PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ist das Medizinstudium echt so leicht ??



Seiten : 1 2 [3] 4 5 6 7

Rhiannon
26.08.2011, 13:15
Seien wir mal ehrlich, es gibt doch bei so vielen Fächern die Aussage, dass sie ach so leicht wären.

Ich bin Geisteswissenschaftler, hab da meinen Magister gemacht und bin während der ganzen Zeit ständig dem Vorurteil (meist von Naturwissenschaftlern und Medizinern) begegnet, dass man sich in so nem Studiengang doch den ganzen Tag nur nett irgendwo hinsetzt, n paar Bücher liest, über die dann diskutiert und einfach das entspannteste Leben von allen hat. Das ist meiner Meinung nach analog zum "Mediziner lernen immer nur stumpfsinnig auswendig"-Kommentar zu sehen und es trifft genauso wenig zu. Klar lern ich jetzt viel mehr auswendig als früher, dafür musste ich früher wesentlich mehr Arbeit in intensives Lesen, Bearbeiten und systematischem Einordnen von Texten in den Kontext meines Fachs stecken, aber auch damals hab ich gewisse Grundlagen einfach auswendig reingepaukt (Standardtheorien, Statistikformelkram etc.) und genauso versuche und muss ich heute auch mal was zu Verstehen, was ich lerne sonst gehts nicht.

Kurz und gut: Klischees sind eben Klischees......

ananassaft
26.08.2011, 13:22
Es gibt natürlich Fächer, in denen man nur stur auswendig lernen muss, das beste Beispiel ist dafür wahrscheinlich Anatomie. Aber ich verstehe nicht, wie einige hier immer sagen können, ein Physik- oder Chemie-Studium wäre viel schwieriger. Ich meine - wer Medizin studiert, hat schließlich auch Physik, Chemie, Biochemie und Physiologie. Natürlich ist das dann nicht so vertieft, wie wenn man eins der Fächer ausschließlich studieren würde, das ist schon klar. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man als Mediziner auch da ohne Verständnis und nur mit Lernen durchkommen kann. :-nix

Naja, ein bisschen Verständnis braucht man, aber mir hat das aus der Schule locker gereicht :-nix
In Bio hab ich eigentlich gar nichts lernen müssen, das war sogar mit Schulwissen abgedeckt. Chemie hab ich viel gelernt, aber auswendig gelernt - das bisschen chemische Verständnis stammt auch aus der Schule. Physik bin ich durchgefallen. Warum? In der Schule war ich immer sehr gut in Physik, die Tutoriumsaufgaben konnte ich immer gut lösen. Tja, in der Klausur hatten wir keine Formelsammlung. Ich dachte mir "Das kann ja wohl nicht sein, dass ich auch die ellenlangen Formeln auswendig lern, es ist schließlich Physik, da muss man endlich mal denken" - und hatte mich nur auf die wichtigen beschränkt, die man für die gängigen Aufgaben braucht, meistens wieder die, die ich aus der Schule schon kannte (und mein Physikgrundkurs war im Niveau dem an der Uni deutlich überlegen). Naja, falsch gedacht, die wollten tatsächlich alle bis ins kleinste Detail, wenn man die gekonnt hätte, hätte man tatsächlich nur noch die Zahlen einsetzen müssen und oft nicht mal umstellen. Nichts mit denken oder gar verstehen, nur auswendig-gelerntes reproduzieren :-nix


Nichtsdestotrotz unterschätzt man häufig etwas, was man eben schon lange kann. Mathelehrer sagen ja auch IMMER, dass das behandelte Stoffgebiet/ die Klausur total simpel und trivial wäre, klar, sie haben das Fach auch studiert und können sich wohl nicht mehr vorstellen, wie man sowas NICHT verstehen kann, weils für sie völlig logisch ist. Medizinstudenten, die sagen, dass das Studium einfach wäre (ich finds bis jetzt ja auch nicht sonderlich anspruchsvoll), übersehen vielleicht, dass sie nunmal vermutlich leicht lernen und ein gewisses Intelligenzniveau haben, sonst hätte sie den Schnitt nicht geschafft. Da fällt es ihnen eben leichter. Und ja, wenn ich mich bei uns so umschau, kenn ich tatsächlich zB keinen Wartezeitler, der das alles als einfach empfindet.

ananassaft
26.08.2011, 13:28
Sind die Klausuren eigentlich überwiegend MC- Fragen oder auch zum Ausführen? Klingt blöd, aber das frag ich mich gerade.

:-blush


Ausführen musste ich bis jetzt nirgendwo was. Entweder MC (reine MC-Klausuren bei uns sind Bio, Physio, PsychSoz), gemischt (Chemie, BC und Physik, wobei man da auch höchstens mal ne kurze Rechnung, ein Wort oder ein paar Strukturformeln hinkritzeln muss), oder in Anatomie und Histo halt mündlich.

MD/PhD
26.08.2011, 13:31
Aber ich verstehe nicht, wie einige hier immer sagen können, ein Physik- oder Chemie-Studium wäre viel schwieriger.

Hm, ein Chemiestudium würde ich jetzt nich SEHR viel schwerer als Medizin einschätzen. Aber was Physik und Mathe angeht stimmt das schon. Die Schwierigkeit liegt hier darin, dass diese Fächer unheimlich viel Kreativität auf abstrakter Ebene erfordern.
Die Mathematik und Physik für Mediziner (also max. Grundkursniveau) hat damit überhaupt nichts zu tun. Ich habe mich interessenhalber mal länger mit Uni-Mathe beschäftigt und da kommen Beweise vor.... man muss schon ein richtiger Gehirnakrobat sein, um auf solche, teilweise völlig abewegig erscheinenden Beweisideen zu kommen !

Dagegen ist Medizin halt viel unkreativer. In der Biochemie und Physiologie bekommt man klare Fakten und Prinzipien vorgesetzt, die man nachvollziehen kann oder eben nicht. Du wirst wahrscheinlich nie stundenlang über einer Problemstellung brüten und überlegen, wie du sie angehen kannst. Entweder du weißt, was verlangt ist, oder eben nicht und dann schaust du halt in Büchern nach den passenden Fakten. Und später in der Klinik, wenn es an die Krankheiten geht, darf man sich vorgeschriebene Leitlinien einprägen usw...

Da für mich Scharfsinn und Kreativiät vom Anspruch her weit über einer tollen Lernstoffkapazität stehen, finde ich es völlig gerechtfertigt zu behaupten, ein Mathe- oder Physikstudium sei deutlich schwerer als Medizin.

:-dafür

Elena1989
26.08.2011, 14:11
Sind die Klausuren eigentlich überwiegend MC- Fragen oder auch zum Ausführen? Klingt blöd, aber das frag ich mich gerade.

:-blush

Kommt denk ich auf die Uni an. Wir haben sowohl reine MC Prüfungen (Histo, Neuroanatomie, Physik, Sozi, wobei in Histo und Neuroanatomie die Nachholprüfungen mündlich sind), als auch Klausuren, die zum Teil MC und zum Teil zum Ausführen sind (Bio und Chemie, wobei bei Chemie etwa 20% der Punkte durch MC zu erreichen sind, 80% durch wirkliche Aufgaben), sowie Klausuren, die gar keine MC - Fragen beinhaltet und wo nur "richtige" Aufgaben bearbeitet werden müssen (Biochemie und Psychologie).
Und dann natürlich noch mündliche Testate in Anatomie.

Zum Thema leicht / schwer. Ich denke, das schwierige ist hauptsächlich die Stoffmenge. Es ist eben schon verdammt viel und sich das auch alles zu merken, erfordert schon eine ganze Menge Arbeit.
Und gerade die nicht MC - Klausuren (Biochemie und Chemie!) sowie die mündlichen Prüufungen erfordern jede Menge Arbeitsaufwand, wobei man, meiner Meinung nach, auch MC - Prüfungen nicht per se unterschätzen darf.
Sicherlich habe ich jetzt nicht das schwerste Studium der Welt, aber wenn ich meinen Arbeitsaufwand mit dem von Freunden in anderen Studienfächern vergleiche, wird mir echt manchmal ganz anders.

konstantin
26.08.2011, 17:59
Bis auf die Biologie-Klausur im ersten Semester war bei uns bislang alles Multiple Choice oder muendlich. Muendliche Pruefungen sind vom Lernaufwand natuerlich kaum zu ueberbieten. Da muss halt einfach alles sitzen - auf Luecke lernen gibt's da nicht, bzw. man kann's versuchen, aber wenn man nicht megaviel Glueck hat, scheitert man auch damit irgendwann.

Gesocks
26.08.2011, 22:52
Aber es besteht offenbar Einigkeit, dass man mit intellektuellem Anspruch zunächst nicht zu rechnen hat. Wie sieht's in der Klinik aus - bleibt's bei Bücherwissen, oder hat man auch irgendwann Chancen, akademische Ambitionen zu verwirklichen?

Rico
26.08.2011, 23:39
Aber es besteht offenbar Einigkeit, dass man mit intellektuellem Anspruch zunächst nicht zu rechnen hat. Wie sieht's in der Klinik aus - bleibt's bei Bücherwissen, oder hat man auch irgendwann Chancen, akademische Ambitionen zu verwirklichen?Was genau stellt Ihr Euch da vor?
Was ist denn "akademisch"?
Sich immer selber aufgrund seines Grundlagenwissens überlegen wie Krankheit XY wohl behandelt werden könnte (anstatt auf den Erfahrungsschatz und die Studien zurückzugreifen).
Es gibt einfach soviele Dinge, die man sich nicht logisch erschließen kann, sondern die (in Studien) ausprobiert werden müssen und dann eben "Stand des Wissens" sind. Wieso ist ein durchmetastasierter Keimzelltumor noch heilbar, ein Bronchialkarzinom mit ein paar wenigen Metastasen aber nicht? Wieso macht bei bestimmten Krebsarten eine Reduktion der Tumorlast Sinn, bei anderen keinen Unterschied? Tritt Krankheit XYZ mit einer Häufigkeit von 1:10, 1:100 oder 1:1.000.000 auf?
Sowas kann man nicht herleiten, dass muss eienr in einer Studie rausfinden und die anderen müssen es dann anwenden.

Medizin ist halt "wissen wie es geht" - alle guten Therapie- und Diagnostikpfade sind vorgegeben, das Kunsttückle ist halt zu erkennen auf welchen Pfad Du jetzt gehen musst und welchen Du tunlichst vermeiden solltest.
Die intellektuelle Leistung des Arztes ist, das enorme Wissen zuordnen zu können und werten zu können. Und das ist eben nicht so banal wie es das vielzitierte bloße Akkumulieren von Wissen suggerieren möchte - sonst könnte jeder mit einem Innere-Buch in der Hand sich selber diagnostizieren und behandeln (da steht ja schließlich alles wichtige drin) und kein Mensch bräuchte Ärzte.
Dazu kommen halt noch manuelle Skills - angefangen bei Banalitäten wie Blutabnehmen bis hin zu Endoskopien, Katheterinterventionen, OPs, etc später als Arzt.

Und bezüglich der anderen Fächer kann man auch die Kirche im Dorf lassen. Wenn ein Mathematiker, Physiker oder Ingenieur ein Problem löst (und nicht gerde in der Forschung tätig ist), dann erfindet er auch nicht das Rad neu, sondern wendet den Lösungsweg an, den hundert andere vor ihm bei einer vergleichbaren Fragestellung angewendet haben und den sie alle im Studium gelernt haben.

bremer
27.08.2011, 00:34
Ja, das ist doch recht interessant, was hier für Vorstellungen von anderen Studiengängen ausgetauscht werden und noch viel interessanter, was für Vorstellungen vom eigenen Studiengang vorherrschen.

Kein intellektueller Anspruch? Wie studiert ihr denn, möchte man fragen. Glaubt ihr, man könnte einen Mathematikschein nie und nimmer durch stures Lernen erreichen, ganz im Gegensatz zu dem Physiologieschein? Nur die Leute, die einen besonder kreativen Beweis für Theorem XY finden, schaffen überhaupt das Vordiplom (bzw. Bachelor)? Das ist völlig weltfremd. Es ist extremst selten, dass man einen halbwegs komplexen Beweis selbst hinkriegt, man ist eher froh, einen Beweis überhaupt einmal verstanden zu haben.

Ich kann euch vergewissern: Die kochen da auch alle nur mit Wasser. Die hohen Abbrucherquoten bspw. in Informatik haben ganz andere Gründe: falsche Vorstellungen vom Fach, doch keine Lust aufs abstrakte Denken, Interessenwechsel...sicherlich ist der ein oder andere auch überfordert, aber ich glaube nicht, dass der Anteil sonderlich höher als beim Medizinstudium ist.

Allerdings würde ich den Anteil der Hochbegabten und -intelligenten eher unter den Mathe- und Physikstudenten vermuten, da Kreativität, abstraktes Denken und eine hohe Auffassungsgabe sowohl stark mit dem IQ korreliert, wie er von den Standardtests gemessen wird, als auch viel hilfreicher bei eben diesen Studiengängen ist als bei Medizin.

Gesocks
27.08.2011, 01:23
Habt Dank für die aufschlussreichen Beiträge :-)

Ich finde die Vorstellung nett, mit naturwissenschaftlichen Problemen konfrontiert zu werden; Grundlagenwissen und darüber hinaus zu erarbeiten und dann mit Fakten zu hantieren, deren Ursprung man begriffen hat. Vor allem die biochemische Fakultät und Unterhaltungen mit Biologie-/Biochemie-/Mol. Med.-/Biomedizin-Studenten haben mich in der Hinsicht ziemlich beeindruckt. An Medizinstudenten oder Absolventen frischer als 1980er mangelt's in meinem Bekanntenkreis allerdings bisher, aktuelle Eindrücke hab' ich vornehmlich nur von hier. Ich fände es eben schade, mich in theoretischen Fragen - beträfe konkret am ehesten wohl sowas wie Biochemie, physiologische Chemie usw., die man begreifen können dürfte, wenn man wollte (Konjunktiv, wegen prospektiver Einschätzung, vorerst nichtswürdiger Abiturient und so :-peng) - mit Prinzipien zu begnügen, wo es auch anders ginge.
Natürlich kann das nicht in allen Fächern funktionieren, Beispiele hast du (Rico) ja genannt. Gegen Empirie und Altbewährtes habe ich nichts; ergäbe auch keinen Sinn, deren Notwendigkeit ist unbestreitbar. Sonst läge ich mit der Studienwahl wohl garantiert falsch.

Gute Nacht :-)

SkYSkYSkY
27.08.2011, 01:48
Du musst aber auch bedenken, dass für uns Mediziner solche Fächer wie Biochemie und Physiologie eben nur einige von vielen sind, mit denen wir uns im Studium beschäftigen. Von daher ist eine Tiefgründigkeit der Beschäftigung, wie es denn Studenten dieser einzelnen Fächer tun können, gar nicht möglich. Ich würde dennoch sagen, dass es auf keinen Fall ausschließlich ein "an der Oberfläche kratzen ist". Man bekommt schon einen umfassenden Einblick in die jeweiligen Fächer und setzt sich auch mit fachspezifischen Denkweisen auseinander. Außerdem bleibt es ja dir überlassen, dich im Rahmen deines Interesses auch mit umfassenderen Büchern auseinander zu setzen. Der eine lernt mit dem Horn, der andere mit dem großen Löffler. Auch Dissertationen in diesen Fächern, also z.B der medizinischen Biochemie sind möglich und geben dir die Möglichkeit, dich im Rahmen deines Interesses tiefgründiger mit einem Fach zu beschäftigen. Und letztendlich bietet die Medizin eben einen, wie ich finde, unschlagbaren Vorteil. Nämlich die Möglichkeit neben Grundlagenforschung, klinischer Forschung etc. das erworbene Wissen direkt und praktisch auch anzuwenden.

MD/PhD
27.08.2011, 11:40
Und bezüglich der anderen Fächer kann man auch die Kirche im Dorf lassen. Wenn ein Mathematiker, Physiker oder Ingenieur ein Problem löst (und nicht gerde in der Forschung tätig ist), dann erfindet er auch nicht das Rad neu, sondern wendet den Lösungsweg an, den hundert andere vor ihm bei einer vergleichbaren Fragestellung angewendet haben und den sie alle im Studium gelernt haben.

Aber da fängt’s doch schon an. Um als Mathematiker eine Aufgabe zu verstehen, muss er aktiv sein: er muss sich gezielt in das Problem hineindenken, es analysieren und verstehen. Erst dann kann er über Lösungswege nachdenken. Und letzteres ist überhaupt nicht so simpel und mechanisch wie es deine Worte suggerieren (selbst irgendwelche „simplen“ Einzeiler Aufgaben aus der Zahlentheorie entpuppen sich da schnell zum nervigen Geduldsspiel). Klar, hat man mal ähnliche Aufgaben gelöst, aber deren Lösungswege lassen sich doch nicht wie in der Schule ohne weiteres übertragen. Da werden nicht einfach irgendwelche Zahlenwerte verändert („Rechenaufgaben“ gibt’s im Mathestudium ohnehin nicht mehr) sondern die Aufgaben erfahren grundsätzliche Strukturveränderungen (z.B. Gültigkeit einer Ungleichung für alle 2^k soll nun für alle natürlichen Zahlen gezeigt werden o.ä.).
Der Mathestudent muss nun aktiv darüber nachdenken, welche Auswirkungen diese Änderung hat, welche Ansätze zielführend sein könnten, wie man sie passend modifiziert, welche bereits existierenden Sätze ihm hier helfen könnten etc. und dann kann es immer vorkommen, dass der Ansatz ins Nichts führt (weil er doch eine falsche Annahme enthält o.ä.) oder dass er prinzipiell funktioniert aber viel zu umständlich und zeitraubend ist. Sowas ist bestimmt der Knaller in Klausuren.
Auf diese Weise werden im Mathestudium Fähigkeiten trainiert wie Scharfsinn, Kreativität, das Bewahren des Überblicks etc. und nicht etwa "Lösungswege" andressiert, wie im Medizinstudium. Und genau das macht Mathe zu dem schweren Studium das es ist.

Im Medizinstudium spielt leider nur passives Wissen die wesentliche Rolle. Um Klausuren zu bestehen reicht es, irgendsowas mal gehört zu haben; in diesem Zusammenhang gelesen zu haben; diese Frage schon mal gekreuzt zu haben; zu erkennen, dass Antworten A, B und D irgendwie nicht richtig klingen...
Dem gehen zwar viele Bulimie-Lern-Sitzungen voraus, deren Mühsamkeit ich ja nicht anzweifle, aber beeindruckend ist das nun mal nicht.

Also ja, was den geistigen Anspruch und damit (nach meiner Auffassung) die wahre Schwierigkeit angeht, ist das Mathestudium dem Medizinstudium eindeutig voraus. War immer so :-nix

Latlab
27.08.2011, 11:51
Aber da fängt’s doch schon an. Um als Mathematiker eine Aufgabe zu verstehen, muss er aktiv sein: er muss sich gezielt in das Problem hineindenken, es analysieren und verstehen. Erst dann kann er über Lösungswege nachdenken. Und letzteres ist überhaupt nicht so simpel und mechanisch wie es deine Worte suggerieren (selbst irgendwelche „simplen“ Einzeiler Aufgaben aus der Zahlentheorie entpuppen sich da schnell zum nervigen Geduldsspiel). Klar, hat man mal ähnliche Aufgaben gelöst, aber deren Lösungswege lassen sich doch nicht wie in der Schule ohne weiteres übertragen. Da werden nicht einfach irgendwelche Zahlenwerte verändert („Rechenaufgaben“ gibt’s im Mathestudium ohnehin nicht mehr) sondern die Aufgaben erfahren grundsätzliche Strukturveränderungen (z.B. Gültigkeit einer Ungleichung für alle 2^k soll nun für alle natürlichen Zahlen gezeigt werden o.ä.).
Der Mathestudent muss nun aktiv darüber nachdenken, welche Auswirkungen diese Änderung hat, welche Ansätze zielführend sein könnten, wie man sie passend modifiziert, welche bereits existierenden Sätze ihm hier helfen könnten etc. und dann kann es immer vorkommen, dass der Ansatz ins Nichts führt (weil er doch eine falsche Annahme enthält o.ä.) oder dass er prinzipiell funktioniert aber viel zu umständlich und zeitraubend ist. Sowas ist bestimmt der Knaller in Klausuren.
Auf diese Weise werden im Mathestudium Fähigkeiten trainiert wie Scharfsinn, Kreativität, das Bewahren des Überblicks etc. und nicht etwa "Lösungswege" andressiert, wie im Medizinstudium. Und genau das macht Mathe zu dem schweren Studium das es ist.

Im Medizinstudium spielt leider nur passives Wissen die wesentliche Rolle. Um Klausuren zu bestehen reicht es, irgendsowas mal gehört zu haben; in diesem Zusammenhang gelesen zu haben; diese Frage schon mal gekreuzt zu haben; zu erkennen, dass Antworten A, B und D irgendwie nicht richtig klingen...
Dem gehen zwar viele Bulimie-Lern-Sitzungen voraus, deren Mühsamkeit ich ja nicht anzweifle, aber beeindruckend ist das nun mal nicht.

Also ja, was den geistigen Anspruch und damit (nach meiner Auffassung) die wahre Schwierigkeit angeht, ist das Mathestudium dem Medizinstudium eindeutig voraus. War immer so :-nix

Dem kann ich nur zustimmen. Vor allem dieses ganze und ständige Beweisen ging mir auf die Eier

MD/PhD
27.08.2011, 12:01
Dem kann ich nur zustimmen. Vor allem dieses ganze und ständige Beweisen ging mir auf die Eier

Hey, du hast Mathe studiert?

Logo
27.08.2011, 12:04
Aus einem anderen Forum habe ich folgendes gefunden :"Was glaubst Du denn, warum Medizin so beliebt ist? Es gibt kein anderes Fach, bei dem man mit vergleichbar wenig Intelligenz vergleichbar schnell einen respektierten Beruf erreichen kann.
Das Fach lebt besonders von den Mythen, die sich um es ranken. Es sei schwer und würde lange dauern usw. Wer aber etwas genauer hinguckt, merkt, dass das alles gar nicht so schwer ist und auch nicht lange dauert. Denn in keinem anderen Fach hat man nach nur sechs Jahren einen Doktor. Zwar kann man ein Diplomfach in der Regel in 10 Semestern abschließen (also zwei weniger als bei Medizin), aber dann braucht man noch etwa 3-5 Jahre bis zum Doktortitel, so daß z.B. es zum promovierten Chemiker locker mal drei Jahre länger dauern kann. Und dann ist das medizinstudium auch wirklich ein reines Lernfach, dass jeder mittelmäßig Begabte schaffen kann. Aber weil die breite Öffentlichkeit das nicht weiß, erntet man als Mediziner auch noch besonderen Respekt, auch schon als Student. Und schlussendlich ist auch das Einkommen einzigartig, auch wenn es der Ärztelobby immer wieder gelingt, das Gegenteil zu behaupten. Zusammenfassend spricht also folgendes für das Medizinstudium:

- relativ leicht Bewiesen durch minimale Abbruchquoten (nur ca. 15 %) im Gegensatz zu 30-40 % in "harten" Stdienfächern wie Jura oder Physik
- kurze Studiendauer
- hohes Prestige
- sehr hohe Einkommen"

Wo ist das Problem?!
Klingt sehr charmant...

Akademische Pimmelfechterei geht in anderen Fächern schon besser - wenn man auf Schwänze steht ;-)

konstantin
27.08.2011, 12:13
Hahahaha! Akademische Pimmelfechterei!

Made my week! :knuddel:

Robin06
27.08.2011, 12:32
(...)
- relativ leicht Bewiesen durch minimale Abbruchquoten (nur ca. 15 %) im Gegensatz zu 30-40 % in "harten" Studienfächern wie Jura oder Physik
- kurze Studiendauer
- hohes Prestige
- sehr hohe Einkommen"

Die erste Aussage ist eine Milchmädchenrechnung. Die geringe Abbrecherquote liegt zum einen bei nur 5%, zum anderen hat diese ganz andere Ursachen. NC Fächer werden bewusster gewählt etc. pp.

Die zweite Aussage ist auch falsch. 6 Jahre Studium ist nicht kurz, und hier drin ist kein Doktor garantiert, man kann diesen machen, was zusatz Arbeit bedeutet. Aber natürlich kann man es sich leicht mit der Doktorarbeit machen, man kann jedoch auch als Mediziner eine anspruchsvolle Doktorarbeit abliefern und wissenschaftlich aktiv werden. Nicht umsonst gibt es viele renomierte Forscher, welche eine Arztausbildung ablegten. Das Medizinstudium kann da ein sehr guter Einstieg sein!

Dritte Aussage, naja. Dieses Prestige schwindet mehr und mehr. Jeder Beruf bringt Besonderheiten. Vor einem Piloten hab ich auch einen heiden Respekt. Auch könnte ich nicht mein Leben lang eine Penny Filiale leiten, hiervor hab ich auch Respekt. Vor dem Arztberuf haben auch viele Menschen Respekt, einfach aufgrund der Verantwortung, nicht weil man besonders intelligent sein muss etc. pp.

Vierte Aussage.... Bei na 80 Std. Woche, nach 6 Jahre Studium mit Kosten welche komplett selbst aufzubringen sind mit einem Monatsgehalt von 2000-3000€ Netto zu starten und keine großen Sprünge innerhalb der kommenden 7 Jahre machen zu können, mit enormen Freizeiteinbüßen und aufopferung für den Beruf und die Mitmenschen find ich das nicht übermäßig viel. Wer da ein kleines Auto will, nimmt einen Kredit auf und bezahlt diesen, so wie mögliche Studienkosten noch Jahre ab.

Natürlich ist das Med. Studium eine reine Fleißarbeit. Aber "fleiß" sollte hier im Forum vllt. mal anders bewertet werden...

la miel
27.08.2011, 12:44
... ganz davon abgesehen, dass mittelmäßig Begabte gar keinen Platz kriegen!

Woran machst du Begabung für's Medizinstudium aus? An der Abi-Note? :-oopss

Latlab
27.08.2011, 12:56
Hey, du hast Mathe studiert?

Ne Mathe nicht, dafür aber IT seit einem Jahr.

Muriel
27.08.2011, 13:21
Im Medizinstudium spielt leider nur passives Wissen die wesentliche Rolle. Um Klausuren zu bestehen reicht es, irgendsowas mal gehört zu haben; in diesem Zusammenhang gelesen zu haben; diese Frage schon mal gekreuzt zu haben; zu erkennen, dass Antworten A, B und D irgendwie nicht richtig klingen...
Dem gehen zwar viele Bulimie-Lern-Sitzungen voraus, deren Mühsamkeit ich ja nicht anzweifle, aber beeindruckend ist das nun mal nicht.

Das ist ein weig kurz gedacht. Ich weiß, es soll hier um das Studium an sich gehen, da ist es durchaus tatsächlich in vielen Fächern je nach Präsentation an den einzelnen Fakultäten durchaus möglich, mit nicht allzu viel Engagement und Verständnis für das, was man da gerade lernt, Klausuren zu bestehen. Tja, und dann? Irgendwann ist dieses Pipifaxstudium rum und man wird in die weite Welt ins wahre Leben geschmissen. Und der Beruf des Arztes, den wohl doch noch eine Vielzahl der (ehemaligen) Medizinstudenten anstrebt, ist sicherlich nicht mit dieser oben genannten Einstellung zu bewältigen. Da greift wieder das, was Rico eben so wunderschön ausgeführt hat. Nur wenn ich eine Krankheit, ein Symptom etc. begriffen habe, kann ich es auch behandeln. Der Patient präsentiert sich eher selten mit dem typischen und absolut eindeutigen Symptom X, das zwangsläufig und immer so wie man es ja anspruchslos aus Telefonbüchern gelernt hat, mit Medikation Y behandelt. Wenn vielleicht nicht zwangsläufig im Studium selber, sofern der Anspruch dort ein reines Klausurenbestehen ist, so doch im Beruf später schadet ein Funken Intelligenz ganz sicher nicht.