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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schock: relativer volumenmangel, vasodilatation ausgleich durch vasokonstriktion?



xtra13
02.07.2011, 14:59
Hallo,
ich habe eine Frage zum Schock:
bezieht sich auf folgende schockarten:
anaphylaktischer schock
septisch-toxischer schock
neurogener schock

ich habe gelernt, dass bei allen drei arten ein relativer volumenmangel vorliegt.
beim neurogenen dadurch dass die glatte muskulatur in den gefäßen nicht mehr innerviert wird und somit eine vasodilatation stattfindet. beim anaphyl. schock findet die vasodilatation durch massive histaminausschüttung statt.

1. wie/warum findet beim septisch-toxischen schock eine vasodilatation statt? oder kommt da keine vasodilatation vor? wenn es so ist, wie kommt es dann dort zu einem relativen volumenmangel?

2. nachdem die druckrezeptoren des körpers an der aorta registriert haben, dass aufgrund des volumenmangels eine hypertonie bzw. ein verringertes herzminutenvolumen besteht, reagiert der körper ja unter anderem mit adrenalinausschüttung und damit mit tachycardie und peripherer vasokonstriktion.
doch müsste die periphere vasokonstriktion jetzt nicht ganz einfach die vasodilatation, die den realitven volumenmangel ausgelöst hat, ausgleichen, sodass alles "wieder gut" ist?
das problem ist hier wohl auch dass mich das "periphere" vasokonstriktion irritiert?! was heißt hier peripher?
ich weiß jetzt nicht ob damit alle blutgefäße in der körperperipherie (arme,beine) gemeint sind oder ob damit alle weit vom herzen entfernt liegenden blutgefäße gemeint sind (z.b. kapillare, kleine venen und arterien) und ich weiß nicht ob sich die dilatation und konstriktion auf venen und arterien oder nur auf venen oder arterien bezieht.

ich hoffe ihr könnt mir ein wenig helfen, das alles zu verstehen..
danke für eure hilfe!
mfg

ps: aboluter volumenmangel liegt ja z.b. bei einem hypovolämischen schock vor, z.b. hämorrhagischer schock. hier - denke ich - reicht die vasokonstriktion einfach nicht aus, um den volumenmangel auszugleichen, damit kann ich hier nachvollziehen, warum die schockkaskade nicht durchbrochen wird..

Nemesisthe2nd
02.07.2011, 15:58
zu 1.
die vasodilatation kommt durch ausschüttung von meditoren wie TNF-alpha, Interleukienen etc. die im Rahmen der massiven Immunreaktion ausgeschüttet werden zu stande... dabei muss der grund nicht unbedingt eine bakterielle infektion oder eine septikämie sein. Das ganze nennt sich dann nur nicht Sepsis sondern SIRS... kann zB bei einer akuten pankreatitis auch ohne infektion vorkommen. Der Mechanismus ist der gleiche.
Desweiteren führen die Mediatoren nicht nur zur Vasodilatation sondern auch zum capillary leak = Kapillarleck, d.h. das die Kapillaren durchlässliger werden und plasmaproteine ins interstitium gelangen. Normalerweise tritt dieser effekt lokal auf damit Leukocyten besser ins gewebe auswandern können etc.

damit zu 2.
aufgrund des capillary leaks hat die vasokonstriktion durch katecholamine nur einen geringen effekt, da trotzdem weiter volumen und plasmaproteine aus den leckenden kapillaren ins interstitium verloren geht.
Der körper versucht das ganze durch steigerung des HZV auszugleichen, was auch in gewissem rahmen funktioniert. Aufgrund des capillary leaks funktioniert der substratausstausch zwischen zellen und blut aber wesentlich schlechter, so dass trotz halbwegs erhaltenem perfusionsdruck organversagen auftritt...
man versucht halt den kreislauf mit volumen und katecholaminen zu stabilisieren, aber die katecholamine haben aufgrund des capillary leaks einen geringeren effekt, so dass recht hohe dosen nötig sind die unter umständen schädlich sind und zu nekrosen von fingern und zehen führen ohne dass der druck wesentlich steigt oder die organperfusion gebessert wird...

xtra13
02.07.2011, 17:06
hey,
danke schon mal für die antwort!
1.
damit ist der septisch-toxische und wohl auch der anaphylaktische schock erklärt (denn hier kommt es ja auch zu einer erhöhten gefäßpermeabiltät und somit wohl auch zu solch einem leak oder?)

2.
aber beim neurogenen schock findet doch kein capillary leak statt oder?
wieso ist der schock hier nicht einfach durch die vasokonstriktion behoben?

3.
und was genau sind denn nun periphere gefäße? was unterscheidet eine vasokonstrikton von einer peripheren vasokonstrikton?

was ist mit peripherie gemeint? zusammenhang:
eine periphere vasokonstrikton bewirkt eine mangeldurchblutung der peripherie.

4.
und findet die vasodilatation bei einem schock an allen (blut)gefäßen statt oder nur an arterien bzw. nur an venen bzw. nur an kapillaren bzw. nur an den großen gefäßen?

nochmal danke für eure hilfe!
mfg

Nemesisthe2nd
02.07.2011, 18:37
zu 1. das capillary leak braucht ne weile um sich zu entwickeln, aber ein anaphylaktischer tritt ja innerhalb von sekunden bis minuten auf... hier steht hauptsächlich die vasodilatation durch histamin im vordergrund.
natürlich reguliert der körper mit katecholaminen und sympathikotonus gegen und versucht mit vasokonstriktion, steigerung des HZV usw. gegenzuhalten. Nur bei der Anaphylaxie ist die vasodilatation eben zu stark.. Trotzdem kann man das ganze natürlich mit Adrenalin, Volumen, Cortison und Antihistaminika, die man von außen zuführt wieder aufheben...

zu 2. beim neurogenen schock kann der körper nicht mehr eigenständig eine vasokonstriktion auslösen... der neurogenen schock ist zB verursacht durch eine hohe spinalanästhesie, nen stark wirkenden thorakalen PDK oder eben einen hohen querschnitt. Hoch heißt in diesem fall über th4 oder noch höher... im thorakalem rückenmark treten die sympatischen fasern aus die das herz innervieren... nervi accelerantes zb so im bereich th4, auch die sympathischen fasern, die die gefäße innervieren treten in dem bereich aus. wenn dieser bereich durch querschnitt zerstört ist oder nicht mehr erreichbar, durch eine höher liegende läsion oder eben durch lokalanästhetika blockiert ist, kann der köper nicht mehr gegenreagieren. Der hirnstamm mit seinen sympathischen kernen kann feuern soviel er will, seine signale kommen einfach nicht am ziel an. Auch katecholamin-ausschüttung aus dem nebennierenmark klappt nicht, da die ja auch durch fasern aus dem thorakalmark innerviert werden...

trotzdem sind die alpha und beta rezeptoren an die zielorganen natürlich noch durch katecholamine ansprechbar, sie werden nur nicht ausgeschüttet. Aber i.v. gegebene katecholamine entfalten natürlich ihre wirkung...

zu 3. und 4. mit der peripherie oder den peripheren gefäßen sind hauptsächlich gefäße der haut und den extremitäten gemeint. Diese Gefäße kontrahieren sich zB auch bei kälte um die abgabe von wärme zu reduzieren. Diese Gefäße reagieren vor allem auf katecholamine. Die Perfusion von Hirn und Nieren ist dagegegen autoreguliert, d.h. ihr tonus wird durch lokale mechanismen reguliert, damit die Perfusion dieser wichtigen organe auch in kritischen situationen aufrecht erhalten werden kann.

Die Vasokonstriktion und dilatation findet hauptsächlich an den arteriolen statt und teilweise auch an den Venen bzw. Venolen statt. Die anderen Gefäße können sich auch kontrahieren, aber den wesentlich anteil am systemwiederstand haben die arteriolen.