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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wege in die nicht-kurative Medizin



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CorPulmonale
31.07.2011, 14:46
Hallo,

ich habe vor einigen Monaten meine erste Stelle angetreten und für mich steht bereits jetzt fest, dass ich so schnell wie möglich weg will aus der kurativen Medizin. Ich habe die Nase voll von all den Diensten und habe kaum noch ein Privatleben. Und wenn ich dann doch mal frei habe, bin ich so kaputt, dass ich nur noch hundemüde auf dem Sofa liegen kann. Ich hab auch keine Lust mehr auf all die nervigen Patienten und den ständigen Ärger mit der Verwaltung und mit Versicherungen. Hab auch keine Lust mehr auf all die Überstunden, die ich nicht dokumentieren darf. Kurzum: ich will weg aus der kurativen Medizin.

Ich hätte gerne einen Job mit geregelten Arbeitszeiten ohne Wochenenddiensten. Mir hat das Forschen während meiner Dr.arbeit viel Spaß gemacht, aber eine reine Forschertätigkeit an der Uni kommt für mich nicht in Frage, da mir das ständige Hin- und Hergerenne nach Drittmitteln und die Arbeitsplatzuntersicherheit nicht liegen.

Ich find andere Länder und Kulturen total spannend und konnte mir was in Richtung Public Health vorstellen. Vielleicht in der Hinsicht irgendwelche Studien o.ä. Ab und an mal auf Dienstreise gehen zu müssen, fände ich ok (sollte aber kein Dauerzustand sein). Büroarbeit finde ich gut.

Bin leider örtlich an den Norden gebunden, daher kommen größere Public Health Zentren (z.B. Berlin) nicht für mich in Frage.

Hat vielleicht jemand eine Idee, wo ich vielleicht nach nem Job suchen könnte? Gibts irgendwelche Messen? Oder fällt irgendwem direkt ein bestimmter Job oder mögliche Arbeitgeber ein?
Hatte schon mal ans Gesundheitsamt gedacht, allerdings sind da die 3jährige klinische Erfahrung, die man für die FA-WB braucht, für mich das Nadelöhr. Hab keine Ahnung, wie ich 3 Jahre im KH durchhalten soll. Ein Aufbaustudium kommt für mich aus finanziellen Gründen nicht in Frage.

Gehts vielleicht jemandem ähnlich? Kann mir jemand Tipps geben?
Danke
CP

Feuerblick
31.07.2011, 15:18
Uff, das sind jetzt aber ein bißchen viele Sachen, die für dich nicht in Frage kommen... In Sachen PublicHealth kann dir vielleicht User Gersig etwas besser weiterhelfen. Ich bin mir nicht sicher, ob jemand ohne entsprechende Theoriekenntnisse und ohne wirkliche klinische Erfahrung das ist, was die jeweiligen Zentren suchen.
Welche anderen Möglichkeiten gäbe es denn noch für dich? Könntest du dir vorstellen, Studien zu betreuen bei einem externen Sponsor? Könntest du dir einen Job in der Pharma-Industrie vorstellen? Gesundheitsämter möchten klinische Erfahrung, MDK will Facharzttitel und möglichst auch Promotion. Die beiden kämen also nicht in Frage.
Ich kenne das Problem, einfach nur "raus" zu wollen. Aber leider braucht man auch dafür erst mal einen genauen Plan, wohin man möchte. Außerdem sollte man eine gewisse örtliche Flexibilität aufweisen und notfalls bereit sein, für den Anfang finanzielle Einbußen zu schlucken.

LG
Feuerblick, die mit den Problemen vertraut ist (und hofft, die richtige Lösung für sich gefunden zu haben)

Keenacat
31.07.2011, 15:31
Ich möchte auch anmerken, dass man ggf. mit der Wahl der Fachrichtung Einfluss auf die Arbeitsbedingungen nehmen kann. Labormediziner (nur ein Jahr Innere/Allgemeinmedizin, iirc) oder Pathologen (keine Arbeit in Patientenversorgung nötig) fallen mir da spontan ein, auch die Dienstbelastung dürfte da niedrig sein.

CorPulmonale
31.07.2011, 16:49
Ja, ich weiß, dass es ziemlich schwer wird. Fällt jemandem denn sonst spontan noch irgendein Job ein, der halbwegs den von mir beschriebenen Anforderungen entspricht?

Etwas weniger zu verdienen, wäre schon ok für mich.

Hatte auch schon daran gedacht, vielleicht Strahlentherapie zu machen - das würde man auch als klin. Fach auf die FA-WB für Öffentliches Gesundheitswesen anrechnen können. Ist nur die Frage, wie sinnig das ist.. eigentlich fährt man ja mit Pädiatrie oder der Inneren Medizin fürs Gesundheitsamt am besten (+ 6 Monate Psychiatrie).

An Patho hatte ich auch schon gedacht - ist aber irgendwie so gar nicht mein Ding.

Pharma wäre vielleicht auch was, allerdings gibts da bei uns im Norden so gut wie keine Unternehmen. Die meisten sitzen ja irgendwo in Süddeutschland oder in Berlin.

Mir ist schon klar, dass ich irgendeinen Plan brauche. Und den versuche ich jetzt schon seit Wochen aufzubauen, aber irgendwie klappt das alleine nicht so ganz..

Grüße
CP

Feuerblick
31.07.2011, 17:17
Die Frage ist doch auch: Willst du aus der kurativen Medizin per se raus oder stören dich nur die Arbeitsbedingungen in der Klinik mit Diensten und Überstunden? Letzteres würde bedeuten, notfalls ein paar Jahre die Zähne zusammenzubeißen und dann in eine Ecke zu wechseln, wo es wenig Dienste gibt. Wenn es aber die Patientenversorgung an sich ist, wird die Sache deutlich komplizierter. Denn ohne Zusatzqualifikationen und mit örtlicher Bindung dürfte sich schwer was finden, was deinen Vorgaben entspricht.

CorPulmonale
31.07.2011, 19:46
Nee, ich will einfach nur weg aus dem kurativen Bereich und das so schnell wie möglich.

Feuerblick
31.07.2011, 19:48
Dann passen Strahlentherapie und Gesundheitsamt ja auch nicht wirklich...

CorPulmonale
31.07.2011, 19:56
Gesundheitsamt ist ja schon ziemlich weit weg. Und Strahlentherapie würde ich nur machen, um die 3 Jahre klinische Tätigkeit voll zu bekommen.. da hat man ja zumindest keine Dienste denke ich, oder?

Aber wenn es noch irgendeine andere Alternative gäbe -umso besser.. mich frisst dieser Krankenhausalltag total auf.

Relaxometrie
31.07.2011, 20:00
Wenn Dein einziger und dringender Wunsch der ist, aus der kurativen Medizin auszusteigen und die Qualifikation für nicht-kurative ärztliche Tätigkeiten aber nicht ausreicht (weil teilweise eben doch eine gewisse klinische Erfahrung gefordert wird), könntest Du ja auch eine komplett neue Ausbildung machen. Entweder etwas, wo Dir Deine bisher erworbenen Kenntnisse zu Gute kommen, oder eben etwas komplett anderes. Du kennst Dich und Deine Anforderungen an die Berufstätigkeit jetzt ja besser, als damals, als Du mit dem Medizinstudium begonnen hast, und kannst die Karten neu mischen.
Es gibt z.B. diverse "Duale Ausbildungen für Abiturienten", in denen man meines Wissens nach auch schon während der Ausbildung relativ gutes Geld verdient.

Feuerblick
31.07.2011, 20:00
Naja, im Gesundheitsamt hast du ja durchaus auch Patientenkontakt... Und dem Krankenhausalltag kannst du nach einer gewissen Klinikszeit auch entgehen.
Daher auch meine Frage: Grundsätzlich keine Patientenversorgung oder "nur" erträglicher Alltag jenseits von Klinik, Diensten und deratigen Dingen?
Ersteres (Pharmaindustrie, Medizingerätehersteller, Fortbildungsveranstalter, Sponsoren für klinische Studien, Medizinjournalismus etc.) wirst du so einfach nicht finden, wenn du an einen Ort oder eine Gegend gebunden bist. Letzteres lässt sich managen indem du erst mal eine gewisse Zeit halt durchziehst und dann in eine Praxis oder was auch immer wechselst.

CorPulmonale
01.08.2011, 07:00
Danke für die Antworten. Also den Patientenkontakt im Gesundheitsamt fände ich noch ganz ok. Wenn ich ne Stelle ganz ohne Patientenkontakt fände - noch besser. Mein Ziel: möglichst wenig Patientenkontakt und geregelte Arbeitszeiten.
Theoretisch kann man in der Weiterbildung fürs Öffentliche Gesundheitswesen ja auch in einer Praxis arbeiten - aber glaubt ihr, man hat in einer psychiatrischen oder internistischen Schwerpunktpraxis eine Chance auf eine WB-Stelle, wenn man nur 1-2 Jahre klinische Erfahrung aus dem KH mitbringt und denen auch noch sagt, dass man ins Gesundheitsamt möchte (ansonsten kann man ja erst viel später in die Praxis zur WB)?

Gelbes_U
01.08.2011, 09:08
Beamter (Gesundheitsamt) oder nicht? Das ist doch die erste Frage.

Wenn für Dich auch etwas anderes in Frage kommt und Ausland gewünscht ist, wieso nicht mal in die USA zum Forschen und dann sehen, ob man in die Start-Up-Szene reinkommt? Die 100% Sicherheit gibt es da nicht, aber arbeitslos wird man auch nicht.

Das sind halt zwei völlig gegensätzliche Umgebungen, Gesundheitsamt und Forschung...

Relaxometrie
01.08.2011, 09:22
Das:

Wenn für Dich auch etwas anderes in Frage kommt und Ausland gewünscht ist, wieso nicht mal in die USA

geht nicht, weil:

Bin leider örtlich an den Norden gebunden

sodbrennen
01.08.2011, 09:33
... könntest Du ja auch eine komplett neue Ausbildung machen. Entweder etwas, wo Dir Deine bisher erworbenen Kenntnisse zu Gute kommen, oder eben etwas komplett anderes. Du kennst Dich und Deine Anforderungen an die Berufstätigkeit jetzt ja besser, als damals, als Du mit dem Medizinstudium begonnen hast, und kannst die Karten neu mischen.
Es gibt z.B. diverse "Duale Ausbildungen für Abiturienten", in denen man meines Wissens nach auch schon während der Ausbildung relativ gutes Geld verdient.
Es wurde doch geschrieben, dass eine Ausbildung aus finanziellen Gründen nicht in Frage kommt.

Aber sag mal, was hat dich denn so geschockt, dass du so überreagierst? Von deiner Reaktion her würde ich sagen, warte erst mal ab, komm zur Ruhe, denke dann über einen Stellenwechsel nach und probier doch erst mal das aus. Du weißt doch gar nicht, ob es woanders nicht viel besser ist? Pauschalisieren finde ich etwas schwierig hier. Vielleicht gefällt's dir ja dann doch besser als gedacht und das Problem löst quasi von selbst? :-nix

Relaxometrie
01.08.2011, 10:00
Es wurde doch geschrieben, dass eine Ausbildung aus finanziellen Gründen nicht in Frage kommt.
Nö. Da steht:

"Ein Aufbaustudium kommt für mich aus finanziellen Gründen nicht in Frage."

Ein Aufbaustudium ist ja oft teuer, weil man hohe Studiengebühren zahlen muß UND nichts verdient. Deswegen habe ich von der "Dualen Ausbildung für Abiturienten" gesprochen, bei der man zumindest so gut zu verdienen scheint, daß man sich über Wasser halten kann.

CorPulmonale
01.08.2011, 10:00
Also es ist eigentlich nicht der Schock der ersten Monate, sondern mir gehts eigentlich schon seit dem PJ so, dass ich das Gefühl habe, dass der Arztberuf überhaupt nichts für mich ist.
Die ganzen praktischen Sachen des Arztberufes - sei es das Untersuchen, Blutabnehmen, Nadelnlegen, irgendwas punktieren, nähen, sonografieren - liegen mir überhaupt nicht und machen mir keinen Spaß. Ich bin eher der Theoretiker - das Forschen hat mir Spaß gemacht, könnte mir aber auch nen Job im Gesundheitsamt vorstellen (hab da mal ein paar Tage hospitiert). Aber das Nadelöhr ist dafür einfach die klinische Zeit - diese ständigen Überstunden, der stetige Ärger mit Verwaltung, Versicherung und Patienten und diese ständigen Dienste, die einem bald jedes Privat- und Sozialleben rauben, sind einfach nichts für mich.
Ausland ist nichts für mich - mein Freund hat hier nen festen Job, so dass ich örtlich gebunden bin.

Thomas24
01.08.2011, 21:40
Wenn für Dich auch etwas anderes in Frage kommt und Ausland gewünscht ist, wieso nicht mal in die USA zum Forschen und dann sehen, ob man in die Start-Up-Szene reinkommt? Die 100% Sicherheit gibt es da nicht, aber arbeitslos wird man auch nicht.

Wiederspricht "Start up" nicht diametral dem Ziel des TE...?


Mein Ziel: möglichst wenig Patientenkontakt und geregelte Arbeitszeiten.

ehem-user-02-08-2021-1033
02.08.2011, 12:13
Ich bin eher der Theoretiker - das Forschen hat mir Spaß gemacht

Und wann hast du so großartig geforscht?

CorPulmonale
02.08.2011, 14:24
Wann ich geforscht habe? Im Rahmen meiner Doktorarbeit und danach noch etwas weiter - hab mehrere Publikationen veröffentlicht.

ehem-user-02-08-2021-1033
02.08.2011, 15:15
Dann schau doch, dass du auf den Zug aufspringst, wenn es dir gefällt. :-)