten, werden Allgemeinmediziner schlecht bezahlt und das finde ich ungerecht.
- Die Bürokratie bzw. das Unternehmersein. Haare raufen am Ende eines jeden Quartals. Was hat sich die KV wieder einfallen lassen? Kriegt man seine Punkte zusammen? Zwar ist man völlig selbstständig, aber hat doch Auflagen von außen. Beschnittene Freiheit.
- Die Selbstständigkeit. Landärzte fehlen, aber Stadtärzte gibt es teilweise zu hauft. Vielen kleinen Allgemeinarztpraxen geht es mittlerweile schlecht, sogenannte Arzthäuser sollen die Lösung sein. Und wenn man krank wird, kommt kein Geld rein.

Wenn mich wirklich die Innere kriegt, wäre meine momentane Lösung eine gemietete Praxis, wo ich zwar selbstständig arbeite, aber Angstellte bin und somit das Risiko des Unternehmers nicht habe.

emergency doc
28.06.2011, 12:33
IMHO fehlt hier ein klares "Nein" als Antwortmöglichkeit, und wird wohl auf die meisten zutreffen.:-nix

Bjoern83
28.06.2011, 13:07
Macht PJ in der Allgemeinmedizin! Es lohnt sich, auch wenn ihr nachher wisst, dass es nix für euch ist:-)

Lizard
28.06.2011, 13:13
Ich weiss schon vorher,dass es nichts für mich ist:-))

Fr.Pelz
02.07.2011, 17:55
Hi,
ich kann mir das schon vorstellen, mich reizt ebenfalls das Begleiten der Patienten durchs Leben. (Ehlich gesagt spielen in gewisser Weise spielen auch nostalgische Vorstellungen von der Dorfärztin hinein, die jeden kennt und die jeder kennt) Und auch wenn die finanzielle Vergütung besser sein könnte, bekommt man ja viel in Naturalien und Dankesworten zurück).
<-- hat heut ihren romantischen :-))
Dazu kommt, dass gerade dieser FA momentan stark gefragt ist, und wenn man eh nicht so genau weiß was man will, kann man auch etwas nehmen, wo großer Bedarf herrscht.
Andererseits ist man auf dem Land allein auf weiter Flur und trägt Verantwortung, ohne dass man mal schnell seinen Oberarzt fragen kann wie in der Klinik.
Das nur als Ergänzung zu den bereits genannten Punkten.
Fr.Pelz
(die grad dabei ist, ihre ursprünglich gedachte Laufbahn über den Haufen zu werfen)

CYP21B
03.08.2011, 12:06
......

Evil
03.08.2011, 15:17
Ich kann mit dieser stückchenweisen, wenn überhaupt, Diagnostik einfach nichts anfangen. Wenn ich einen klinischen Verdacht habe will ich die Patienten nicht erst nochmal ein paar Tage nach Hause schicken ob es nicht auch von alleine besser wird, dann erst nur einige Laborwerte bestimmen und dann wieder erst wenn die da sind und die eigentliche anfängliche Vermutung bestätigen die restlichen erforderlichen Werte nachholen. Das ist so vielleicht sehr wirtschaftlich aber äußerst unbefriedigend. Zudem möchte ich so etwa meinen Patienten nicht zumuten müssen. Allgemein gefällt mir die Einstellung absolut nicht. Wenn ich als Patient zum Hausarzt gehe tue ich dies nur wenn ich wirklich so krank bin, dass es mir zum einen richtig schlecht geht und ich zum anderen mit freiverkäuflichen Medis, bzw. Hausmittelchen nicht mehr weiter komme. Wenn ich dann aber mit genau diesen Tipps wieder heim geschickt werde und eben noch weiter warten soll kann ich mir das eben auch gleich sparen. Die Siebfunktion kann in meinen Augen nicht auf Kosten wirklich Kranker gehen.
Wer hat Dir denn diesen Unsinn beigebracht?
Wenn ich einen klinischen Verdacht habe, dann diagnostiziere und behandele ich das entsprechend; die Siebfunktion soll ja gerade die wirklich Kranken herausfiltern und behandeln.
Die überwiegende Anzahl der Patienten kommt dagegen wirklich mit kleinen Wehwechen und nicht erst dann, wenn es ihnen richtig schlecht geht, abgesehen davon besteht ein großer Teil der Arbeit aus Vorsorgeuntersuchungen.

GOMER
03.08.2011, 16:17
Es gibt die Antwortmöglichkeit "Ja, auf jeden Fall", aber nicht "Nein, auf keinen Fall". Warum?

Herzkasperl
10.08.2011, 19:56
Es gibt die Antwortmöglichkeit "Ja, auf jeden Fall", aber nicht "Nein, auf keinen Fall". Warum?

Die Letztere fehlt mir auch....

CYP21B
11.08.2011, 12:10
......

Evil
12.08.2011, 08:37
Habe ich selbst so erlebt in einer Lehrpraxis meiner Uni. Und scheint auch nicht so sonderlich selten zu sein, da es auch bei einigen Seminardozenten so durchschien.
Dann sollte das allgemeinmedizinische Institut in Würzburg dringend mal auf Qualität untersucht werden.
Oder Du hast nicht richtig aufgepaßt ;-)

Grübler
23.08.2011, 11:01
Die Allgemeinmediziner sind eine wirklich wichtige Stütze in unserem System! Sie müssen (eigentlich) aus jedem Fachbereich die wichtigen Sachen können, in evtl. Notfällen auch schon mal helfen etc. pp.

Ich für meinen Teil strebe das zwar nicht an; jedoch kommt das meinem Verständnis von "Arzt-Sein" sehr nahe. Meinen absoluten Respekt für gute Allgemeinmediziner (jaaa, die gibt es auch :-) ).

Was dann bei einigen in der Praxis leider draus gemacht wird, ist eine andere Sache; und die Lehre an der Uni lässt auch wirklich zu wünschen übrig...