PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hypovolämie führt zu Fieber?!



-Julchen-
31.08.2011, 16:17
Hab grad gelesen, dass alte Menschen und Säuglinge bei Durst Fieber bekommen? Könnt ihr mir sagen, ob ich mir den Zusammenhang richtig erschlossen hab?! Also: Durst bedeutet zu wenig Wasser. Bei Hypovolämie kann man schlechter schwitzen, was ja eigentlich zur Wärmeabgabe dienen soll. Also bekommt man Fieber, der Sollwert wird nach oben verstellt und man friert wieder eher, ist also nicht mehr aufs Schwitzen zur Thermoregulation angewiesen.
Ganz falsch? :-winky

KoelnerMedizin
31.08.2011, 19:06
Nee, ist schon richtig, Durstfieber entsteht bei hyperosmotischer Dehydratation, aus genau dem Grund, den du angeführt hast: Die Hyperthermie als Folge des nach oben verstellten Sollwertes, damit Schwitzen vermieden wird.

Ein interessanter Artikel zu dem Thema, der unter anderem das ganze auch durch Furosemid-induzierte isotonische Dehydratation untersucht:

Brozmanova et al. (2006): Effects of diuretic-induced hypovolemia/isosmotic dehydration on cardiorespiratory responses to hyperthermia and its physical treatment in rabbits. Int J Hyperthermia. 22(2):135-47.

Flemingulus
31.08.2011, 19:48
Eine erhöhte Körpertemperatur und Hypohydradation treten in der Klinik naturgemäß häufig zusammen auf; die Frage, was dabei Ursache und Wirkung ist, ist jedoch i. d. R. nicht so klar zu beantworten. Das Szenario: Hyperthermie => Schwitzen => Hypohydradation dürfte gegenüber der umgekehrten Ursache-Wirkungs-Beziehung aber überwiegen.

Tierexperimentell gibt es - wie KM angedeuted hat - Hinweise, dass eine Hypohydradation den Temperatursollwert nach oben verstellen kann mit der Folge einer erhöhten Temperatur. Es gibt aber auch Befunde, die in die umgekehrte Richtunng weisen, nämlich dass eine Hypohydradation via erhöhte ADH-Sekretion antipyretisch wirken kann. Es scheint also hier (mindestens ;-) ) zwei konkurrierende Regelkreisläufe zu geben:

1) Flüssigkeitsverlust => erhöhte Solltemperatur => weniger Schwitzen => Fieber (als unerwünschter Effekt) und verringerter Wasserverlust via Transpiration (als erwünschter, homöostatischer Effekt)

2) Fieber => Flüssigkeitsverlust durch vermehrtes Schwitzen => vermehrte ADH-Sekretion => zentrale antipyretische Wirkung von ADH => weniger Fieber

Offensichtlich widersprechen sich die beiden Szenarien; ganz so einfach scheint das also mit der Osmo- vs. Thermoregulation also nicht zu sein. :-)

-Julchen-
31.08.2011, 20:09
Supi, danke ihr zwei:-winky Dann werd ich das so erklären, falls mich beim mündlichen Physikum wer fragt!

bremer
31.08.2011, 21:44
Tierexperimentell gibt es - wie KM angedeuted hat - Hinweise, dass eine Hypohydradation den Temperatursollwert nach oben verstellen kann mit der Folge einer erhöhten Temperatur.

Wurde bereits ein Mechanismus postuliert? Ich will mir jetzt nicht den Artikel durchlesen.

Ps.: Im Physikum fragt dich sowas keiner.

-Julchen-
01.09.2011, 11:31
Doch meine Physiotante hat genau DAS schonmal gefragt!!

eXiland
01.09.2011, 20:47
2) Fieber => Flüssigkeitsverlust durch vermehrtes Schwitzen => vermehrte ADH-Sekretion => zentrale antipyretische Wirkung von ADH => weniger Fieber

Offensichtlich widersprechen sich die beiden Szenarien; ganz so einfach scheint das also mit der Osmo- vs. Thermoregulation also nicht zu sein.

schwitzt man nich erst beim abfiebern bzw. nur dann wenn mans mit der wärmezufuhr übertreibt? dann wärs nämlich kein widerspruch

Flemingulus
02.09.2011, 11:54
schwitzt man nich erst beim abfiebern bzw. nur dann wenn mans mit der wärmezufuhr übertreibt? dann wärs nämlich kein widerspruch

Das "grobe" Schwitzen gibts typischerweise i. d. T. erst beim Abfiebern, aber bereits während der Fieberphase ist der Wasserverlust via "perspiratio insensibilis" erhöht... hab mal grad nachzugoogeln versucht, was man bzgl. des vermehrten Flüssigkeitsverlustes ansetzt und das Basislehrbuch Innere Medizin (Renz-Polster, Krautzig) wirft mal einen Wert von 1 Liter Flüssigkeitsmehrverlust pro Grad Fieber und Tag in die Runde.... praktisch tätige Flüssigkeits-Bilanzierer können da evtl. mehr zu sagen. :-)

eXiland
02.09.2011, 13:27
Das "grobe" Schwitzen gibts typischerweise i. d. T. erst beim Abfiebern, aber bereits während der Fieberphase ist der Wasserverlust via "perspiratio insensibilis" erhöht...

aber gehts da nich um das erhöhte atemminutenvolumen?

btw: wie zitiert man eigtl so toll mit namen?

Brutus
02.09.2011, 16:28
Das "grobe" Schwitzen gibts typischerweise i. d. T. erst beim Abfiebern, aber bereits während der Fieberphase ist der Wasserverlust via "perspiratio insensibilis" erhöht... hab mal grad nachzugoogeln versucht, was man bzgl. des vermehrten Flüssigkeitsverlustes ansetzt und das Basislehrbuch Innere Medizin (Renz-Polster, Krautzig) wirft mal einen Wert von 1 Liter Flüssigkeitsmehrverlust pro Grad Fieber und Tag in die Runde.... praktisch tätige Flüssigkeits-Bilanzierer können da evtl. mehr zu sagen. :-)

Kommt grob hin. Auf der Intensiv haben wir auch grob so gerechnet. Da kommen zum Teil schon ordentliche Mengen an Flüssigkeit zusammen. Aber wenn man sich die Hämodynamik so angesehen hat, dann war es auf jeden Fall richtig.
Manch Chirurg hatte schon das große "P" im Auge, weil er seine Anastomosen wegschwimmen sah, aber fiebernde Patienten "trocken" fahren ist eine eher schlechte Idee. Führt nur zu Katecholaminen, noch mehr Fieber, noch mehr Katecholaminen, verminderter Perfusion, ... ... ...
Und wie heißt es so schön: Wer heilt hat Recht! Aber Volumenregime ist ja von Haus zu Haus, z.T. von Fachabteilung zu Fachabteilung sehr unterschiedlich...

Brutus
02.09.2011, 16:30
aber gehts da nich um das erhöhte atemminutenvolumen?

btw: wie zitiert man eigtl so toll mit namen?

Nein, es geht da um das Verlieren von Wasser über die Haut, die Schleimhaut und die Lunge. Siehe hier: http://www.pflegewiki.de/wiki/Perspiratio_insensibilis

Zum Zitieren einfach mal auf den Zitieren-Button klicken, dann kömmt das automatisch...