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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zwangseinweisung nach Suizidversuch - Entlassung auf Patienwunsch möglich?



ER-Student
01.08.2011, 20:34
Nach dem Gespräch mit einem Bekannten, der gerade in der Psychatrie famuliert, ist bei mir eine Frage zum Thema Zwangseinweisung nach Suizidversuch aufgetaucht.

Bis jetzt bestand bei mir der Eindruck, vermutlich fälschlicherweise, das Patienten nach einem Suizidversuch zwangsweise in geschlossene Behandlung eingewiesen werden könnten, sofern man eine weitere suizidale Absicht nicht ausschließen kann. Irgendwie habe ich dabei auch noch den Satz eines Dozenten im Hinterkopf, der uns davor warnte, dass es ein Kunstfehler sei, einen suizidgefährdeten Patienten gehen zu lassen.

Nun erzählte mir mein Bekannter von einem Patienten, der nach einem Suizidversuch in der selben Klinik zuerst für einige Stunden in den geschlossenen Teil der Psychatrie eingewiesen wurde, sich dann aber gegen ärztlichen Rat selbst entlassen durfte, obwohl weitere Suizidversuche nicht auszuschließen waren.

Wann genau darf ein Patient nach einem Suizidversuch zwangsweise eingeliefert werden, wann darf er sich selbst entlassen?

stennadolny
01.08.2011, 20:45
Die Angaben sind viel zu ungenau, um nur irgendetwas dazu sagen zu können.

Suizidversuch ist nicht gleich Suizidversuch usw usf.

Viel zu ungenau.

Keenacat
01.08.2011, 20:47
Wenn keine akute Eigen- oder Fremdgefährdung besteht, darf man einen Patienten nicht gegen seinen Willen festhalten. Der Patient muss vor allem tatsächlich psychisch krank sein und die Gefährdung muss "erheblich" sein.
Desweiteren hat der Arzt da nicht das letzte Wort, sondern die Ordnungsbehörde muss die Unterbringung beim zuständigen Richter beantragen und der muss dann letztendlich entscheiden, der Arzt nimmt lediglich Stellung.
Freiheitsentzug sind ja keine Peanuts.

Auf die geschlossene (oder auch beschützte) Station kommt man desweiteren nicht nur unter Zwang, Patienten gehen da durchaus auch mal freiwillig hin (und können es sich dann natürlich im Prinzip auch wieder anders überlegen).

ER-Student
01.08.2011, 21:17
@stennadolny
Sorry, das die Informationen zu dem Fall eher ungenau sind. Habe mit meinem Bekannten den Fall nicht detailiert besprochen. Deshalb habe ich die Frage am Ende auch relativ offen gestellt, weil es mir um die Thematik allgemein ging.

LieberInvasiv
02.08.2011, 08:15
Denke das kommt sowohl auf das Bundesland, als auch auf die regionale Organsisation an. Wichtig natürlich auch wie der Patient gekommen ist.
In NRW verschindet er erst mal für 24h unwiederruflich (zumindest praktisch, denn dafür müsste man ja vom Richter "gesehen" werden) in der geschlossenen wenn er entweder nach PsychKG mit Zwang kommt, oder der Doc vor Ort das noch veranlasst.

Wenn der Pat allerdings frewiliig mitkommt und es keine anderen "erheblichen" Gründe gibt ihn nach PsychKG unterzubringen, dann hat er das gleiche Recht wie alle anderen Patienten jederzeit auf eigene Verantwortung zu gehen.

Vllt. war es ja in deinem Fall wie so häufig, dass der Pat nachts gekommen ist und daher standartmäßig erst mal auf die geschlossene Station kahm, oder es waren wo anders kurzfristig keine Plätze mehr vorhanden... D.h. er war zwar auf dieser Station, musste aber nicht gegen seinen Willen bleiben ;-)

ER-Student
02.08.2011, 10:21
Was mich eben ein wenig wenig verwirrt hat, sind die Erfahrungen, die ich aus Famulaturen aus der Inneren zu dem Thema habe. Dort kam es mehrmals vor, dass Patienten nach Suizidversuch zur Behandlung auf die ITS kamen. Man erklärte mir damals, man dürfe die Patienten erst dann wieder entlassen, wenn durch einen Psychater geklärt sei, dass die Personen nicht mehr selbstgefährdent seien. Hätten sich die Patienten in einem solchen Fall auch selbst entlassen dürfen?

Habe gestern Abend auch nochmal kurz mit meinem Bekannten gesprochen, um den Fall noch ein wenig zu konkretisieren. Es handelte sich um einen Patienten, der sich aufgrund einer depressiven Störung in stationärer Psychotherapie befand, bis dahin aber nicht als selbstgefährdent galt und auf einer offenen (nennt man das so?) Station untergebracht war. Kurz vor dem Ende seines stationären Auffenthalts unternahm er einen erfolglosen Selbstmordversuch und wurde dann für einige Stunden auf eine beschützte Station gebracht. Dort ließ der Patient sich wohl vom Pflegepersonal nur ganz schwer führen und wurde dann gegen ärztlichen Rat nach Hause entlassen. An genauere Details kann sich mein Bekannter auch nicht mehr so genau erinnern, da der Fall schon ein paar Wochen her ist.

Lava
02.08.2011, 13:54
Interessantes Thema. Ich hatte gestern so einen ähnlichen Fall, wobei ich nicht weiß, wie er ausgegangen war. Ein Patient stellte sich bei mir in der Chirurgie vor mit Schnittwunden, die er sich nach seinen eigenen Angaben in suizidaler Absicht zugefügt hatte. Nach der Wundversorgung wollte er wieder heimgehen, schließlich hätte er morgen einen wichtigen Termin. Ich hab ihn nicht gehen lassen, sondern ihn in die zuständige Psychiatrie weiter geschickt mit Polizeibegleitung, weil er nicht freiwillig gehen wollte.

Die Polizei wiederum wollte *mal wieder* einen Wisch von mir, in dem ich begründe, warum ich den Patienten gegen seinen Willen irgendwohin schicke.

Ich denke mir das so: ich will und kann nunmal als Chirurg eine Suizidalität nicht sicher beurteilen, das muss ein Psychiater tun. Ob der den Patienten dann gehen lässt, ist sein Bier. Aber zum Psychiater muss er ja erstmal hin und dazu benötige ich halt die Polizei.

EKT
02.08.2011, 16:14
@Lava: Völlig richtig gelaufen.
Bei Vorankündigungen bitte ich die Kollegen der Somatik allerdings meistens, den Patienten möglichst von einer "freiwilligen" Vorstellung in der Psychiatrie zu überzeugen. Häufig werden sie dann ja nach Abklärung tatsächlich nach Hause geschickt - oder ohne Zwangseinweisung im offenen Klinikbereich aufgenommen.

Keenacat
02.08.2011, 17:35
Bin im Moment unfallchirurgisch unterwegs und unlängst war ebenfalls ein Patient mit Schnittverletzung nach Suizidversuch in der ZNA (singulär am linken Handgelenk, ordentlich tief). Die Chirurgin hat ihn geflickt, die Psychiaterin kam zum Konsil und er blieb nach kurzem Gespräch freiwillig (!) da. Nicht jeder muss gleich zwangseingewiesen werden. Außerdem praktisch, wenn die Psychiater im Haus sind und die Teamarbeit klappt. :-top

Lava
02.08.2011, 18:10
Bei Vorankündigungen bitte ich die Kollegen der Somatik allerdings meistens, den Patienten möglichst von einer "freiwilligen" Vorstellung in der Psychiatrie zu überzeugen.


Ich habs versucht, der Patient war eigentlich auch gut zugänglich (wobei der die Notwendigkeit der Vorstellung an sich nicht eingesehen hat). Zur Psychiatrie in unserer Stadt wäre er freiwillig gegangen, aber für seinen Wohnort ist eine andere Klinik zuständig und mit der hatte er wohl schon schlechte Erfahrungen gemacht und wollte dort nicht freiwillig hin :-?