contrlegem
09.08.2011, 22:15
An einem „Sommer“-Morgen vor etwa 2 Wochen hatte ich beim Trinken meines Kaffees ein Gefühl: es war etwa wie der Genuss des letzten Urlaubstages, oder das Genießen der letzten Blicke aus den Augen einer nahe stehenden Person vor dem Abschied, na ja mein Kaffee war allerdings eher hell wie ein Urlaubstag und nicht dunkel wie die Augen meiner Familie. Dieses Gefühl packte mich, denn der nächste Montag war der erste Tag in dem Fastenmonat Ramadan. Ich muss zugeben, dass ich mir dieses Mal mehr und auch schon lange vor dem Eintreffen dieser Zeit Sorgen machte, dass es dieses Jahr sehr anstrengend für mich werden wird. Das liegt daran, dass ich dieses Mal einen Job habe, und zwar nicht irgendeinen Job: ich arbeite seit ein paar Monaten als Arzt, vielleicht ahnen jetzt manche von euch in welchem Fachgebiet ich tätig bin, weil ich mir Sorgen über die Anstrengung mache. Bis jetzt habe ich es geschafft die Ramadantage einigermaßen gemütlich zu gestalten. Dieses Jahr wird es aber nicht möglich sein, dass ich einfach später aufstehe und mich den ganzen Tag körperlich schone, dieses Jahr muss ich für meine Patienten, meine Oberärzte, meinen Chef, und für die Schwestern, die von einem Berufsanfänger immer schwierige Sachen wissen wollen, und natürlich auch für mich selbst und meine Weiterbildung mit vollem Körpereinsatz da sein. Ich habe mir das eine oder andere mal überlegt, dieses Jahr nur an den wenigen freien Tagen zu fasten, und den Rest in den kurzen kalten Wintertagen nachzuholen. Einmal fragte ich einen Kollegen, der ein Jahr länger in diesem Krankenhaus arbeitet als ich, wie er das Fasten im letzten Jahr geschafft habe. Er antwortete daraufhin, dass man einfach den Willen dazu haben müsse und, dass man dabei auch von Gott unterstützt werde. Das war für mich nicht die erhoffte Antwort und ich schob sie sofort auf die typische Arroganz der Chirurgen, die sich also selbst bei solchen Themen bemerkbar macht. Meine erhoffte Antwort wäre eher etwas gewesen wie „das ist nicht schaffbar“, „vergiss es, du hast noch den Winter und dein Urlaub usw.“.
Im Laufe dieser Woche habe ich noch alles genossen, was man an einem langen warmen Ramadantag nicht machen darf, inkl. Lästern mit den Schwestern.
Eines Tages lief ich kurz vor dem Feierabend durch die Notaufnahme. Dabei bemerkte ich Ermüdungserscheinungen an meinem Assistenzarzt-Kollegen, der im Moment seine Weiterbildungszeit in der Ambulanz absolviert. Sofort habe ich mir Sorgen über meine eigene Ambulanzzeit gemacht, die auch immer näher rückt. Ich fragte den Kollegen ob er Hilfe brauche, was er verneinte, wobei er auch meinte, dass es an diesem Tag überhaupt nicht so anstrengend sei. Ich sagte „du Armer die Ambulanz macht einen fertig“, er sagte „ja aber zum Glück ist es bald vorbei, ab nächste Woche sind meine 3Monate um“. In diesem Moment bin ich gedanklich die Liste der Assistenzärzte durchgegangen, die ihre Ambulanzzeit noch nicht hinter sich gebracht haben, gleichzeitig spürte ich, wie mein Herz schneller schlug. Ich wunderte mich über die Aktivierung meines Sympathikus, mein Chef war schließlich weit und breit nicht zu sehen. Ich ging noch mal zu meinem Kollegen und fragte, ob er schon wisse wer der nächste Ambulanzsklave sein wird, worauf er antwortete, „du“!?! Wie ich?? Er sagt daraufhin „du ab Montag Ambulanz“. Schon immer habe ich es gehasst, wenn ein Muttersprachler mir zu liebe auf die korrekte Grammatik der deutschen Sprache verzichtet, weil er denkt, dadurch würde ich ihn besser verstehen. Auf meine nochmalige Nachfrage, ab wann ich denn in die Ambulanz solle antwortete er mit “ ab nächsten Montag“.
An diesem Tag wollte ich unbedingt meine Mittagspause nehmen, denn schon ab nächster Woche würde ich sie für einige Zeit nicht mehr genießen können. Am Esstisch dachte ich dann darüber nach, dass ausgerechnet am ersten Ramadantag der schwierigste Abschnitt meiner Ausbildung anfangen solle und Gott soll an meiner Seite stehen? Dabei musste ich auch an einen der älteren Kollegen denken. Dieser saß zu Beginn meiner Tätigkeit in dieser Klinik gegenüber von mir an dem Tisch an dem ich gerade saß. Er nahm mir damals in Anwesenheit aller Assistenten, die Gelegenheit auf eine Frage einer Kollegin, die wissen wollte wie gläubig ich sei zu antworten, indem er sagte, "du bist doch nicht wie Herr A., er hat im letzten Jahr einen Monat lang für Allah gefastet, ich bin mir sicher sein Gott hat sich von oben über ihn lustig gemacht". Er hat dann alleine über diesen "Witz" gelacht, und die anderen Kollegen taten freundlicherweise so, als ob sie das nicht gehört hätten. Gerade dieser Kollege ist sonst sehr nett und meinte es sicher nicht böse, aber trotzdem war ich damals ein bisschen verletzt. Ich habe es aber nicht gezeigt, sondern nur große Augen gemacht und dabei leicht gelächelt. Im Nachhinein betrachtet, war das eine ganz blöde Reaktion von mir, ich weiss aber bis heute nicht, wie ich damals richtig reagieren hätte sollen. Während ich diesen Gedanken nachhing unterbrach mich eine Kollegin und fragte mich ganz nett und vorsichtig, wie lange ich denn schon im Haus sei. Da ich ahnte worauf sie hinaus wollte, habe ich nur schnell und leise geantwortet: „8 Monate“ und wollte schnell das Thema wechseln, über das Wetter oder den letzten Urlaub, egal, aber bloß das Thema wechseln. Dies war aber vergeblich, denn meine Gesprächspartnerin war eine Frau, die schnell mein primitives männliches Ausweichmanöver durchschaute. Sie ist zudem eine erfahrene Allgemeinchirurgin, die die Hausdienste mehr als sonst jemand im Haus satt hat. Sie fragte mich dann, ob ich nicht ab nächsten Monat Hausdienste machen könne und wieder war da der verdammte, nutzlose Sympathikus! Mein Chef macht übrigens keine Mittagspause, also er war definitiv nicht da! Für mich hieß Hausdienst, von 7 Uhr morgens bis um 7 Uhr am nächsten Tag, an einem warmen langen Sommertag fastend durchgehend durch die Ambulanz zu hetzen. In dem Moment fragte ich mich auf was ich mich jetzt konzentrieren sollte. Sollte ich die erfahrene Allgemeinchirurgin durch alle möglichen Ausreden davon überzeugen, dass ich erst ab dem nächsten Monat Hausdienste machen will, kann, und darf. Oder sollte ich mich auf das Beten konzentrieren: „bitte lieber Gott lass es nicht zu, ich strenge mich genug an und will wirklich fasten, weil es in deinem Buch so steht und weil der Prophet das gemacht hat. Bitte, ich bin in einem Land wo die Sonne gegen 03:45 Uhr aufgeht, und gegen 21:20 untergeht, wo es keine kürzere Arbeitszeiten im Ramadan gibt, wo nicht alle Fasten, und den ganzen Tag solidarische Blicke über ihre Schreibtische hinweg austauschen, wo viele Menschen das "islamische" Fasten blöd finden, und immer hysterisch fragen, „oh mein Gott und das Trinken, ohne Trinken überlebt man das nicht“, und mir nicht glauben, dass ich es seit mein 12. Lebensjahr den heiligen Monat faste, und es gesund überlebt habe. Ich wusste, das sind alles keine Ausreden, gerade das sich Anstrengen ist der eigentliche Zweck des Fastens, und ich versuche gerade es mir hier ganz bequem zu machen, und ganz ehrlich mein Fasten, in den klimatisierten Räumen einer Klinik in Mitteleuropa, wo die Jahreszeit bei Temperaturen über 20 Grad und dicht bewölktem Himmel Sommer genannt wird, unterscheidet sich doch sehr von dem Fasten, das von Muhammad und seinen Gefährten unter der Sonne der arabischen Wüsste praktiziert wurde. Sie hatten richtig anstrengende Jobs, manche wurden gerade in dieser Zeit gefoltert, um den einzigen Gott abzuerkennen, und die Götzen anzubeten, die aus Steine oder Datteln gebaut wurden, um diese komischen Gedanken aus ihren Köpfen zu vertreiben dass ein Schwarzer genau so viel Wert ist wie ein Weißer, ein Fremder soviel wie ein Araber, eine Frau soviel wie ein Mann. Durch all diese Gedanken gestärkt setzte ich mich an dem Esstisch gerade hin, sammelte alle meine Kräfte, schaute der Allgemeinchirurgin tief manipulierend in den Augen und wollte gerade los legen, als sich eine zweite erfahrene Unfallchirurgin zu uns gesellte. Diese teilt die Hausdienstliste mit uns und müsste weniger Dienste machen, wenn ich endlich welche machen würde. Sie fragte, über was wir so schönes reden. In diesem Moment dachte ich mir, jetzt hilft nur noch beten. Aber aus irgendeinem Grund meinten die beiden ich solle mir langsam Gedanken machen. Während des weiteren Gespräches haben sie alle Kollegen aufgelistet, die ihre ersten Hausdienste nach 3 oder 4 Monate gemacht haben, und ich fragte explizit nach Kollegen, von denen ich wusste, dass sie ihre Hausdienste erst nach 9 oder 10 Monate gemacht haben. Am Ende des Gespräches habe ich bettelnd versprochen, dass ab dem übernächsten Monat mein Name auf die Hausdienstliste geschrieben werden darf. Damit waren die beiden lieben Kolleginnen einverstanden. Für mich war das ein kleiner Sieg, nicht zu vergessen der Tatsache, dass ich es gerade geschafft habe zwei Frauen gleichzeitig dazu zu bringen ihre Meinung zu ändern, aber hauptsächlich darf ich jetzt den Ramadan ohne Hausdienste genießen.
Folgt.....
Im Laufe dieser Woche habe ich noch alles genossen, was man an einem langen warmen Ramadantag nicht machen darf, inkl. Lästern mit den Schwestern.
Eines Tages lief ich kurz vor dem Feierabend durch die Notaufnahme. Dabei bemerkte ich Ermüdungserscheinungen an meinem Assistenzarzt-Kollegen, der im Moment seine Weiterbildungszeit in der Ambulanz absolviert. Sofort habe ich mir Sorgen über meine eigene Ambulanzzeit gemacht, die auch immer näher rückt. Ich fragte den Kollegen ob er Hilfe brauche, was er verneinte, wobei er auch meinte, dass es an diesem Tag überhaupt nicht so anstrengend sei. Ich sagte „du Armer die Ambulanz macht einen fertig“, er sagte „ja aber zum Glück ist es bald vorbei, ab nächste Woche sind meine 3Monate um“. In diesem Moment bin ich gedanklich die Liste der Assistenzärzte durchgegangen, die ihre Ambulanzzeit noch nicht hinter sich gebracht haben, gleichzeitig spürte ich, wie mein Herz schneller schlug. Ich wunderte mich über die Aktivierung meines Sympathikus, mein Chef war schließlich weit und breit nicht zu sehen. Ich ging noch mal zu meinem Kollegen und fragte, ob er schon wisse wer der nächste Ambulanzsklave sein wird, worauf er antwortete, „du“!?! Wie ich?? Er sagt daraufhin „du ab Montag Ambulanz“. Schon immer habe ich es gehasst, wenn ein Muttersprachler mir zu liebe auf die korrekte Grammatik der deutschen Sprache verzichtet, weil er denkt, dadurch würde ich ihn besser verstehen. Auf meine nochmalige Nachfrage, ab wann ich denn in die Ambulanz solle antwortete er mit “ ab nächsten Montag“.
An diesem Tag wollte ich unbedingt meine Mittagspause nehmen, denn schon ab nächster Woche würde ich sie für einige Zeit nicht mehr genießen können. Am Esstisch dachte ich dann darüber nach, dass ausgerechnet am ersten Ramadantag der schwierigste Abschnitt meiner Ausbildung anfangen solle und Gott soll an meiner Seite stehen? Dabei musste ich auch an einen der älteren Kollegen denken. Dieser saß zu Beginn meiner Tätigkeit in dieser Klinik gegenüber von mir an dem Tisch an dem ich gerade saß. Er nahm mir damals in Anwesenheit aller Assistenten, die Gelegenheit auf eine Frage einer Kollegin, die wissen wollte wie gläubig ich sei zu antworten, indem er sagte, "du bist doch nicht wie Herr A., er hat im letzten Jahr einen Monat lang für Allah gefastet, ich bin mir sicher sein Gott hat sich von oben über ihn lustig gemacht". Er hat dann alleine über diesen "Witz" gelacht, und die anderen Kollegen taten freundlicherweise so, als ob sie das nicht gehört hätten. Gerade dieser Kollege ist sonst sehr nett und meinte es sicher nicht böse, aber trotzdem war ich damals ein bisschen verletzt. Ich habe es aber nicht gezeigt, sondern nur große Augen gemacht und dabei leicht gelächelt. Im Nachhinein betrachtet, war das eine ganz blöde Reaktion von mir, ich weiss aber bis heute nicht, wie ich damals richtig reagieren hätte sollen. Während ich diesen Gedanken nachhing unterbrach mich eine Kollegin und fragte mich ganz nett und vorsichtig, wie lange ich denn schon im Haus sei. Da ich ahnte worauf sie hinaus wollte, habe ich nur schnell und leise geantwortet: „8 Monate“ und wollte schnell das Thema wechseln, über das Wetter oder den letzten Urlaub, egal, aber bloß das Thema wechseln. Dies war aber vergeblich, denn meine Gesprächspartnerin war eine Frau, die schnell mein primitives männliches Ausweichmanöver durchschaute. Sie ist zudem eine erfahrene Allgemeinchirurgin, die die Hausdienste mehr als sonst jemand im Haus satt hat. Sie fragte mich dann, ob ich nicht ab nächsten Monat Hausdienste machen könne und wieder war da der verdammte, nutzlose Sympathikus! Mein Chef macht übrigens keine Mittagspause, also er war definitiv nicht da! Für mich hieß Hausdienst, von 7 Uhr morgens bis um 7 Uhr am nächsten Tag, an einem warmen langen Sommertag fastend durchgehend durch die Ambulanz zu hetzen. In dem Moment fragte ich mich auf was ich mich jetzt konzentrieren sollte. Sollte ich die erfahrene Allgemeinchirurgin durch alle möglichen Ausreden davon überzeugen, dass ich erst ab dem nächsten Monat Hausdienste machen will, kann, und darf. Oder sollte ich mich auf das Beten konzentrieren: „bitte lieber Gott lass es nicht zu, ich strenge mich genug an und will wirklich fasten, weil es in deinem Buch so steht und weil der Prophet das gemacht hat. Bitte, ich bin in einem Land wo die Sonne gegen 03:45 Uhr aufgeht, und gegen 21:20 untergeht, wo es keine kürzere Arbeitszeiten im Ramadan gibt, wo nicht alle Fasten, und den ganzen Tag solidarische Blicke über ihre Schreibtische hinweg austauschen, wo viele Menschen das "islamische" Fasten blöd finden, und immer hysterisch fragen, „oh mein Gott und das Trinken, ohne Trinken überlebt man das nicht“, und mir nicht glauben, dass ich es seit mein 12. Lebensjahr den heiligen Monat faste, und es gesund überlebt habe. Ich wusste, das sind alles keine Ausreden, gerade das sich Anstrengen ist der eigentliche Zweck des Fastens, und ich versuche gerade es mir hier ganz bequem zu machen, und ganz ehrlich mein Fasten, in den klimatisierten Räumen einer Klinik in Mitteleuropa, wo die Jahreszeit bei Temperaturen über 20 Grad und dicht bewölktem Himmel Sommer genannt wird, unterscheidet sich doch sehr von dem Fasten, das von Muhammad und seinen Gefährten unter der Sonne der arabischen Wüsste praktiziert wurde. Sie hatten richtig anstrengende Jobs, manche wurden gerade in dieser Zeit gefoltert, um den einzigen Gott abzuerkennen, und die Götzen anzubeten, die aus Steine oder Datteln gebaut wurden, um diese komischen Gedanken aus ihren Köpfen zu vertreiben dass ein Schwarzer genau so viel Wert ist wie ein Weißer, ein Fremder soviel wie ein Araber, eine Frau soviel wie ein Mann. Durch all diese Gedanken gestärkt setzte ich mich an dem Esstisch gerade hin, sammelte alle meine Kräfte, schaute der Allgemeinchirurgin tief manipulierend in den Augen und wollte gerade los legen, als sich eine zweite erfahrene Unfallchirurgin zu uns gesellte. Diese teilt die Hausdienstliste mit uns und müsste weniger Dienste machen, wenn ich endlich welche machen würde. Sie fragte, über was wir so schönes reden. In diesem Moment dachte ich mir, jetzt hilft nur noch beten. Aber aus irgendeinem Grund meinten die beiden ich solle mir langsam Gedanken machen. Während des weiteren Gespräches haben sie alle Kollegen aufgelistet, die ihre ersten Hausdienste nach 3 oder 4 Monate gemacht haben, und ich fragte explizit nach Kollegen, von denen ich wusste, dass sie ihre Hausdienste erst nach 9 oder 10 Monate gemacht haben. Am Ende des Gespräches habe ich bettelnd versprochen, dass ab dem übernächsten Monat mein Name auf die Hausdienstliste geschrieben werden darf. Damit waren die beiden lieben Kolleginnen einverstanden. Für mich war das ein kleiner Sieg, nicht zu vergessen der Tatsache, dass ich es gerade geschafft habe zwei Frauen gleichzeitig dazu zu bringen ihre Meinung zu ändern, aber hauptsächlich darf ich jetzt den Ramadan ohne Hausdienste genießen.
Folgt.....